Waffenrecht

„Besondere Gefahren“ 

Für die Ausstellung von Waffenpässen ist unter anderem ein Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nachzuweisen. Die Anforderungen an diesen Nachweis sind hoch.

Bei Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes ist im Privatbereich von einem Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen auszugehen.
Bei Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes ist im Privatbereich
von einem Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen auszugehen.
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Nach § 21 Abs. 2 1. Satz des Waffengesetzes 1996 (idF BGBl  I 211/2021; im Folgenden: WaffG) hat die Behörde verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und bei denen – soweit es sich nicht um Angehörige der in § 22 Abs. 2 Z 2 bis 4 genannten Berufsgruppen handelt – keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie einen verfassungsgefährdenden Angriff gemäß § 6 Abs. 2 PStSG, begehen werden und einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nachweisen, einen Waffenpass auszustellen.

Nach § 22 Abs. 2 WaffG ist ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn

  1. der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann oder
  2. es sich um ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes handelt (§ 5 Abs. 2 SPG) oder
  3. es sich um einen Angehörigen der Militärpolizei oder
  4. es sich um einen Angehörigen der Justizwache handelt.

Die Z 2 dieser Gesetzesstelle wurde, mit einer Kaliberbeschränkung, durch BGBl I 120/2016 in das WaffG eingefügt, die Z 3 und 4, mit Wirkung vom 1.1.2019, durch die WaffG-Novelle BGBl I 97/2018. Mit dieser wurde auch die Kaliberbeschränkung in Z 2 aufgehoben. Diese Regelungen können im Folgenden außer Betracht bleiben.

Bedarfsprüfung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen.
Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hierbei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt. Es reicht also nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schuss­waffe zweckmäßig sein kann, vielmehr ist zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann; zum anderen ist erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt (aus der jüngsten Judikatur Beschluss 20.12. 2021, Ra 2021/03/ 0162, mit Hinweisen z. B. auf VwGH 5.10. 2021, Ra 2021/03/0089; 1.9.2021, Ra 2021/03/0141; 9.8.2021, Ra 2021/03/0127; 7.7.2021, Ra 2019/03/0059; je mwN).
Diese qualifizierte Pflicht zur Mitwirkung an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts erfordert, dass [der Beschwerdeführer] von sich aus jene Momente dartut, aus denen er das Bestehen der besonderen Gefahrenlage ableitet (VwGH 26.4.2007, 2007/03/0057).

Werttransporte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in einer Vielzahl von Erkenntnissen dargelegt, dass die Durchführung von Geldtransporten auch in den Abendstunden und selbst das Mitführen sehr hoher Geldbeträge nicht schon an sich eine solche Gefahr darstellt (für viele etwa VwGH 13.11.2018, Ra 2018/03/ 0120, mwN). Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (VwGH 26.4.2007, 2007/03/0057, unter Hinweis auf VwGH 29.1.2007, Zl 2005/03/0021, mwN). Ebenso auch VwGH 27.5.2010, 2009/03/0144.
Erforderlich ist, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt (VwGH 23.10.2008, 2005/03/0218, unter Hinweis auf 23.4. 2008, 2006/ 03/0171, mwN). So auch VwGH vom 26.4. 2011, 2010/03/0200, mit weiteren Nachweisen. Es reicht also nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein kann, vielmehr ist zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine solche Waffe geradezu erforderlich ist und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann (VwGH 19.12.2018, 2018/03/0132).
Mit pauschalem und spekulativem Vorbringen über die Sicherheitsverhältnisse (in Wiener Gemeindebezirken) wird keine einen Bedarf begründende Gefährdung dargelegt (VwGH 15.1.2020, Ra 2019/03/ 0146). Auch nicht durch Hinweise auf Zeitungsberichte über zahlreiche Raubüberfälle (VwGH 26.4.2011, 2010/03/0200).
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Bekämpfung einer Gefahrensituation durch Waffengewalt zu einer erheblichen Gefährdung Unbeteiligter führen und der Versuch, Gefahrensituationen mit Waffengewalt hintanzuhalten, eine Erhöhung der Gefährlichkeit solcher Situationen mit sich bringen kann (VwGH 20.12.2021, Ra 2021/03/0162, unter Hinweis auf VwGH 16.11.2021, Ra 2021/03/0114, mwN). Ebenso VwGH 15.1.2020, 2019/03/0146.

Das öffentliche Interesse

Das öffentliche Interesse, die mit dem Führen von Faustfeuerwaffen auch durch verlässliche Personen verbundenen Gefahren möglichst gering zu halten, erfordert es, dass Einzelpersonen oder Unternehmen, die sich einer Gefährdung ausgesetzt erachten, zunächst im zumutbaren Rahmen auch sie belastende Maßnahmen ergreifen, um diese von ihnen als gegeben angenommenen Gefahren zu verringern. Auch dass alternative Verhaltensmöglichkeiten, durch welche den Gefahren begegnet werden könnten, nicht bestehen, hat der Waffenpasswerber von sich aus darzutun (VwGH 20.12. 2021, Ra 2021/03/0162, unter Hinweis auf VwGH 21.10.2021, Ra 2021/03/ 0153, mwN)
[Dem Revisionswerber] ist auch zuzumuten, durch die Wahl von Transportzeiten und Transportwegen das Entstehen einer Gefahrenlage hintanzuhalten, zumal das Begeben in eine mutmaßliche Gefahrensituation aus eigenen Stücken der Begründung eines waffenrechtlichen Bedarfs grundsätzlich entgegensteht (VwGH 13.11.2018, Ra 2018/03/ 0120, unter Hinweis auf VwGH 29.1.2015, Ra 2014/ 03/0061).

Die Abwehr einer allgemeinen Gefahr

Die Abwehr einer allgemeinen Gefahr wie der rechtswidrigen Verwirklichung eines Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung (die vorsätzlich begangen wird) nach dem StGB, wie dies der Beschwerde bezüglich befürchteter Eingriffe in ihr Leben bzw. ihre körperliche Integrität offensichtlich vor Augen steht, kommt nach dem Sicherheitspolizeigesetz den Sicherheitsbehörden und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu (VwGH 19.3.2013, 2013/03/0014, unter Hinweis auf VwGH 20.6.2012, 2012/03/0037).
[Dem Revisionswerber] ist zuzumuten, gegebenenfalls die Sicherheitsbehörden zu verständigen, anstatt sich aus eigenen Stücken in (mutmaßliche) Gefahrensituationen zu begeben (VwGH 19.12.2018, 2018/ 03/0132). Ausführungen zum Vorrang präventiven Verhaltens auch im Erk 19.12.2013, 2013/03/0017 (Einbrüche in Betriebsliegenschaften. Der Versuch, Gefahrensituationen mit Waffengewalt hintanzuhalten, kann eine Erhöhung der Gefährlichkeit solcher Situationen mit sich bringen).

Allfällige Vorgaben eines Dienstgebers

Allfällige Vorgaben eines Dienstgebers, insbesondere auch die Notwendigkeit des Besitzes eines Waffenpasses als Anstellungserfordernis, können für sich allein keinen waffenrechtlichen Bedarf begründen, läge es ansons­ten doch in der Disposition einzelner Dienstgeber, die Ausstellung von Waffenpässen – unabhängig vom jeweiligen Vorliegen eines für die Ausstellung eines Waffenpasses notwendigen Bedarfs – zu erwirken. Vielmehr obliegt es ihm auf der Grundlage seiner Fürsorgepflicht, dem Revisionswerber den erforderlichen Schutz vor Straftaten (gefährlichen Angriffen) zukommen zu lassen, dass er im Wege der Organisation der Arbeit vorsorgt, dass eine befürchtete Gefahr möglichst hintangehalten wird (VwGH 20.12.2021, Ra 2021/03/0162, unter Hinweis auf 21.1.2019, Ro 2018/03/0056; sinngemäß  auch VwGH 20.6.2012, 2012/03/0037).

Die Beistandspflicht als Ehegatte

Die Beistandspflicht als Ehegatte begründet (auch) keine Verpflichtung, die Ehefrau (stellvertretende Filialleiterin) vor einer im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit (eigenverantwortlich) übernommenen Gefahrensituation zu bewahren (VwGH 27.1.2011, 2010/03/ 0072).
Mit der Argumentation des Mitführens von Geldbeträgen wurde im Einzelfall kein Bedarf ersehen in den Entscheidungen des VwGH vom 26.4.2011, 2010/03/ 0109 (Beschäftigung bei einer Sicherheitsfirma, die Werttransporte durchführt, mwN); 18.5.2011, 2011/03/ 0122 (Aufsichtsperson für Bauführungen und Gastronomielokale); vom 30.9. 1998, 98/20/0358 (Geschäftsführer eines Restaurationsbetriebs), 1.7.2005, Zl 2005/03/0016 (Außendienstmitarbeiter); 28.3.2006, 2005/03/0038 (Geschäftsführer eines Transportunternehmens für Banken); 26.4.2007, 2007/ 03/0057 (Geschäftsführer eines technischen Unternehmens); 9.9.2015, Ra 2015/03/005 (Instandhaltung von EDV-Anlagen in Autobahnrestaurants); 25.1.2006, 2005/03/ 0062 (Händler mit Gebrauchtfahrzeugen); 19.3. 2013, 2013/03/0014 (Einziehung von Leasingfahrzeugen und Inkasso); 11.8.2016, Ra 2016/03/0082 (Obst- und Gemüsegroßhändler); 30.9. 2010, 2007/03/0138 (Tabaktrafikant, mwN), und 26.4. 2011, 2010/03/0200 (Tankstellen-, Garagen- und Kfz-Werkstättenunternehmer); 26.4.2011, 2011/03/0100 (Kleinhandel mit Papier- und anderen Waren); das Transportieren von Medikamenten und medizinischer Schutzausrüstung (VwGH 1.9. 2021, Ra 2021/03/0141, mwN) oder den Waffenhandel (21.1.2019, Ro 2018/ 03/0056).

Berufsgruppen.

Die Ausübung des Detektivgewerbes ohne operative Tätigkeit rechtfertigt keinen Bedarf, eine Faustfeuerwaffe zu führen.
Die Ausübung des Detektivgewerbes ohne operative Tätigkeit
rechtfertigt keinen Bedarf, eine Faustfeuerwaffe zu führen.
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Berufsgruppen argumentativ als besonders gefährdet hervorzuheben, reicht ebenfalls nicht aus, einen Bedarf im waffenrechtlichen Sinn zu begründen, sofern nicht eine konkrete Gefährdung vorliegt. Diese wurde nicht im Vorbringen von Ärzten bzw. Notärzten gesehen (VwGH 18.7.2002, 98/20/0563; 22.10.2012, 2012/03/0073; 24.9.2014, Ra 2014/03/ 0032). Auch nicht bei einem Facharzt, der Racheaktionen wegen negativer Gutachten befürchtet hatte (25.10.2017, Ra 2017/03/0093), einem Facharzt für Psychiatrie (13.10.2015, Ra 2015/03/ 0078) oder einem Psychotherapeuten, zu dessen Klienten ehemalige Straftäter gehören (27.5.2020, Ra 2020/03/0050). Die bloße Ausübung des Detektivgewerbes ohne operative Tätigkeit rechtfertigt keinen Bedarf (25.11.2020, Ra 2020/03/0150). Auch Rechts­anwälte sind nicht per se als gefährdet anzusehen (19.12. 2013, 2013/03/0046, mwN; 23.8.2013, 2013/03/ 0081; 19.6.2015, Ra 2015/03/ 0036). Zum Strafverteidiger ausführlich und mit etlichen weiteren Nachweisen VwGH 7.9.2018, Ra 2018/ 03/0097. Der bloße Besitz eines Taxilenkerausweises kann eine Gefahrensituation keinesfalls begründen (28.2. 2006, Zl. 2005/03/0041, auch: 28.11. 2013, 2013/03/ 0104). Das Führen einer Faustfeuerwaffe ist nicht „geradezu erforderlich“ bei einer Trafik in einem Einkaufszentrum (19.12.2018, Ra 2018/03/ 0132. Ähnlich auch 29.7. 2020, Ra 2020/03/ 0080, oder 21.12. 2012, 2010/03/ 0198, mwN). Die zahlreichen, den waffenrechtlichen Bedarf von Jagdausübungsberechtigten, Polizei- und Justizwachebeamten unter bloßem Hinweis auf den Beruf als nicht gegeben erachtenden Entscheidungen des VwGH (Erkenntnisse, Beschlüsse) sind durch zwischenzeitig erfolgte Gesetzesänderungen (BGBl I 120/2016) bzw Einfügung des § 20 Abs. 1a (BGBl I 97/2018) derzeit nur mehr von informativer Bedeutung. Die entwickelten Rechtsgrundsätze treffen aber nach wie vor etwa auf Angehörige der Militärstreife (VwGH 27.5.2010, 2009/03/0144), des Jagdkommandos (29.5.2009, 2006/03/0098; 7.7.2021, Ra 2019/03/0059; 16.11.2021, Ra 2021/03/0114), bei militärischen Geheimnisträgern (29.1.2007, 2005/03/0021), Organen der Zollfahndung (7.7.2017, Ra 2017/03/0060) oder einem kontrollierenden Luftaufsichtsorgan (11.10. 2021, Ra 2021/03/ 0165) zu. Der Bauamtsleiter einer Gemeinde wurde auf die Fürsorgepflicht des Arbeitsgebers hingewiesen (20.6. 2012, 2012/03/0037), ebenso ein Vollstreckungsbeamten der Gemeinde Wien (18.9.2013, 2013/03/0102).
Ein Bedarf wurde gesehen bei Jagdschutzorganen (VwGH 3.5.2017, Ro 2017/ 03/0004; 8.5.2017, Ro 2017/ 03/0006) oder einem Tiroler Bergwächter (1.9.2014, Ro 2014/03/0074).

Bedrohungen.

Auch direkt gegen eine Person gerichtete Bedrohungen müssen substanziiert sein und dürfen nicht im Diffusen verbleiben (VwGH 11.10. 2021, Ra 2021/03/0122). Befürchtungen einer geplanten Entführung, aus denen sich nicht schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt, reichen nicht aus (VwGH 26.6.2018, Ra 2018/03/ 0047. Ebenso VwGH 28.8.2017, Ra 2016/03/ 0078; 22.11.2017, Ra 2017/ 03/0082; 21.12.2017, Ra 2017/03/0102). Dies gilt auch für die überdurchschnittlich vermögende, in der Öffentlichkeit stehende Erbin, die auch in der Boulevardpresse als außerordentlich vermögend dargestellt werde (23.9.2009, 2008/03/ 0121).
Der (von einem Täter im Zustand voller Berauschung) mit dem Erschießen Bedrohte hat nicht dargelegt, wieso gerade eine Faustfeuerwaffe und nicht etwa eine minderwirksame Waffe, wie etwa ein Pfefferspray, zur Abwendung der von ihm angenommenen Gefahr benötigt werde (VwGH 18.10.2005, 2005/03/0066). Als „nicht nachvollziehbar“ wurde hingegen die Verweigerung der Ausstellung eines Waffenpasses im Erkenntnis vom 1.4.2004, Zl 2001/20/0669, bezeichnet: Der Beschwerdeführer war, seinem Vorbringen nach, in Ungarn Opfer eines bewaffneten Raubüberfalles durch eine international agierende Verbrecherorganisation geworden. Sein Pkw sowie seine persönlichen Sachen seien „mit allen Ausweisen und Dokumenten“ geraubt worden. Er sei von der ungarischen Polizei darauf hingewiesen worden, dass er damit rechnen solle, dass die Täter irgendwann bei ihm auftauchen würden.
Eine ausreichend wahrscheinliche Gefahrensituation wurde auch im Fall einer Politikerin und Gender-Aktivistin gesehen, die nicht nur in sozialen Medien wüst beschimpft und mit Mord bedroht wurde, sondern auch zeitnah Opfer eines gezielten Messerangriffs wurde (VwGH 5.10.2021, Ra 2021/03/0089).

Ermessen.

Die Tätigkeit als Jagdschutzorgan begründet einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen.
Die Tätigkeit als Jagdschutzorgan begründet einen Bedarf
zum Führen von Faustfeuerwaffen.
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Nach § 21 Abs. 2 2. Satz WaffG (idf BGBl I 211/2021) liegt die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und bei denen keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie einen verfassungsgefährdenden Angriff gemäß § 6 Abs. 2 Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz begehen werden, im Ermessen der Behörde.
Nach § 10 WaffG sind bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.
§ 6 der 2. WaffV, BGBl II Nr. 313/1998, nach wie vor in der Stammfassung, legt fest, dass das der Behörde in § 21 Abs. 2 WaffG eingeräumte Ermessen nur im Rahmen privater Interessen geübt werden darf, die einem Bedarf (§ 22 Abs. 2 WaffG) nahekommen.

In Revisionsverfahren

In Revisionsverfahren vornehmlich aus dem Vorjahr, in denen ausdrücklich die bezeichnete Ermessensbestimmung thematisiert wurde, führt der Verwaltungsgerichtshof zunächst aus, das Fehlen einer Ermessensentscheidung würde eine einen Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses abweisende Entscheidung schon deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belasten (VwGH 16.11.2021, Ra 2021/03/ 0114, unter Hinweis auf VwGH 18.1.2021, Ra 2020/ 03/0125, und dort mit Verweisen auf die ständige Judikatur seit 1998).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist nicht die Richtigkeit der Ermessens­übung zu prüfen, sondern nur, ob die belangte Behörde die Grenzen des ihr gesetzlich eingeräumten Ermessensbereiches überschritten oder ihr Ermessen missbräuchlich ausgeübt hat (vgl. Art. 130 Abs. 3 B-VG) (VwGH 7.7.2021, Ra 2019/03/0059).

Aufgabe des Verwaltungsgerichts

Aufgabe des Verwaltungsgerichts ist es, zu überprüfen, ob sich die Verweigerung der Ausstellung eines Waffenpasses durch die belangte Behörde als Ermessensübung im Sinne des Gesetzes erweist. Bejahendenfalls wäre die Beschwerde, ohne dass das Verwaltungsgericht befugt wäre, in eine eigene Ermessensentscheidung einzutreten, abzuweisen. Erst wenn sich die behördliche Ermessens­übung im Ergebnis als nicht im Sinne des Gesetzes erwiesen hätte, wäre das Verwaltungsgericht befugt, eigenes Ermessen zu üben (VwGH 16.11.2021, Ra 2021/03/0114, unter Hinweis auf 1.3.2016, Ra 2015/ 11/0106, und 26.4. 2016, Ro 2014/03/ 0084). – Zum besseren Verständnis ist anzumerken, dass diese Entscheidung auf Grund einer Amtsrevision der Bezirkshauptmannschaft als belangte Behörde ergangen ist.
Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung ist ein strenger Maßstab anzulegen, der sich aus dem hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesse an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren ergibt. Dies verlangt konsequenterweise auch eine restriktive Handhabung der Ermessensbestimmung in § 21 Abs. 2 WaffG, sodass eine vom Antragsteller bloß geltend gemachte Zweckmäßigkeit einem Bedarf im Sinne des § 22 Abs. 2 WaffG nicht nahekommen kann und damit im Lichte des § 6 der 2. WaffV dann kein privates Interesse gegeben ist, welches die Ausstellung eines Waffenpasses rechtfertigen könnte; das Ermessen darf daher nur im Rahmen privater Interessen ausgeübt werden, die einem Bedarf nahe kommen (VwGH 9.8.2021, Ra 2021/03/0127, unter Hinweis auf VwGH 7.9. 2018, Ra 2018/03/0097, mwN). Die (bloße) Zweckmäßigkeit des Führens einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe allein begründet weder einen Bedarf iSd § 22 Abs. 2 Z 1 WaffG noch einen im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 21 Abs. 2 letzter Satz WaffG maßgeblichen Gesichtspunkt (VwGH 16.11. 2021, Ra 2021/03/0114).
Eine abstrakter Präventionsgedanke begründet kein privates Interesse, das eine Ermessenübung zugunsten des Revisionswerbers im Sinne der dargestellten Rechtslage erlaubt hätte (VwGH 9.8.2021, Ra 2021/ 03/0127).       

Kurt Hickisch


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 3-4/2022

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