Geoinformation

Visualisierung, Analyse, Auswertung

Geoinformationssysteme benötigt man im Innenministerium für Strahlenspürer, die Flugpolizei, für Kriminalitätsanalysen, für die Planung von Einsätzen, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen und vieles mehr.
Geoinformationssysteme benötigt man im Innenministerium für Strahlenspürer, die Flugpolizei, für Kriminalitätsanalysen, für die Planung von Einsätzen, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen und vieles mehr. © Gerd Pachauer

Die Einsatzbereiche von Geoinformation im Bundesministerium für Inneres reichen von der Kriminalanalyse, einsatztaktischen Vorbereitungen und Analysen, Katastrophenschutz, vom Betrieb und Schutz kritischer Infrastruktur bis hin zu Bezugspunkten für die tägliche Verwaltungsarbeit.

Jeder kennt und verwendet Geoinformationssysteme (GIS) im Alltag: Google Maps ist das bekannteste Beispiel. Über die App am Handy kann sich jeder für einen bestimmten Standort in der Landkarte, zum Beispiel die nächstgelegene Apotheke oder Tankstelle, anzeigen lassen (POI – Point of Interest). Positionsbezogene Daten sind jedoch auch für die Verwaltung und für alle Einsatzorganisationen, die ja im Anlassfall zur Hilfe gerufen werden, von besonderer Bedeutung. Die Einsatzbereiche von Geoinformation im Bundesministerium für Inneres (BMI) reichen von der Kriminalanalyse, einsatztaktischen Vorbereitungen und Analysen, Katastrophenschutz, Betrieb und Schutz kritischer Infrastruktur bis hin zu Geoinformationen als Bezugspunkte für die tägliche Verwaltungsarbeit.

BMI-GIS.

BMI-GIS: Anwendung am Smartphone.
BMI-GIS: Anwendung am Smartphone.
© Screenshot: BMI

Dienstlich benötigte Geoinformationen werden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BMI und der Polizei über das BMI-Intranet (Direktlinks: BMI-GIS/Einsatzkarte) benutzergesteuert und webbasiert zur Verfügung gestellt. Das BMI-eigene GIS wird in der Sektion IV (Service) im Referat IV/8/c, vom Fachbereich GIS betrieben. Hier dreht sich alles um die sogenannten „Geodaten“, das sind digitale Informationen, denen auf der Erdoberfläche eine bestimmte räumliche Lage zugewiesen werden kann (z. B. Standort einer Polizeidienststelle mit Koordinaten als geografische Information und Name/Anschrift/Telefonnummer als Attribute – einfach alle Daten, bei denen die Frage „wo“ gestellt werden kann). Das GIS des BMI basiert auf amtlichen Daten/Karten der GIS-Abteilungen der Bundesländer sowie auf gesicherten Daten von Unternehmen wie z. B. ASFINAG oder ÖBB. Das Grundkartenmaterial aller Bundesländer wird vom Land Wien konsolidiert, und daraus die „Basemap“ – die österreichische Verwaltungsgrundkarte (www.basemap.at) – generiert, die ins GIS-System des BMI integriert ist.

Das Kartengrundmaterial

Das Kartengrundmaterial ist über behördlich legitimierte Daten generiert, das ist der wesentliche Unterschied zu all dem, was mit kommerziellem Hintergrund zur Verfügung steht. Alle Polizeiinspektionen haben im Intranet den GIS-Zugang mit amtlichem Kartenmaterial (Verwaltungsgrenzen der Bezirke, Gemeinden, Länder; die Bezeichnungen von Straßen, Straßennamen, Hausnummern) zur Verfügung. Die Mitarbeiter des GIS sammeln und verarbeiten diese gemeinsam mit anderen Daten. Diese stammen aus den unterschiedlichsten Datenquellen, etwa von anderen Ministerien oder Bundesämtern und von der Graphenintegrations-Plattform (GIP – www.gip.gv.at ).

Verkehrsgraph.

Mitarbeiter des Fachbereichs GIS im Bundesministerium für Inneres: Markus Kandler, Michael Weber, Julian Huiber, Andreas Weber.
Mitarbeiter des Fachbereichs GIS im Bundesministerium für Inneres:
Markus Kandler, Michael Weber, Julian Huiber, Andreas Weber.
© Gerd Pachauer

Die GIP ist ein österreichweiter Verkehrsgraph, der aus einem Konsortium von ASFINAG, ÖBB, Gemeinde-/Städtebund, dem BMK und den Landesregierungen (bzw. der Stadt Wien) gebildet wird. Das BMI erhält einen speziellen „Behördenexport“ dieser Daten, es handelt sich um genaue Daten mit Bezug zum Straßennetz, wie etwa den Kilometrierungen auf den Straßen, die speziell für die Verortung von Verkehrsunfällen wichtig sind oder auch Informationen zu Mautabschnitten, die für die Arbeit der Autobahnpolizei von Bedeutung sind. Alle diese Daten können dann nach den Bedürfnissen der jeweiligen Ermittlungs- oder Analysetätigkeit aufbereitet, analysiert und visualisiert werden. Besondere Bedeutung hat dies auch im Bereich der Kriminalanalyse durch das Bundeskriminalamt. Nachdem beinahe alle Daten in irgendeiner Form einen Raumbezug haben, kann man diese Daten auf einer Karte visualisieren. Jede Information, zu der die Frage „wo?“ gestellt werden kann, lässt sich verorten und visualisieren. Für die Polizei ist ein gutes Hilfsmittel, wenn nicht nur eine (unübersichtliche) Liste mit Unfallorten oder Kriminalitäts-Hotspots generiert wird, sondern eine digitale Karte zur Verfügung steht, anhand der man mit einem Blick erfassen kann, wo ein Ereignis stattgefunden hat, an dem ein einsatztaktisches Interesse besteht.
„Viele dieser Daten sind dynamisch. Das ist kein Datensatz, den man sich einmal herunterlädt und zur Verfügung stellt. Ideale Geodaten bilden die Realität ab, deshalb werden unsere Systeme voll- oder teilautomatisiert aktualisiert“, erklärt Teamleiter Mag. Markus Kandler vom Fachbereich GIS.

Kernbereiche

BMI-GIS am Smartphone: Beobachten der Einsatzmittel der Polizei.
BMI-GIS am Smartphone:
Beobachten der Einsatzmittel der Polizei.
© Screenshot: BMI

Kernbereiche für den Betrieb der GIS-Infrastruktur für das BMI sind die Geodatenbank-Server, die Karten-Server, die GIS-File-Systeme und das Bereitstellen der GIS-Services, der „Kartendienste“ für verschiedenste Applikationen. Außerdem für jeden Mitarbeiter im Intranet „sichtbaren“ Teil der GIS-Infrastruktur, hat das System zu vielen anderen technischen Applikationen Schnittstellen, die automatisch Geodaten im Hintergrund zuliefern. Zum Beispiel für die vielen polizeilichen Applikationen, wie das Protokollierungssystem PAD (Protokollieren, Anzeigen, Daten) oder für die „MPK-Messenger-App“ auf den dienstlichen Smartphones und Tablets, als Teil der mobilen Polizeikommunikation.

Anwendungen.

Eine Reihe mobiler Applikationen sind in der GIS-Plattform integriert bzw. lassen sich einfach und rasch integrieren, beliebig weiterentwickeln, konfigurieren und anpassen. Folgende Anwendungen, Technologien sowie Schnittstellen wurden vom GIS-Fachbereich (mit-)entwickelt und werden derzeit auf der BMI-GIS Plattform betrieben: Die Einsatzmittelverortung (EMV) ist ein Verortungssystem für Digitalfunkgeräte, um im Rahmen von Lagebildern die Position der Einsatzkräfte zu lokalisieren. Die EMV ermöglicht es der Einsatzleitung, im Einsatz befindliche Digitalfunkgeräte zu verorten und auf einer Karte zu visualisieren. Zusätzlich gibt es eine eigene Einsatz-Administrationsplattform, auf der sich beispielweise die Landesleitzentrale einen Einsatz anlegen kann und Digitalfunkgeräte abgefragt werden können. Jedes Gerät ist mit einem GPS-Empfänger ausgestattet: Bei der Abfrage liefern die Digitalfunkgeräte ihre GPS-Koordinaten über das Digitalfunknetz in das BMI-interne Netz, in dem sie in einer Livekarte visualisiert werden können.

Die BMI-GIS-Webkarte

Die BMI-GIS-Webkarte enthält zahlreiche Datensätze aus diversen sicherheitsrelevanten Bereichen und unter anderem auch die genauen Standorte (Punkte) der Polizeiinspektionen und anderen Dienststellen des BMI und deren Zuständigkeitsgebiete. Die Zuständigkeitsgebiete werden auch als Dienst im Hintergrund für das PAD benutzt. Man kann im PAD nicht nur die Adresse eingeben, sondern mithilfe des Kartenfensters „PAD-MAP“ einen genauen Punkt setzen, wo sich ein Ereignis z. B. ein Verkehrsunfall ereignet hat.
Für Verkehrsunfälle gibt es die BMI-Unfallsteckkarte, die der Visualisierung, Analyse und Auswertung von Unfalldaten dient. Der Kriminalitätsatlas (eine Lösung des Büros „Räumliche Kriminalanalyse und Geographic Profiling“ im BK) ist ein Visualisierungs-, Analyse-, und Auswertungstool für Kriminalitätsdaten; die ELKOS-Datenerfassungsanwendung für die Verortung einsatzbezogener Daten für das Einsatzleit- und Kommunikationssystem (ELKOS), die Koordinatenabfrage für die Abfrage der zuständigen und nächsten Polizeiinspektion. Alle GIS-Anwendungen sind rund um die Uhr verfügbar und zählen teilweise über 2.000 Zugriffe am Tag. Beinahe jeder der rund 40.000 BMI-Bediensteten arbeitet regelmäßig mit der Plattform oder Komponenten davon über den Link im BMI-Intranet. Das System wurde über mehrere Jahre konzipiert, aufgebaut und ist mittlerweile tief im Dienstbetrieb des BMI und der Polizei verankert.

Digitalfunk.

Auch die Abteilung IV/8 (Design und Betrieb kritischer Kommunikationsinfrastrukturen) arbeitet tagtäglich mit der GIS-Plattform, denn für die Planung und den Betrieb des Digitalfunks benötigt man geografische Informationen. Der GIS-Fachbereich entwickelt eigene Lösungen, mit denen die Qualität des Digitalfunks sichergestellt wird. „Wurde ein Standort gebaut, dann wird mit einem Messfahrzeug der Standort abgefahren und gemessen, ob etwa ausreichend Feldstärke geliefert wird. Diese Messfahrt wird im GIS visualisiert und die Funknetzplaner sehen genau, ob die Planungen mit den Messdaten übereinstimmen. Auch Problemzonen können visualisiert werden“, erklärt Markus Kandler. Es wurden auch interne Lösungen entwickelt, mit denen Ausfälle von Senderstationen simuliert werden können. Es kommt immer wieder vor, dass bei Unwetterlagen oder enormen Schneefällen einmal eine Leitung gekappt wird. Dann fällt ein Sender kurzzeitig aus und die Funkversorgung für die Einsatzkräfte vor Ort ändert sich. Das betrifft dann nicht nur die Polizei, sondern auch Rettung, Feuerwehr oder die Bergrettung. Diese Szenarien werden mit Geoinformations-Tools schon im Vorfeld simuliert und es können vorbeugende technische Lösungen entwickelt werden.

Polizeiliche Nutzung von GIS und EMV bei Großveranstaltungen: Frequency Festival in St. Pölten (oben) – Livetracking (EMV), detaillierte Geländepläne; Donauinselfest in Wien – Livetracking (EMV), „Live“-Kriminalitätsdaten.
Polizeiliche Nutzung von GIS und EMV bei Großveranstaltungen: Frequency Festival in St. Pölten (oben)
Livetracking (EMV), detaillierte Geländepläne; Donauinselfest in Wien – Livetracking (EMV), „Live“-Kriminalitätsdaten.
© Screenshot: BMI

Geoinformationssysteme

Geoinformationssysteme sind aus der täglichen Polizei- und Verwaltungstätigkeit nicht mehr wegzudenken, man benötigt sie für die Streifenplanung, für die Einsatzleitung, für Kriminalitätsanalysen, für die Planung von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen und vieles mehr. Derzeit arbeitet das GIS-Team an einer neuen Version der Unfallsteckkarte, die mehr Filtermöglichkeiten in einer modernen und übersichtlichen Benutzeroberfläche bietet. Zuletzt war die GIS-Technologie ein unabdingbares Instrument, um den SKKM-Koordinationsstab mit Covid-19-bezogenen Lagebildern und Informationskarten zu unterstützen.

Michaela J. Löff


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 11-12/2021

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