Brexit

Regelung für Briten in Österreich

Britinnen und Briten, die in Österreich leben, können nach einer Übergangsphase ihr weiteres Aufenthaltsrecht in Österreich durch den neu geschaffenen Aufenthaltstitel „Artikel 50 EUV“ absichern.

Die Bürgerinnen und Bürger des Vereinigten Königreichs stimmten am 23. Juni 2016 mit knapper Mehrheit für den Austritt aus der Europäischen Union (EU), den so genannten BREXIT – eine Wortkombination aus Britain und Exit. Der Brexit hat nicht nur weitreichende Konsequenzen für das Vereinigte Königreich, sondern auch für die Europäische Union. Eine dieser weitreichenden Konsequenzen war, dass das Vereinigte Königreich in der Nacht auf den 1. Februar 2020 von einem Unionsmitgliedstaat zu einem Drittstaat wurde. Für die zu diesem Zeitpunkt knapp 11.200 in Österreich lebenden Britinnen und Briten ergab sich dadurch eine wesentliche Änderung: sie verloren ihre Unionsbürgerschaft und wurden zu Drittstaatsangehörigen. Damit endete das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht in Österreich und betroffene Britinnen und Briten mussten sich unter anderem fragen, ob sie weiter in Österreich leben und arbeiten dürfen. Die Antwort war Ja.

Übergangsphase.

Mit dem Austrittsabkommen konnten die Regelungen für das Verhältnis der Europäischen Union und des Vereinigten Königreichs für die Zeit nach dem Austritt letztendlich festgezurrt werden. In einem ersten Schritt sah das Austrittsabkommen für alle Bereiche eine Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2020 vor, in der sich de facto trotz Austritts nichts änderte. Auch ein Zuzug von Britinnen und Briten nach Österreich war unter den vereinfachten Bedingungen für EU-Bürgerinnen und Bürger weiterhin möglich. Für die Zeit ab 1. Jänner 2021 regelt das Austrittsabkommen im Kapitel über Bürgerrechte das weitere Aufenthaltsrecht von EU-Bürgerinnen und -Bürgern im Vereinigten Königreich und von Britinnen und Briten in der EU. Sie sowie ihre Familienangehörigen konnten ihr weiteres Aufenthaltsrecht in Österreich durch den neu geschaffenen Aufenthaltstitel „Artikel 50 EUV“ absichern. Dazu war es notwendig, bis zum 31. Dezember 2021 persönlich einen Antrag nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz bei der zuständigen Behörde zu stellen.

Die Voraussetzungen für die Erteilung des Aufenthaltstitels sind die gleichen wie die Voraussetzungen für den legalen Aufenthalt von EU-Bürgern in Österreich. Antragsteller müssen in Österreich erwerbstätig sein oder sich ihr Leben in Österreich ohne Bezug von Sozialhilfeleistungen selbst finanzieren können und krankenversichert sein. Auch Familienangehörige haben weiterhin ein Aufenthaltsrecht. Deutschkenntnisse sind wie vor dem EU-Austritt für Britinnen und Briten nicht erforderlich.

Aufenthaltstitel.

All Antragsteller (Britinnen und Briten sowie Familienangehörige), die noch nicht fünf Jahre durchgängig in Österreich gelebt haben, bekommen bei Erfüllung der Voraussetzungen einen auf fünf Jahre befristeten Aufenthaltstitel. Sie können nach einem insgesamt fünfjährigen Aufenthalt ein Daueraufenthaltsrecht erwerben. Diejenigen, die schon im Antragszeitpunkt seit mehr als fünf Jahren unter den oben genannten Voraussetzungen rechtmäßig in Österreich lebten, erhalten ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Sie erhalten den Aufenthaltstitel „Artikel 50 EUV“ mit einer Kartengültigkeit von zehn Jahren. Danach muss die Aufenthaltstitelkarte erneut beantragt werden. Britinnen und Briten, die ab dem 1. Jänner 2021 erstmals nach Österreich ziehen, können sich in der Regel nicht auf das Austrittsabkommen berufen. Sie können aber wie alle anderen Drittstaatsangehörigen einen Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz beantragen, wenn sie in Österreich leben möchten.

BREXIT-Hotline.

Der bisherige reibungslose Verlauf von „Artikel 50 EUV“-Verfahren erforderte viel Hintergrundarbeit. Im Rahmen der Gesamtkoordination wurde im Bundeskanzleramt unter anderem eine eigene BREXIT-Hotline eingerichtet. Zusätzlich wurde die Website www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/brexit geschaffen. Diese Seite steht auch in englischer Sprache zur Verfügung. Das Bundesministerium für Inneres steht mit der Britischen Botschaft in Wien und Vereinigungen von Britinnen und Briten in ganz Österreich seit Beginn der Verhandlungen über das Austrittsabkommen in Kontakt. Gemeinsam mit der britischen Botschaft und dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wurden 2019 und 2020 gemeinsam zahlreiche Informationsveranstaltungen in ganz Österreich in englischer Sprache abgehalten, in denen Britinnen und Briten über die durch den BREXIT bevorstehenden Änderungen und über die Notwendigkeit der Beantragung eines Aufenthaltstitels informiert worden sind. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer ließen sich dabei gleich ihre Fragen zum BREXIT beantworten. Eine für 2021 geplante Veranstaltung wurde aufgrund von Covid-19 kurzerhand in ein Online-Event umgewandelt, bei dem Britinnen und Briten noch einmal die Möglichkeit hatten, zu ihrer individuellen Situation den Rat der Expertinnen und Experten einzuholen.
„Wir sind dankbar für die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem BMI und dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, die uns geholfen haben, Tausende von britischen Staatsangehörigen zu erreichen und viele hundert Fragen zu beantworten“, sagt die neue britische Botschafterin Lindsay Skoll über die mehr als 20 Informationsveranstaltungen in ganz Österreich. Darüber hinaus beantworten Bedienstete des BMI und des Bundeskanzleramtes nach wie vor zahlreiche Anfragen von Betroffenen über die angeführte Hotline und per E-Mail.
Die Bemühungen zur umfassenden Information trugen Früchte. Bis Oktober 2021 hatten rund 8.500 Personen einen Aufenthaltstitel „Artikel 50 EUV“ beantragt. Davon konnten mittlerweile rund 7.500 Verfahren durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels positiv abgeschlossen werden. Gemeinsam mit der britischen Botschaft und Bürgerinitiativen von Betroffenen Britinnen und Briten wurde auch noch im November und Dezember 2021 versucht, die letzten Britinnen und Briten zu erreichen und von der Notwendigkeit einer Antragstellung zu überzeugen.

Eva Pfleger


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 1-2/2022

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