Deutschland

Bundesweite Einsätze

Die deutsche Bundespolizei ist auch als Teil der Küstenwache im Einsatz.
Die deutsche Bundespolizei ist auch als Teil der Küstenwache im Einsatz.
© Bundespolizei Deutschland

Vor 70 Jahre wurden in der Bundesrepublik Deutschland das Bundeskriminalamt und der Bundesgrenzschutz, der Vorläufer der heutigen Bundespolizei, gegründet.

Die Nachkriegsjahre in Deutschland waren bewegt: Nicht nur zerbombte Städte und zerstörte Infrastruktur, sondern alle staatlichen Institutionen mussten neu aufgebaut werden. 1949 wurde aus der sowjetisch besetzten Ostzone Deutschlands ein eigener Staat, die Deutsche Demokratische Republik (DDR). Im Westen Deutschlands, der Bundesrepublik Deutschland, kamen den alliierten Siegermächten Frankreich, Großbritannien und USA alle relevanten Entscheidungen zu. Bei der Neugestaltung von „entnazifizierten“ Sicherheitsbehörden wurde vielfach auf Organisationsformen aus dem Zeitraum 1920 bis 1932 zurückgegriffen, so auch beim Aufbau der kriminalpolizeilichen Strukturen ab 1945. Die Reichskriminalpolizei war in der „Weimarer Republik“ hauptsächlich deshalb entstanden, um „mobile Kriminelle“, die zwischen den Bundesländern umherzogen, besser bekämpfen zu können.

Zentrale des deutschen Bundeskriminalamts in Wiesbaden.
Zentrale des deutschen Bundeskriminalamts in Wiesbaden.
© Bundeskriminalamt Wiesbaden

1949 billigten die West-Alliierten die Einrichtung einer neuen kriminalpolizeilichen Zentralstelle in der Bundesrepublik, die sich mit „internationalen und reisenden Berufs- und Gewohnheitsverbrechern“ beschäftigen sollte. Der Aufbau einer solchen Zentralstelle wurde nach dem Grundgesetz als Kompetenz des Bundes festgehalten; die grundsätzliche Polizeigewalt im Deutschland der Nachkriegszeit sollte hingegen bei den Ländern verbleiben. Das Bundesinnenministerium erarbeitete ein „Gesetz über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes (Bundeskriminalamt)“, das am 8. März 1951 verkündet wurde. Am 15. März 1951 fand der formale Gründungsakt statt. Die Gesamtheit „mobiler Straftäter“ wurde als Zielgruppe der Arbeit des neuen BKA genannt, ebenso aber auch „Berufsverbrecher“ bzw. „Gewohnheitsverbrecher“ im Unterschied zu „Gelegenheitsverbrechern“.
In den 70 Jahren seines Bestehens hat sich das BKA von einer relativ kleinen Kommunikationsstelle für den polizeilichen Nachrichtenaustausch zu einer hochspezialisierten, international renommierten Behörde entwickelt. 231 Personen arbeiteten anfangs im BKA. Das Jahresbudget betrug 3,6 Millionen D-Mark (1,8 Millionen Euro). Die Bundesregierung bestimmte die hessische Stadt Wiesbaden zum Sitz des Bundeskriminalamtes. Zwischen 1970 und 1980 schritt der Ausbau des BKA besonders deutlich voran: Der Stellenplan wuchs von 964 auf 3500 Arbeitsplätze an, das Haushaltsvolumen wurde verzehnfacht. Erstmals wurden Frauen in den kriminalpolizeilichen Dienst aufgenommen. Heute zählt das BKA circa 7.500 Bedienstete, die in über 70 Berufsgruppen an mehreren Standorten in Wiesbaden, Meckenheim bei Bonn und Berlin tätig sind.
Als Zentralstelle unterstützt das Bundeskriminalamt die Polizeibehörden des Bundes und der Länder unter anderem bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten mit grenzüberschreitender oder sonstiger „erheblicher“ Bedeutung. In bestimmten Deliktsbereichen verfügt das BKA über eigene Ermittlungsbefugnisse, so etwa im Bereich der internationalen organisierten Kriminalität, bei internationalem Terrorismus und bei besonders schweren Fällen von Computersabotage. Es schützt zudem durch die Abteilung Sicherungsgruppe die Mitglieder der Verfassungsorgane des Bundes und, im Zusammenwirken mit anderen Sicherheitsbehörden, besonders gefährdete ausländische Staatsgäste. Zwei vor kurzem nach umfangreichen Umstrukturierungen neu errichtete Abteilungen befassen sich mit “islamistisch motiviertem Terrorismus/Extremismus“ und mit „Cybercrime“. Dazu wurde der Personalstand erheblich erhöht. Seit 1. April 2020 hat das BKA mit Martina Link erstmals eine Frau als Vizepräsidentin. Dem BKA-Präsidenten Holger Münch stehen damit drei Stellvertreter zur Seite.

Bundesgrenzschutz.

Am 16. März 1951, einen Tag nach der Einrichtung des BKA, folgte die Gründung des Bundesgrenzschutzes (BGS). Anfangs kam der neuen, 10.000 Bedienstete zählenden Truppe – bedingt durch die 1949 entstandene DDR – vor allem die Sicherung der innerdeutschen Grenze zu, zudem Passkontrollen und verbandspolizeiliche Aufgaben. Die Ausbildung erfolgte nach militärischem Muster. Mit dem Bau der „Berliner Mauer“ 1961 verschärfte sich die Situation entlang der deutsch-deutschen Grenze. Der Terroranschlag auf die israelische Mannschaft während der Olympischen Spiele 1972 in München führte zur Gründung einer eigenen bundesweiten, beim Bundesgrenzschutz angesiedelten Spezialeinheit – der Grenzschutzgruppe 9 (GSG 9). Mit der Unterzeichnung des „Schengener Abkommens“ 1985 wurden die Personenkontrollen zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden schrittweise abgebaut. Am 1. Oktober 1987 wurden die ersten 31 Frauen beim Bundesgrenzschutz eingestellt, damals noch im Rahmen eines Pilotprojekts bei einem Grenzschutzkommando. Ab 1989 war die Aufnahme von Frauen überall beim BGS möglich. Der Fall der Berliner Mauer und die Öffnung der innerdeutschen Grenze stellten den BGS vor große Herausforderungen. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde die Kompetenz des Bundesgrenzschutzes im Jahr 1992 durch Übertragung der Agenden der Luftsicherheit und der Bahnpolizei erweitert. Die Übernahme der bahnpolizeilichen Aufgaben bedeutete auch die Übernahme der Bahnpolizisten und des Fahndungsdienstes der Deutschen Bahn.

Bundespolizei: Kontrolle von Einreisenden auf Flughäfen.
Bundespolizei: Kontrolle von Einreisenden auf Flughäfen.
© Bundespolizei Deutschland

Bundespolizei.

2005 wurde der Bundesgrenzschutz in Bundespolizei umbenannt, da sich die Kompetenzen immer mehr weg von einem reinen Grenzschutz zu einer bundesweiten Polizeibehörde entwickelt hatten. Am 1. März 2008 erfolgte eine umfassende Reorganisation der Bundespolizei: Zehn neue Bundespolizeidirektionen und das Bundespolizeipräsidium als Oberbehörde in Potsdam wurden geschaffen, die Bundespolizeiinspektionen gestärkt. 2017 wurde eine elfte, in Berlin stationierte Bundespolizeidirektion eingerichtet, in der alle Spezialkräfte wie die GSG 9 der Bundespolizei, die Fliegergruppe, die „Polizeilichen Schutzaufgaben Ausland“, die „Besonderen Schutzaufgaben Luftverkehr der Bundespolizei“ und der Entschärfungsdienst gebündelt sind.
Die Bundespolizeiakademie wurde zur zentralen Aus- und Fortbildungsstätte erweitert. Im September 2016 eröffnete in Bamberg das bisher größte Aus- und Fortbildungszentrum der Bundespolizei, in dem bis zu 2.200 Polizeianwärterinnen und -anwärter zugleich ausgebildet werden können. Es ist eines von sieben Aus- und Fortbildungszentren in Deutschland, ab September 2021 sollen zwei weitere Standorte in Bielefeld und Rothenburg an der Fulda eröffnen.
Zur Stärkung der Resilienz bei Terror- und Amoklagen wurden schon 2015 spezialisierte Einsatzkräfte mit der Bezeichnung „Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten plus“ (BFE+) aufgestellt, die die GSG 9 unterstützen und entlasten. 2019 begann der Aufbau eines zweiten Standortes für die GSG 9 in Berlin, um den Schutz der Bundeshauptstadt vor terroristischen Bedrohungen zu verstärken.

Breites Aufgabenspektrum.

Die Bundespolizei ist bis heute für den Grenzschutz zuständig, Landespolizeieinheiten dürfen nur mit Zustimmung der Bundespolizei direkt an der Grenze tätig werden. Darüber hinaus verfügt die Bundespolizei über wesentliche eigenständige Ermittlungsbefugnisse, etwa bei der grenzüberschreitenden Schlepperkriminalität oder bei der Verfolgung von Straftaten auf Flughäfen und Bahnhöfen.
In den vergangenen Jahren entstanden aus der Migrationslage 2015 und der Corona-Pandemie ab 2020 besondere Herausforderungen. Zur Sicherung von größeren Versammlungen und Demonstrationen unterstützt die Bundespolizei mit Kräften der Bundesbereitschaftspolizei auch regelmäßig die Einsatzeinheiten der jeweiligen Landespolizei. Die Bundespolizei verfügt über eine Flotte von Hubschraubern, Schiffen, Booten und Kraftfahrzeugen, Diensthundeeinheiten und eine kleine Reiterstaffel. Von den über 51.000 Bediensteten der Bundespolizei sind fast 43.000 Polizeivollzugsbeamte, dazu kommen rund 2.000 Verwaltungsbeamte und über 6.000 Vertragsbedienstete.

Gregor Wenda



Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 7-8/2021

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