Verkehrsrecht

Straßenverkehr und Recht

Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu den Themen Transport eines Hundes im Kofferraum, Verweigerung der Blutabnahme bei Suchtgiftbeeinträchtigung und Geschwindigkeitsüberschreitungen.

VwGH: Tiere, die mit einem Fahrzeug befördert werden, sind als Ladung zu verstehen und müssen mit geeigneten Mitteln gesichert werden.
VwGH: Tiere, die mit einem Fahrzeug
befördert werden, sind als
Ladung zu verstehen undmüssen
mit geeigneten Mitteln gesichert werden.
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Transport eines Hundes im Kofferraum

Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien wurde eine Pkw-Lenkerin wegen nicht ordnungsgemäßer Sicherung der Ladung zu einer Geldstrafe von 220 Euro verurteilt. Sie hatte ihren Hund im Kofferraum hinter der Rückbank ohne Sicherung transportiert.
Die Beschwerde der Lenkerin wies das Verwaltungsgericht Wien als unbegründet ab. Die Lenkerin habe den Hund mit einer Schulterhöhe von 64 cm mitgeführt, ohne dass zwischen der Ablagefläche und dem Fahrgastraum eine Abtrennung bestanden habe. Der Hund sei ohne Sicherung oder Rückhalteeinrichtung transportiert worden und sei nicht daran gehindert gewesen, den Laderaum durch den oberhalb der Rückbank bestehenden Freiraum zu verlassen. Die Lenkerin gestand dies ein, vermeinte aber, dass sie ein solches Verhalten des Hundes über den Rückspiegel während der Fahrt wahrnehmen und mit Kommandos hätte verhindern können. Das Erteilen von Kommandos durch den Lenker reiche laut VwGH jedoch nicht aus. Stattdessen sei ein sicherer Transport sicherzustellen, ohne dass es eines Tätigwerdens des Lenkers während der Fahrt bedürfe. Ins Leere gehe der Einwand der Lenkerin, dass Zurrgurte iSd. ÖNORM V5750 auf Hunde nicht anwendbar seien, sei ihr doch nicht vorgeworfen worden, solche Zurrgurte nicht verwendet zu haben.
Dagegen erhob die Lenkerin außerordentliche Revision und brachte vor, eine völlige Gleichstellung eines Haustieres mit einer Sache und die undifferenzierte Behandlung als „Beladung“ sei aufgrund des gesellschaftlichen Wandels seit Einführung des KFG nicht mehr zeitgemäß. Es fehle Rechtsprechung zur Beförderung von Tieren im Kofferraum.
Laut dem Verwaltungsgerichtshof schließe der Begriff „Ladung“ Gegenstände mit ein, die in, auf oder mit einem Fahrzeug befördert würden. Gemäß § 101 Abs. 1 lit. e KFG sei jegliche Ladung zu sichern, mit Ausnahme jener Ladegüter, die den Laderaum nicht verlassen könnten und die den sicheren Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigten sowie niemand gefährden könnten. „Tiere, die mit einem Fahrzeug befördert werden, sind daher als Ladung zu verstehen, die, sofern sie den Laderaum verlassen können oder den sicheren Betrieb des Fahrzeuges beeinträchtigen oder jemand gefährden, mit geeigneten Mitteln gesichert werden müssen“, so das Höchstgericht weiters.
Aus den Erläuterungen könne abgeleitet werden, dass Tiere grundsätzlich zur „Ladung“ iSd. § 101 Abs. 1 lit. e KFG zählten und hierbei auf die speziellen Bestimmungen des Tiertransportgesetzes verwiesen werde. Aus dieser Umschreibung sei ersichtlich, dass der Gesetzgeber Tiere im Geltungsbereich der genannten Bestimmung des KFG und vom Wortlaut auch mitumfasst wissen wollte. Auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur würden Tiere, die in einem Fahrzeug befördert werden, zur Ladung gezählt. Sie seien daher so zu verwahren, dass der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet oder behindert werde. Für den Verwaltungsgerichtshof war die Zuordnung von Haustieren unter den Begriff der Ladung nicht „gesellschaftlich überholt“, vielmehr stehe der klare Wortlaut der Bestimmung entgegen und „es ist auch nicht zu sehen, dass der gesellschaftliche Wandel eine Einschränkung der Sicherungsansprüche erfordere“. Die Revision war daher zurückzuweisen.

VwGH Ra 2020/02/0212, 19.03.2021

Verweigerung der Blutabnahme

Ein Lenker hatte sein Fahrzeug in einem vermutlich durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt. Nach Durchführung einer klinischen Untersuchung durch einen im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt verweigerte der Lenker die Blutabnahme zur Feststellung einer allfälligen Suchtgiftbeeinträchtigung.
Es stellte sich auch heraus, dass er seinen Führerschein nicht mitgeführt hatte. Die Landespolizeidirektion Wien verhängte daher über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000 Euro für die Verweigerung der Blutabnahme und eine weitere Geldstrafe von 80 Euro für das Führerscheindelikt.
Das Verwaltungsgericht Wien wies die Beschwerde des Lenkers als unbegründet ab. Dagegen erhob der Lenker außerordentliche Revision. Er machte die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, legte aber nicht dar, in welchen subjektiven Rechten er verletzt sei. Mit dem Recht auf „Einhaltung von Verfahrensvorschriften“ wurde aber kein tauglicher Revisionspunkt bezeichnet, weshalb die Revision sich bereits aus diesem Grund als nicht zulässig erwies.
Darüber hinaus gelang es dem Lenker laut VwGH nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen: Der Lenker machte zur Zulässigkeit der Revision geltend, das Verwaltungsgericht habe gegen seine Ermittlungspflicht verstoßen. Er habe im Verfahren vorgebracht, dass er das Fahrzeug nicht gelenkt habe, sondern eine weibliche Person namens „C.“ bzw. „K.“. Ermittlungen zu dieser Person seien ebenso unterblieben, wie zum Verbleib der Fahrzeugschlüssel. Zudem sei die Beweiswürdigung unschlüssig, weil sein Vorbringen pauschal als unglaubwürdig abgetan worden sei.
„Die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, unterliegt einer einzelfallbezogenen Beurteilung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liege nur dann vor, wenn die Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre“, meinte der VwGH. Der Verwaltungsgerichtshof sei als reine Rechtsinstanz tätig; zur Überprüfung der Beweiswürdigung sei er im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte. Im gegenständlichen Fall habe das Verwaltungsgericht die Lenkereigenschaft auf die Aussage eines unmittelbar beteiligten Augenzeugen gestützt. Das Vorbringen des Lenkers, er sei nicht der Lenker gewesen, habe das Verwaltungsgericht als nicht glaubwürdig eingestuft. Dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts in einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, zeige die Revision nicht auf. Die Revision war daher zurückzuweisen.

VwGH Ra 2020/02/0246, 12.04.2021

Geschwindigkeitsüberschreitung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung wurde einem Lenker zur Last gelegt, er habe am 20. Oktober 2017 um 14.52 Uhr auf der Südautobahn A2 bei Straßenkilometer 191,1 in Fahrtrichtung Villach ein Fahrzeug gelenkt und dabei die in diesem Korridor festgelegte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 43 km/h überschritten. Er habe zudem die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 13 km/h überschritten. Es wurden Geldstrafen verhängt.
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark gab der Beschwerde Folge, behob das Straferkenntnis in vollem Umfang und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein. Gemäß § 3 Abs. 5 VBA-Verordnung-IG-L Steiermark ende eine Geschwindigkeitsbeschränkung gemäß Abs. 1 und 2, wenn nach der StVO niedrigere oder gleich hohe Höchstgeschwindigkeiten angeordnet würden. Dass dies zum Tatzeitpunkt der Fall gewesen sei, habe den Schaltplänen des informierten Vertreters der ASFINAG, wie auch dem vom Vertreter des Lenkers vorgelegten Lichtbild entnommen werden können. Der Lenker habe die Subsidiaritätsbestimmung im Sinn des § 3 Abs. 5 VBA-Verordnung-IG-L Steiermark für sich beanspruchen dürfen. Hinsichtlich der zweiten angelasteten Übertretung sei zum Tatzeitpunkt gemäß § 52 lit. a Z 10a StVO eine „100 km/h-Beschränkung“ verordnet gewesen, sodass auch zu dieser Übertretung die verletzte Rechtsvorschrift unrichtig gewesen sei und auch eine Abänderung dieser Rechtsvorschrift nicht nur einen Austausch einer falschen Strafnorm, sondern eine unzulässige Ausdehnung des angelasteten Übertretungsausmaßes der Fahrgeschwindigkeit von nunmehr 43 km/h bedeutet hätte. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Dagegen erhob die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung Amtsrevision wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser erörterte, im Verfahren sei strittig geblieben, ob zum Tatzeitpunkt auch das Ende dieser Geschwindigkeitsbeschränkung bei Straßenkilometer 186,626 kundgemacht gewesen seien bzw. ob an dieser oder einer anderen Stelle der Beginn der in der VBA-Verordnung-IG-L Steiermark vorgesehenen Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h nach dem IG-L kundgemacht war. Demgegenüber sei in der Revisionsbeantwortung ins Treffen geführt worden, aus § 2 Z 5 VBA-Verordnung-IG-L Steiermark ergebe sich, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung nach dieser Verordnung erst bei Straßenkilometer 186,63 beginne, weil bei diesem Autobahnquerschnitt eine Messstation, auf der sich auch der Überkopfwegweiser befinde, angebracht sei. Damit beginne die Geschwindigkeitsbeschränkung nach dem IG-L erst vier Meter nach jener der StVO, weshalb § 52 lit. a Z 10b letzter Satz StVO irrelevant sei.
Mit diesen das Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung nach der StVO und den Beginn jener nach dem IG-L betreffenden widersprüchlichen Tatsachenbehauptungen habe sich das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt bzw. dazu keine Feststellungen getroffen. Diese wären jedoch bereits für die Beurteilung der ordnungsgemäßen Kundmachung der jeweiligen Verordnungen und in weiterer Folge für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falls relevant gewesen. „Die mangelhaften Feststellungen halten daher einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht stand; die darauf aufbauende rechtliche Beurteilung ist somit einer Prüfung nicht zugänglich“, meinte der VwGH.
Zur Überprüfung, ob dem Lenker eine Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO anzulasten sei, bedürfe es mangelfreier Feststellungen, anhand welcher beurteilt werden könne, ob für den Streckenabschnitt der A2 auf der Höhe Straßenkilometer 191,1 in Fahrtrichtung Villach/Klagenfurt die nach der genannten Bestimmung erlaubte Fahrgeschwindigkeit von 130 km/h gegolten habe Das Erkenntnis war daher aufzuheben.

VwGH Ra 2020/02/0143, 29.03.2021

Valerie Kraus


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 1-2/2022

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