Ausgabe 2/2008


Suizide in der österreichischen Sicherheitsexekutive

Statistische Auswertungen 1996-2006

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Claudius Stein, Nestor D. Kapusta

Die Initiative des Generaldirektors für die Öffentliche Sicherheit, eine Untersuchung zur Thematik Suizid von PolizeibeamtInnen zu veranlassen, ist als erster Schritt einer umfassenden Beschäftigung mit dieser Thematik sehr zu begrüßen. Schon im Jahr 2006 gab es dazu erste Überlegungen, die durch eine Reihe tragischer Suizide von MitarbeiterInnen der österreichischen Sicherheitsexekutive im Jahr 2006 und 2007 eine in dieser Form nicht erwartete Aktualität bekamen. In der Folge wurden der Psychologische Dienst und das Institut für Wissenschaft und Forschung der .SIAK mit der Durchführung des Projektes beauftragt. Vom Psychologischen Dienst wurden mit Unterstützung der Landespolizeikommanden und der Personalabteilung des BM.I alle Suizide innerhalb der österreichischen Polizei in den Jahren 1996–2006 erfasst und das Kriseninterventionszentrum Wien mit der Auswertung dieser Daten beauftragt. Abseits der Zahlen muss aber immer wieder darauf aufmerksam gemacht werden, dass sich hinter jedem Suizid das schreckliche Schicksal eines verzweifelten Menschen verbirgt und jeder Suizid zusätzlich großes Leid der Hinterbliebenen nach sich zieht. In diesem Artikel werden zunächst einige internationale Studien zur Frage, ob PolizeibeamtInnen ein erhöhtes Suizidrisiko haben, vorgestellt und einige allgemeine Hinweise zum Thema Suizidalität gegeben. In der Folge werden die Resultate der Erhebung über Suizide bei der österreichischen Sicherheitsexekutive 1996–2006 ausführlich erläutert. Die Darstellung von Belastungen innerhalb der Polizeiarbeit leitet über zu abschließenden Überlegungen, welche suizidpräventive Maßnahmen innerhalb der Polizei sinnvoll sein könnten.

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Vom Informationsfriedhof zu Führungsinformationssystemen (Teil 1)

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Paul Marouschek

Die Planung und Implementierung von professionellen Führungsinformationssystemen hängt nicht nur von rechtlichen Rahmenbedingungen und einer funktionierenden IT-Infrastruktur ab. Mangelnde Datenqualität und Aktualität erfordern im ersten Schritt eine intensive Auseinandersetzung mit den vorhandenen Informationsmanagementsystemen und deren Verbesserung. Es bedarf aber auch idealistischer und innovativer Köpfe, die das Prinzip „Just do it“ leben. Der Kernfaktor des Erfolges heißt Akzeptanz und die erreicht man, wenn man auf den Bedarf eingeht, aus Fehlern lernt und sich durch Rückschläge nicht beirren lässt. Eine eigene IT-Einheit ist ebenso essentiell wie das Vertrauen seiner Vorgesetzten in solche Arbeiten. Im ersten Teil meines Artikels gehe ich vor allem auf die Ausgangslage in Österreich ein und beschreibe die Notwendigkeit der ausreichenden Datenqualität und -aktualität sowie die Funktionalitäten und Möglichkeiten des Sicherheitsmonitors.

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Renegade Flights

Rechtliche Rahmenbedingungen für staatliches Einschreiten

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Walter Grosinger

Das bundesdeutsche Luftsicherheitsgesetz sah in § 14 Abs 3 vor, dass gegen Luftfahrzeuge militärische Waffengewalt zulässig ist, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass das Luftfahrzeug gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden soll und sie das einzige Mittel zur Abwehr dieser gegenwärtigen Gefahr ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu entschieden, dass diese Regelung mit dem deutschen Grundgesetz (dGG) unvereinbar und daher nichtig sei. Aus den Leitsätzen der Begründung ist zu erfahren, dass dem Bund gemäß Art 35 dGG3 zwar zustehe Regelungen zu treffen, die das Nähere über den Einsatz der Streitkräfte bei besonders schweren Unglücksfällen bestimmen, aber er nicht das Recht hätte, die Streitkräfte in diesen Fällen mit spezifischen militärischen Waffen einzusetzen. Die Bundeswehr sei nach dem dGG für die Terrorabwehr im Inneren nicht zuständig. Darüber hinaus stellte es fest, dass diese Regelung mit dem Recht auf Leben nach Art 2 dGG iVm der Menschenwürdegarantie (Art 1 dGG) nicht vereinbar sei, soweit tatunbeteiligte Menschen an Bord des Flugzeuges betroffen sind. Im Nachfolgenden soll geklärt werden, wie weit auf Grund geltender österreichischer Rechtslage ein anderes Ergebnis zu erzielen ist oder hier andere Zuständigkeiten oder Wertungen greifen.

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Das Verhältnis zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei im Wandel

Am Beispiel Deutschlands

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Beatrix Elsner

Mit Einführung der RStPO 18771 wurde in Deutschland eine Staatsanwaltschaft eingeführt und ihr die Polizei als Hilfsorgan zur Aufklärung von Straftaten unterstellt. Eine Ermächtigung zur eigenständigen Sachverhaltserforschung erhielt die Polizei nur in engen Grenzen (gem § 161 RStPO, seit 1942 § 163 StPO2), die Sachleitungsbefugnis sollte allein der Staatsanwaltschaft obliegen (§ 159 RStPO, nunmehr §§ 160, 161 StPO). Weiter wurde mit § 152 GVG3 eine Regelung geschaffen, die den Ländern erstmals die Möglichkeit gab, Ermittlungsbeamte der Staatsanwaltschaft einzusetzen. Diese waren als gesondert gerichtliche Polizei der Anordnungsbefugnis der Staatsanwaltschaft unterstellt und sollten ihr als sogenannte Hilfsbeamte im Ermittlungsverfahren besonders zur Seite stehen. Diese gesetzlichen Regelungen beanspruchen bis heute noch fast unveränderte Gültigkeit. Die Polizei, insbesondere die zu Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft ernannten Beamten, wurden dementsprechend über viele Jahrzehnte als lediglich verlängerter Arm der Staatsanwaltschaft bezeichnet.

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Police Corruption

An organisation based problem?

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Drago Kos

In the text the author asks the question about the nature of police corruption: is it a problem of corrupt police officers or a problem of a police organisation? The answer to the question is given in the continuation of the text through the analysis of the Police in the Republic of Slovenia, where the causes for its corruption are divided into four categories: recruitment, training and promotion, resources, accountability, and cultural traditions. Depending on what the answer is, there are different means to fight police corruption and the author is describing them through the format of planned anti-corruption measures – police anti-corruption strategies. There are almost always the same problems linked with the content and implementation of such strategies. Thus, it is not easy to assess, which are the most effective means to implement the latter. Moreover, the solution to the initial question is also not a very simple one: police corruption is a problem of police organisation but under heavy influence – positive and negative – of individual police officers, especially police managers.

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Die Polizeiforschung in Deutschland

Ein Forschungsüberblick

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Karlhans Liebl

Die Polizeiforschung spielte in der Bundesrepublik Deutschland jahrzehntelang eher in der kriminologischen oder soziologischen Forschung ein „Mauerblümchen“- Dasein. Es gab zwar bereits sehr beachtliche Forschungsergebnisse – wie z.B. von Kürzinger mit seiner Arbeit über die polizeilichen Reaktionen bei privaten Strafanzeigen (Kürzinger 1978) –, jedoch beschränkten sich die meisten soziologischen Arbeiten eher auf „kritische“ Verhaltensanalysen von polizeilichen Maßnahmen. Es konnte daher nicht verwundern, dass mehrere Analysen über den Stand der Polizeiforschung Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts feststellen mussten, dass die Polizeiforschung einen nur sehr eingeschränkten Forschungsstand aufweist. Ab Mitte der 90er Jahre kam es in der Bundesrepublik Deutschland zu einer neuen Renaissance dieses Forschungsaspektes. So wurde an der Universität Essen ein Forschungsschwerpunkt „Polizeiforschung“ eingerichtet. Weiterhin bekam die Polizeiforschung mit dem „Interdisziplinären Arbeitskreis Innere Sicherheit (AKIS)“ ein weiteres Forum zur Diskussion auch polizeirelevanter Themen. Letztendlich war dann die Einrichtung eines „Arbeitskreises Empirische Polizeiforschung“ im Jahre 1999 der Startpunkt für eine bisher andauernde und weitgreifende Diskussion der polizeiwissenschaftlichen Forschungen. Man kann daher aufgrund dieser Forschungsaktivitäten und unter Berücksichtigung der bisher vorgestellten Analysen zu der Aussage kommen, dass die „neue“ Polizeiforschung die Forderungen der Kritiker des Zustandes der Polizeiforschung in der Bundesrepublik Deutschland aufgegriffen hat und vorsichtig ausgedrückt bereits eine wesentliche Verbesserung des Forschungsstandes gebracht hat. Die große Resonanz in beiden „Lagern“, also bei den Polizei-Kritikern und den Polizeiführungskräften, die gemeinsame Diskussion und zukünftiges Interesse lassen erwarten, dass man auch der von Funk (Funk 1990) angesprochenen Vision einer neuen Qualität der Polizeiforschung einen wichtigen Schritt näher gekommen ist.

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Inszenierung der deutsch-polnischen Grenzkontrolle

Vor der Schengenerweiterung

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Alexandra Schwell

Mit dem Schengenbeitritt von acht osteuropäischen Staaten sind die Grenzkontrollen zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) entfallen. Die Kontrolle der Schengenbinnengrenzen basiert nun mehr als je zuvor auf grenzpolizeilicher Kooperation. Diese ist jedoch keine neue Erscheinung: Wie das Beispiel der deutsch-polnischen Grenze zeigt, hat sich die Zusammenarbeit der Grenzschutzbehörden Straz Graniczna und Bundesgrenzschutz/Bundespolizei seit Mitte der Neunzigerjahre sukzessive weiterentwickelt und mittlerweile Vorbildcharakter für grenzpolizeiliche Kooperation nicht allein innerhalb Europas erlangt. Basierend auf einer Studie der deutsch-polnischen Grenzschutzkooperation vor der vollständigen Implementierung des Schengen-Acquis durch Polen, zeigt der vorliegende Text, dass der Schutz von Grenzen zum einen jedoch stets mit symbolischen Kodierungen behaftet ist, und dass zum zweiten der Schutz einer als sensibel und hochrelevant eingestuften Grenze, wie der deutsch-polnischen, von beiden Seiten verlangt, diesen Faktor in die Choreographie der Grenzkontrolle einzubeziehen. Dabei führt der unterschiedliche Kontext, innerhalb dessen deutsche und polnische Grenzschutzbehörden operieren, zu differierenden Formen der Inszenierung von Effizienz.

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Die elektronische Signatur im öffentlichen Dienst

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Michaela-Maria Bociurko

Schneller, kostengünstiger, mobiler sind die Begriffe, die wir heute meist mit elektronischer Kommunikation verbinden – Vorteile, die sich auch eine moderne öffentliche Verwaltung zu Nutze machen möchte. So sollen mittels verstärkten Einsatzes von Informations- und Kommunikationstechnologien eine erhöhte Kundenorientierung und verkürzte Bearbeitungszeiten erwirkt werden. Mit dem Inkrafttreten des E-Government-Gesetzes samt den Novellierungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes und des Zustellgesetzes wurde hierfür in Österreich der rechtliche Rahmen geschaffen. Der elektronischen Signatur als zentrale Basistechnologie für sensible Kommunikation im Internet kommt dabei eine wesentliche Bedeutung zu, ermöglicht sie doch die Identifizierung und Authentifizierung von Personen, die mit der Behörde elektronisch in Kontakt treten. Aber auch umgekehrt ist es für die Behörde relevant, dass sie gegenüber der Partei oder gegenüber einer anderen Behörde ausweisen kann, dass ein elektronisch ausgestelltes Dokument tatsächlich von ihr stammt und dass dessen Inhalt nicht manipuliert wurde. Schließlich nehmen Betrugsversuche wie Phishing (das Ausspähen vertraulicher Informationen mittels gefälschter E-Mails und Webseiten) sukzessive zu. Auch wenn sich ein Großteil der Angriffe auf Banken konzentriert, gibt es auch immer wieder Fälle, in denen die Betrüger z.B. vorgeben als Behörde zu handeln. Gerade wegen des großen Vertrauens, das Bürger in behördliches Handeln setzen, ist es hier die Pflicht der Behörde, die Verantwortung für behördliche elektronische Dokumente deutlich sichtbar zu machen und deren Fälschungssicherheit zu erhöhen. Die digitale Signatur kann hier einen wesentlichen Beitrag zur Rechtssicherheit elektronischen Verwaltungshandelns leisten. In den rechtlichen Vorgaben wurden bereits die Rahmenbedingungen für den Einsatz der elektronischen Signatur im Verwaltungsverfahren definiert. Es ist nun an den Behörden, die für den Einsatz der elektronischen Signatur notwendigen technischen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen.

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Europol

Die deutschsprachigen Verbindungsbüros (Teil 2)

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Andreas Qubain, Lutz Kattge et al.

Die Erweiterung der Europäischen Union auf 27 Mitgliedsstaaten am 01.01.2007 ist eine große Errungenschaft und stärkt das zusammenwachsende Europa. Nichtsdestotrotz bestehen für die polizeiliche Zusammenarbeit auf europäischer Ebene weiterhin große Herausforderungen durch verschiedene Mentalitäten, unterschiedliche Erfahrungen in der internationalen Zusammenarbeit, variierende Vorgehensweisen und Zuständigkeiten, heterogene Gesetze sowie 24 Amts- und Arbeitssprachen. Als schneller, umfassender und zuverlässiger Kooperationsrahmen im europäischen Kontext hat sich der Informationsaustausch über die bei Europol eingerichteten Verbindungsbüros bewährt. Aktuell sind 114 Verbindungsbeamte aus 33 Staaten von über 55 Strafverfolgungsbehörden bei Europol im Einsatz, um die benannten Unterschiede für die praktische polizeiliche Zusammenarbeit soweit wie möglich auszugleichen. Neben den 27 Mitgliedsstaaten sind auch die USA, Kanada, Norwegen, Island, Kolumbien, die Schweiz und Interpol mit zumindest einem Verbindungsbeamten bei Europol vertreten. Die nationalen Europol-Verbindungsbeamten (Europol Liaison Officer – ELO) sind Bindeglied und Informationskanal zwischen ihrem Heimatstaat, den anderen Mitgliedsstaaten und Europol.

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Die transnationale Infrastruktur der extremistischen Rechten (Teil 2)

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Thomas Grumke

Wie bereits im 1. Teil des vorliegenden Beitrags ausgeführt wurde (Grumke 2008), sind heute alle Rechtsextremisten in westlichen Industrieländern mit nahezu identischen Herausforderungen konfrontiert. Der „Feind“ ist nicht national, sondern global organisiert. Dementsprechend orientieren sich mehr und mehr Rechtsextremisten hin zu einer transnationalen Vernetzung, um gegen die schier übermächtige („jüdische“) Verschwörung anzukämpfen. Im Zuge dieser Entwicklung ist die Vernetzung engmaschiger geworden, haben sich Auslandskontakte intensiviert, sich die Kommunikationswege verbessert, herrschen ein permanenter Informationsaustausch und ein reger Veranstaltungstourismus. Die Zahl international besuchter rechtsextremistischer Treffen, Veranstaltungen und Demonstrationen nimmt ständig zu; es besteht sogar so etwas wie ein rechtsextremistischer Ideentransfer. Ein Beispiel hierfür ist das „Project Schoolyard“, das aus dem deutschen „Projekt Schulhof“ hervorgegangen ist.

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