Einsatzkommando Cobra/Direktion für Spezialeinheiten

 

Vernetzung und Modernisierung    

Das Jahr 2021 brachte für das Einsatzkommando Cobra/Direktion für Spezialeinheiten (EKO Cobra/DSE) zahlreiche Neuerungen. Der ATLAS-Vorsitz ging auf die Slowakei über.

Hannes Gulnbrein, operativer Leiter des EKO Cobra/DSE seit 2021.
Hannes Gulnbrein, operativer Leiter
des EKO Cobra/DSE seit 2021.
© Gerd Pachauer

Im zweiten Jahr der Corona-Pandemie war das EKO Cobra/DSE vielseitig gefordert. Insgesamt 808 Einsätze und 6.070 Exekutivdienste wurden 2021 verzeichnet. Am 15. April 2021 wurde Generalmajor Hannes Gulnbrein zum neuen Leiter der Abteilung 3 (Operative Leitung des EKO Cobra/DSE) bestellt; in dieser Funktion folgte Gulnbrein dem 2020 verstorbenen Generalmajor Walter Weninger nach.
Zu den in der Öffentlichkeit besonders wahrgenommenen Operationen gehörte ein bundesweiter Großeinsatz in der rechtsextremen Szene am 17. November 2021: Einsatzkräfte konnten im Zuge eines „National Joint Action Day“ über Anordnung verschiedener Staatsanwaltschaften Maßnahmen gegen 20 Personen setzen. In 7 Bundesländern wurden 15 Hausdurchsuchungen, 5 freiwillige Nachschauen und 11 Einvernahmen vollzogen. 118 Beamte waren an der Aktion beteiligt. Sichergestellt wurden mehrere Waffen sowie NS-Devotionalien; zu den strafrechtlichen Vorwürfen gehörten Verhetzung und Verstöße gegen das Verbots- und Waffengesetz. 

Modernisierungen.

Im Zuge einer Modernisierungsoffensive wurde für schießtechnische und einsatztaktische Trainingszwecke am 23. April 2021 eine neue Sonder-Schießanlage in Blumau-Neurißhof eröffnet. Die Bauarbeiten dauerten ein Jahr. Die neue Anlage umfasst ein taktisches Schießhaus inklusive einer Landemöglichkeit für Hubschrauber sowie weitere Trainingseinrichtungen, ein Betriebsgebäude mit einem Lehrsaal sowie eine Waffenwerkstätte. Für den Entschärfungsdienst wurde ein Spreng- und Brandplatz zur Behandlung von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen eingerichtet.
Auf dem Gelände der Ausbildungs- und Einsatzzentrale des EKO Cobra/DSE in Wiener Neustadt wurde 2021 mit dem Bau der neuen Flugeinsatzstelle des Bundesministeriums für Inneres begonnen. Anfang 2023 soll diese dann von Wien-Meidling nach Wiener Neustadt übersiedeln; im Rahmen der Reorganisation des Innenressorts wird die Flugpolizei zu einer eigenen Abteilung der DSE werden. Zwischen EKO Cobra und Flugpolizei werden durch den neuen gemeinsamen Standort Synergien noch besser genützt werden können. 

Aus- und Fortbildungen.

EKO Cobra/DSE: Die Polizeisondereinheit verzeichnete 808 Einsätze und 6.070 Exekutivdienste im Jahr 2021.
EKO Cobra/DSE: Die Polizeisondereinheit verzeichnete 808
Einsätze und 6.070 Exekutivdienste im Jahr 2021.
© Gerd Pachauer

Am 2. Juli 2021 schlossen 24 Spezialeinsatzbeamte nach mehrmonatiger Ausbildung ihre Grundausbildung beim EKO Cobra ab und verstärken seither die Sondereinheit. Bereits am 4. Juni 2021 beendeten 18 Cobra-Beamte die Ausbildung zum Personenschützer.
Erstmals fanden 2021 neue, stand-ort­übergreifende Ausbildungen statt, um kriminellen und terroristischen Bedrohungen österreichweit entgegenzutreten. Themenschwerpunkte an unterschiedlichen Trainings-Standorten in Österreich waren Taktik, Schießen, Seiltechnik, taktische Verwundetenversorgung sowie Technik. In insgesamt fünf derartigen Ausbildungswochen sollte ein einheitliches, standardisiertes Einschreiten aller Cobra-Stützpunkte in Kooperationsfällen trainiert und für den Ernstfall sichergestellt werden. 

Fortbildung in Taktischer Medizin.

Ende Oktober 2021 wurden Polizeiärztinnen und Polizeiärzte der Landespolizeidirektionen zu einer Fortbildung in Taktischer Medizin auf dem Gelände des Einsatzkommandos Cobra in Wiener Neustadt eingeladen. Unter der Leitung der BMI-Abteilung I/10, Medizinische und Gesundheitsangelegenheiten, wurde das Taktische Sanitätskonzept (TSK) des Bundesminis­teriums für Inneres vorgestellt und ein Szenarientraining durchgeführt.

Die Zentrale Observationseinheit

Die Zentrale Observationseinheit der DSE führte 2021 primär Observationsmaßnahmen für kriminalpolizeiliche Ermittlungsdienststellen durch: 3.514 Obs- und Technikeinsätze wurden regis­triert, ca. 200.000 Einsatzstunden wurden aufgewendet und 50 grenzüberschreitende Obs-Maßnahmen durchgeführt. Durch zwei neue Obs-Grundausbildungslehrgänge konnte der Personalstand in der Zentralen Observationseinheit erhöht werden. Neue Technikspezialfahrzeuge mit spezieller Observationstechnik wurden beschafft. 

Entschärfungsdienst.

Entschärfungsdienst: 2.998 Einsätze samt den sprengstoffkundigen Organen (SKO) im Jahr 2021.
Entschärfungsdienst: 2.998 Einsätze samt den sprengstoff-
kundigen Organen (SKO) im Jahr 2021.
© Gerd Pachauer

2.998 Einsätze registrierte der Entschärfungsdienst samt den sprengstoffkundigen Organen (SKO) im Jahr 2021. Mit dem Abschluss des Grundausbildungslehrganges für Sprengstoffsachkundige GAL SKO 2019 – 2021 konnten 36 neue Sprengstoffsachkundige ernannt und mit Sonderfunktion betraut werden. Daneben fand die Ausbildung von 6 neuen Taktischen Entschärfern für das EKO Cobra statt.
Taktische Entschärfer sind Teil der Zugriffseinheit und werden insbesondere bei Lagen mit Sprengstoffverdacht eingesetzt. Bei einem „taktischen Entschärfer-Einsatz“ des EKO Cobra/DSE wird, je nach Lage, gegen die Bedrohung durch USBV (unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen) gemeinsam mit dem Entschärfungsdienst vorgegangen. Für Sprengstoffsachkundige und Taktische Entschärfer wurde 2021 mehrere Weiterbildungsveranstaltung organisiert, bei denen 115 Teilnehmer geschult wurden.  

Fahndungstechnik.

Workshop „maritime Einsatzlagen Bodensee – Notzugriff auf Wasserfahrzeuge“ durch EKO Cobra/DSE-West.
Workshop „maritime Einsatzlagen Bodensee – Notzugriff
auf Wasserfahrzeuge“ durch EKO Cobra/DSE-West.
© EKO Cobra / DSE

Im neuen Referat für Fahndungstechnik fielen 2.155 Einsätze an. Hierbei handelte es sich großteils um Unterstützungsleistungen mittels Drohnen für Organisationseinheiten wie das Bundeskriminalamt oder verschiedene Landespolizeidirektionen.
Zur Bekämpfung der Schlepperei wurden Drohnenflüge im Grenzraum durchgeführt; seit dem Sommer 2021 sind Bedienstete der Fahndungstechnik laufend im Grenzgebiet von Österreich und Ungarn im Einsatz, um unberechtigte Einreise und Fälle von Schlepperkriminalität zu unterbinden. Auch für Such- und Aufklärungsflüge bei der Suche nach vermissten oder verunfallten Menschen oder im Zusammenhang mit Strafdelikten wurden Drohnen eingesetzt. 2021 konnten neue Drohnen mit besonderen Leis­tungsmerkmalen angeschafft werden; gleichzeitig wurden neue Fahrzeuge für die Fahndungstechnik in den Dienst gestellt.

Internationales.

Feierliche Übergabe des ATLAS-Vorsitzes an die Slowakei am 29. Juni 2021 in der Cobra-Zentrale in Wiener Neustadt.
Feierliche Übergabe des ATLAS-Vorsitzes an die Slowakei am 29. Juni 2021 in der Cobra-Zentrale in Wiener Neustadt. © Karl Schober

Mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2021 ging der österreichische ATLAS-Vorsitz auf die Slowakei über. Am 29. Juni 2021 erfolgte die feierliche Übergabe in der Cobra-Zentrale in Wiener Neustadt. Während des viereinhalbjährigen ATLAS-Vorsitzes konnte unter anderem die Zusammenarbeit zwischen ATLAS und Europol sichergestellt werden – die Einrichtung eines ATLAS Support Office in Den Haag garantiert eine administrative Entlastung und eine effizientere Vernetzung auf europäischer Ebene. Die Finanzmittel für ATLAS werden seit 2020 von Europol zur Verfügung gestellt.
Am 29. Juli 2021 wurden 13 Cobra-Beamte zu einem Auslandseinsatz nach Litauen entsandt.  Während einer Dauer von rund zwei Monaten unterstützte die Cobra den Grenzschutz der EU-Außengrenze zusammen mit litauischen Einsatzbeamten der Special Task Unit der Grenzpolizei und der litauischen Spezialeinheit ARAS.
Am 1. Oktober 2021 erhielten zwei Fallschirm-Sprunglehrer des EKO Cobra eine Einladung zu den Feierlichkeiten der französischen Antiterroreinheit GIGN. Zu diesem Event wurden alle ehemaligen Mitglieder der GIGN und hochrangige Vertreter der französischen Exekutive und des Militärs eingeladen. Die Cobra-Teilnehmer absolvierten im Rahmen der Vorführungen in Paris-Versailles gemeinsam mit dem Kommandanten der GIGN und dem Kommandanten der GSG 9 einen Fallschirmabsprung aus 3.000 Metern Höhe; während des Rahmenprogramms kam es zu einem weiteren fachlichen Austausch. Die Kontakte zwischen Cobra und GIGN reichen bis in die 1970er-Jahre zurück.

Kooperation mit Jordanien.

Am 26. Oktober 2021 besuchte der jordanische König Abdullah II. das Hauptquartier des EKO Cobra in Wr. Neustadt. Er hatte dort selbst im Jahr 1994 eine Cobra-Ausbildung absolviert; seither bestehen enge Kontakte zwischen jordanischen und österreichischen Anti-Terror-Experten. Von 11. bis 15. November 2021 wurde unter anderem ein „IED und Close-Protection-Workshop“ in Wiener Neustadt organisiert, an dem Experten der Cobra und jordanischer Spezialeinheiten teilnahmen.

Gregor Wenda


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 5-6/2022

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