Porträt

Vorbild sein für Jugendliche

Karim Mabrouk beim Kickboxtraining im Kampfsportcenter „Tosan“: Es beinhaltet Technik-, Kraft- und Konditionstraining.
Karim Mabrouk beim Kickboxtraining im Kampfsportcenter
„Tosan“: Es beinhaltet Technik-, Kraft- und Konditionstraining.
© Reinhard Leprich

Der Polizeischüler und Spitzensportler Karim Mabrouk ist „Kickbox-Champion“. Er wurde 2016 zum „Österreicher des Jahres“ gekürt; und er wollte schon als Kind Polizist werden.

Karim Mabrouk ist Wiener mit ägyptischen Wurzeln. Karim Mabrouk ist mehrfacher österreichischer Staatsmeister. Er ist Intercontinental Champion in den Disziplinen K1 und Full Contact und World-Cup-Sieger 2018. „K“ steht für „Kakutogi-Kickboxen“. Kakutogi wie Karate, Kung-Fu, Kempo und Kickboxen – von allem etwas. Karim Mabrouk war „Co-Founder“ einer Initiative, die sich gegen die Radikalisierung von Kindern und Jugendlichen einsetzt. Und Karim Mabrouk ist seit 1. Oktober 2018 Polizeischüler und gehört dem Spitzen sportkader des Bundesministeriums für Inneres an.

Karim Mabrouk

Karim Mabrouk kommt 1993 in Wien zur Welt, wächst in Floridsdorf auf, zweisprachig. Er ist stolz auf seine ägyptischen Wurzeln und darauf, zwei Nationalitäten präsentieren zu dürfen. Zum Kickboxen sei er gekommen, weil ihn Kampfsport schon als Kind interessiert habe. „Ich habe zwar mit Fußball angefangen, aber Filme wie die Rocky-Serie mit Sylvester Stallone haben mich beeindruckt, dann habe ich mit 14 Jahren mit dem ersten Kickbox-Training begonnen“, sagt er.

Trainer der ersten Stunde

Karim Mabrouks Alltag besteht aus Polizeischule, Training, Wettkämpfen.
Karim Mabrouks Alltag besteht aus Polizeischule,
Training, Wettkämpfen.
© Gerd Pachauer

Trainer der ersten Stunde ist Franz Haberl, ein Kampfsportler mit jahrzehntelanger Erfahrung. Trainingsort ist das Kampfsportcenter „Tosan“ in der Taborstraße in Wien. 600 Quadratmeter groß mit zwei Trainingsräumen, Kraftkammer, Cardiobereich und Sauna. „Karim ist ein Sportler, der das Herz am richtigen Fleck trägt und die richtige Einstellung zum Sport hat“, sagt Haberl. „Ich stelle gerne einen Vergleich mit Thomas Muster her. Es hat vielleicht andere Tennisspieler gegeben, die talentierter als er waren, aber kaum ein anderer hatte diesen Ehrgeiz und Willen, es bis an die Spitze zu bringen.“ Ähnlich sei es bei Karim, sagt er. „Karim ist sehr talentiert, keine Frage, aber der Grund warum er da steht, wo er heute steht, sind seine Einstellung zum Sport, sein ‚Biss‘, sein Durchhaltevermögen und sein Ehrgeiz.“

Diese Mischung

Diese Mischung machte sich bezahlt. Drei Jahre später, Karim Ma brouk ist 17 Jahre alt, gewinnt er die ers ten Kämpfe bei den Staatsmeisterschaften. Zu den größten Erfolgen im Juniorenbereich zählen der Gewinn der Bronzemedaille bei den Europameis terschaften, der zweite Platz beim World Cup und der Sieg beim German Open. Seine größten Erfolge im Profibereich sind der Titel des „Intercontinental Champion“ und der World-Cup-Sieg 2018.

Österreicher des Jahres.

Karim Mabrouk: „Für das Kickboxen braucht man einen perfekt aufgebauten Trainingsplan.“
Karim Mabrouk: „Für das Kickboxen
braucht man einen perfekt
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© Gerd Pachauer

2016 wurde Karim Mabrouk mit Alexander Karakas, dem Gründer der Initiative „Not in God’s Name“, zum „Österreicher des Jahres“ gewählt. Die Initiative erhielt im selben Jahr den „Karl-Blecha-Preis“ des ASKÖ WAT Wien (Wiener Arbeiter Turn- und Sportverband) und 2017 den „Integrationspreis Sport“ des Österreichischen Integrationsfonds.

Arbeit mit Jugendlichen.

Bei dieser Initiative wird mit Hilfe von Kampf sportlern versucht, Kindern und Jugendlichen ein Vorbild aus der eigenen Community zu geben. Sportler besuchen Schulen, gehen in Parkanlagen oder leiten Trainings, um Jugendlichen eine Perspektive zu geben.
Karim Mabrouk war der erste Sportler, der dies mit Jugendlichen machte. Er ist Mitbegründer der Initiative „Not in God’s Name“. „Ich möchte Kinder und Jugendliche verschiedener Religionen und unterschiedlicher Nationalitäten motivieren und ihnen Tipps fürs Leben geben“, sagt er. „Ich liebe es, mit Kindern zu arbeiten. Ich sehe mich in vielen Jugendlichen und möchte ihnen dasselbe in Österreich ermöglichen, das mir ermöglicht wurde.“ Jugendliche seien der wichtigste Teil einer Gesellschaft, betont er. „Deshalb habe ich damals alles versucht, sie zu unterstützen und ihnen zu helfen.“
Heute sei dies aus Zeitmangel nicht mehr möglich, sagt der Polizeispitzen sportler. „Mit Polizeischule, Trainings und Wettkämpfen fehlt mir leider die Zeit dafür. Aber es war lange Zeit ein sehr wichtiger Teil von mir.“

Gemeinsamkeiten von Sport und Polizei.

„Der Beruf des Polizisten war für mich immer schon ein Kindheits traum“, sagt er. Er sehe da viele Überschneidungen. „Es gibt viele Dinge, die sowohl als Polizist als auch als Sportler sehr wichtig sind. Ich denke an Gemeinsamkeiten wie Disziplin oder Ausdauer, aber auch daran, dass man sowohl körperlich als auch geistig immer fit sein sollte.“ Wirklich perfekt habe es die Möglichkeit gemacht, diesen Kindheitstraum mit dem Sport verbinden zu können, betont er. Und da sei das Modell der Spitzensportförderung im Innenministerium wirklich großartig. Es unterstütze Spitzensportlerinnen und -sportler bei der Ausübung des Sports und biete zeitgleich die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen.

Spitzensportförderung

Spitzensportförderung hat im Innenressort eine lange Tradition, und ist als duales Förderungssystem aufgebaut“, sagt Günther Marek, Leiter der Gruppe I/C (Öffentlichkeitsarbeit, Gesundheit, Psychologie, Sport) im Bundesministerium für Inneres. Was bedeutet, dass die sportliche und berufliche Karriere perfekt aufeinander abgestimmt werden kann.“

Reinhard Leprich

Interview

„Training ist kompliziert“

Karim Mabrouk ist seit 1. Oktober 2018 Polizeischüler und gehört dem Spitzensportkader des BMI an.
Karim Mabrouk ist seit 1. Oktober
2018 Polizeischüler und gehört
dem Spitzensportkader des BMI an.
© Alexander Tuma

Wie sieht ein typischer Trainingstag aus?

An einem typischen Trainingstag trainiere ich direkt nach dem Aufstehen, am besten so früh wie möglich. Danach frühstücke ich. Über Mittag versuche ich, zu entspannen, bis es nachmittags zum zweiten Training geht. Nach einer leichten Mahlzeit am Abend gehe ich meistens bald zu Bett.

Wie schaut ein typischer Wettkampftag aus?

An einem typischen Wettkampftag versuche ich auszuschlafen, falls das möglich ist. Nach einem ausgiebigen Frühstück gehe ich in die Wettkampfhalle. Dort versuche ich mit Musik abzuschalten oder zu entspannen, indem ich anderen Wettkämpfen zusehe. Eine Stunde vor meinem Wettkampf fängt die eigentliche Vorbereitung an. Was bedeutet, dass ich mich umziehe und aufwärme. Eine halbe Stunde vor dem Kampf arbeite ich mit meinem Trainer die wichtigsten Techniken durch, und dann geht es los.

Wie bereiten Sie sich auf einen Wettkampf vor?

Die Vorbereitung beginnt etwa sechs Wochen vorher, mit zwei Trainings am Tag, sechs Trainingstagen in der Woche. Das Training beinhaltet Technik-, Kraft- und Konditionstraining. Die Technikeinheiten unterscheiden sich in Sparring, Partner übungen und „Pratzentraining“. Kondition trainiere ich beim Laufen, am Fahrrad oder bei einem Schlagtraining. Dazu kommt Mentaltraining und ein Ernährungsplan, um mit meinem Kampfgewicht antreten zu können.

Ist Kickboxen ein komplizierter Sport?

Die Sportart ist nicht kompliziert, das Training und das „Drumherum“ aber schon. Man braucht, um es professionell auszuüben, einen perfekt aufgebauten Trainingsplan, der Kraft-, Konditions- und Techniktraining beinhaltet. Und das alles mit Mentaltraining und der Ernährung in Einklang zu bringen, das ist eine komplizierte Angelegenheit.

Welcher Kampf wird Ihnen ewig in Erinnerung bleiben?

Ich kann mich an diesen einen Kampf noch genau erinnern. Er fand in derselben Woche statt, in der ich meine Aufnahmeprüfung bei der Polizei hatte. Ich war sehr aufgeregt. Mein Gegner war ein sehr erfahrener und starker Kämpfer aus Belgien und gleichzeitig hatte ich Stress mit dem Lernen und der Aufnahmeprüfung. Gott sei Dank habe ich beides geschafft. Ich wurde bei der Polizei aufgenommen und habe den Kampf gewonnen. Dieser Tag und dieser Kampf wird ewig in meiner Erinnerung bleiben.

Ist inneres Gleichgewicht wichtig für Sie?

Ja, sehr wichtig. Man muss innen ausgeglichen sein, um performen und seine beste Leistung abrufen zu können – insbesondere im Sport. Ausgeglichenheit gibt einem eine hohe Konzentrationsfähigkeit und lässt einem einen kühlen Kopf in schwierigen Situationen bewahren. Beides ist wichtig im Spitzensport.

Füße oder Hände, was ist wichtiger in Ihrem Sport?

Ich würde sagen: 70 Prozent Boxen, also Hände, und 30 Prozent Kicks, also Füße oder Beine. Trotzdem würde das eine ohne dem anderen nicht funktionieren, es heißt ja nicht umsonst Kickboxen.

Sind Sie ein mutiger Mensch?

Ja, ich denke, ich bin ein mutiger Mensch. Es ist aber wichtig, in den richtigen Situationen mutig zu sein.

Würden Sie etwas anders machen, wenn Sie die Chance dafür bekommen würden?

Eigentlich würde ich nichts anders machen wollen. Ich bin mit allen meinen Schritten zufrieden und glücklich. Meiner Meinung nach wäre es auch falsch, Dinge, die in der Vergangenheit passiert sind, zu bereuen – weil man sie ohnehin nicht ändern kann. Alles hat seinen Grund und das ist auch gut so. Und in meinem Fall: Wäre es nicht so passiert, wie es passiert ist, wäre ich nicht der, der ich heute bin.

Interview: Reinhard Leprich


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 7-8/2021

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