Ausgabe 4/2019


Rechte von minderjährigen Opfern und die Rolle der Polizei

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Daniela Amann, Marion Neunkirchner

Wie kann die Polizei dazu beitragen, die Justiz in Österreich kindgerechter zu gestalten? Kinder, die Opfer von Gewalt geworden sind, benötigen spezielle Aufmerksamkeit und dementsprechende Maßnahmen, um effektiv vor sekundärer und wiederholter Viktimisierung geschützt zu werden. Die Polizei ist in ihrer Funktion als erste Kontaktstelle eine zentrale Akteurin, um diesen Schutz sicherzustellen. Der folgende Beitrag diskutiert die Rolle der Polizei zur Wahrung der Rechte und Bedürfnisse minderjähriger Opfer. Zunächst wird der rechtliche Rahmen der individuellen Begutachtung beschrieben, anschließend auf praktische Herausforderungen der Umsetzung eingegangen. Abschließend werden anhand der Projektergebnisse konkrete Verbesserungsmöglichkeiten für die polizeiliche Praxis vorgeschlagen.

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Entschädigung für Betroffene des Menschenhandels. Rechtliche Verpflichtungen und ihre Umsetzung in der Praxis

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Julia Planitzer, Evelyn Probst

Dieser Beitrag zeigt, dass Opfern von Menschenhandel zwar gesetzlich Rechte für einen Anspruch auf Entschädigung eingeräumt werden, es in der Praxis aber Lücken in der Umsetzung gibt. Entschädigung für Opfer von Menschenhandel ist wichtig, um Gerechtigkeit für die erlebte Ausbeutung zu erhalten und das Trauma zu verarbeiten. Auch wenn es auf internationaler Ebene mehrere Vorgaben für die Entschädigung von Opfern von Menschenhandel gibt, zeigt die Praxis, dass es Hürden gibt, um die Entschädigung tatsächlich zu erhalten. Verfahren für Entschädigung können mehrere Jahre dauern und in europäischen Ländern kann beobachtet werden, dass Opfer von Menschenhandel häufig auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden, was oftmals eine weitere Belastung für Opfer bedeutet. Wird in einem Verfahren Entschädigung zugesprochen, können diese Urteile unter Umständen mangels greifbaren Vermögens nicht exekutiert werden. Entschädigung durch die Täterin oder den Täter ist daher in der Praxis schwierig zu erlangen, unter anderem weil diese nicht mehr auffindbar sind, das vorhandene Vermögen über Dritte verwertet wird oder weil keine rechtliche Unterstützung bei der Exekution des Urteils zur Verfügung steht. Der Zugang zu Entschädigung durch Täterinnen und Täter im Rahmen des Strafverfahrens in Österreich wird im Beitrag anhand eines Falls von Menschenhandel diskutiert, bei dem im Strafverfahren den Opfern Entschädigungssummen zugesprochen wurden.

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Innere Sicherheit in unruhigen Zeiten. Zur sicherheitspolitischen Lage (nicht nur) in Deutschland

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Thomas Feltes

Die Diskussion über objektive und subjektive Sicherheit prägt seit geraumer Zeit die kriminalpolitische Debatte in Deutschland ebenso wie in Österreich. Der Beitrag hinterfragt den Begriff der "Inneren Sicherheit" und die Rolle der Polizei bei ihrer Gewährleistung. Innere Sicherheit wird dabei als politisches und mediales Konstrukt verstanden. Ein "Mehr" an Sicherheit wird ständig politisch versprochen, wobei weder definiert wird, wie dieses "Mehr" aussehen soll, noch überprüft wird, ob dieses Versprechen auch eingehalten wird. Dabei werden zunehmend Bürgerrechte eingeschränkt. Im Ergebnis steigt die Punitivität in der Gesellschaft, d.h. die Menschen fordern mehr und härtere Strafen. Die Orientierung an der polizeilichen Kriminalstatistik ist dabei ein grundlegend falscher Ansatz, denn sie ist kein Abbild der Wirklichkeit, sondern ein unzureichender Leistungsnachweis der Arbeit der Polizei. Dunkelfeldstudien zeigen, dass nicht die objektive, individuelle Belastung durch Kriminalität, sondern das subjektive Unsicherheitsgefühl angestiegen ist. Allgemeine gesellschaftliche Ängste sind, ebenso wie eine allgemeine Unzufriedenheit mit politischen Entwicklungen, die Ursache für diesen Anstieg. Diese Ängste sind zudem irrational und stehen in keinem Zusammenhang mit eigenen (Kriminalitäts-)Erfahrungen, wie die Bochumer Dunkelfeldstudie zeigt. Daher ist die Verbesserung des Sicherheitsgefühls primär Aufgabe der Politik und nicht der Polizei.

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„Linksextremismus“ – ein problematisches Konzept. Perspektiven verschiedener Praxisakteure

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Lena Lehmann, Nadine Jukschat

In dem folgenden Beitrag wird auf die Problematik des Konzepts von "Linksextremismus" für die Präventionsarbeit eingegangen. Neben der Skizzierung der wissenschaftlichen Diskussion werden anhand von Interviews Perspektiven von Akteuren, die in der Präventionslandschaft im Feld des "Linksextremismus" tätig sind, herausgearbeitet. Dabei wird ersichtlich, dass sich das "Linksextremismuskonzept" für die Präventionsarbeit als problematisch darstellt.

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Kommentare in sozialen Medien als Anstandsverletzung. Was darf die örtliche Sicherheitspolizei? Ein Beitrag anlässlich VwGH 19.12.2018, Ra 2018/03/0110-6

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Daniel Peter Schmidt

Postings in sozialen Medien, in denen Personen öffentlich herabgewürdigt werden, stellen alle drei Staatsgewalten gleichermaßen vor neue Herausforderungen. In seinem Erkenntnis vom 19.12.2018 qualifzierte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) diese als Anstandsverletzung im Sinne landesrechtlicher Bestimmungen und bejahte zudem die Zuständigkeit der örtlichen Sicherheitspolizei gem Art 15 Abs 2 iVm Art 118 Abs 2 Bundesverfassungsgesetz (B-VG). Der vorliegende Beitrag nimmt dieses Judikat zum Anlass, um – ausgehend von den historischen Anfängen – das bestehende Mosaik von Abgrenzungsfragen zwischen allgemeiner und örtlicher Sicherheitspolizei im Lichte gegenwärtiger Herausforderungen, wie dem Tatort "Soziales Medium", auf den Prüfstand zu stellen. Neben einem Ausblick auf die durch die VwGH-Rsp sich nun ändernde Verwaltungspraxis werden abschließend daraus resultierende legislative Reformvorschläge präsentiert.

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Führen in Krisenlagen. Leipzig und Berlin 1989. Teil 1

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Peter Veleff

Vor 30 Jahren hatten höchste, mittlere und subalterne Führungskräfte der bewaffneten Sicherheitskräfte der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), Polizei, Staatssicherheit, Nationale Volksarmee (NVA) und Grenztruppen, schwerwiegende Entscheidungen mit teils historischen Auswirkungen zu fällen. Im Herbst 1989 waren seit langer Zeit anschwellende politische Unruhen in der Bevölkerung eskaliert, welche sich rasch – ausgehend von Berlin, Dresden und Leipzig – über das ganze Land ausweiteten. Die Unzufriedenheit großer Teile der Bevölkerung mit ihren Lebensbedingungen unter der von einer einzigen, autoritären Partei beherrschten Regierung äußerte sich zunehmend in Unmut und Demonstrationen. Für Entscheidungsträger des Politbüros, des Nationalen Verteidigungsrates (NVR), der Staatssicherheit, der Polizei und des Militärs, bis hinunter zu den auf der Straße im Dienst stehenden Staatsbeamten entstanden Lagen, für welche sie weder vorbereitet noch ausgebildet worden waren. Ihr Handeln löste Reaktionen und teilweise Verwirrung bis in den fernen Kreml aus, galten doch etwa in Berlin auf Grund des Vier-Mächte-Abkommens der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges besondere Rechtszustände. In dieser Darstellung soll, insbesondere anhand der Ereignisse von Leipzig und der Grenzöffnung in Berlin 1989, aufgezeigt werden, wie sich die damals verantwortlichen Führungskräfte unterschiedlicher Ebenen in Ausnahmesituationen tatsächlich verhielten. Im Unterschied zu Übungsannahmen bestimmten weder Drehbücher noch Schiedsrichter die Folgen, sondern allein die Wirklichkeit. Nach drei Jahrzehnten sollte es inzwischen möglich sein, die Ereignisse und die Handlungen der Verantwortlichen emotionsloser und sachlicher zu beurteilen, als es damals, in der aufgewühlten politischen Stimmung, möglich war. Es geht nicht um eine moralische Bewertung der DDR und/oder der Ideologie des "realen Sozialismus" der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Es geht einzig und allein darum, wie Staatsfunktionäre verschiedener hierarchischer Ebenen in außergewöhnlichen Lagen agierten.

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