Interview

Reinhard Schnakl: „Mit den neuen technischen Möglichkeiten können wir auch Bürgerinnen und Bürgern ein besseres Service in Notsituationen bieten.“
Reinhard Schnakl: „Mit den neuen
technischen Möglichkeiten können
wir auch Bürgerinnen und Bürgern
ein besseres Service in Notsituationen
bieten.“
© Alexander Tuma

„Steigerung der Effizienz“

General Reinhard Schnakl, Leiter der Gruppe II/A (Organisation, Dienstbetrieb und Einsatz) im Innenministerium, über den Rollout des bundesweit einheitlichen Einsatzleit- und Kommunikationssystems (ELKOS).

Warum wurde das Projekt „Leitstelle neu“ ins Leben gerufen?

Mit dem Projekt ‚Leitstelle neu‘ wurden aus 99 Leitstellen neun Landesleitzentralen. Das Innenministerium folgte damit einer Empfehlung des Rechnungshofs, in allen Bundesländern einheitliche Leitzentralen einzurichten. Mit der Einführung des neuen Einsatzleit- und Kommunikationssystems ELKOS ist dem BMI ein großer Schritt in Richtung Modernisierung und Effizienzsteigerung der Polizeiarbeit gelungen. Wir bieten aber auch mehr Service für die Bürgerinnen und Bürger.

Was bedeutet eine Systemumstellung in diesem Ausmaß für die Polizei?

Für die Polizei ist diese Systemumstellung ein Paradigmenwechsel. Erstmals steht der Polizei auch außerhalb von Wien ein umfassendes Lagebild über sämtliche Einsatzlagen und Streifen zur Verfügung. Dadurch entstehen ganz neue Möglichkeiten der Einsatz- und Ressourcensteuerung.

Was verbinden Sie persönlich mit den neuen Landesleitzentralen?

Ich beschäftige mich mit diesem Thema seit mehr als zehn Jahren. Bei zahlreichen Dienstreisen im Ausland wurde mir bewusst, dass wir als Polizei punkto Notrufbearbeitung und Einsatzsteuerung mit der alten Struktur nicht mehr zeitgemäß aufgestellt waren. Umso mehr freut es mich, dass wir jetzt über eine hoch redundante und moderne technische Infrastruktur verfügen, die durchaus auch auf europäischer Ebene neue Standards setzt. Ein wesentlicher Unterschied zu vielen Leitstellen ist, dass nicht neun Leitstellen parallel, sondern ein Leitstellensystem mit mehreren Standorten etabliert wurde.

Welchen Vorteil bringt ELKOS für die Polizei?

Die Polizei tritt gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern professionell auf, die Organisation wird effizienter und die Wege kürzer. Durch die neuen technischen Möglichkeiten können wir die Kolleginnen und Kollegen im operativen Außendienst in der Bewältigung ihrer herausfordernden Tätigkeit wesentlich besser unterstützen. So können etwa Einsatzdaten übermittelt oder Verständigungen zentral übernommen werden. Die technischen Möglichkeiten werden sukzessive ausgebaut. Zukünftig soll es möglich sein, dass Einsatzdaten direkt in das Navigationssystem eingespielt und automatisch übernommen werden können. Somit könnten die Interventionszeiten optimiert und die Sicherheit bei Einsatzfahrten erhöht werden, da mögliche Ablenkungen wegfallen. Zusätzlich wird durch das Mitsenden einsatzrelevanter Informationen die Eigensicherung der Polizeibediensteten erhöht. Mit den neuen technischen Möglichkeiten können wir auch Bürgerinnen und Bürgern ein wesentlich besseres Service in Notsituationen bieten.

Was waren rückblickend die größten Herausforderungen bei der bundesweiten Implementierung von ELKOS?

Als der Pilotbetrieb in der Steiermark gestartet wurde, gab es im System noch die eine oder andere Kinderkrankheit, was bei einem so großen Projekt auch zu erwarten war. Die erste Zeit war hier für die Kolleginnen und Kollegen vor Ort besonders fordernd. Die Landesleitzentralen gehören zur kritischen Infrastruktur, fällt das System aus, wirkt sich das direkt auf die Bürgerinnen und Bürger aus. Da ist schon ein großer Druck dahinter, dass alles zu jeder Zeit reibungslos funktioniert.

Wie konnten diese durchgehende Erreichbarkeit sichergestellt werden?

Indem wir zuerst phasenweise vorgegangen sind. In Niederösterreich wurden beispielsweise nicht alle Funkkreise gleichzeitig auf das neue System aufgeschaltet. Man sah sich die einzelnen Funkkreise an und arbeitete sich dann Schritt für Schritt vor. Durch die Ausrollung Bundesland für Bundesland konnten die Erfahrungen laufend eingearbeitet und das System weiterentwickelt werden. Der Austausch zwischen den Bundesländern wurde vom Projektteam kontinuierlich begleitet und moderiert. Wir konnten hier von Rollout zu Rollout von einem enormen Erfahrungsgewinn profitieren und diese Erfahrungen bei den folgenden Rollouts entsprechend mitnehmen.

Was macht die ISO-Zertifizierung aus Ihrer Sicht einzigartig?

Österreich ist das erste und derzeit einzige Land mit ISO-zertifizierten Polizei-Leitstellen. Die Zertifizierung sagt aus, dass der Prozess der Notrufannahme in allen Leitstellen gleich verläuft. Die bundesweit einheitliche Vorgehensweise hat sich zuletzt vor einigen Wochen bewährt, als es aufgrund eines erhöhten Infektionsgeschehens notwendig war, die Notrufe der LLZ Oberösterreich an die LLZ Steiermark weiterzuleiten. Dieses ‚Umschalten‘ gelang nahtlos und blieb bei den Bürgerinnen und Bürger beinahe unbemerkt. Der Annahmeprozess ist zwar überall gleich, der Dialekt der steirischen Kollegen aber dann doch etwas anders als der Oberösterreichische.

Warum wurde neben den neun Landesleitzentralen auch das Bundesministerium für Inneres zertifiziert?

Das Innenministerium wurde deswegen zertifiziert, weil es für die Landespolizeidirektionen die zentralen Systeme technisch betreibt.


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2021

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