Fachtagung

Stadt und Ordnung

Mitarbeiter des Ordnungsdienstes der Stadt Linz achten auf Sauberkeit und Ordnung und sind Ansprechpartner für die Bürger.
Mitarbeiter des Ordnungsdienstes der Stadt Linz achten auf
Sauberkeit und Ordnung und sind Ansprechpartner
für die Bürger. © Ordnungsdienst GmbH Linz

Eine Fachtagung an der FH Oberösterreich befasste sich mit Fragen von Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum und beleuchtete unter anderem Erfahrungen der Polizei und des Ordnungsdienstes in Linz.

Städte verdichten sich, gleichzeitig halten sich Menschen gerne draußen im Freien auf. Plätze, Grünanlagen oder auch Straßen laden dazu ein, sich zu treffen aber auch auf einer Parkbank in Ruhe die Sonne zu genießen. Die Ansprüche und Anforderungen an öffentliche Räume sind so unterschiedlich, wie Menschen unterschiedlich sind. Dem Bedürfnis nach Kontakt und Gesellschaft steht oft der Wunsch nach Ruhe, Sauberkeit und Ordnung entgegen. Es entstehen Nutzungskonflikte.
Öffentliche Räume werden aber auch architektonisch, baulich gestaltet und fördern auf diese Weise bestimmte Nutzungsarten. Teilhabechancen werden durch politische Entscheidungen über die Gestaltung dieser Räume erheblich vergeben oder beschnitten. Die jüngsten Diskussionen rund um das geplante und in weiterer Folge auch umgesetzte Alkoholverbot in den öffentlichen Linzer Parks Schillerpark und Volksgarten zeigen, wie wichtig es ist, den öffentlichen Raum als „Begegnungsraum für alle“ unter die Lupe zu nehmen.

Öffentlicher Raum.

Die FH Oberösterreich veranstaltete in Kooperation mit dem Ordnungsdienst der Stadt Linz und dem Projekt „Interdisziplinäre Sozialarbeit im öffentlichen Raum“ (ISAR) der Volkshilfe OÖ am 15. September 2021 eine Fachtagung mit dem Titel: „Stadt und Ordnung. Wem gehört der öffentliche Raum?“. Der gewählte Tagungstitel stellte diese Frage gezielt, um die Grundlage für eine Diskussion unterschiedlichster Zugänge zu schaffen. Das Themenfeld „Öffentlicher Raum“ wurde von verschiedenen Blickwinkeln aus beleuchtet und behandelt. Eng verknüpft mit diesen Diskussionen sind die Themen Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung. Subjektiv verstandenes Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger wird zu dem Schlagwort in dieser Debatte und bildet gleichzeitig auch ein wichtiges Element der sogenannten unternehmerischen Stadt. Städte stehen seit den 1990er-Jahren zunehmend in Konkurrenz zueinander. Das heißt, Themen wie Standortattraktivität oder Alleinstellungsmerkmale gewinnen an Relevanz und halten Städte dazu an, unternehmerisch zu denken. Die Stadt wird so zum Produkt und muss auf sich aufmerksam machen und beispielsweise Events und Festivals bieten, um als attraktiv wahrgenommen zu werden.

Nutzungskonflikte.

Vor allem innerstädtische Orte, die oft ein besonderes Aushängeschild darstellen, werden daher zunehmend durch Maßnahmen wie Überwachungen oder Sicherheitskontrollen überprüft. Der zugrundeliegende Sicherheitsbegriff hat sich dabei entscheidend gewandelt. Wurden darunter früher im wesentlichen strafrechtliche Tatbestände verstanden, hat sich das Verständnis in den letzten Jahren maßgeblich erweitert.
Gemeint sind nun auch ordnungsrechtliche Maßnahmen, die auf die Sicherstellung subjektiver Sicherheitsgefühle abzielen. Da dieses, wie der Name schon sagt, subjektiv empfunden wird, gehen die Vorstellungen zu Normen und Normabweichungen im öffentlichen Raum oft erheblich auseinander. Was die einen als störend empfinden, ist für die anderen nicht einmal eine Erzählung wert. Aus diesem Grund wird an Debatten, wie beispielsweise der Einführung eines Alkoholverbotes, die Bandbreite an Zugängen und Standpunkte besonders gut sichtbar. Die Fachtagung griff diese Thematik der Nutzungskonflikte öffentlicher Räume auf und fragte, wem dieser in Städten wie Linz gehört und welche praktischen Konsequenzen daraus folgen.
Key Note Speaker war der Institutsleiter für Soziale Arbeit und Räume an der Ostschweizer Fachhochschule, Dr. Christian Reutlinger. Er sieht den öffentlichen Raum in einem steten Spannungsfeld zwischen Disziplinieren und Ermöglichen und nahm in seinem Referat Jugendliche besonders unter die Lupe. Anschließend stellte sich das Linzer Projekt „Ordnungsdienst und Sozialarbeit“ vor. 2019 vergab die Linzer Ordnungsdienst GmbH einen Leistungsvertrag an die Volkshilfe OÖ, die das Projekt „Interdisziplinäre Sozialarbeit im öffentlichen Raum“ (ISAR) anbietet. Diese Kooperation wurde unter dem Blickwinkel einer Wirkungsanalyse von Christina Pree, BSc MA beleuchtet, worin auch des subjektiven Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger eine Rolle spielt.

Mediation.

Weiters stellten sich das Projekt „Allparteiliches Konfliktmanagement in München“ (AKIM) unter der Leitung von Brigitte Gans und das Grazer Büro für Frieden und Entwicklung (Mag. Jutta Dier) vor. Beide Projekte wollen Stadträume zu einem Ort des guten Miteinanders machen und setzen dabei auf Mediation. Alle Menschen sollen sich im öffentlichen Raum sicher und wohl fühlen. Viele Wünsche und Bedürfnisse treffen aufeinander, darunter auch verschiedene Sicherheitsbedürfnisse. Beide Projekte haben sich zum Ziel gesetzt, Konflikte aktiv zu bearbeiten und zwischen den einzelnen Nutzergruppen zu vermitteln, damit eine Lösung für alle Beteiligten gefunden werden kann. Prozesse, die von ständigem ausverhandeln geprägt sind. Ein wichtiger Begriff, der im Zusammenhang mit ihrer Arbeit immer wieder auftaucht ist jener der „urbanen Kompetenz“. Ein wichtiger Bestandteil dieser Kompetenz ist jener der Kommunikation auf Augenhöhe, um Bedürfnisse auch gegenüber fremden Menschen im öffentlichen Raum zu artikulieren.

Sicherheitsdialog.

Das Projekt GEMEINSAM. SICHER fördert den Sicherheitsdialog zwischen Bürgern, Gemeinden und Polizei.
Das Projekt GEMEINSAM. SICHER fördert den Sicherheits-
dialog zwischen Bürgern, Gemeinden und Polizei.
© Gerd Pachauer

Mit dem Polizeiprojekt „GEMEINSAM.SICHER in Österreich“ stellte die Exekutive ihren Zugang zum Themenfeld vor. Dieses Polizeiprojekt weist eine weitläufige Vernetzung auf und anhand eines Beispiels aus der Praxis, einem großen Linzer Park, wurde die Rolle der Polizei als Kooperationspartner verdeutlicht. Bestätigt hat sich im Referat von Kontrollinspektorin Petra Hubmann die gestiegene Anforderung an die Exekutive, sich nicht nur strafrechtlich relevanter Tatbestände annehmen, sondern auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger in den Blick zu nehmen.
In den angestrebten Sicherheitsdialogen der Polizei können verschiedenste Personen aber auch Institutionen Teil von Sicherheitspartnerschaften werden. Ziel ist es, hinzuhören, wo Sorgen bestehen und weiterfolgend auch aktiv zu Handeln. Im vorgestellten Praxisbeispiel wurde der Sicherheitsdialog über mehrere Jahre eingesetzt und führte zu dem Ergebnis, dass kaum mehr Beschwerden eingehen und die Exekutive von den involvierten Parteien als verlässlicher Partner wahrgenommen wurde. Bei Bedarf kann der Sicherheitsdialog jederzeit wieder durchgeführt werden.

Das Spannungsfeld

Das Spannungsfeld zwischen Polizei und sozialer Arbeit griff Mag. Katharina Röggla auf, die in der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Wien tätig ist. Die beiden Professionen sehen sich mit gesellschaftlichen Herausforderungen und Problemfeldern, wie beispielsweise Kriminalität, Gewalt und Extremismus konfrontiert. Beiden wird der Umgang mit sozialen Problemstellungen zugeschrieben und daraus ergibt sich die Bearbeitung desselben Terrains, allerdings mit grundlegend unterschiedlichen Ausgangslagen.
Unterscheidungen müssen hinsichtlich der rechtlichen Grundlage, dem grundlegenden Auftrag, dem Selbstverständnis, der Arbeitsprinzipien, der Vorgehensweise und der Erwartungshaltungen gegenüber den Klientinnen und Klienten getroffen werden. Trotz der Differenzen ergeben sich Überschneidungen, da beide als Bearbeitungsinstanz sozialer Probleme wahrgenommen werden. Liegt eine Klärung der Aufgaben und Zuständigkeiten sowie Bereitschaft zu einem konstruktiv-kritischen Dialog vor, so sieht Röggla die Voraussetzungen für eine gute Kooperation gegeben.
Im Rahmen eines „Open Space“ bestand für Teilnehmende anschließend die Möglichkeit, sich zu vernetzen und weitere Projekte anzustoßen. Im Rahmen der Fachtagung hat sich gezeigt, wie wichtig ein aktives Auseinandersetzen mit dem öffentlichen Raum ist. Schließlich ist dieser ein wichtiger Ausverhandlungsort für eine Gesellschaft und spiegelt soziale Themen in ihrer Bandbreite wider. Die Beiträge der Veranstaltung sind in einem Tagungsband erschienen.

Christina Pree/Thomas Prinz

Die Veranstaltung zum Nachzuhören: https://filebox.fhooecloud.at/index.php/s/JgDwdRK2sdj7i63


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 1-2/2022

Druckversion des Artikels (PDF562 kB)