Zielfahnder

Weltweite Verbrecherjagd    

Die Zielfahnder des Bundeskriminalamtes forschten 2021 im In- und Ausland 17 mit internationalem Haftbefehl gesuchte Straftäter aus – darunter Mörder, Betrüger, Räuber und Schlepper. 

Zielfahnder des Bundeskriminalamts ermitteln weltweit nach flüchtigen Straftätern.
Zielfahnder des Bundeskriminalamts ermitteln weltweit nach flüchtigen
Straftätern. © Gerd Pachauer

Zielfahnder des Bundeskriminalamts nahmen vergangenes Jahr 16 Männer und eine Frau im In- und Ausland fest. 2020 erfolgten 13 Festnahmen. Den gesuchten Straftätern im Alter zwischen 18 und 56 Jahren werden Delikte, wie schwerer Betrug, schwerer Einbruchsdiebstahl, schwerer Raub, Suchtmittelhandel und Schlepperei bis hin zu Mord vorgeworfen. Zehn Festnahmen erfolgten in Österreich, sieben im Ausland. Die Lokalisierungs- und Festnahmemaßnahmen im Ausland erfolgten über das europäische Zielfahndungsnetzwerk ENFAST (European Network of Fugitive Active Search Teams).

Festnahme wegen Vergewaltigung mit Todesfolge.

Am 29. Juli 2021 gelang es den Zielfahndern einen international gesuchten 32-jährigen afghanischen Staatsangehörigen festzunehmen. Dem Verdächtigen wird Vergewaltigung einer 13-Jährigen mit Todesfolge von der Staatsanwaltschaft Wien vorgeworfen. Die Zielfahndungsmaßnahmen wurden in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt Wien abgestimmt und über das europäische Zielfahndungsnetzwerk ENFAST über mehrere Länder geführt. Da der Afghane gegen die Auslieferung nach Österreich Rechtsmittel einlegte, wird die Zustimmung zur Auslieferung erst für die kommenden Monate erwartet.

Verhaftung eines Schleppers.

Ein 18-jähriger lettischer Staatsangehörige wurde am 7. Dezember 2021 nach Ermittlungen der Zielfahnder in Lettland von der Polizei festgenommen. Er steht im Verdacht, am 19. Oktober 2021 in Siegendorf im Burgenland als Mitglied einer kriminellen Vereinigung einen Kleintransporter von Ungarn nach Österreich gelenkt zu haben.
Bei dieser Fahrt kamen zwei geschleppte Syrer zu Tode. In dem Kleintransporter, der durch eine Schlepperorganisation bereitgestellt worden war, befanden sich zum Tatzeitpunkt 29 syrische Staatsangehörige. Über mehrere Stunden mussten sie kauernd, zum Teil über- und aneinander gedrückt ausharren. An der österreichisch-ungarischen Grenze wurde der Kleintransporter von einer österreichischen Grenzpatrouille angehalten, doch dem Letten gelang vorerst die Flucht. Nach seiner Verhaftung wurde er von Beamten der Zielfahndung nach Österreich zurückgebracht. 

Festnahme nach Mord an Juwelier.

Mitte Oktober 2020 wurde im dritten Wiener Bezirk ein Juwelier tot im Eingang seines Geschäftes gefunden. Der 74-Jährige wies zahlreiche Schnitt- und Stichverletzungen auf. Auf Ersuchen des Landeskriminalamtes Wien wurden die Zielfahnder des Bundeskriminalamtes zu diesem Fall hinzugezogen. In Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt Wien wurde ein wegen Mordes international gesuchter serbischer Staatsangehörige ausgeforscht und am 29. April 2021 in Ungarn festgenommen. Der 20-Jährige wurde zwischenzeitlich vom Landesgericht Wien wegen Mordes sowie zahlreicher bewaffneter Raubdelikte und Einbrüche im Groß-raum Wien rechtskräftig zu 19 Jahren unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt.

Täter nach Raubüberfall an Ordensbrüdern gefasst.

Kurz nach Weihnachten 2018 ereignete sich in Wien-Floridsdorf ein brutaler Überfall auf sechs Ordensbrüder der Schulbrüderschaft Strebersdorf. Die Geistlichen wurden in deren Ordenshaus gefesselt und geknebelt, durch Schläge und Tritte schwer verletzt. Der Tatverdächtige, ein 49-jähriger kroatischer Staatsangehöriger, war flüchtig und wurde von der Staatsanwaltschaft Wien per internationalem Haftbefehl gesucht. Die Zielfahndungsmaßnahmen des Bundeskriminalamtes erfolgten in enger Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt Wien. Der Kroate wurde von der kroatischen Zielfahndungsdienststelle am 11. Mai 2021 in Zagreb ausgeforscht und festgenommen. 

Betrüger festgenommen.

Dank der engen Zusammenarbeit mit der Polizeiinspektion Gmunden konnten Zielfahnder am 19. Juni 2021 in Traunkirchen in Oberösterreich einen 43-jährigen türkischen Staatsangehörigen festnehmen, der von amerikanischen und türkischen Behörden wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges und Geldwäsche gesucht wurde. Dem Mann werden von den US-Behörden Betrugshandlungen vorgeworfen, durch die er einen Schaden von über 500 Millionen US-Dollar verursacht haben soll. Die USA und die Türkei streben eine Auslieferung an, das Gerichtsurteil steht noch aus.

Ergreifung zweier ungarischer Top-50-Gesuchter.

Wegen schwerer Raubdelikte wurden zwei ungarische Staatsangehörige per internationalem Haftbefehl gesucht und zählten zu den ungarischen Top-50-Most-Wanted. Den Ermittlern der Zielfahndung gelang es, sie in Österreich auszuforschen. Die Festnahmen erfolgten am 8. April 2021 und am 7. August 2021. Beide Verdächtigen wurden zwischenzeitlich an die ungarische Jus­tiz übergeben. 

Die Zielfahndungseinheit

Die Zielfahndungseinheit des Bundeskriminalamts gibt es seit 2003. Bisher wurden 272 Zielpersonen festgenommen. Das Ausforschen von national und international gesuchten Intensivstraftätern ist die Haupt-, aber nicht die einzige Aufgabe der Experten.
Die Zielfahnder sind zum Beispiel auch mit der Rückführung von Häftlingen nach Österreich, internationalen Konferenzen, EU-Projekten, Vorträgen und Schulungen von Kolleginnen und Kollegen sowie mit in- und ausländischen Amtshilfeersuchen beschäftigt.  

Romana Tofan  


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 3-4/2022

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