Internationale Katastrophenhilfe

Unterstützung für Nordmazedonien

Österreichische Feuerwehren unterstützten die örtlichen Kräfte in Nordmazedonien bei Waldbränden im August 2021. Drei Beamte des Innenministeriums waren dabei. Sie berichten über ihre Erfahrungen.

Löscheinsatz in Nordmazedonien: Die österreichischen Feuerwehren setzten „Waldbrand-Module“ ein, das sind spezielle Einsatzeinheiten, um Wasserförderung über längere Strecken bewerkstelligen zu können.
Löscheinsatz in Nordmazedonien: Die österreichischen Feuerwehren setzten
„Waldbrand-Module“ ein, das sind spezielle Einsatzeinheiten, um
Wasserförderung über längere Strecken bewerkstelligen
zu können. © Stefan Semlegger

Im heurigen Sommer tobten in Südeuropa ausgedehnte und anhaltende Waldbrände. Besonders betroffen waren Gebiete in Italien, Griechenland, Albanien, Nordmazedonien und der Türkei. Die Europäische Union half im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens der Union. Zahlreiche EU-Mitgliedstaaten leisteten an Ort und Stelle Unterstützung. Österreich beteiligte sich an der Hilfsaktion durch die Entsendung von „Waldbrandmodulen“ der Freiwilligen Feuerwehren aus Niederösterreich und der Steiermark. Unter den entsendeten Feuerwehrleuten waren auch Mitarbeiter des Bundesministeriums für Inneres.

Unions-Mechanismus.

Österreich ist in Informations- und Hilfeleistungssysteme mit unseren unmittelbaren Nachbarstaaten, der Europäischen Union, der NATO und den Vereinten Nationen eingebettet. Die Europäische Union nimmt im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union Hilfsanfragen von Staaten aus aller Welt auf und leitet diese an die teilnehmenden 27 EU-Mitgliedstaaten und weitere partizipierende Staaten (z. B. Island, Norwegen) weiter. Innerhalb Österreichs kommt dem Bundesministerium für Inneres die Aufgabe der internationalen Katastrophenhilfe zu. Die Abteilung II/13 (SKKM – Staatliches Krisen-und Katastrophenmanagement und Koordination Zivile Sicherheit) koordiniert die österreichischen Beiträge zur internationalen Katastrophenhilfe auf Ersuchen eines Staates oder einer internationalen Organisation in Zusammenarbeit mit allen Ministerien, Bundesländern und Einsatzorganisationen. Genutzt werden für diese Hilfeleistungen die nationalen Ressourcen des Katastrophenschutzes, soweit bei den Partnern (z. B. das Österreichische Rote Kreuz, Feuerwehren, Bergrettung und andere) Ausrüstung und Material (Hilfsgüter) verfügbar sind.

Zelt-Unterkünfte der österreichischen Feuerwehrleute in Nordmazedonien.
Zelt-Unterkünfte der österreichischen Feuerwehrleute in
Nordmazedonien. © Thomas Fessl

Im Sommer 2021 wandten sich zahlreiche Staaten mit Hilfeersuchen aufgrund von Waldbränden an das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (Emergency Response Coordination Centre, ERCC) der Europäischen Kommission. „Bei Einlangen eines Hilfeersuchens klärt die Abteilung II/13 umgehend auf der Basis der verfügbaren Informationen mögliche Unterstützungsmaßnahmen ab, insbesondere was im Wege von Logistikunterstützung der jeweiligen Hilfs-und Rettungsorganisationen verfügbar ist und auf welchem Wege Hilfe bereitgestellt werden kann“, erklärt Christian Krol, Mitarbeiter der Abteilung II/13, der die österreichische Hilfe für Nordmazedonien koordiniert hat. Nach Annahme des Hilfsangebotes durch den betroffenen Staat werden Hilfsteams oder Module mobilisiert, Experten entsendet, oder die betreffenden Hilfsgüter auf den Weg gebracht.

Waldbrand-Modul.

Nordmazedonien: Die Brände tobten auf einer Seehöhe zwischen 1.000 und 1.400 Metern, Wind erschwerte den Einsatz.
Nordmazedonien: Die Brände tobten auf einer Seehöhe zwischen 1.000
und 1.400 Metern, Wind erschwerte den Einsatz. © Thomas Fessl

Österreich mobilisierte nach dem Hilfeersuchen von Nordmazedonien sogenannte „Waldbrandmodule“ (Ground Forest Fire Fighting) der Landesfeuerwehrverbände Niederösterreich und Steiermark. „Waldbrand-Module sind speziell ausgerüstet, um Wasserförderung über längere Strecken bewerkstelligen zu können. Wir kommen mit Löschfahrzeugen, die lange Löschleitungen legen können und, wie es in Nordmazedonien der Fall war, mit Tanklöschfahrzeugen, um den Löschangriff mit Wasser zu versorgen“, erklärt Ing. Stefan Semlegger, Leiter des Referats IV/8/c, Betrieb kritischer Kommunikationsinfrastrukturen im BMI und Feuerwehrmann der Freiwilligen Feuerwehr St. Lorenzen am Wechsel. Während des Nordmazedonien-Einsatzes war Semlegger als „Team-Leader“ des Waldbrand-Moduls im Einsatz.

Katastrophen-Hilfsdienst.

Jede Bezirksfeuerwehr in Österreich (gemäß dem jeweiligen Landes-Feuerwehrgesetz) verfügt über eine Katastrophenhilfsdienst-Einheit (KHD). Wenn ein von einem größeren Schadensereignis betroffener Bezirk nicht mehr genügend Einsatzkräfte hat oder überlastet ist, dann kann der Landesfeuerwehrkommandant aus den anderen Bezirken die KHD-Bereitschaften mobilisieren. Die benötigten Einheiten werden alarmiert, sammeln sich in einem Bezirk und rücken koordiniert in einen Einsatzraum vor. „Jeder KHD hat einen Ansprechpartner für die anderen Einheiten, das ist der KHD-Kommandant, das ist meine Funktion in Hartberg“, sagt Semlegger.

Alarmierung.

Teams Freiwilliger Feuerwehren aus Niederösterreich und der Steiermark unterstützten bei Löscheinsätzen in Nordmazedonien.
Teams Freiwilliger Feuerwehren aus Niederösterreich und der Steiermark
unterstützten bei Löscheinsätzen in Nordmazedonien. © Thomas Fessl

„Am 4. August, um ca. 21:30, habe ich eine Whats-App-Nachricht erhalten, dass Leute benötigt werden für einen Waldbrand-Einsatz in Nordmazedonien. Am nächsten Morgen sind wir nach Tulln zum Briefing gefahren und gleich danach hat sich unser Konvoi schon in Richtung Nordmazedonien in Bewegung gesetzt“, schildert Ing. Günter Spreitzhofer. Mitarbeiter des Referates IV/2/c (Technischer Betrieb) im BMI und Feuerwehrmann in Weikersdorf am Steinfelde, Bezirk Wiener Neustadt, die Alarmierung. „Das ist mitten in den Geburtstagsvorbereitungen für meinen Bruder gewesen, der am 5. August seinen Sechziger gefeiert hat.“
„Sobald wir am Einsatzort in Nordmazedonien angekommen sind, sind wir nicht mehr die Feuerwehr aus der Steiermark oder Niederösterreich gewesen, sondern österreichische Einsatzkräfte, die unter dem Titel der EU-Hilfe zum Einsatz gelangt sind. Immer wieder haben wir der betroffenen Bevölkerung erklären müssen, dass unsere Hilfe sie nichts kostet, dass die EU und Österreich die Kosten tragen – denn oft haben sie sich Sorgen darüber gemacht, wie sie unseren Einsatz bezahlen sollen“, schildert Stefan Semlegger seine Erfahrungen. „In Österreich wird es oft als selbstverständlich genommen, dass Hilfe gratis ist, in anderen Ländern muss man dafür zahlen. Unsere persönliche Leistung ist auch im internationalen Einsatz ehrenamtlich. Es ist unser Idealismus, der uns motiviert.“

Einsatz.

Als das erste Kontingent nach mehr als 22 Stunden Anreise ankam, war das Vorauskommando da, das bereits eine Vorerkundung vorgenommen hatte. Der erste Einsatz war sofort nach dem Briefing notwendig, eine Ruhepause war nicht möglich, da eine Ortschaft in Gefahr war. „Unser Auftrag ist gewesen, die Menschen und die Ortschaft zu schützen, das haben wir gemeinsam mit den Kameraden aus der Steiermark gemacht. Fast acht Stunden lang der erste Einsatz gedauert“, schildert Günter Spreitzhofer.

Die Mission

Die Mission der Feuerwehren aus Niederösterreich und der Steiermark war es, zwei Dörfer ( Budinarci und Berovo) vor einem Übergreifen der Flammen zu schützen. Der Einsatz im unwegsamen Gelände gestaltete sich schwierig, die Brände tobten auf einer Seehöhe zwischen 1.000 und 1.400 Metern. Die Brandausbreitung wurde durch wechselnde Winde massiv beeinflusst. Die Straßen waren sehr schlecht und das Gelände steil. Mannschaft, Fahrzeuge und Material wurden sehr beansprucht. Das steirische Waldbrandmodul verlegte kilometerlange Löschleitungen durch gebirgiges Gelände, um die Niederösterreicher für den Löschangriff mit Wasser zu versorgen. Große Wasserbunker wurden zur Versorgung errichtet. Das war in der ersten Phase des Einsatzes.
In der zweiten Phase galt es, das Feuer weiter zu bekämpfen und beherrschbar zu machen, die Hotspots zu erkennen, wo noch Glut besteht, die bei Wind wieder angefacht werden könnte und diese zu bekämpfen.

Kommunikation.

Die Kommunikation der Feuerwehreinheiten funktionierte wie in Österreich: Mit den mitgenommenen Digitalfunk-Geräten, die vor Ort in die Direct-Mode-Funktion geschaltet wurden, zwar ohne Tetra-Netz, aber von Funkgerät zu Funkgerät sofort einsatzbereit. „Wir haben dann vom zweiten Kontingent nach Österreich zurückgemeldet bekommen, dass bei einem großflächigen Einsatz Verbindungsprobleme auftreten. Deshalb haben wir im dritten Kontingent einen Direct-Mode-Repeater mit entsprechender mobiler Funkinfrastruktur mitgenommen, um im Bedarfsfall eine störungsfreie Kommunikation auch in einem größeren Einsatzraum sicherstellen zu können. Aufgrund des positiv veränderten Lagebildes, war ein Einsatz dieser Spezialausrüstung jedoch nicht erforderlich“, erklärt Ing. Hannes Haindl, Feuerwehrmann bei der Freiwilligen Feuerwehr Buch-Geiseldorf, Bezirk Hartberg-Fürstenfeld, der vor Ort als Communication Officer für die Funktechnik zuständig war und Mitarbeiter des Referats IV/8/c im BMI ist.

Rückkehr.

Das dritte Kontingent hat hauptsächlich den Rückbau der Löscheinrichtungen übernommen und die Rückverlegung des Moduls nach Österreich organisiert. Ein defektes Tanklöschfahrzeug musste am Weg zurückgelassen werden. „Das Einsatzende, die Verlängerungen des Einsatzes und/oder der Abbruch und die Rückverlegung müssen seitens des BMI mit dem betroffenen Staat und der Europäischen Kommission abgeklärt und dann durch das BMI kommuniziert werden“, erklärt der dafür im BMI zuständige Beamte Christian Krol.

Eindrücke.

BMI-Mitarbeiter: Christian Krol koordinierte den internationalen Hilfseinsatz; Günter Spreitzhofer, Stefan Semlegger, Hannes Haindl waren als Feuerwehrleute im Löscheinsatz in Nordmazedonien.
BMI-Mitarbeiter: Christian Krol koordinierte den internationalen
Hilfseinsatz; Günter Spreitzhofer, Stefan Semlegger, Hannes
Haindl waren als Feuerwehrleute im Löscheinsatz
in Nordmazedonien.
© Gerd Pachauer/Privat/Hannes Schlögl/Stefan Semlegger

Was die Teilnehmer des BMI an dem Hilfeleistungseinsatz einhellig ganz besonders bewegt hat, war die Dankbarkeit und Gastfreundschaft der lokalen Bevölkerung. Ihr Applaus und Jubel über die Hilfe aus Österreich, war die ganze Woche präsent. „Egal, wo wir hingekommen sind, haben uns die Leute gewunken, applaudiert und gehupt. Die unglaubliche Hilfsbereitschaft, die Freundlichkeit und Freigiebigkeit der Menschen, die selbst so wenig haben, aber sofort für uns Essen und Getränke gesammelt und überbracht haben, das hat unsere Herzen berührt“, sind sich Günter Spreitzhofer, Stefan Semlegger und Hannes Haindl einig.
Günter Spreitzhofer ist seit 38 Jahren Feuerwehrmann und hat schon viele Feuer gesehen – er schildert seine Eindrücke: „Wir sind auf einen Berg gekommen und was man da unten gesehen hat, hat uns sprachlos gemacht. Eine Flammenwand von 200 bis 300 Meter Breite und 40 bis 50 Meter Höhe ist auf uns zugerollt – und das Feuer ist schnell gewesen. So ein Szenario haben wir in Österreich noch nie gesehen.“ Stefan Semlegger resümiert, „Wir haben ein dramatisches Ereignis gehabt, einen Kameraden mit Wirbelbruch, den man mit der Air-Ambulanz nach Österreich hat zurückholen müssen. Dann wurde am Rückweg ein Tanklöschfahrzeug fahruntauglich, musste bei serbischen Feuerwehrkameraden gesichert unterstellen und die Mannschaft und Geräte sicher nachhause bringen. Ohne die unermüdliche Unterstützung von Christian Krol, der im BMI Tag und Nacht für uns da gewesen ist, wäre der Einsatz nicht so reibungslos und gut verlaufen. Das sind schon Momente, die einem in Erinnerung bleiben.“
Mehr als 300 Feuerwehrleute aus der Steiermark und Niederösterreich waren vom 4. bis 11. August 2021 in Nord Mazedonien im Einsatz zur Waldbrandbekämpfung, in drei Kontingenten, die sich abgewechselt haben.

Österreichische Einsätze 2020/21.

Von Jänner 2020 bis August 2021 hat Österreich über das BMI in 33 Einsätzen nach Naturkatastrophen oder anderen Großschadensereignissen, wie Explosionen, Katastrophenhilfe geleis­tet. Davon wurde in 16 Einsätzen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie in China, Italien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Montenegro, Moldawien, Albanien, Tschechien, Armenien, Indien, Nepal, Fidji, Tunesien und Iran, in Form von „in Kind Assistance“, durch Bereitstellung von Hilfsgütern Unterstützung geleistet. Seit 2003 hat Österreich über das Innenministerium insgesamt 143 derartige Auslands-Katastrophenhilfeeinsätze organisiert/durchgeführt.

Michaela Jana Löff

Internationale Katastrophenhilfe

Hilfeersuchen

Internationale Hilfsersuchen, unabhängig davon, wer sie anfordert, langen in der Bundeswarnzentrale/EKC im Bundesministerium für Inneres ein. Das BMI leitet diese Hilfeersuchen an alle in Betracht kommenden Ministerien, Bundesländer und Einsatzorganisationen weiter. Diese teilen dem BMI ihre jeweiligen Unterstützungsmöglichkeiten mit. Das BMI bündelt die Informationen und bereitet eine interne Entscheidungen vor, danach erfolgt durch die Abteilung II/13 (SKKM – Staatliches Krisen-und Katastrophenmanagement und Koordination Zivile Sicherheit) im BMI ein österreichisches Hilfsangebot. Die Abteilung II/13 organisiert die Abwicklung von Hilfseinsätzen und bereitet deren Durchführung vor, klärt Fragen des Transports, Grenzübertritts, Maut- und Zollangelegenheiten, etc. ab und hält laufend Kontakt mit Kontaktstellen der EK, NATO, UN und dem betroffenen Land, sie informiert die Medien, erstellt einen Bericht an die Bundesregierung und wickelt letztlich auch die Finanzierung eines Auslandseinsatzes ab.


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 11-12/2021

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