Fachkonferenz

Schützen, sichern, vorsorgen

Wenn der Strom im Haushalt ausfällt, sollte zunächst der Sicherungskasten bzw. der FI-Schalter überprüft werden.
Wenn der Strom im Haushalt ausfällt, sollte zunächst
der Sicherungskasten bzw. der FI-Schalter überprüft werden.
© Mediteraneo/Stock.adobe.com

Bei der zweiten Fachkonferenz „Unternehmenssicherheit und Personenschutz“ in Deutschlandsberg drehte sich alles um die Themen Blackout, Cybercrime und Security-Risk-Management.

Eröffnet wurde die Tagung Ende März 2022 von Organisator Markus Schimpl mit dem Thema „Close-Protection“ (Personenschutz). Die Teilnehmer, die zu einem guten Teil polizeilichen oder militärischen Hintergrund haben, kamen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Frankreich aus den Bereichen Personen- und Objektschutz, kritische Infrastruktur und von Unternehmen, die sich mit sicherheitsrelevanten Themen auseinandersetzen. Der Hauptfokus in der Unternehmenssicherheit und im Personenschutz liegt auf dem vorzeitigen Erkennen möglicher Gefahren und Risiken. Nach der Analyse erfolgt die Umsetzung adäquater Sicherheitsmechanismen zur Herabsetzung und Vermeidung von Schäden für das Unternehmen und/oder den Klienten.

Geopolitik.

Der ehemalige Dekan der Internationalen Antikorruptionsakademie in Österreich, Martin Kreutner, hielt zwei Vorträge: „Geopolitisches Panoptikum: Vom Ende der Geschichte hinein in neue Fragilität“ und „Geosoziopolitisches Panoptikum: Aufklärung war gestern – eine posthumane Dystopie des Morgen“.
In einem kursorischen Überblick arbeitete der frühere SOF-Offizier (Special Operation Forces) wesentliche Ursachen und Entwicklungen für den Status quo in der Ukraine heraus und bot einen Ausblick auf die neue geopolitische Sicherheitsordnung. In seinem zweiten Vortrag betonte Kreutner, dass es bei der Erstellung eines gesamtheitlichen Lagebilds nicht nur um die Darstellung und den Vergleich von Militär- oder sonstiger Ressourcenpotenziale geht. Essenziell für ein umfassendes Sicherheitslagebild seien anthropologische, sozio-kulturelle sowie technische As-pekte und Entwicklungen.

Blackout.

Einem aktuell in der Öffentlichkeit diskutierten Thema widmete sich der international anerkannte Blackout- und Krisenvorsorgeexperte Herbert Saurugg. Der Autor zahlreicher Fachpublikationen beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit der zunehmenden Komplexität und Fragilität lebenswichtiger Infrastrukturen.
Bei einem realistischen europaweiten Strom-, Infrastruktur- sowie Versorgungsausfall („Blackout“) würde unser Leben binnen kür-zes­ter Zeit völlig zum Stillstand kommen. Im Zentrum seiner Betrachtungen stand die Vorbereitung auf die sogenannte „Phase 1“ eines Stromausfalls.
Für Österreich rechnet Saurugg im Krisenfall mit einem zumindest 24-Stunden-Totalausfall des Strom- und Infrastrukturbereichs. Auf europäischer Ebene sollte mit rund einer Woche gerechnet werden, bis die Stromversorgung wieder überall halbwegs stabil funktioniert. Unterschätzt wird laut Saurugg jene Phase, bis die Telekommunikationsversorgung mit Festnetz, Handy und Internet wieder weitgehend stabil funktioniert („Phase 2“). Aufgrund erwartbarer Hardware-Ausfälle, Störungen sowie massiver Überlastungen beim Wiederhochfahren, ist mit einer zumindest mehrtägigen Wiederherstellungszeit nach der Stromversorgung zu rechnen.
Die Folgen: Weder Produktionsketten noch die Treibstoffversorgung oder die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln bzw.  Medikamenten funktionieren. Gleiches gilt für die Gesundheitsversorgung (Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte, Apotheken).

Szenarien.

Handy als Spion: Auch abgeschaltete Mobiltelefone können als Abhörgeräte genutzt werden.
Handy als Spion: Auch abgeschaltete Mobiltelefone können
als Abhörgeräte genutzt werden.
© Makistock/Atock.adobe.com

Die Studie „Ernährungsvorsorge in Österreich“ und ähnliche Untersuchungen in Deutschland kamen zum Schluss, dass spätestens am vierten Tag einer blackoutbedingten Versorgungsunterbrechung rund ein Drittel der Bevölkerung nicht mehr in der Lage ist, sich ausreichend selbst zu versorgen. Nach sieben Tagen könnte das bereits für rund zwei Drittel oder rund sechs Millionen Menschen in Österreich der Fall sein. Zusätzlich sind die Helferinnen und Helfer sowie deren Familien selbst von den Auswirkungen betroffen.
„Phase 3“ kann, so die Prognosen, je nach betroffenem Bereich Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern. Etwa in der industrialisierten Landwirtschaft, wo erwartet wird, dass binnen Stunden Millionen Tiere in Europa verenden werden. Länger anhaltende Versorgungsengpässe sind angesichts der vielschichtigen transnationalen Abhängigkeiten in der Versorgungslogis­tik daher sehr wahrscheinlich.

Prävention.

Blackout-Vorsorge erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise und die persönliche Vorsorge möglichst vieler Menschen. Denn niemand kann Millionen Menschen helfen, wenn nichts mehr funktioniert. Dazu ist eine umfassende Aufklärung erforderlich, die in der eigenen Organisation beginnen sollte, empfiehlt Saurugg, der dazu eine nationale Initiative gestartet hat: „Mach mit! Österreich wird krisenfit!“ (www.krisenfit.jetzt).

Cybercime und Sicherheit.

„Erkennen von kriminellen Inhalten in Firmennetzwerken mittels KI“ und „Das Telefon als Spion“, lauteten die Titel der Fachbeiträge von Bernhard Otupal, der im Innenministerium und bei Interpol tätig war, bevor er in die Privatwirtschaft wechselte und seitdem den öffentlichen Dienst, internationale Organisationen und die Privatindustrie in Sicherheitsfragen berät. Der IT-Sicherheitsexperte erklärte, wie man seine Firmennetze weitgehend sauber und künstliche Intelligenz einsetzen kann, um die Weitergabe von Firmengeheimnissen zu unterbinden, wie man kriminelles Material identifizieren und die Überlastung von Netzwerken verhindern kann. Beim Thema „Mobiltelefone als Spion“ wies Otupal darauf hin, dass auch abgeschaltete Telefone als Abhörgeräte genutzt werden können. Er brachte Beispiele von Wirtschaftsspionage, Stalking, Erpressung, etc. und welche Gegenmaßnahmen es gibt.

Alarmsysteme.

Fachkonferenz Unternehmenssicherheit und Personenschutz: Markus Schimpl, Bernhard Otupal, Peter Endress, Herbert Saurugg.
Fachkonferenz Unternehmenssicherheit und
Personenschutz: Markus Schimpl, Bernhard Otupal,
Peter Endress, Herbert Saurugg.
© Sven Gruber

René Steinkellner, Geschäftsführer einer Sicherheitstechnik-Firma, referierte zum Thema „Alarmsysteme für hochwertige Immobilien und kritische Infrastruktur (Kritis)“. Hochwertige Objektschutzsysteme sollten immer eine Mischung aus organisatorischen, baulichen, technischen und personellen Maßnahmen sein. Wobei immer die organisatorischen Maßnahmen (Sicherungskonzept) vorrangig sind.
Keine Sicherheitstechnik kann die personellen Maßnahmen komplett ersetzen. Der Maßnahmenmix aus den verschiedenen Bereichen macht den Unterschied, ob Sicherungsmaßnahmen gut funktionieren oder nicht. Sehr häufig wird der Fehler gemacht, einzelne Maßnahmen umzusetzen, ohne ein grundlegendes Konzept dahinter zu haben. Abgesehen vom Maßnahmenmix sollten auch immer Sicherungszonen nach dem Zwiebelschalenprinzip geplant und umgesetzt werden. Unabhängig von Art und Größe des Geländes oder des Gebäudes sollten unterschiedlichen Systeme und Maßnahmen geplant werden. 
Peter Endress stellte die Alarm- und Notfallmanagement-Plattform EV­ALARM vor. Als digitale, modulare Plattform stellt sie die Verbindung von klassischen Alarm- und Notfallprozessen mit technischen Alarmen z. B. von Brand- und Einbruchmeldeanlagen, der Gebäudeleittechnik, Produktionsanlagen dar und hat ein integriertes digitales Wächterkontrollsystem. EVALARM bietet weitere Funktionalitäten und Services wie mobile Kontakt- und Aufgabenlisten, mobile Evakuierung, Totmannschaltung, mobile Dokumente und Gebäudepläne, Rundgänge und Begehungen. Das System wird in unterschiedlichen Branchen und Institutionen eingesetzt und hat sich durch seine Kompaktheit sowie die einfache Bedienung im täglichen Gebrauch bewährt.

Unternehmen- und Mitarbeiterschutz.

Ergänzt wurden die interessanten Fachbeiträge von einem rechtlichen Input über den Schutz von Unternehmen, geistigen Eigentums, Daten und Personal (Stichwort: Arbeitssicherheit) von Richter Wolfgang Kopecek, der Spezialeinsatzkräfte in juristischen Fragen berät. Er ging unter anderem auf Bewaffnung des Personals und geschützte Fahrzeuge ein, wobei auch die damit zusammenhängenden Rechtsbereiche Waffenrecht und Kraftfahrrecht erörtert wurden. Dabei wurde auf Grenzen und „rote Linien“ aus rechtlicher Sicht eingegangen, die man nicht überschreiten sollte.
Seine Ausführungen zum Waffengesetz, vor allem aufgrund aktueller Entscheidungen von Behörden und Verwaltungsgerichten, stießen auf besonderes Interesse des Publikums mit militärischem Hintergrund. Neben der rechtlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema wurde auf die Notwendigkeit von Mitarbeiterschulung, Fortbildung und Informationen eingegangen

B. O.

Fachkonferenz

Die „3. Fachkonferenz „Unternehmenssicherheit und Personenschutz“ findet vom 18. bis 19. April 2023 auf der Burg Deutschlandsberg (Steiermark) statt. Anmeldungen sind ab November 2022 möglich. Limitierte Teilnehmerzahl! Infos: www.closeprotection.at 


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 5-6/2022

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