Rechtsstaat und Menschenrechte

Empfehlungen 2002


2002/05 - Medizinische Betreuung

Aus dem Bericht "Medizinische Betreuung von angehaltenen Personen"

Empfehlung Nr. 163:
(1.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, den polizeiärztlichen Diensten umgehend das Erfordernis kurativer Tätigkeit in den PAZ auf dem Erlasswege in Erinnerung zu rufen und zu konkretisieren. Insbesondere soll Punkt 1.1.3. Satz 1 der Dienstanweisung über den polizeiärztlichen Dienst (der Polizeiamtsarzt ist grundsätzlich nicht zur Heilbehandlung berufen) derart abgeändert werden, dass dies nicht als Hinderungsgrund für kurative Tätigkeit in den PAZ missverstanden werden kann.

Empfehlung Nr. 164:
(2.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, im Rahmen einer Neufassung der AnhO die Ausübung der kurativen Tätigkeit durch PolizeiamtsärztInnen im Ausmaß ihres Erkenntnis-, Wissens- und Erfahrungsstandes und nach den im jeweiligen PAZ vorhandenen Möglichkeiten, jedenfalls aber nach Art einer hausärztlichen Tätigkeit, rechtlich zu verankern.

Empfehlung Nr. 165:
(3.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, an PAZ, in denen mehrere AmtsärztInnen tätig sind, die begutachtende und die kurative Tätigkeit dahingehend zu trennen, dass AmtsärztInnen arbeitsteilig kurative und gutachterliche Aufgaben übernehmen.

Empfehlung Nr. 166:
(4.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, sicherzustellen, dass an allen PAZ SicherheitswachebeamtInnen als ausgebildete SanitäterInnen zur Verfügung stehen.

Empfehlung Nr. 167:
(5.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, SicherheitswachebeamtInnen, die als SanitäterInnen eingesetzt werden, von anderen polizeilichen und administrativen Aufgaben zu entlasten, um sich den spezifischen Aufgaben von SanitäterInnen besser widmen zu können.

Empfehlung Nr. 168:
(6.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, in weiterer Folge entsprechend den Anregungen des CPT in den größeren PAZ die Schaffung von Planstellen für diplomiertes Krankenpflegepersonal zu prüfen.

Empfehlung Nr. 169:
(7.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, jährlich Folgeschulungen für SanitäterInnen abzuhalten, dazu medizinisches Fachpersonal als externe ReferentInnen beizuziehen, sowie zu fördern, dass SanitäterInnen Praktika in Spitälern, Ambulanzen oder anderen geeigneten Einrichtungen absolvieren.

Empfehlung Nr. 170:
(8.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, dass neben PolizeiamtsärztInnen auch zu SanitäterInnen ausgebildete SicherheitswachebeamtInnen - während der Unterstützungsleistungen für PolizeiamtsärztInnen - nicht eine Uniform, sondern einen weißen Mantel tragen sollen, der sie als medizinisches Hilfspersonal erkenntlich macht.

Empfehlung Nr. 171:
(9.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, geeignete Maßnahmen (beispielsweise vertragliche Regelungen) zu ergreifen, dass in allen PAZ bei Bedarf FachärztInnen zur Verfügung stehen. In PAZ, in denen Frauen angehalten werden, soll eine regelmäßige Untersuchung durch FachärztInnen aus dem Bereich der Frauenheilkunde angeboten werden.

Empfehlung Nr. 172:
(10.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, ein Kompendium zu erarbeiten, das alle für den polizeiärztlichen Dienst und die Tätigkeit der SanitäterInnen maßgeblichen Regelungen enthält, und dieses allen mit der medizinischen Versorgung in den PAZ befassten Personen in regelmäßig aktualisierter Form zur Verfügung zu stellen.

Empfehlung Nr. 173:
(11.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, dass nicht besetzte Planstellen im Bereich der medizinischen Versorgung angehaltener Personen in den PAZ nachbesetzt werden.

Empfehlung Nr. 174:
(12.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, die vereinbarte Anwesenheit der AmtsärztInnen in den PAZ in geeigneter Weise zu dokumentieren und zu überprüfen.

Empfehlung Nr. 175:
(13.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, SanitäterInnen mit der regelmäßigen Kontrolle des Ablaufdatums aufbewahrter Medikamente zu beauftragen.

Empfehlung Nr. 176:
(14.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, regelmäßige Besprechungen des polizeiärztlichen Dienstes mit HonorarärztInnen und SanitäterInnen zum Zwecke des Meinungs- und Erfahrungsaustausches sowie zur Qualitätssicherung der medizinischen Betreuung im jeweiligen PAZ durchzuführen.

Empfehlung Nr. 177:
(15.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, den angehaltenen Personen den Zugang zu ihrem Recht, eine Ärztin/einen Arzt ihrer Wahl gemäß § 10 Abs. 5 AnhO beizuziehen, nach Möglichkeit zu erleichtern, insbesondere etwa durch großzügig bemessene Rahmenzeiten für den Besuch von VertrauensärztInnen in einem PAZ, sowie eine Entkoppelung der Untersuchung des Vertrauensarztes/der Vertrauensärztin von der Anwesenheit des Amtsarztes/der Amtsärztin. In diesem Sinne sollte auch - in Übereinstimmung der diesbezüglich ergangenen Empfehlung des CPT - § 8 Abs. 3 RLV abgeändert werden.

Empfehlung Nr. 178:
(16.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, gemeinsam mit der Schubhaftbetreuung in Anlehnung an den Vorschlag des CPT eine Liste von ÄrztInnen zu erstellen, die zu einer Tätigkeit als Vertrauensarzt/-ärztin angehaltener Personen bereit wären.

Empfehlung Nr. 179:
(17.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, die Verantwortung für die kurative Tätigkeit bei Beiziehung eines Vertrauensarztes/einer Vertrauensärztin zu klären.

Empfehlung Nr. 180:
(18.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, Fachgespräche von Polizeiamts- und HonorarärztInnen, SanitäterInnen, WachebeamtInnen und SchubhaftbetreuerInnen zu kritischen Bereichen der medizinischen Versorgung angehaltener Personen durchzuführen, um in diesen Bereichen die Kooperationsmöglichkeiten besser auszunützen und die medizinische Versorgung angehaltener Personen zu optimieren.

Empfehlung Nr. 181:
(19.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, BetreuerInnen der NGO-Vertragspartner in der Schubhaftbetreuung die Teilnahme an Schulungen zur medizinischen Versorgung angehaltener Personen zu ermöglichen, insbesondere wenn diese betreuungsrelevante Aspekte wie Hungerstreik oder psychische Beeinträchtigungen behandeln.

Empfehlung Nr. 182:
(20.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, TBC-Reihenuntersuchungen für alle angehaltenen Schubhäftlinge anzubieten und entsprechende Verhandlungen mit jenen Bundesländern anzustreben, die den Erlass des vormaligen Bundesministeriums für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz mit der GZ 21.730/17-II/D/2/94 in ihrem Wirkungsbereich noch nicht umgesetzt haben.

Empfehlung Nr. 183:
(21.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, vor TBC-Reihenuntersuchungen die betroffenen Personen über den Hintergrund der Untersuchung aufzuklären, bei deren allfälliger Ablehnung aber von Zwangsmaßnahmen zu ihrer Durchsetzung Abstand zu nehmen.

Empfehlung Nr. 184:
(22.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, den derzeit in Anwendung befindlichen Anamnesebogen in der vom Menschenrechtsbeirat überarbeiteten Fassung zu erweitern/abzuändern (siehe Bericht zur "Medizinischen Betreuung von angehaltenen Personen", 40 f).

Empfehlung Nr. 185:
(23.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, § 66 (1) FrG dahingehend zu ändern, dass in Analogie zu Minderjährigen bei schwer kranken Personen und schwangeren Frauen die Behörde gelindere Mittel anzuwenden hat. Nach Maßgabe des Einzelfalles sollte dieser besonders schützenswerten Personengruppe die notwendige fachgerechte medizinische, psychiatrische oder soziale Versorgung zugeführt werden. Zur Abdeckung der Kosten sollte auch für diese Personengruppen das in diesem Bericht vorgeschlagene Versicherungssystem, nach dem Vorbild der Bundesbetreuung, ausgeweitet werden.

Empfehlung Nr. 186:
(24.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, auch das Institut des gelinderen Mittels in den Überlegungen zu einem Versicherungssystem für Schubhäftlinge zu berücksichtigen.

Empfehlung Nr. 187:
(25.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, den Schubhäftlingen auf Wunsch gemäß den allgemeinen PatientInnenrechten die Befunde zu den sie betreffenden Untersuchungen in Kopie auszuhändigen und - angesichts der regelmäßigen Mittellosigkeit angehaltener Personen - auf einen Kostenersatz zu verzichten.

Empfehlung Nr. 188:
(26.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, medizinische Behandlungen außer Seh- und Hörweite von BeamtInnen oder Mithäftlingen durchzuführen.

Empfehlung Nr. 189:
(27.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, ÄrztInnenzimmer hinsichtlich der Räumlichkeiten und der Ausstattung einheitlich - nach dem Standard einer Ordination eines/r praktischen Arztes/Ärztin - zu gestalten.

Empfehlung Nr. 190:
(28.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, die Aufmerksamkeit von WachebeamtInnen bzw. SanitäterInnen und SchubhaftbetreuerInnen gegenüber psychischen Auffälligkeiten angehaltener Personen durch gemeinsame Schulungen zu erhöhen.

Empfehlung Nr. 191:
(29.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt,

  • den polizeiärztlichen Dienst jeweils ehestmöglich über die Sprachkenntnisse von Personen zu informieren, die auf ihre Haftfähigkeit zu untersuchen sind;
  • die Beiziehung geeigneter DolmetscherInnen zur medizinischen Begutachtung und Behandlung angehaltener Personen zu forcieren;
  • den PolizeiärztInnen DolmetscherInnenlisten zur Verfügung zu stellen;
  • bei der Auswahl des medizinischen Personals, insbesondere bei HonorarärztInnen, verstärkt auch auf sprachliche Qualifikationen Bedacht zu nehmen;
  • in größeren PAZ den PolizeiärztInnen in regelmäßigen Abständen DolmetscherInnen in den hauptsächlich gesprochenen Fremdsprachen zur Visite beizustellen.

Empfehlung Nr. 192:
(30.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, Anamnesebögen in der durch diesen Bericht vorgeschlagenen Fassung an allen PAZ in den erforderlichen Sprachen aufzulegen bzw. EDV-unterstützt abrufbar zu machen und deren tatsächliche Verwendung in der Praxis zu kontrollieren.

Empfehlung Nr. 193:
(31.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt insbesondere in Fällen, in denen der Verdacht auf Selbstgefährdung oder psychische Auffälligkeiten besteht, professionelle DolmetscherInnen heranzuziehen.

Empfehlung Nr. 194:
(32.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, den wissenschaftlichen Diskurs zu den Auswirkungen eines Hungerstreiks unter den PolizeiamtsärztInnen, etwa unter Einbeziehung neuer Erkenntnisse und Einladung von ExpertInnen, zu fördern.

Empfehlung Nr. 195:
(33.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, die lokale Einrichtung der Schubhaftbetreuung von der Ankündigung oder dem Beginn eines Hungerstreiks ehestmöglich zu informieren.

Empfehlung Nr. 196:
(34.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, die Besuchsmöglichkeiten von Schubhäftlingen im Hungerstreik großzügig zu handhaben und auch Besuche in der (Kranken-)Zelle zu ermöglichen.

Empfehlung Nr. 197:
(35.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, SchubhaftbetreuerInnen zu gemeinsamen Schulungen mit dem polizeiärztlichen Dienst und SicherheitswachebeamtInnen einzuladen bzw. eigenständige Fortbildungsmaßnahmen zu diesem Zweck zu fördern.

Empfehlung Nr. 198:
(36.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, sicherzustellen, dass den ÄrztInnen gemäß geltender AnhO vorbehaltene Maßnahmen bezüglich Hungerstreik auch tatsächlich nur von ÄrztInnen angeordnet werden und dies im Einzelfall medizinisch begründet erfolgt.

Empfehlung Nr. 199:
(37.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, die die Schubhaft vollziehenden Behörden darauf hinzuweisen, dass eine Beschränkung oder Verhinderung der Bewegung im Freien als disziplinierende Maßnahme gegenüber Hungerstreikenden nicht rechtskonform ist.

Empfehlung Nr. 200:
(38.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, (auch im Rahmen einer allfälligen Neufassung der AnhO) von Maßnahmen wie Sanktionierungen oder Einschränkungen der Rechte von Angehaltenen allein auf Grund eines Hungerstreiks Abstand zu nehmen, soweit solche Maßnahmen nicht - wie nach § 10 Abs. 4 AnhO - medizinisch begründet sind und im Einzelfall vom zuständigen Arzt ausgesprochen werden.

Empfehlung Nr. 201:
(39.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, hungerstreikenden Angehaltenen erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Neben der Weitergabe der Informationsblätter über die gesundheitlichen Konsequenzen sollte verstärkt im persönlichen Gespräch durch PolizeiamtsärztInnen oder SanitäterInnen unter Einbeziehung von DolmetscherInnen auf die gesundheitlichen Konsequenzen hingewiesen werden und sollten SicherheitswachebeamtInnen, SchubhaftbetreuerInnen oder andere angehaltene Personen in die Kommunikation eingebunden werden.

Empfehlung Nr. 202:
(40.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, zunächst eine Vereinheitlichung der Praxis bei der Behandlung von Schubhäftlingen, die einen Hungerstreik ankündigen oder durchführen, insbesondere in Bezug auf die Feststellung der Haftunfähigkeit, unter Berücksichtigung der oben angeführten Erwägungen anzustreben.

Empfehlung Nr. 203:
(41.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, die Auswirkungen einer verbesserten und konsistenten Vorgangsweise zu beobachten und nach etwa einem Jahr in Form einer Studie über Motive, Dauer, Intensität und medizinische Parameter bei Hungerstreiks zu evaluieren.

Empfehlung Nr. 204:
(42.) Der Menschenrechtsbeirat hält die allfällige Durchführung von Zwangsmaßnahmen im Sinne einer zwangsweisen Ernährung im Hungerstreik befindlicher Schubhäftlinge unter grundrechtlichen Gesichtspunkten für unverhältnismäßig.

Empfehlung Nr. 205:
(43.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, bei Verdacht auf Selbstschädigung jedenfalls psychiatrische Dienste in Anspruch zu nehmen, um einen möglicherweise folgenden Suizidversuch zu vermeiden.

Empfehlung Nr. 206:
(44.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, bei Auffälligkeiten eine gefährdete Person unter Beobachtung zu stellen. Die Beobachtung könnte beispielsweise durch wiederholtes Ansprechen (siehe "body packer") oder auch - bei Abwägung der Wahrung der Privatsphäre - durch die Installierung von Kameras gewährleistet werden.

Empfehlung Nr. 207:
(45.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, im Rahmen der Fortbildungsveranstaltungen des polizeiärztlichen Dienstes eine Einheit zum Erkennen von Anzeichen der Selbstschädigung einzubeziehen. Der Menschenrechtsbeirat legt ein Konzept vor, nach dem diese Schulungseinheiten ausgerichtet werden könnten (siehe Bericht zur "Medizinischen Betreuung von angehaltenen Personen", Anhang).

Empfehlung Nr. 208:
(46.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, BeamtInnen, SchubhaftbetreuerInnen und SanitäterInnen verstärkt für die Gefahr der Selbstschädigung und Selbsttötung angehaltener Personen zu sensibilisieren. Die gemeinsame Schulung von BeamtInnen, SanitäterInnen und SchubhaftbetreuerInnen hat darüber hinaus auch den Vorteil, das Thema von unterschiedliche Seiten beleuchten zu können und ein besseres gegenseitiges Verständnis und die Möglichkeit zum Austausch von Meinungen und Erfahrungen zu schaffen. Der Menschenrechtsbeirat legt ein Konzept vor, nach dem diese Schulungseinheiten ausgerichtet werden könnten (siehe Bericht zur "Medizinischen Betreuung von angehaltenen Personen", Anhang).

Empfehlung Nr. 209:
(47.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, Personen mit Anzeichen von Traumatisierungen nicht in Haft anzuhalten, dies auf geeignete Weise gesetzlich festzulegen und dafür Sorge zu tragen, derartig haftunfähige Personen einer professionellen Hilfe zuzuführen.

Empfehlung Nr. 210:
(48.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, österreichweit Kontakte mit Organisationen aufzubauen, die sich mit traumatisierten Personen befassen und diese Listen den ärztlichen Diensten zur Verfügung zu stellen sowie an allen PAZ aufzulegen.

Empfehlung Nr. 211:
(49.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, dass sowohl notwendige Behandlungen, wie auch Ausführungen in Krankenanstalten nicht an Kostenfragen gebunden werden. Um einen vernünftigen finanziellen Rahmen gewährleisten zu können, empfiehlt der Menschenrechtsbeirat ein Versicherungssystem für Schubhäftlinge zu prüfen. Neben anderen Alternativen könnte auch ein erweitertes Modell der Betreuung durch HonorarärztInnen überlegt werden.

Empfehlung Nr. 212:
(50.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, von der Anhaltung suchtmittelabhängiger Personen an Orten, an denen die speziell notwendige medizinische und psychische Betreuung (begleitende psychische Betreuung, Anwesenheit eines/r Facharztes/Fachärztin, Einstellung auf Substitutionsprogramme, etc..) nicht gewährleistet werden kann, Abstand zu nehmen.

Empfehlung Nr. 213:
(51.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, unter Einbindung von Betreuungseinrichtungen und Krankenhäusern ein Konzept zu erarbeiten, damit sichergestellt werden kann, dass als haftunfähig beurteilte Personen nicht unversorgt auf die Straße entlassen oder mangels Alternative weiter in Haft angehalten werden, sondern nach Maßgabe des Einzelfalles einer fachgerechten medizinischen, psychiatrischen oder sozialen Versorgung zugeführt werden können.

Empfehlung Nr. 214:
(52.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, Überlegungen anzustellen, wie Personen, deren Haftunfähigkeit festgestellt wurde, bis zum Auffinden einer geeigneten Betreuungseinrichtung im Anschluss an die Haftentlassung, unter bestmöglicher ärztlicher Betreuung angehalten werden können (etwa Einrichtung von Akutbetten oder Unterbringung auf der Sanitätsstation unter nach den Umständen erforderlicher Beobachtung).

Empfehlung Nr. 215:
(53.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt,

  • die Wichtigkeit der lückenlosen Dokumentation des Gesundheitszustandes der angehaltenen Personen nachhaltig in Erinnerung zu rufen;
  • die Dokumentation stichprobenartig durch den Leiter des ärztlichen Dienstes zu überprüfen;
  • zu veranlassen, dass der Dokumentation neben der Diagnose des Gesundheitszustandes und der veranlassten Behandlung auch Name und Unterschrift der behandelnden ÄrztInnen bzw. der für die Dokumentation verantwortlichen BeamtInnen/SanitäterInnen auf jedem Dokumentationsbogen ersichtlich ist;
  • auf geeignete Weise sicherzustellen, dass die im PAZ erfolgte Medikation übersichtlich dokumentiert wird;
  • aufgrund von Haftunfähigkeit entlassenen Personen bei ihrer Entlassung Informationen über den Gesundheitszustand (insbesondere über die im PAZ erfolgte Medikation, die weiterhin erforderliche Medikation, sowie Angaben über die weiterhin erforderliche Beiziehung eines Arztes/einer Ärztin innerhalb welcher Frist) in schriftlicher Form auszufolgen.

Empfehlung Nr. 216:
(54.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, durch geeignete Maßnahmen - etwa unter Beiziehung von sprachlich versierten SchubhaftbetreuerInnen - sicherzustellen, dass zu behandelnde angehaltene Personen über die maßgeblichen Fragen der Behandlung in einer ihnen verständlichen Sprache informiert werden.

Empfehlung Nr. 217:
(55.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, WachebeamtInnen und SchubhaftbetreuerInnen über Infektionsgefahren zu informieren.

Empfehlung Nr. 218:
(56.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, im Sinne des CPT, auf geeignete Weise klarzustellen, dass es keinerlei medizinische Rechtfertigung dafür gibt, HIV-positive Personen getrennt von anderen Häftlingen anzuhalten.

Empfehlung Nr. 219:
(57.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, Modelle eines gelockerten Haftregimes in PAZ (wie etwa Offene Stationen) - unter Einbeziehung externer Meinungen, wie beispielsweise der Schubhaftbetreuung - weiter zu forcieren und dabei jedenfalls anstehende Sanierungen für strukturelle Verbesserungen der Haftbedingungen zu nützen. Die praktische Umsetzung der Modelle eines gelockerten Haftregimes sollte unter Einbeziehung der Schubhaftbetreuung einer Evaluierung unterzogen werden.

Empfehlung Nr. 220:
(58.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, im Rahmen der Schulung von SicherheitswachebeamtInnen, die Dienst in PAZ versehen, den Erfahrungen von SicherheitswachebeamtInnen mit Modellen eines gelockerten Haftregimes, wie etwa einer Offenen Station, besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Empfehlung Nr. 221:
(59.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, geeignete Maßnahmen - etwa durch Schaffung eines Konsiliardienstes - in der Form zu ergreifen, dass pro PAZ ein Psychologe/eine Psychologin bei Bedarf (sei es aufgrund einer Anregung durch PolizeiamtsärztInnen, WachebeamtInnen oder SchubhaftbetreuerInnen) herangezogen werden kann.

Empfehlung Nr. 222:
(60.) Der Menschenrechtsbeirat empfiehlt, dem ärztlichen Dienst den Erlass hinsichtlich der Verpflichtung zur hygienischen Überwachung der Anhalteorte generell in Erinnerung zu rufen.

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2002/03 - Information

Aus dem Bericht "Information von angehaltenen Personen"

Empfehlung Nr. 131:
(1.) Der Beirat empfiehlt, die Abrufbarkeit aller derzeit vom Bundesministerium für Inneres an die Sicherheitsexekutive zentral ausgegebenen Merkblätter und Formulare, die der Information von Angehaltenen dienen, in den entsprechenden Sprachvarianten im BAKS - System (Büro Au-tomatisations- und Kommunikationssystem) sicherzustellen, um eine ständige und einheitliche Verfügbarkeit an allen Dienststellen zu gewährleisten.

Empfehlung Nr. 132:
(2.) Der Beirat empfiehlt, alle vom Bundesministerium für Inneres zentral an die Dienststellen der Sicherheitsexekutive übermittelten Informationsblätter, welche der Kenntnisnahme (Aushändigung oder Einsichtnahme) dienen oder auch unterschrieben werden müssen, in einer einheitli-chen Übersetzungsanzahl aufzulegen. Dabei sollte sich das Niveau der Anzahl der Übersetzungen zumindest an der in §1 der Durchführungsverordnung zum AsylG normierten Anzahl der Übersetzungen orientieren, was weitere Übersetzungen notwendig machen kann.

Empfehlung Nr. 133:
(3.) Der Beirat empfiehlt, eine Überarbeitung des Informationsblattes für Festgenommene vorzunehmen, da die derzeitige, sehr am Gesetzestext und an den rechtlichen Voraussetzungen ge-haltene Version besonders von Angehaltenen anderer Kulturkreise oftmals nicht verstanden wird und die Information für diese daher nutzlos ist. In die Überarbeitung sollte jedenfalls auch ein Hinweis auf die Beschwerdemöglichkeit beim UVS aufgenommen werden.

Empfehlung Nr. 134:
(4.) Der Beirat empfiehlt, den Haftbericht II im Sinne des vom Menschenrechtsbeirat erstellten Entwurfes (siehe Beilage V des Berichtes Information von angehaltenen Personen) zu gestalten und in den entsprechenden Übersetzungen (siehe Empfehlung Nr.2) den Dienststellen der Sicherheitsexekutive zur Verfügung zu stellen.

Empfehlung Nr. 135:
(5.) Der Beirat empfiehlt, alternative Informationsmethoden wie Video- und/oder Tonbandaufnahmen zusätzlich zu den derzeitigen Informationsblättern und Formularen einzuführen. Weiters sollte die Nutzung der Übersetzungsangebote von Call - Center sämtlichen Exekutivdienststellen ermöglicht werden.

Empfehlung Nr. 136:
(6.) Der Beirat empfiehlt, die Information über die Möglichkeit der Beiziehung nicht nur einer Vertrauensperson, sondern auch eines Rechtsbeistandes durch die Aufnahme der Frage "Wollen Sie, dass für sie ein Rechtsbeistand verständigt wird" in den Haftbericht II zu vermitteln.

Empfehlung Nr. 137:
(7.) Der Beirat empfiehlt, in Hafträumen der Sicherheitsexekutive die Hausordnung dahingehend zu erweitern, dass neben den in § 27 AnhO bezeichneten Mindeststandards auch die Bestimmungen der §§ 12 Abs. 1 und 2 betreffend Hygiene, 14 Abs. 1 betreffend Rauchen und 19 betreffend Telefongespräche aufgenommen werden sollten.

Empfehlung Nr. 138:
(8.) Der Beirat empfiehlt durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, den Angehaltenen in den Hafträumen die Information über die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Anhalteordnung in der Sprachfassung ihrer Wahl zukommen zu lassen.

Empfehlung Nr. 139:
(9.) Der Beirat empfiehlt,

  • das Informationsblatt über die Schubhaftbetreuung nach dem Vorbild des von der BPD Wien verwendeten Informationsblattes zu überarbeiten;
  • den VertreterInnen der Schubhaftbetreuungsorganisationen den Zugang zu jenen Schubhäftlingen zu ermöglichen, die auf eine im Informationsblatt angebotene Betreuung vorerst verzichtet haben, um den VertreterInnen der Organisationen die Gelegenheit zu geben, nähere Informationen über die Betreuung zu erteilen und allfällige Missverständnisse aufzuklären;
  • analog zu der erfolgten Änderung des §56 (1) Z6 SPG im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes, ein Änderung des FrG mit der Maßgabe zu initiieren, dass eine Weitergabe aller relevanten Daten an die Schubhaftbetreuungsorganisationen ermöglicht wird.

Empfehlung Nr. 140:
(10.) Der Beirat empfiehlt über den gesetzlichen Wortlaut des § 1 Abs. 3 AnhO hinaus, die AnhO in den entsprechenden Sprachversionen (siehe Empfehlung Nr.2) aufzulegen.

Empfehlung Nr. 141:
(11.) Der Beirat empfiehlt, über den gesetzlichen Wortlaut des § 1 Abs. 3 AnhO hinaus, den Aushang der gekürzten Fassung der AnhO (Hausordnung) in den PAZ an einem allgemein zugänglichen Ort in allen entsprechenden Sprachversionen (siehe Empfehlung Nr.2) sicherzustellen.

Empfehlung Nr. 142:
(12.) Der Beirat empfiehlt zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Sprachkenntnisse der BeamtInnen zu ergreifen.

Empfehlung Nr. 143:
(13.) Der Beirat empfiehlt bei den PAZ eine Auflistung der am häufigsten verwendeten Ausdrücke zwischen dem Personal und den Angehaltenen zu erstellen und in die entsprechenden Sprachversionen (siehe Empfehlung Nr.2) zu übersetzen.

Empfehlung Nr. 144:
(14.) Der Beirat empfiehlt, dass die PAZ jeder entlassenen Person eine Haftbestätigung ausstellen sollten, aus der insbesondere die Dauer des Aufenthaltes im PAZ hervorgeht.

Empfehlung Nr. 145:
(15.) Der Beirat empfiehlt, dass jeder zu entlassenden Person, deren Fortkommen nach der Entlassung nicht offensichtlich geregelt erscheint, verpflichtend eine Liste von Betreuungsorganisa-tionen (Notschlafstellen, Essensmöglichkeiten etc.) mit einem erklärenden Beiblatt übergeben wird, die Entlassene in die Lage versetzen, die ersten Tage nach der Entlassung zu organisieren. Das Beiblatt sollte der Verständlichmachung des Zwecks der Liste dienen und in den entsprechenden Übersetzungen (siehe Empfehlung 2) elektronisch abrufbar aufgelegt werden

Empfehlung Nr. 146:
(16.) Der Beirat empfiehlt, ähnlich den "Richtlinien des Bundesasylamtes betreffend den Einsatz von Dolmetschern" ein Anforderungsprofil für DolmetscherInnen auch im Bereich des FrG zu entwickeln, eine interne Qualitätskontrolle durchzuführen und Fortbildungsveranstaltungen auch für DolmetscherInnen anzubieten.

Empfehlung Nr. 147:
(17.) Der Beirat empfiehlt, im Wege der zuständigen Fachabteilungen im BMI (fremdenpolizeiliches Referat und Bundesasylamt) zentral DolmetscherInnenlisten zusammenzustellen bzw. auszutauschen, um es den nachgeordneten Behörden zu ermöglichen, auf eine einheitliche, österreichweite DolmetscherInnenliste zurückgreifen zu können.

Empfehlung Nr. 148:
(18.) Der Beirat empfiehlt die Einführung eines einheitlichen fremdenpolizeilichen Informationsblattes über die Schubhaft. Dabei sollten entsprechend den technischen Möglichkeiten Vorkehrungen dafür getroffen werden, dieses Informationsblatt über die Schubhaft samt den entsprechenden Sprachversionen (siehe Empfehlung Nr.2) allen fremdenpolizeilichen Behörden elektronisch zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug sollten alle bisher von den Behörden verwendeten Informationsblätter über die Schubhaft eingezogen werden.

Empfehlung Nr. 149:
(19.) Der Beirat empfiehlt jedenfalls folgende Punkte in das Informationsblatt über die Schubhaft aufzunehmen:

  • Grund der Schubhaftverhängung;
  • Nennung des maßgeblichen Paragraphen;
  • Information über die Beiziehung von Angehörigen oder Vertrauenspersonen (Rechtsbeistand);
  • Hinweis auf die bevorstehende fremdenpolizeiliche Ersteinvernahme;
  • Information über die Möglichkeit der Akteneinsicht;
  • Aufklärung zur Identitätsfeststellung;
  • Beschwerdemöglichkeiten;

Grundsätzlich sollte besonders auf die Verständlichkeit der Informationen Wert gelegt, VertreterInnen der Schubhaftbetreuungsorganisationen bei der Erstellung miteinbezogen und die Entwürfe vor der endgültigen Verteilung an die Behörden, den Unabhängigen Verwaltungssenaten in den Bundesländern zur Stellungnahme vorgelegt werden.

Empfehlung Nr. 150:
(20.) Der Beirat empfiehlt, die verpflichtende Verteilung der Informationsblätter über die Schubhaft an die Schubhäftlinge, um ihnen die Möglichkeit zu bieten, die enthaltenen Informationen in Ruhe aufzunehmen. Eine bloße Einsichtnahme wird nicht für ausreichend erachtet.

Empfehlung Nr. 151:
(21.) Der Beirat empfiehlt, auf Grundlage des von der BPD Wien ausgearbeiteten Informationsblattes über den Stand des Verfahrens, die endgültige Bearbeitung und Übersetzung des Informationsblattes in die entsprechenden Sprachen durch das BMI vorzunehmen sowie nach technischer Möglichkeit, die zentrale Verteilung der Informationsblätter an die Behörden auf elektronischem Wege durchzuführen. Dabei sollte das Informationsblatt insbesondere mit dem Informationsblatt für die Schubhaft abgestimmt werden.

Empfehlung Nr. 152:
(22.) Der Beirat empfiehlt, insbesondere auch die Möglichkeit der Vorinformation über eine bevorstehende Vorführung vor die Behörde in das Informationsblatt aufzunehmen und einheitlich festzulegen, in welchen zeitlichen Abständen (maximal drei Wochen) die Schubhäftlinge zu informieren sind.

Empfehlung Nr. 153:
(23.) Der Beirat empfiehlt, Schubhäftlingen, gegen die ein Aufenthaltsverbot erlassen oder eine Ausweisung verfügt worden ist, nach dem Vorbild der BPD Wien, die feststehenden Teile des Bescheides (Textbausteine) in die entsprechenden Sprachversionen (siehe Empfehlung Nr.2) zu übersetzen und den Angehaltenen auszuhändigen. Dabei sollte die zuständige Organisationseinheit im BMI zentral die Ausarbeitung und Übersetzung der Textbausteine übernehmen. Die Verteilung sollte je nach technischen Möglichkeiten auf elektronischem Wege erfolgen.

Empfehlung Nr. 154:
(24.) Der Beirat empfiehlt, entsprechend den Empfehlungen des CPT die Einführung einer kostenlosen Rechtsberatung für Schubhäftlinge zu prüfen.

Empfehlung Nr. 155:
(25.) Der Beirat empfiehlt Angehaltenen, die in den PAZ auf die Ersteinvernahme durch die Asylbehörde warten, spätestens bei der Mitteilung über die Einvernahme das Merkblatt über Rechte und Pflichten von AsylwerberInnen gem. § 26 Asylgesetz in der entsprechenden Sprachversion auszuhändigen. Die jeweiligen PAZ sollten die Verteilung selbst organisieren.

Empfehlung Nr. 156:
(26.) Der Beirat empfiehlt, das vom PAZ Wien initiierte Konzept hinsichtlich der Möglichkeit des elektronischen Zugriffs auf Daten über Schubhäftlinge in den PAZ seitens der Fremdenpolizei voranzutreiben sowie dessen Zweckmäßigkeit und insbesondere die datenschutzrechtlichen Grundlagen zu überprüfen; weiters sollten die technischen Voraussetzungen für die edv-mäßige Einbindung der Bezirkshauptmannschaften als fremdenpolizeilichen Behörden geschaffen werden.

Empfehlung Nr. 157:
(27.) Der Beirat empfiehlt, im PAZ Wien die entsprechenden organisatorischen Maßnahmen durchzuführen, um den Schubhaftbetreuungsorganisationen ausreichende und flexible Besuchszeiten für ihr Klientel zu ermöglichen.

Empfehlung Nr. 158:
(28.) Der Beirat empfiehlt, die uneingeschränkte Weitergabe aller für die Schubhaftbetreuung relevanter Informationen an die Schubhaftbetreuungsorganisationen durch die fremdenpolizeilichen Behörden und Asylbehörden sicherzustellen; das sind all jene Informationen, die aufgrund der Schubhaftverträge den Organisationen zu Erfüllung ihrer Aufgaben gegenüber den Schubhäftlingen zur Verfügung zu stellen sind. Die allenfalls erforderlichen rechtlichen Anpassungen sollen durchgeführt werden.

Empfehlung Nr. 159:
(29.) Der Beirat empfiehlt, das BMI möge den fremdenpolizeilichen Behörden Listen über sämtliche in Österreich tätige Schubhaftbetreuungsorganisationen, ihre Adressen, ihre Erreichbarkeit und die Namen der VertreterInnen übermitteln um den Schubhaftbetreuungsorganisationen eine rasche Kontaktaufnahme mit Behörden in anderen Bundesländern zu ermöglichen.

Empfehlung Nr. 160:
(30.) Der Beirat empfiehlt, die Schubhaftbetreuungsorganisationen hinsichtlich der Information angehaltener Personen zum Stand des Verfahrens verstärkt einzubinden und die dafür notwendigen finanziellen Mittel sicherzustellen.

Empfehlung Nr. 161:
(31.) Der Beirat empfiehlt den Schubhaftbetreuungsorganisationen für ihre Tätigkeit geeignete Räume zur Verfügung zu stellen.

Empfehlung Nr. 162:
(32.) Der Beirat empfiehlt, alle in diesem Bericht ergangenen Empfehlungen zum Gegenstand von Schulungen für all jene BeamtInnen zu machen, die den Inhalt der Empfehlungen im Zuge ihrer Tätigkeit praktisch umzusetzen haben.

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2002/03 - Anhaltung von Ehegatten

Zum Thema gemeinsame Anhaltung von Ehegatten in Schubhaft

Empfehlung Nr. 130:
(1.) Entsprechend dem § 1 Abs. 4 PersFrG sind Festgenommene oder Angehaltene
unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung zu behandeln. Sie dürfen nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung der Sicherheit und Ordnung am Ort der Anhaltung notwendig sind. Ausgehend davon, dass es sich bei der Schubhaft um keine Strafhaft, sondern um eine Sicherungsmaßnahme handelt, empfiehlt der Menschenrechtsbeirat hinsichtlich der gemeinsamen Anhaltung von Ehegatten (in den tatsächlich nachvollziehbaren Fällen auch von Lebensgefährten), Geschwistern sowie Kinder und Eltern:

  • im PAZ Wien Rossauer Lände in einem eigenen Traktteil durch die Umwidmung von sechs Hafträumen die Voraussetzungen für die Errichtung von Gemeinschaftszellen (à zwei Personen) zu schaffen;
  • hinsichtlich anderer PAZ die Möglichkeit der gemeinsamen Unterbringung in einer Zelle zu eröffnen, sofern dies aufgrund der Belegszahl, der baulichen und personellen Voraussetzungen in den PAZ möglich ist und keine Sicherheitsbedenken dazu bestehen;
  • im Wege der Schubhaftkoordination bei entsprechendem Wunsch seitens der Angehaltenen die österreichweite Zuteilung in ein PAZ zu sorgen, wo eine gemeinsame Unterbringung möglich ist;
  • die entsprechend rechtlichen Voraussetzungen (insb. § 68 Fremdengesetz und § 4 Anhalteordnung) im Zuge der in diesem Jahr vorgesehenen Novellierung zu schaffen;
  • dort, wo die gemeinsame Unterbringung des oben angeführten Personenkreises nicht möglich ist, zur Aufrechterhaltung der familiären bzw. persönlichen Bindungen die Verbesserung der Besuchsmöglichkeiten innerhalb eines PAZ (erforderlichenfalls auch außerhalb der Besuchszeiten) zu ermöglichen.

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2002/01 - PAZ Ost

Aufgrund des Dringlichkeitsberichts der zuständigen Kommission zum Besuch PAZ Wien Ost

Empfehlung Nr. 129:
(1.) Die von der Kommission OLG Wien 1 in ihrem Dringlichkeitsbericht I-22 vom 19.04.2001 sowie im aktuellen Dringlichkeitsbericht I-43 vom 15.12.2001 über den Besuch im PGH Wien-OST berichteten Mängel bewertet der MRB in ihrer Gesamtheit als menschenrechtswidrige Anhaltebedingungen. Für die Dauer der umbaubedingten Mängel empfiehlt der MRB von einer weiteren Anhaltung von Personen im PGH - Ost Abstand zu nehmen und für alternative, menschenrechtskonforme Unterbringungen Sorge zu tragen.

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Achtung:

Der Menschenrechtsbeirat im Bundesministerium für Inneres hat seine Tätigkeit mit 30. Juni 2012 beendet. Gemäß dem OPCAT-Durchführungsgesetz (BGBl I Nr. 1/2012) wurde bei der österreichischen Volksanwaltschaft  ein Nationaler Präventionsmechanismus eingerichtet, der zur Verhinderung von Folter und anderen grausamen, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe sowie dem Schutz und der Förderung der Menschenrechte Besuche an Orten der Freiheitsentziehung durchführt.