Recht

Zweites „Anti-Terror-Paket“

Bekämpfung von Terrorismus: Gegenüber verurteilten Terrorstraftätern ist zwingend ein Waffenverbot auszusprechen.
Bekämpfung von Terrorismus: Gegenüber verurteilten
Terrorstraftätern ist zwingend ein Waffenverbot auszusprechen.
© Cunaplus/Stock.adobe.com

Die Bundesregierung hat aufgrund des Terroranschlags in Wien am 2. November 2020 eine Reihe von Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Terrorismus sowie zur Prävention der Verbreitung von extremistischem Gedankengut gesetzt.

Zur Bekämpfung von staatsfeindlichem Extremismus und staatsfeindlicher Radikalisierung ist in Umsetzung des von der Bundesregierung vereinbarten Maßnahmenpakets (Vortrag an den Ministerrat 37/27 und 42/24) das zweite Anti-Terror-Paket des Innenministeriums zur Änderung des Waffengesetzes 1996, des Sprengmittelgesetzes 2010 und des Vereinsgesetzes 2002 Anfang des Jahres 2022 in Kraft getreten.
Mit der Novelle soll insbesondere die Zusammenarbeit zwischen den Behörden verbessert werden. Aufgrund der zunehmenden Gewaltbereitschaft, die sich zuletzt vermehrt gegenüber Frauen geäußert hat, gilt bei Auferlegung eines Betretungs- und Annäherungsverbots auch stets ein vorläufiges Waffenverbot als ausgesprochen.

Terrorstraftaten.

Ziel des gegenständlichen Anti-Terror-Maßnahmenpakets ist es, Terrorismus und gewalttätigen Extremismus mit allen gebotenen Mitteln zu bekämpfen, die Widerstandsfähigkeit gegenüber terroristischen Bedrohungen zu stärken und somit der Radikalisierung sowie der Anwerbung für den Terrorismus entgegenzuwirken. Dies schließt das Vorgehen gegen terroristische Vereinigungen mit ein.
Für den Fall, dass die im Anti-Terror-Paket vorgesehenen Maßnahmen an eine Verurteilung wegen einer Terrorstraftat (§§ 278b bis 278g oder § 282a Strafgesetzbuch – StGB) anknüpfen, handelt es sich insbesondere um Verurteilungen von Anführern oder Mitgliedern von terroristischen Vereinigungen (§ 278b StGB), Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) oder die Aufforderung oder Gutheißung zu terroristischen Straftaten (§ 282a StGB).

Waffenverbot.

Soweit die Waffenbehörde Kenntnis von Ermittlungen in Bezug auf eine Terrorstraftat erlangt, wurde dem Beschuldigten bereits nach bisheriger Rechtslage ein Waffenverbot auferlegt. Mit der Novelle wird im Waffengesetz 1996 klargestellt, dass gegenüber verurteilten Terrorstraftätern zwingend ein Waffenverbot auszusprechen ist. Sofern im Zuge der Verurteilung eine Freiheitsstrafe von mindestens 18 Monaten verhängt wird, ist das unbefristete Waffenverbot mangels anderweitiger Anhaltspunkte auch bei Tilgung der Terrorstraftat aufrechtzuerhalten. Es erfolgt auch die Klarstellung, dass bei verurteilten Terrorstraftätern die waffenrechtliche Verlässlichkeit nicht mehr gegeben ist.

Verständigungspflicht für Strafgerichte.

Im Rahmen dieses Anti-Terror-Pakets ist zudem vorgesehen, dass die Strafgerichte nunmehr in jedem Fall die Waffenbehörde von einer Verurteilung wegen einer Terrorstraftat zu verständigen haben. Diese hat – sofern sie nicht bereits vorher in Kenntnis von laufenden Ermittlungen in Bezug auf eine Terrorstraftat stand – spätestens zu diesem Zeitpunkt ein Waffenverbot aufzuerlegen.

Waffenverbot für Drittstaatsangehörige.

Im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz wurde aufgrund des Brexit-Austrittsabkommens ein neuer Aufenthaltstitel „Artikel 50 EUV“ geschaffen, der zur Niederlassung sowie zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt. Inhaber eines solchen Aufenthaltstitels werden entsprechend der bisherigen Rechtslage weiterhin nicht vom Waffenverbot für Drittstaatsangehörige umfasst.

Vorläufiges Waffenverbot.

Im Sinne eines präventiven Opferschutzes gilt bei Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots ex lege auch ein vorläufiges Waffenverbot als ausgesprochen. Diese Maßnahme ist vor allem im Hinblick auf die zunehmende Gewaltbereitschaft, die sich zuletzt vermehrt und vorwiegend gegenüber Frauen geäußert hat, dringend erforderlich. Die Regelung führt dazu, dass Waffen, Munition sowie waffenrechtliche Dokumente, die sich im Besitz des Betroffenen befinden, sicherzustellen sind und die Waffenbehörde in weiterer Folge die Voraussetzungen für ein unbefristetes Waffenverbot zu prüfen hat.

Prüfung verfassungsgefährdender Angriffe.

Die Waffenbehörde prüfte bisher lediglich im Zuge der Ausstellung oder Erweiterung von Waffenpässen, die zum Führen einer Schusswaffe berechtigen, ob anzunehmen ist, dass der Antragsteller einen verfassungsgefährdenden Angriff begehen könnte. Dieser Prüfmaßstab wird nun auch in Verfahren zur Ausstellung von Waffenbesitzkarten angelegt. Sofern der Behörde in Bezug auf Angehörige jener Berufsgruppen, bei denen der Bedarf zum Führen von Schusswaffen jedenfalls gegeben ist, Anhaltspunkte vorliegen, dass diese einen verfassungsgefährdenden Angriff begehen könnten, wird diesen keine Waffenbesitzkarte sowie kein Waffenpass ausgestellt bzw. sind die vorhandenen waffenrechtlichen Urkunden zu entziehen.

Plastiksprengstoffe.

Im Zuge des Anti-Terror-Maßnahmenpakets werden im Sprengmittelgesetz 2010 – auch im Hinblick auf die geplante Herstellung von Plas­tiksprengstoffen im Bundesgebiet – die internationalen Vorgaben des Übereinkommens zur Markierung von Plastiksprengstoffen umgesetzt. Dabei handelt es sich um einen aus einem oder mehreren hochbrisanten Stoffen zusammengesetzten Sprengstoff, der mit einem Bindemittel versehen wird und bei Zimmertemperatur verformbar oder elastisch ist. Durch die Beimischung eines Markierungsstoffes in der vorgeschriebenen Mindestkonzentration wird die Aufspürbarkeit der Plastiksprengstoffe erleichtert und werden dadurch terroristische Sprengstoffattentate erschwert.

Einbindung des Kultusamts.

Mit der Novelle wird außerdem Judikatur des Verfassungsgerichtshofs berücksichtigt und das Vereinsgesetz 2002 insoweit ergänzt, als sowohl im Rahmen der Anzeige von Vereinserrichtungen als auch bei Statutenänderungen bei beabsichtigter Kultusausübung eine Verpflichtung der Vereinsbehörden zur unverzüglichen Übermittlung der Statuten an den Bundeskanzler (Kultusamt) besteht. Zweck dieser Übermittlung ist die Überprüfung, ob die in den Statuten umschriebene Ausübung dieses Kultus (etwa die gemeinschaftliche Religionsausübung) einen Eingriff in die inneren Angelegenheiten einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft (z. B. die Veranstaltung von Gebetskreisen, Exerzitien, Wallfahrten und die Feier der Heiligen Messe) darstellt. Der Bundeskanzler hat das Ergebnis der Prüfung unverzüglich an die Vereinsbehörde zu übermitteln. Liegt ein solcher Eingriff vor, ist die Vereinsgründung bzw. Statutenänderung angesichts des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften auf selbstständige Besorgung ihrer inneren Angelegenheiten (Ordnung und selbständige Verwaltung) seitens der Vereinsbehörde nicht zu gestatten.

Strafprozessuale Daten.

Zudem wird die notwendige Datenübermittlung von Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten an die Vereins- und Waffenbehörden abgesichert und ist es nunmehr möglich, personenbezogene strafprozessuale Daten für bestimmte näher determinierte vereins- und waffenbehördliche Verfahren zu verarbeiten. Dazu zählen einerseits Verfahren betreffend die Vereinserrichtung und die behördliche Auflösung von Vereinen, andererseits Verfahren betreffend die Überprüfung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit und die Auferlegung eines Waffenverbots. Demnach kann etwa die Einleitung von Ermittlungen wegen des Verdachts einer Terrorstraftat für die Frage der behördlichen Auflösung eines Vereins sowie für die Bewertung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit oder die Auferlegung eines Waffenverbots erforderlich sein.
Die Übermittlungsbestimmung stellt eine erforderliche Maßnahme dar, um den Vereins- und Waffenbehörden durch den Informationsaustausch eine umfassende Entscheidungsgrundlage zur Erfüllung ihrer gesetzlich übertragenen Aufgaben zu bieten.

Denise Ortner, Katharina Schmögl

Rechtsschutzbeauftragt

Treffen der Rechtsschutzbeauftragten bei den Bundesminis terien für Finanzen, Inneres, Justiz und Landesverteidigung.
Treffen der Rechtsschutzbeauftragten bei den
Bundesministerien für Finanzen, Inneres,
Justiz und Landesverteidigung.
© Hbf/Pusch

Erfahrungsaustausch

Am 14. und 15. Oktober 2021 fand, nach coronabedingter einjähriger Unterbrechung, im Seminarzentrum des Bundesministeriums für Landesverteidigung wieder ein Treffen der österreichischen Rechtsschutzbeauftragten statt.

Anwesend waren die Rechtsschutzbeauftragte der Justiz, Erste Generalanwältin i. R. Prof. Dr. Gabriele Aicher, der Rechtsschutzbeauftragte beim Bundesminister für Finanzen, SC i. R. Dr. Wolfgang Nolz, der Rechtsschutzbeauftragte beim Bundesminister für Inneres, Generalprokurator i. R. Prof. Dr. Ernst Eugen Fabrizy, und der Rechtsschutzbeauftragte bei der Bundesministerin für Landesverteidigung, SC i. R. Dr. Alfred Mayer, jeweils begleitet von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Führungskräften der verschiedenen Ministerien. Die Rechtsschutzbeauftragten, die in den verschiedenen Ressorts wichtige Funktionen bei der Kontrolle bzw. Genehmigung besonderer Ermittlungs- und Überwachungsmaßnahmen einnehmen, referierten über ihre jeweiligen Tätigkeitsbereiche und tauschten Erfahrungen aus.

Im Innenressort und im Justizressort kam es erst kürzlich zu Wechseln in der Position des Rechtsschutzbeauftragten, im Verteidigungsressort steht ein solcher kurz bevor.

Am zweiten Tag besuchte Verteidigungsministerin Mag. Klaudia Tanner das Treffen und betonte die Wichtigkeit der Institution des Rechtsschutzbeauftragten als rechtsstaatliches Prüfungsorgan. Während der Tagung erhielten die Teilnehmenden auch die Gelegenheit, mit Dr. Matthias Schmidl, dem stellvertretenden Leiter der Datenschutzbehörde, über datenschutzrechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit der Arbeit der Rechtsschutzbeauftragten zu diskutieren. Gregor Wenda


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 1-2/2022

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