Zivilschutz

Auf den Notfall vorbereitet sein

Ein großflächiger Stromausfall hätte katastrophale Folgen für die Gesellschaft. Seit Jahren bereitet sich das Innenministerium vor, in so einem Fall die sicherheitspolizeilichen Maßnahmen aufrechterhalten zu können.

Die lebensnotwendige Infrastruktur einer Gesellschaft hängt von einer funktionierenden Stromversorgung ab.
Die lebensnotwendige Infrastruktur einer Gesellschaft hängt von einer
funktionierenden Stromversorgung ab. © Urbans78/Stock.adobe.com

Was, wenn mehrere Tage der Strom ausfällt? Was, wenn mehrere Tage lang der Mobilfunk gestört ist, Fernseher und Radios nicht mehr betrieben werden können, Ampeln ausfallen, die Wasserversorgung beeinträchtigt ist, die Versorgung mit Lebensmitteln, die medizinische Versorgung, die Versorgung mit Treibstoffen? Was, wenn Straftaten zunehmen, weil die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigt ist?

Die Folgen

Die Folgen eines mehrtägigen Stromausfalls wären katastrophal für die Gesellschaft, besonders, weil lebensnotwendige Infrastrukturen oft von einer funktionierenden Stromversorgung abhängen. Deshalb bereitet sich das Bundesministerium für Inneres auf ein derartiges Szenario vor. Mit Workshops, Übungen und Projekten werden Maßnahmen entwickelt und, um bei einem sogenannten Blackout die Grundversorgung möglichst lange aufrechterhalten zu können.
Die Strategien werden ständig aktualisiert und neuen Erfordernissen angepasst. Dabei ist das Innenministerium mit vielen staatlichen Organisationen sowie Energie- und Kommunikationsanbietern in ständigem Kontakt, um im Fall eines Blackouts schnell reagieren zu können.

Kooperationsvereinbarung mit APG.

Unterzeichnung des Kooperationsvertrags zwischen BMI und APG: Gerhard Christiner, Karl Nehammer, Thomas Karall.
Unterzeichnung des Kooperationsvertrags zwischen BMI und APG:
Gerhard Christiner, Karl Nehammer, Thomas Karall. © Karl Schober

Am 27. September 2021 unterzeichnete Innenminister Karl Nehammer beispielsweise mit den beiden Vorständen der Austrian Power Grid (APG), Gerhard Christiner und Thomas Karall, eine Vereinbarung zur Blackout-Vorsorge. Die APG ist der Betreiber des Strom-Übertragungsnetzes Österreichs. Während die APG für die Stromversorgung und den Wiederaufbau des Stromnetzes zuständig ist, ist die Aufgabe der Polizei, die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten. Das Innenministerium als Sicherheitsministerium muss die Maßnahmen der Behörden koordinieren.
„Ein Blackout ist eine der größten Bedrohungen für moderne Staaten. Fehlt der Strom, sind die Versorgungssicherheit, der Verkehr, die Kommunikation und – nicht zuletzt – die öffentliche Sicherheit bedroht“, sagte der Innenminister. „Unsere Planungen sehen vor, dass die Polizei und das Innenministerium 72 Stunden durchhaltefähig ist und vier weitere Tage einen Notbetrieb gewährleisten kann. Die Vereinbarung mit der APG gibt uns einen entscheidenden Informationsvorsprung im Fall einer Krise und stellt sicher, dass die Kommunikation zwischen diesen entscheidenden Akteuren nicht abreißt.“ Die APG ist auch in Planspiele und Krisenübungen mit dem BMI eingebunden. „Es geht im Krisenfall darum, dass alle Beteiligten ihre Ansprechpartner kennen und wissen, was zu tun ist. Ein krisensicheres Österreich kann es im Blackout-Fall nur mit einem durchhaltefähigen BMI und mit einer durchhaltefähigen Polizei geben“, betonte der Innenminister.
Die Kooperationsvereinbarung umfasst unter anderem den Informationsaustausch und die Krisenkommunikation, das Festlegen standardisierter Vorgehensweisen im Blackout-Fall, die Erstellung von Risikobewertungen, das Erstellen von Lagebildern, gemeinsame Übungen sowie die Aus- und Weiterbildung, das Mitwirken am staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagement sowie den Schutz kritischer Infrastruktur.

Schwerwiegende Folgen eines Blackouts.

Notfallvorsorge: Falls ein Stromausfall eintritt, ist es wichtig, sich mit ausreichend Lebensmitteln zu versorgen.
Notfallvorsorge: Falls ein Stromausfall eintritt, ist es wichtig,
sich mit ausreichend Lebensmitteln zu versorgen.
© Pundapanda/Stock.adobe.com

Ursachen eines Blackouts können unterschiedlich sein: Stromnetze könnten wegen einer ungleichen Lastverteilung überlastet werden, die Infrastruktur eines Stromnetzes könnte beispielsweise wegen eines Gewitters, heftigen Schneefällen, eines Lawinenabganges, eines Erdbebens beschädigt oder durch Terror, Sabotage oder Hacker-Angriffes zerstört werden.
Ein Zusammenbruch der Stromversorgung könnte im schlimmsten Fall die Folge sein. Mobilfunk und Festnetz würden bald ganz oder größtenteils ausfallen. Zeitungen könnten nicht mehr gedruckt, Fernseher nicht mehr betrieben werden. Digitalfunksysteme von Einsatzorganisationen würden einen Tag später nur mehr eingeschränkt verwendbar sein. Das Radio im Batteriebetrieb würde zur wichtigsten Informationsquelle werden.
Wenige Stunden nach dem Blackout würden elektrisch betriebene Elemente im Straßen-, Schienen-, Luft- und Wasserverkehr ausfallen. Ampeln würden ausfallen, auch fast das gesamte Tankstellennetz. Die Wasserversorgung würde beispielsweise in hochgelegenen Wohnungen leiden, weil Strom zur Wasserförderung und -verteilung benötigt wird. Aufbereitungsanlagen funktionieren ohne Strom nicht. Das Zubereiten von Speisen und Getränken würde schwierig werden. Keine Toilettenspülung, eingeschränkte Körperpflege. Die Gefahr von Bränden würde steigen. Die Versorgung mit Lebensmitteln würde erheblich gestört sein. Die medizinische und pharmazeutische Versorgung würde eingeschränkt werden, Straftaten würden zunehmen. Ausschreitungen und gewalttätige Konfrontationen auf offener Straße könnten folgen.

Vorbereitungen auf ein Blackout-Szenario.

Im Innenministerium wurden deshalb Vorbereitungen getroffen, um bestmöglich auf die Herausforderungen eines Blackouts reagieren zu können. Unter anderem wurde eine besondere Aufbau- und Ablauforganisation geschaffen, um die notwendigen Führungs- und Koordinationsschritte bei einem Blackout setzen zu können. Beispielsweise wurden zusätzliche Rechenzentren errichtet, die im Normalfall nicht benötigt werden, aber bei einem Blackout zum Einsatz kommen würden, um Ausfällen vorzubeugen. Stromversorgungssysteme, Notstromaggregate und zusätzliche Batterien in Amtsgebäuden und Einsatzzentralen sollen eine Netzüberlastung oder Stromunterbrechung verhindern.
Es wurden Notfallpläne ausgearbeitet, die jederzeit aktiviert werden können. Behördeneigene Tankanlagen, derzeit etwa 70 Prozent mit Notstromaggregaten ausgerüstet, und Vereinbarungen mit dem Bundesheer und der ASFINAG sollen die Versorgung mit Treibstoff sichern. Übungen mit Vertreterinnen und Vertretern von Ministerien, den Bundesländern, von Einsatzorganisationen und Netzbetreibern und der laufende Kontakt zu diesen sind ebenfalls ein wesentlicher Teil der Blackout-Vorsorge des Innenministeriums. Außerdem werden Betreiber kritischer Infrastruktur beraten. Und: Die Themen „Blackout“ und „Infrastrukturausfall“ sind auch Gegenstand von Sicherheitsforschungsprojekten.
100 Dienststellen der Polizei sollen zu durchhaltefähigen Standorten ausgebaut werden, beispielsweise das Innenministerium, das Bundeskriminalamt (BKA), die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), das Einsatzkommando Cobra/DSE, die Landespolizeidirektionen sowie die Bezirkspolizeikommanden. Diese Standorte sollen gegen ein Blackout immunisiert werden, um den Dienstbetrieb aufrecht erhalten zu können.

Übungen.

Zentrale der Austrian Power Grid in Wien: Von hier aus wird das Stromnetz in Österreich zentral gesteuert.
Zentrale der Austrian Power Grid in Wien: Von hier aus wird das
Stromnetz in Österreich zentral gesteuert. © Karl Schober

Im Mai 2019 übten rund 100 Vertreterinnen und Vertreter von Bundesministerien, Ländern, Einsatzorganisationen sowie kritischer Infrastruktureinrichtungen das Szenario eines großflächigen Stromausfalls. Bereits im Oktober 2018 fand eine Vorübung statt, bei der im kleinen Rahmen das Szenario durchgespielt worden war. Bei der Übung 2019 wurde angenommen, dass die Stabilität des Stromnetzes in Europa leide, mit regionalen Abschaltungen reagiert werde, das aber nicht ausreiche und es schließlich zu einem Blackout komme. Es gelinge zwar, das Netz wiederaufzubauen, aber nicht hundertprozentig, sodass während der Wiederaufbauphase für drei Monate nur 70 Prozent Strom verfügbar sei.
Das Szenario der Übung war an die Energieübung der Austrian Power Grid (APG) und der Energie-Control Austria (E-Control) aus 2018 angelehnt und mit Elementen der Schweizer Verbundübung ergänzt worden.
Ziel war, die Strukturen des „Staatlichen Krisen- und Katastrophenmanagements“ zu testen und weiterzuentwickeln, um im Bedarfsfall möglichst reibungsfrei agieren zu können. Die nächste Übung ist am 12. November 2021 in Tirol geplant.

Zivilschutz-Sirenensignale.

Der österreichweite Probealarm fand am 2. Oktober 2021 statt. Der jährliche Probealarm dient dazu, die Funktionsfähigkeit des Sirenen-Warnsystems zu überprüfen, die Menschen in Österreich mit den verschiedenen Sirenensignalen vertraut zu machen und sie zur Eigenvorsorge aufzurufen.
Ab 12 Uhr ertönten die Sirenenprobe sowie die drei Zivilschutz-Signale im Viertelstundentakt. Sirenenprobe für 15 Sekunden. Zivilschutzsignal eins: Warnung – drei Minuten Dauerton. Dieses Signal wird ausgelöst, wenn die Menschen vor einer Gefahr gewarnt werden sollen, beispielsweise vor Hochwasser oder Radioaktivität. Zivilschutzsignal zwei: Alarm – eine Minute auf- und abschwellender Heulton. Dieses Signal besagt, dass die Gefahr unmittelbar bevorsteht. Zivilschutzsignal drei: Entwarnung – eine Minute Dauerton. Das Bundesministerium für Inneres informierte zusätzlich über die App „KATWARN“ über die Sirenenprobe und führte gleichzeitig Testauslösungen von KATWARN durch.

Staatliches Krisen- und Katastrophenmanagement (SKKM).

Die Abwehr, Beseitigung oder Linderung der Auswirkungen einer drohenden oder eingetretenen Katastrophe ist in Österreich überwiegend eine Angelegenheit der Bundesländer. Der erhöhte Koordinationsbedarf bei Krisen oder Katastrophen wird durch das SKKM gewährleistet – die Geschäftsstelle ist im Bundesministerium für Inneres angesiedelt.
Das SKKM ermöglicht durch die Zusammenarbeit aller zuständigen Stellen des Bundes mit den Katastrophenschutzbehörden der Länder sowie den Hilfs- und Rettungsorganisationen eine effiziente Katastrophenhilfe im In- und Ausland.

Stärkung der Eigenvorsorge.

Bei Krisen- oder Katastrophenfällen kommt den Behörden und Einsatzorganisationen eine wichtige Funktion zum Schutz der Bevölkerung zu. Für eine erfolgreiche Bewältigung von Krisen und Katastrophen muss jeder Mensch seinen Beitrag leisten. Nur dann können Schäden bestmöglich verhindert werden. Nur dann kann schnellst möglich wieder in einen Normalzustand zurückgekehrt werden.
Deshalb stellt die Stärkung des Gedankens der Eigenvorsorge in der Bevölkerung eine wichtige Maßnahme im Zivilschutz dar. Zur Notfallvorsorge gehören Lebensmittel, Wasser, Medikamente, Erste-Hilfe-Material, Hygieneutensilien, Kerzen, etc.

Information.

Der Österreichische Zivilschutzverband bietet zum Thema „Blackout“ umfangreiche Informationsmaterialien an, beispielsweise einen Blackout-Ratgeber oder eine Bevorratungs-Checkliste. Diese Unterlagen und weiterführende Informationen können unter http://zivilschutzverband.at/ abgerufen werden.

Reinhard G. Leprich


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 11-12/2021

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