Informationsrecht

Der Hersteller eines einfachen Fotos hat auf dieses urheberrechtlichen Schutz bis 50 Jahre nach Herstellung.
Der Hersteller eines einfachen Fotos hat auf dieses
urheberrechtlichen Schutz bis 50 Jahre nach Herstellung.
© Mirabelle Ang

Rechtliche Grenzen

In Zeiten der Pandemie werden Vorträge, Seminare und Lehrveranstaltungen online abgehalten. Dabei sind, wie auch sonst, von den Nutzern urheber- und datenschutzrechtliche Aspekte zu beachten.

In einem vom Forum Neue Medien in der Lehre Austria (fnma. at) am 8. Juni 2021 veranstalteten Webinar setzte sich Rechtsanwalt Dr. Peter Burgstaller, Fachhochschulprofessor für IT-/IP-Recht an der Fakultät für Informatik/Medien/Kommunikation der FH Oberösterreich, Campus Hagenberg, mit urheber- und datenschutzrechtlichen Fragen auseinander, die sich im Distance-Learning ergeben. Die erörterten Grundsätze gehen über den schulischen Bereich – für den einige Sonderbestimmungen gelten – und den Bereich des Internets hinaus und gelten allgemein. „Das aus dem Jahr 1936 stammende Urheberrechtsgesetz ist medien- und technologieneutral, gilt also unabhängig davon, über welche Medien eine Verbreitung erfolgt“, sagte Burgstaller.
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Der Umstand, dass in Zeiten der Pandemie Foren, Seminare, Konferenzen, Bürotätigkeiten (Home-Office) ins Internet verlagert wurden, befreit nicht von der Einhaltung jener rechtlichen Beschränkungen, denen die Nutzung der vermittelten Inhalte unterliegt. Immerhin können Eingriffe in das Urheberrecht umfangreiche zivil- und strafrechtliche Folgen haben.

„Werk“.

Nach § 1 des Urheberrechtsgesetzes ist ein Werk eine eigentümliche geistige Schöpfung auf den Gebieten der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst. Dazu zählen Software, Computeranimationen, Fotos, Datenbanken. Das Werk genießt als Ganzes und in seinen Teilen urheberrechtlichen Schutz, im Allgemeinen bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.
Die Eigentümlichkeit einer geistigen Schöpfung besteht in einer, für die Sinne des Menschen wahrnehmbaren individuellen und damit einmaligen Gestaltung innerhalb eines eingeräumten Spielraums. Die Qualität des Werkes spielt keine Rolle, weshalb das Schutzniveau sehr niedrig ist.
Urheber ist derjenige, der das Werk geschaffen hat (§ 10 UrhG). Der Schutz entsteht durch die Schöpfungstätigkeit; es bedarf keiner Registrierung. Personen, die die Werke verbreiten, kommt ebenfalls automatisch der Schutz des Urheberrechtes zu; und zwar ausübenden Künstlern (Schauspielern, Sängern, Vortragenden) bis 50 Jahre nach Darbietung, ohne Rücksicht darauf, ob das vorgetragene Werk noch geschützt ist. Der Hersteller eines einfachen Fotos hat auf dieses urheberrechtlichen Schutz 50 Jahre nach Herstellung, der Rundfunkunternehmer auf die Sendung 50 Jahre nach deren Ausstrahlung. Der Schutz für den Hersteller eines Schallträgers währt 70 Jahre nach dessen Erscheinen.

Urheberrechte.

Fotografie und Urheberrechtsschutz: Urheber ist derjenige, der ein Werk geschaffen hat (§ 10 UrhG). Der Schutz entsteht durch die Schöpfungstätigkeit; es bedarf keiner Registrierung.
Fotografie und Urheberrechtsschutz: Urheber ist derjenige, der ein Werk
geschaffen hat (§ 10 UrhG). Der Schutz entsteht durch die Schöpfungs-
tätigkeit; es bedarf keiner Registrierung. © Patrick Sabitzer

An die Person des Urhebers gebunden (Persönlichkeitsrechte) ist das unverzichtbare Recht, sich als Urheber zu bezeichnen, und der Schutz vor Kürzungen. Eine Übertragung dieser Rechte ist nur im Erbweg möglich (§ 23 UrhG).
Verwertungsrechte (wirtschaftliche Rechte) können hingegen durch Lizenzvertrag übertragen werden, wobei der Umfang der Nutzungsrechte geografisch, zeitlich und inhaltlich geregelt werden kann. Im Zweifel bleiben die Rechte beim Urheber. Ausnahmen finden sich beim angestellten Programmierer und dem Urheber eines Films. In diesen Fällen steht der Schutz des Investors im Vordergrund (Copyright-Ansatz).
Die Verwertungsrechte sind in Kategorien zusammengefasst: Neben dem Vermiet- und Verleihrecht, dem Folgerecht (bei bildenden Künsten; Künstler sollen nachträglich profitieren können) und dem Senderecht kommen, als im Folgenden von Belang, das Bearbeitungs-, Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht in Betracht, das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht sowie das Zurverfügungstellungsrecht.
Technische Entwicklungen im Bereich des Internets müssen hineininterpretiert werden. Der Download als dauerhaftes Herunterladen digitaler Inhalte stellt eine Vervielfältigung (§ 15 UrhG) dar. Ein Upload, „etwas ins Internet stellen“, ist eine Zurverfügungstellung (§ 18a) insofern, als eine unkörperliche Verbreitung erfolgt, die zeitlich und örtlich ungebunden ist. Das trifft aus Sicht des Anbieters auch auf einen On-Demand-Stream zu, wogegen ein Livestream, als zeitlich gebundene Verbreitung, einer Sendung (§ 17) entspricht. Aus der Sicht des Nutzers ist der bloße Empfang eines Streams als technisch bedingte flüchtige Speicherung kein urheberechtsrelevanter Vorgang (§ 41a UrhG). Aufzeichnen und Herunterladen stellen eine Vervielfältigung dar. Das Setzen eines Links ist für den Linksetzer keine Vervielfältigung, ein nachfolgender Download für den Surfer hingegen schon. Wird ein im Internet veröffentlichtes Foto auf die eigene Seite eingestellt, bedarf dies grundsätzlich einer Einwilligung des Urhebers.

Vertrauliche Aufzeichnungen

Vertrauliche Aufzeichnungen wie Briefe, Tagebücher oder etwa E-Mails dürfen nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, wenn berechtigte Interessen verletzt würden (Briefschutz, § 77). Bildnisse dürfen nicht veröffentlicht werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (Bildnisschutz, § 78).
Allgemein gilt für Vorträge, ob diese nun offline oder online gehalten werden, dass sie urheberechtlich geschützt sind (§ 66 UrhG). Vortragsfolien sind in der Regel Werke der Literatur, sodass aufgezeichnete Kopien zu privaten Zwecken nutzbar sind. Es darf aber keine Weitergabe an Dritte erfolgen. Ausnahmsweise dürfen Leistungen, die dem Urheberschutz unterliegen, ohne Zustimmung des Berechtigten verwendet werden, wenn dies im Rahmen der freien Werknutzung (§§ 41 – 59c UrhG) geschieht. Darunter fällt, dass jedermann zum eigenen Gebrauch eine herkömmliche (nicht digitale) Kopie herstellen darf, etwa von Zeitschriften oder aus Büchern, nicht jedoch von ganzen Büchern oder Zeitschriften. Das Herstellen einer digitalen Privatkopie ist nur natürlichen Personen zu privaten Zwecken sowie zur nicht kommerziellen Forschung erlaubt. Frei sind auch flüchtige und begleitende, technisch notwendige Vervielfältigungen, etwa das Laden in den Arbeitsspeicher beim Surfen im Web. Von Software darf keine Privatkopie hergestellt werden.
Für den Schul- bzw. Hochschulbereich erfolgte mit Wirksamkeit 1. Jänner 2016 eine umfassende Neuregelung durch die Urheberrechts-Novelle 2015, BGBl I 99/2015. Burgstaller verwies hierzu auf die „Hoch-/Schulparagrafen“ betreffend die Digitale Kopie (§ 42 Abs 6 UrhG), die Öffentliche Zurverfügungstellung für Unterricht und Lehre (E-Learning Plattform; § 42g) und das Zitatrecht in § 42f UrhG. Ohne Zustimmung des Vortragenden, gleichgültig ob offline oder online, sind Audio-Aufnahmen unzulässig. Die Stimme des Vortragenden ist als dessen Persönlichkeitsrecht nach § 16 ABGB geschützt. Ebenso sind, wenn der Vortragende nicht zustimmt, Video-Aufnahmen unzulässig (§§ 12 DSG und 78 UrhG).

Datenschutz.

Datenschutzrechtlich (DSGVO und DSG) sind personenbezogene Daten geheim zu halten. Derartige Daten sind, beispielhaft, nicht nur Name oder Sozialversicherungsnummer, sondern auch Kfz-Kennzeichen, IP-Adressen, Telefon-Nummern, IBAN, oder Fotos von Personen.
Personenbezogene Daten dürfen grundsätzlich nur verwendet werden, wenn ein Rechtsgrund dafür vorliegt und die Zweckbindung gewährleistet ist, was einschließt, dass entsprechende Schutzmaßnahmen technischer und organisatorischer Art (TOMs) zur Geheimhaltung gegenüber Dritten eingehalten werden. Rechtsgründe zur Verwendung personenbezogener Daten sind etwa die Zustimmung des Betroffenen, gesetzliche Grundlagen oder ein bestehendes rechtliches Interesse.
Datenschutzrechtlich ist der Einsatz von Videokonferenz-Tools problemlos, wenn die Datenübermittlung innerhalb der EU einschließlich sicherer Drittstaaten wie der Schweiz, Norwegen, Island, Japan oder Kanada erfolgt. Ansonsten ist, neben der Frage nach dem Rechtsgrund und dem Zweck der Datenübermittlung zu prüfen, welcher Dienst verwendet wird, wo die Daten liegen, in welcher Form (verschlüsselt, unverschlüsselt) sie wo abgelegt werden und wer Zugriff auf die Daten hat bzw. ob diese an Dritte weitergegeben werden.

Kurt Hickisch


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2021

Druckversion des Artikels (PDF 419 kB)