Einsatzorganisationen

Drohnen zur Einsatzunterstützung

Drohnen – fachlich als Unmanned Aircraft Systems bezeichnet – sind nützliche Unterstützungsmittel für Einsatzorganisationen. Ihre Anwendungsmöglichkeiten sind breit gefächert.

Drohnen-Arbeitsgruppe: Franz Jelinek, Markus Bertl, Andreas Oblasser, Magnus Brunner, Martin Gurdet, Wolfgang Fischer.
Drohnen-Arbeitsgruppe: Franz Jelinek, Markus Bertl, Andreas Oblasser,
Magnus Brunner, Martin Gurdet, Wolfgang Fischer.
© ÖBFV/Mathias Seyfert

Ob die Luftaufnahme zur Dokumentation nach Verkehrsunfällen, die Personensuche nach einer Bankomatsprengung, die Flucht in einen Bach nach Polizeianhaltung, die Verletztensuche nach einer Straftat oder die nächtliche Suche nach einem aggressiven Stier, der Personen verletzt hatte – das sind nur einige Beispiele von Einsätzen, die die Feuerwehr mithilfe ihrer Drohnen alleine zur Unterstützung der Polizei durchgeführt hat.
„Wir werden zudem immer wieder zur Vermisstensuche – zusätzlich zum Hubschrauber – alarmiert“, sagt Brandrat Andreas Oblasser, Bezirksfeuerwehrkommandant-Stellvertreter in Kufstein. „In Tirol haben wir seit 2018 Drohnen in Verwendung und sie wurden hauptsächlich zur Suche nach Personen in unwegsamem Gelände oder im Wasser eingesetzt, bei denen auch Wärmebildkameras zum Einsatz kommen, zur Lageerkundung nach Muren, Steinschlägen, Hochwasserereignissen oder Massenkarambolagen, aber auch bei sonstigen Schadenslagen wie Bränden in unübersichtlichen Bereichen.“ Die Szenarien, bei denen Drohnen zum Einsatz kommen, sind vielfältig. Grundsätzlich erfreuen sich Drohnen immer größerer Beliebtheit. Sie können eine spezielle Ressource im Einsatzfall sein und wichtige Informationen für den Einsatzleiter liefern.

EU-Drohnenverordnung.

Die EU-(Grund)Verordnung 2018/1139 legt die gemeinsamen Vorschriften für die Zivilluftfahrt fest. Gemäß Art. 2 Abs. 3 sind „Polizei, Militär, Zoll, Such- und Rettungsdienst“ ausgenommen. Das bedeutet, dass die EU-Verordnung und die Durchführungsbestimmungen (2019/945, 2019/947) für die angeführten Organisationen keine Geltung haben. Dadurch obliegt es dem jeweiligen Mitgliedsstaat, entsprechende nationale Regelungen zu schaffen bzw. im nationalen Recht zu bleiben oder teilweise bzw. zur Gänze ins EU-Recht zu optieren. In Österreich wurde die Entscheidung getroffen, dass die Polizei bei der Verwendung von Drohnen weiterhin das nationale Recht, also das österreichische Luftfahrtgesetz, anwendet; sie kann dadurch flexibler in ihren Einsatzbereichen agieren. Im Gegensatz dazu gilt für BOS-Drohnen (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, wie zum Beispiel Rettung oder Feuerwehr) seit 1. August 2021 die EU-Drohnenverordnung.

Drohnen-Arbeitsgruppe.

Drohnen sind vielfältig einsetzbar und gehören in Zukunft zur Standardausrüstung der Einsatzorganisationen.
Drohnen sind vielfältig einsetzbar und gehören in Zukunft zur
Standardausrüstung der Einsatzorganisationen. © ÖBFV/Mathias Seyfert

Dies wurde nun mit der Novelle des Luftfahrtgesetzes umgesetzt, die durch eine organisationsübergreifende Drohnen-Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbands (ÖBFV) seit Sommer 2020 gefordert wurde. Zusammengesetzt ist sie aus Vertretern des Bundesminis­teriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, des Innenminis­­­teriums, des Bundesheeres, von Austro Control sowie der FH Joanneum Graz. „Drohnen werden zur Standardausrüstung der Einsatzorganisationen gehören“, sagt Andreas Oblasser, der Leiter dieser Arbeitsgruppe. „Durch Einsatzplanung, Betrieb und Nachbereitung sowie eine harmonisierte Aus- und Fortbildung werden wir unserem Auftrag, der Bevölkerung in Notsituationen zu helfen, umso besser nachkommen können.“ Kein Einsatzmittel schließt dabei ein anderes aus. „Bei fast allen unseren Personensuchen wurde je nach Verfügbarkeit zusätzlich zu den Drohnen etwa eine Hundestaffel eingesetzt. Dasselbe gilt für den Hubschrauber, ihn kann und soll eine Drohne nie ersetzen. Es geht darum, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um so schnell wie möglich zu einem Erfolg zu kommen.“
Seit mehreren Jahren arbeiten Einsatzorganisationen in Österreich bereits mit unbemannten Luftfahrzeugen zur Einsatzunterstützung. Dabei stieß man schnell auf Hürden. Im Einsatzfall werden Drohnen auch bei widrigen Wetterverhältnissen gestartet. Wind, leichter Regen und Flüge in der Nacht sind keine Seltenheit. Neben diesen technischen Herausforderungen kamen auch legistische hinzu, so waren Nacht- oder Wochenendflüge nur unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen und mit Sonderausbildungen möglich sowie grenzüberschreitende Einsätze gar nicht erlaubt.

Novellierung des Luftfahrtgesetzes.

Das am 31. Dezember 2020 in Kraft getretene EU-Drohnenregulativ schafft die Voraussetzungen, dass Drohnen wesentlich schneller und flexibler von Einsatzorganisationen verwendet werden können. In Schulungen hat Austro Control das neue Regulativ vorgestellt und zukünftige Einsatz-Pilot/innen auf die erforderlichen Prüfungen vorbereitet. Mit dem neuen EU-Regulativ wurden laut Austro Control Rahmenbedingungen geschaffen, die ein geordnetes und sicheres Wachstum für den Drohnenbereich ermöglichen.

Registrierungspflicht.

Kernstück des neuen Regulativs ist demnach die Registrierungspflicht für Drohnen-Betreiber sowie -Piloten und der Drohnenführerschein. Das neue Drohnenregulativ stellte die BOS allerdings vor eine neue Situation, denn dadurch konnte ein Privatpilot mehr Möglichkeiten der Drohne ausnutzen als Einsatzorganisationen.
Durch die Novellierung des Luftfahrtgesetzes, die seit 1. August 2021 gilt, konnte nun auch das geklärt werden. „Die Bürokratie ist seit Anfang August wesentlich vereinfacht worden, wir brauchen keinen Einzelbescheid mehr“, sagt Oblasser. „Bei Einsätzen in der Nacht oder Dämmerung gilt der Begriff ,auf Sicht‘ und es fällt damit die zeitliche Einschränkung für den Betrieb.“
Durch den Verbleib der Polizei im nationalen Recht wurde § 145 des Luftfahrtgesetzes an die Bedürfnisse der Polizeidrohnen ange­passt und seit 1. August 2021 gelten für Einsatzflüge dieselben Bestimmungen wie für Polizeihubschrauber.

Sicheres Einsatzmittel.

Drohneneinsatz mit Wärmebildkamera: Suche nach vermissten Personen im Gelände.
Drohneneinsatz mit Wärmebildkamera: Suche nach vermissten Personen im Gelände. © ÖBFV/BFV Kufstein

Drohnen gelten als sehr sicher. „Richtig eingesetzt, sind Drohnen nicht gefährlicher als andere Einsatzmittel“, erklärt Oblasser. „Einen Unfall, wie z. B. mit einem Kraftfahrzeug oder bemannten Fluggerät, kann niemand ganz ausschließen. Ein technisches Gebrechen oder menschliches Fehlverhalten ist, wie überall, möglich. Wie bei jedem Einsatzmittel wird auch hier von uns sehr auf die Sicherheit Rücksicht genommen.
Bei Drohnen wird ganz besonders auf das Luft- und Bodenrisiko geachtet. Die Gefahren von Kollisionsunfällen in der Luft, Personen- und Sachschäden durch abstürzende oder defekte Drohnen und Schnittverletzungen durch rotierende Propeller gilt es zu vermeiden. Es gilt hier sehr sorgfältig Checklisten abzuarbeiten, um einen Start zu ermöglichen. Die Checklisten umfassen z. B. die vom Hersteller geforderten Vorflugchecks genauso wie die Verständigungspflichten zu anderen Fluggerätebetreibern wie Hubschrauberstützpunkten, Behörden, Flugplatzbetreiber usw. Wettereinflüsse sind für Drohnen auch ein wichtiges Kriterium im Einsatz.“ Aber wie arbeiten Drohnen nun eigentlich? „Drohnen zeichnen in den Lüften auf – die Bilder werden am Fluggerät zwischengespeichert und zugleich wird der Einsatz direkt an die Bodenstation übertragen“, erklärt Oblasser. „Je nach technischen Möglichkeiten ist dieser Livestream auch über das Internet abrufbar.“

Ausbildung für Drohnen-Piloten.

Für den sorgfältigen und verantwortungsvollen Umgang mit Drohnen im Einsatzfall ist eine fundierte Ausbildung Voraussetzung. Um diesem Sicherheits­aspekt besondere Aufmerksamkeit zu schenken, gibt es seit heuer in Zusammenarbeit mit der Austro Control, dem ÖAMTC und der Flugschule FlyWest einen Lehrgang für Einsatzorganisationspiloten. Dazu wurden bereits drei Pilotlehrgänge an Feuerwehrschulen unter Beteiligung aller Einsatzorganisationen durchgeführt.
Diese Ausbildung sowie Trainingseinheiten sollen nun für die Zukunft verankert und regelmäßig angeboten werden. Verschiedene Blaulichtorganisationen wie Feuerwehr, Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariterbund, Berg- und Wasserrettung erarbeiten nun ein gemeinsames Vorgehen in der Ausbildung.
Innerhalb des Bundesministeriums für Inneres werden Ausbildungen für den Tag- und Nachtflug von zertifizierten Drohnen-Piloten bzw. Operatoren mit praktischer Prüfungsabnahme durchgeführt und die theoretische Prüfung bei der Austro Control abgelegt.

Sicherer Betrieb.

Für den sicheren Betrieb von Drohnen in der Zukunft braucht es laut Austro Control eine Neudefinition des Luftraums und ein eigenes Verkehrsmanagementsystem (UTM – Unmanned Aircraft System Traffic Management). Damit sollen in einer ersten Stufe Drohnen-Flugpläne übermittelt werden, Drohnen identifiziert, vor gesperrten Luft­räumen gewarnt und der Einflug von Drohnen in spezielle Lufträume durch die Flugsicherung freigegeben werden. In weiterer Folge soll auf europäischer Ebene ein integrierter Luftraum entwickelt werden, in dem alle Flugverkehrsteilnehmer – bemannt oder unbemannt – koordiniert und sicher unterwegs sind.

Julia Brunhofer/Herbert Zwickl


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 11-12/2021

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