Ausgabe 1/2010


Polizeiliche Kriminalstatistik

Im Spannungsfeld von Verwaltungshandeln und evidenzbasierter Politikgestaltung

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Steve Schwarzer

Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik verfügt das Bundesministerium für Inneres über eine Datenquelle, die einerseits die Wirksamkeit gesetzter sicherheitspolitischer Maßnahmen analysierbar macht, andererseits aber auch Gegenstand teils heftiger politischer Diskussionen ist. Dies ist wenig überraschend, denn wenn Empirie oder gemessene Fakten und Politik einander begegnen, wird sofort auf die Effizienz und Effektivität staatlich-öffentlichen Handelns geschlossen, da die Daten den Eindruck erwecken, staatliches Handeln beobachten zu können. Gerade bei der Erarbeitung und Verwendung öffentlicher bzw. amtlicher Statistik bedarf es aber weiterführender und grundlegender Überlegungen, welche Informationen letztendlich für die Planung und Gestaltung der Politik notwendig sind (genutzt werden können bzw. sollten) und mit welchem Aufwand und auf welche Weise eben solche Daten erhoben werden können. Eine sinnvolle inhaltliche sowie praxisbezogene Auswertung und Diskussion ist dann möglich, wenn dafür notwendige Daten kontinuierlich und in guter Qualität erhoben werden, und nicht allein eine Darstellung der Fakten, sondern Ursachen und Wirkung zu beobachtender Phänomene ebenso in die Betrachtung aufgenommen werden. Greifbar wird dieser Anspruch im Konzept der evidenzbasierten Politikgestaltung. Das Ziel evidenzbasierter Politikgestaltung liegt somit in der Darstellung von Wirkungsketten, um die Sicherung kausaler Effekte zu gewährleisten. Der nachfolgende Beitrag versucht, das Konzept der evidenzbasierten Politikgestaltung am Beispiel der Polizeilichen Kriminalstatistik darzustellen. Dabei sollen grundsätzliche Probleme der Einbindung empirischer Daten in die politische Regulierung aufgezeigt und problematisiert werden, um am Ende dennoch zu behaupten, dass auch die Polizeiliche Kriminalstatistik ein hervorragendes Instrument im Sinne evidenzbasierter Politikgestaltung sein kann. Eine rationale, folgenorientierte Kriminal- und Strafrechtspolitik ist ohne eine solide empirische Grundlage nicht möglich.

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Sicherheitsverwaltung und Privatwirtschaft (Teil 2)

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Harald Stolzlechner, Thomas Horvath

In Fortsetzung der im ersten Teil des Aufsatzes "Sicherheitsverwaltung und Privatwirtschaft" dargestellten Fragen und Felder der Zusammenarbeit von Sicherheitsbehörden und Privaten – etwa in den Bereichen Gerichtsgebäude-, Fluggast- und Veranstaltungskontrolle sowie Mautaufsicht – behandeln die folgenden Kapitel vorwiegend neuartige Phänomene der Kooperation: So werden die rechtlichen Rahmenbedingungen der Videoüberwachung durch Polizeiorgane und Private – inklusive der Verwertbarkeit gewonnener Videobeweise in gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Strafverfahren – erörtert. Hierbei werden datenschutzrechtliche Vorgaben und Anforderungen besonders berücksichtigt. Als weitere Beispiele modernen Zusammenwirkens sollen die Auskünfte von Internet-Providern sowie das Auffinden von Personen durch Handypeilung dienen: So wird die Verpflichtung der Internet- Provider, User-Daten – insbesondere Namen und IP-Adressen – herauszugeben, erläutert. Weiters wird dargestellt, unter welchen Voraussetzungen Sicherheitsbehörden oder Notrufdienste wessen Mobiltelefone anpeilen dürfen, um Personen aufzufinden. Auch die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Übertragung von Sicherheitsaufgaben auf Private werden aufgezeigt. Hierbei werden die Unterschiede der dargestellten Modelle zur eigenverantwortlichen Aufgabenbesorgung durch Private in Form der Beleihung herausgearbeitet. Abschließend werden die vielfältigen Aspekte des Themas kritisch zusammengefasst.

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Muslimbrüder, Salafisten, Dschihadisten

Verhältnis zentraler Elemente des islamistischen Spektrums

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Johannes Grundmann

Nachdem in der Ausgabe 3/2009 des .SIAK-Journals ausschließlich die gegenwärtige Entwicklung der Muslimbruderschaft als der größten islamistischen Organisation des sunnitischen Islams im Mittelpunkt stand, sollen im Rahmen des folgenden Artikels die salafistische Bewegung sowie dschihadistische Netzwerke in die Betrachtung mit einbezogen werden. Ein tieferes Verständnis des islamistischen Spektrums ist nur möglich, wenn differenziert verschiedene Elemente verglichen und mit Blick auf trennende und einigende Faktoren dargestellt werden, wobei sowohl ideologische als auch strukturelle Komponenten Berücksichtigung finden müssen. Zu bedenken ist zudem, dass die meisten islamistischen Gruppierungen, neben transnationalen Komponenten, auf enge Art und Weise mit bestimmten regionalen und nationalstaatlichen Kontexten verbunden sind. Der folgende Artikel nimmt nicht für sich in Anspruch, die angesprochenen Aspekte umfassend mit Blick auf Muslimbruderschaft, Salafisten und Dschihadisten zu analysieren. Angesichts der relevanten historischen, politischen und geographischen Dimensionen wäre dies unrealistisch. Vielmehr soll der Artikel eine Reihe von Zusammenhängen thematisieren, die bestimmte Grundlinien, die das islamistische Spektrum durchlaufen, sichtbar machen. Diese zu vertiefen, wird dann Aufgabe nachfolgender Artikel sein. Muslimbruderschaft, Salafisten und Dschihadisten können auf mehrerlei Ebene miteinander verglichen werden, so etwa hinsichtlich ihrer Positionen zur Errichtung eines idealen islamischen Staates und einer idealen islamischen Gesellschaft, mit Blick auf ihr Verhältnis zu den vorhandenen Nationalstaaten oder auch – auf einer ganz konkreten Ebene – bezüglich der Kleidungsgewohnheiten ihrer Anhänger. Die Liste ließe sich noch um einiges fortsetzen. Im Folgenden sollen diejenigen Aspekte herausgegriffen werden, die sich einerseits als thematischer Einstieg eignen, andererseits aber auch für aktuelle Diskurse bedeutsam sind und eine klare sicherheitspolitische Relevanz besitzen. Hierdurch werden insbesondere die qualitativ verschiedenen Gefahren, die von den unterschiedlichen Teilen des islamistischen Spektrums ausgehen, deutlich hervortreten.

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Evaluation polizeilicher Einsätze

Die Bundespolizei als lernende Organisation

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Johann Riedl

Die Evaluierung polizeilicher Einsätze zur Beurteilung ihres Erfolges und Nutzens erfolgt praktisch in der Form einer Annäherung durch die selektive Anwendung bestimmter Teilaspekte von Evaluierungen im sozialwissenschaftlichen Sinn und bietet die Möglichkeit, gezielt Handlungsalternativen aufzuzeigen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Evaluationen stellen demnach eine wesentliche Grundlage für eine lernende Organisation dar. Es stellt sich die Frage, ob die Bundespolizei aus der Evaluierung von polizeilichen Einsätzen lernen kann bzw. wie die Evaluierung von polizeilichen Einsätzen in der Bundespolizei tatsächlich erfolgt und deren Ergebnisse in die Organisation rückgeführt werden. Im Vordergrund organisationalen Lernens als Erweiterung wissensbasierter Problemlösungskapazität stehen die Fehlerkorrektur, die Verbesserung organisationaler Prozesse oder Resultate beziehungsweise die Steigerung der Problemlösungs- und Handlungskompetenz. Für die Bundespolizei ist die Auseinandersetzung mit organisationalem Lernen wesentlich, wobei die gelebte Fehlerkultur maßgeblich zum Lernerfolg beiträgt. Erfahrungslernen durch wirkungsvolle Evaluierungen polizeilicher Einsätze anhand bestimmter Standards bringt Vorteile sowohl für die BeamtInnen als auch die Gesamtorganisation mit sich.

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Ukraine

Immigration und Emigration seit 1991

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Boris Blagermann

Internationale Organisationen betonen in ihren Berichten über die die Ukraine betreffenden Migrationsströme und Migrationsverhältnisse zum einen ihre Erscheinungsform als Auswanderungsbewegung, zum anderen ihre Ausprägung als Einwanderungsphänomen. Die Bandbreite an Charakterisierungen der Ukraine als Auswanderungsland oder auch als ein Land mit großer Einwanderung ergibt sich nicht nur aus Problemen der ukrainischen Migrationsstatistik, sondern liegt auch an der seit ihrer Unabhängigkeit komplexer gewordenen Migrationsdynamik. Nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion wies die Ukraine stets mehr Immigration als Emigration auf. Mit der Entstehung der unabhängigen und demokratischen Ukraine nach 1991 wurden die Ausreiserestriktionen gelockert und in der Folge nahm die Auswanderung stark zu. Diese Auswanderungswelle war, vor allem zu Beginn, auch stark geprägt durch Migranten jüdischen Glaubens, die zu einem beträchtlichen Teil nach Österreich und Deutschland gingen. Ob die Ukraine durch eine höhere Auswanderungs- oder Einwanderungsdynamik beeinflusst wurde bzw. wird, sollte vor dem Hintergrund der historischen Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen beurteilt werden. Die Transition von einer Teilrepublik der Sowjetunion zu einem unabhängigen Staat veränderte Formen und Ausmaße der Wanderungsbewegungen drastisch. Die Migrationsströme in die eine oder andere Richtung änderten nun in kürzeren zeitlichen Abständen ihre Intensität. Auch die ukrainische Diaspora war von da an verstreuter als zuvor und nahm quantitativ zu.

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Notfallpläne für Schulen

Zusammenarbeit von Schule und Polizei

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Veit Petzoldt

Spätestens seit dem Amoklauf eines Erfurter Gymnasiasten 2002 ist das Thema Schulgewalt nicht mehr aus den deutschen Medien wegzudenken. Seither beschäftigten sich Schulen und Schulaufsichtsbehörden damit, ob und wenn ja, wie es möglich sei, potentielle Täter bereits im Vorfeld zu erkennen. In verschiedenen Arbeitsgruppen suchten Polizisten nach Lösungswegen, wie die Schulen im Falle eines Amoklaufes zu reagieren hätten und welche Strategien die Einsatzkräfte vor Ort verfolgen sollten. Inzwischen wurden in gemeinsamer Arbeit zwischen Schulaufsichtsbehörden und Landeskriminalämtern in Deutschland erste landesweit gültige Notfallpläne bei schwerer gezielter Gewalt in Schulen erstellt. Und dann geschah 2009 der Amoklauf von Winnenden. Diese neue Tat offenbart die scheinbare Ohnmacht der Behörden – und doch kann sie nicht als Wahnsinnstat eines Verwirrten hingenommen werden. Auch diese scheinbar unerklärliche Einzeltat hat ihre Motive. Wir können von Glück sagen, dass ein Amoklauf ein überaus seltenes Ereignis ist. Die "normale" Gewalt, der Kinder und Jugendliche im Schulalltag ausgesetzt sind, äußert sich zwar viel weniger spektakulär, kann aber ebenfalls äußerst zerstörerisch wirken und zu nachhaltigen psychischen und physischen Schäden führen. In Fällen von Gewaltausübung an Schulen besteht für uns alle die Verpflichtung zum "Hinsehen und Handeln". Jeder Form von Gewalt muss entschieden entgegengetreten werden. Viele Gewaltformen erscheinen uns noch weit von einem Amoklauf entfernt, gleichwohl kann aus den minderen Gewaltformen ein Racheplan entstehen. Die Täter von schwerer Schulgewalt und Amokläufen waren zumeist vorher selbst Opfer minderer Formen schulischer Gewalt geworden. Deshalb ist es bereits bei alltäglicher Gewalt an den Schulen notwendig, vertrauensvoll mit der Polizei zusammenzuarbeiten und mögliche Maßnahmen bereits im Vorfeld zu koordinieren. Im folgenden Artikel soll der Notfallplan des Saarlandes vorgestellt und dabei besonders auf die Zusammenarbeit von Polizei und Schule bei der Früherkennung möglicher Gefahren hingewiesen werden.

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Online Jihad versus Gaming Industry

A comparative look at two cultural sub-groups online ventures

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Nico Prucha

While the internet is the center of attention for the jihadists as well as the contemporary gaming industry, the article aims to provide the reader with a controversial comparison: both groups are heavily active on the internet, using similar modes, such as forums, blogs, YouTube, websites and social networks (facebook) and both groups consist of a young generation that was brought up with computers. Similar to the gaming industry, the jihadists encourage and disseminate also "user generated contents" that have led to an increase of jihadist propaganda. Similar patterns can be found among fans and followers of the gaming industry, who in the meantime are in great parts incorporated in the industry’s actual process of designing games and whose feedback can lead to the surrender of new projects. The comparison of both groups intends to show the reader how smart, professional and technically able the internet is being exploited by contemporary terror groups such as al-Qa'ida.

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