Krisenkommunikation

Stimmige Krisenkommunikation

Deeskalationsmodell: Opferfürsorge und Medienbetreuung schaffen Vertrauen (links). Kommunikative Abwehr und Zurückhaltung stehen in aufschaukelnder Wechselwirkung zu medialen Angriffen und (rechtlichen) Auseinandersetzung von Opfern (rechts).
Deeskalationsmodell: Opferfürsorge und Medienbetreuung
schaffen Vertrauen (links). Kommunikative Abwehr
und Zurückhaltung stehen in aufschaukelnder
Wechselwirkung zu medialen Angriffen und
(rechtlichen) Auseinandersetzung von Opfern (rechts).
© A. Riedler, Modifiziert übernommen aus:
Höbel, P. (2016): Ohne Krisenkommunikation geht es schief

In Krisen entscheidet die Kommunikation zwischen Erfolg und Misserfolg. Polizeioffizier Alexander Riedler hat in seiner Masterarbeit ein Formblatt für adressatengerechte Krisenkommunikation erarbeitet.

Unter Beachtung welcher Faktoren kann man die Effizienz und Effektivität einer guten zwischenmenschlichen Kommunikation in einer Krise professionalisieren? Oberstleutnant Alexander Riedler, BA MA MA, vom Landeskriminalamt Oberösterreich beschäftigte sich in seiner Masterarbeit mit dieser Frage. Als theoretisches Modell legte er seiner Arbeit das Kommunikationsquadrat des Kommunikationswissenschaftlers Friedemann Schulz von Thun zugrunde und erarbeitete darauf aufbauend ein eigenes Formblatt, das von Öffentlichkeitsarbeitern als Instrument in der Praxis eingesetzt werden kann.

Kommunikationsquadrat.

Jede Äußerung enthält eine Vielzahl von bewussten und unbewussten Botschaften. Diese Annahme legt der Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun seinem Modell „Kommunikationsquadrat“ zu Grunde, womit er die Simultanität von vier Kommunikationsaspekten zu erklären versucht. Die Seiten des Kommunikationsquadrats gliedern sich dabei in Sachinhalt, Appell, einen Beziehungshinweis und die Selbstkundgabe, die zugleich Wirksamkeit entfalten. Jede zwischenmenschliche Äußerung ist als Botschaft einer Seite zuordenbar. Problematisch wird dies, wenn eine Äußerung mehrere Botschaften enthält, die einander widersprechen und den Empfänger vor die Herausforderung stellen, das „Richtige“ herauszuhören.

Formblatt.

Alexander Riedler ist leitender Kriminalbeamter im LKA Oberösterreich.
Alexander Riedler ist
leitender Kriminalbeamter im
LKA Oberösterreich.
© LPD OÖ

Alexander Riedler hat auf dieses Modell aufbauend, unter Einbeziehung von Kommunikationsexperten, ein Formblatt erarbeitet, das Kommunikatoren bei einer adressatengerechten Krisenkommunikation unterstützen soll. Er versteht es als Hilfsmittel für Öffentlichkeitsarbeiter, die keine spezielle Ausbildung in Krisenkommunikation gemacht haben. Das Formblatt enthält acht Arbeitsschritte, wobei etwa Adressaten und das Kommunikationsziel durchdacht, Voraussetzungen für eine stimmige Äußerung überlegt, Kommunikationsmedien erwogen und Gedanken des Botschaftsempfängers antizipiert werden sollen. Unter Beachtung dieser acht Arbeitsschritte gelingt eine möglichst wirkungsvolle krisenkommunikative Äußerung. Aufbauend auf seine theoretischen Überlegungen hat Riedler sechs österreichische Kommunikationsexperten aus der Wissenschaft interviewt und ihre Einschätzungen eingeholt und eingearbeitet. Im Wesentlichen gab es vonseiten der Expertinnen und Experten keine Diskrepanzen und eine inhaltliche Übereinstimmung betreffend den Aufbau und die Sinnhaftigkeit des Formblattes. Einigkeit bestand auch darüber, dass eine vorbereitende Einführung notwendig ist, damit das Formblatt in einer Krisensituation angewendet werden kann.
Der Mehrwert des Formblatts liegt vor allem im Bereich der Vorbereitung auf Krisen, wo es in Trainingssituationen darum geht, mit einer Reflexion über Kommunikation bei den Öffentlichkeitsarbeitern ein „quadratisches Bewusstsein“ zu fördern. Ziel ist es, damit in dynamischen Krisensituationen eine effiziente, effektive und professionelle zwischenmenschliche Kommunikation zu unterstützen.

Riedler, Alexander: Die Quadratur der Krisenkommunikation. Die Fusion von krisenkommunikativen Verhaltensregeln mit dem Kommunikationsquadrat als effektives und effizientes Instrument zur kommunikativen Bewältigung von Krisen. – Masterarbeit an der Fachhochschule Campus Wien, April 2021.


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 7-8/2021

Druckversion des Artikels (274 kB)