Detektive

Vom Schnüffler zum Bodyguard    

Zu den Hauptaufgaben von Detektiven gehören unter anderem Observationen.
Zu den Hauptaufgaben von Detektiven gehören unter
anderem Observationen.
© Andrey Popov/Stock.adobe.com

Waren Detektive früher vor allem mit dem „Ausschnüffeln“ untreuer Ehepartner beschäftigt, arbeiten sie heute etwa auch an der Aufklärung von Wirtschaftskriminalität oder im Personenschutz.

Überall dort, wo nicht die Staatsgewalt verpflichtet ist, Leib und Leben des Bürgers zu schützen, kommen vielfach Detektive oder Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten zum Einsatz. Heute ist der Detektiv auch ein Multitalent in Sachen Technologie: Nicht nur der Einsatz von Spionagetechnik, sondern vor allem das Aufspüren solcher und die Cyber-Kriminalität sind seine Aufgabengebiete.

Umfangreiche Aufgaben.

„Detektivarbeit ist zunächst Kopf- und dann Teamarbeit. Die Fallexploration und Vorbereitung samt Sachverhalts- und Aktenstudium sind zum wichtigs­ten Teil geworden“, sagt Mag. Andreas Schweitzer, Vorsitzender des österreichischen Detektiv-Verbandes. Ein tragfähiges Ermittlungs- und Beweisführungskonzept sei der Beginn einer erfolgreichen Fallbearbeitung. Berufsdetektive von heute seien Forensiker, Kriminalisten, Beweistaktiker, Spurensicherer, Fernmeldetechniker etc. „Die nächste Generation wird sicher mit weiteren und neuen Aufgabenbereichen konfrontiert sein“, sagt Schweitzer. Ein Beispiel bildet hier die Suche nach Audio- und Videowanzen. „Hier verfügen wir in Österreich über hochqualifizierte Kollegen, die im Ausland ausgebildet worden sind und solche Geräte aufspüren können. Auch im Bereich der Forensik wie DNA- und Vaterschaftsanalysen oder Drogenanalysen sind wir gut ausgebildet und mit Fach-Kollegen vernetzt“, erläutert Schweitzer. Bei den Methoden gebe es immer etwas Neues. „Jeder hat seinen Zugang. Es gibt Berufsdetektive, die ihren Beruf pragmatisch und welche, die ihn auch philosophisch leben, die also in die soziale und gesellschaftliche Tiefe gehen und nach den Ursachen fragen. In jedem Fall ist aber Hartnäckigkeit, die auf dem Fundament hochprofessioneller Ausbildung ruht, unumstößliche Voraussetzung, die auch umgesetzt wird“, sagt Schweitzer. 

Bekannte Fälle.

Viele Kriminalfälle sind mithilfe von Berufsdetektiven aufgeklärt worden. Der bekannteste bleibt wohl der „Fall Lucona“, aufgedeckt von Walter Penk-Lipovsky und Dietmar Guggenbichler, beide bereits verstorben. Die Lucona war mit einer Bombe gesprengt worden. Sechs Menschen wurden getötet, der wahre Wert der Fracht betrug eine Million Schilling und war Schrott. Der Versicherungsbetrug brachte die Republik zum Wanken, der Schiffseigner und Chef der Zuckerbäckerei Demel in Wien Udo Proksch sowie seine Mittäter gingen in Haft.
Nicht minder spektakulär war die Aufklärung des Grubenunglücks von Lassing im Jahr 1998, bei dem zehn Menschen gestorben waren. Auch hier waren es Detektive, „die den Beweis erbrachten, dass das Grubenunglück durch zügellosen und rechtswidrigen Schwarzabbau herbeigeführt worden war“, sagt Schweitzer. Das sind nur zwei Beispiele, die die Detektivarbeit im Medienrummel und damit im Licht der Öffentlichkeit darstellten – zumeist Teil der Detektiv-Taktik. Doch der Alltag sieht anders aus.

Keine „Schattendjangos“.

„Wir sind keine „Schattendjangos“. Wir behandeln den Hans Navratil von der Achter-Stiege genauso wie den Vorstandsvorsitzenden eines Weltkonzerns. Wir besinnen uns jedoch darauf, unsere Mittel und Wege nicht in die Medien, sondern vielmehr in den Erfolg zu tragen. Fast Jeder kennt schon Jemanden, der einen Berufsdetektiv kennt. Wir sind in den letzten Jahrzehnten aus unserem Schattendasein ausgebrochen. Das liegt nicht nur an uns selbst, sondern vielmehr an den Klienten und ihren Bedürfnissen“, sagt Schweitzer.

Ihre Kunden

Ihre Kunden Versicherungen, Handelskonzerne, Immobilientreuhänder oder Berufsorganisationen wie etwa Kammern. „Detektive, die für Versicherungen arbeiten, beweisen etwa Tatbestände nach § 151 StGB – Versicherungsmissbrauch, oder liefern Material, um im Zivilprozess unberechtigte Forderungen von Versicherungskunden abwehren zu können“, erklärt Schweitzer. Detekteien, die für Liegenschaftseigentümer oder Hausverwaltungen arbeiten, liefern Material, um unberechtigte, betrügerische Eintrittsversuche in alte und günstige Mietverträge zu verhindern.
Im Familienrecht betrifft das z.B. immer noch die Erstellung von Scheidungsbeweisen. „Die Schuldfrage ist nach wie vor entscheidend, ob man eine Scheidung gewinnt, oder existenzgefährdend verliert, weil man die Untreue des Scheidungsgegners nicht beweisen kann“, sagt Schweitzer. Darüber hinaus liefern Detektive im Familienrecht Beweise, die zu einer Übertragung der Obsorge oder zu einer Einschränkung/Ausweitung des Kontaktrechts führen können. Der Arbeitsablauf der Detektive orientiert sich an kriminalistischen und forensischen Grundregeln. Die Detektive von heute haben keine Anzeigepflicht – wie etwa Ärzte –, können persönliche Daten abfragen, unterliegen aber genauso dem Datenschutz und sie tragen eine Waffe, wenn sie einen Waffenpass haben und operativ tätig sind, etwa wenn sie zum gewerblichen Personenschutz berechtigt sind.

Personenschutz.

Personenschutz: Aufgabe ist es, Leib und Leben zu schützen, Gefahren und Risiken vorzeitig zu erkennen, um eine Entführung oder einen Anschlag zu vermeiden.
Personenschutz: Aufgabe ist es, Leib und Leben zu
schützen, Gefahren und Risiken vorzeitig zu erkennen,
um eine Entführung oder einen Anschlag zu vermeiden.
© Andrey Popov/Stock.adobe.com

Markus Schimpl,  seit 1991 Sicherheitsberater und Personenschutzexperte mit ziviler und militärischer internationaler Einsatz- und Berufserfahrung, erklärt den Unterschied zwischen staatlichem und zivilem Personenschutz: „Ersteren durch Polizei und Militär bekommen Staatsbesuche, Minister, die Landeshauptleute, Bundesratsmitglieder und Personen des Zeugenschutzprogramms. Prinzipiell ist aber diese Bedingung unabhängig von Beruf oder der Bekanntheit einer Person. Zivilen Personenschutz bekommen Menschen, die aus versicherungstechnischer Sicht einen solchen haben müssen oder Menschen, die es sich einfach leisten wollen.“

Drei Gefährdungsstufen.

Im staatlichen wie auch im zivilen Personenschutz wird die zu beschützende Person eingestuft:

Gefährdungsstufe I: Die Person ist erheblich gefährdet, mit einem Anschlag ist jederzeit zu rechnen.
II: Die Person ist gefährdet, ein Anschlag ist nicht auszuschließen.
III: Eine Gefährdung der Person ist nicht auszuschließen.

Auch wenn es in Österreich so gut wie niemand mitbekommt, gibt es eine Vielzahl an Personen, die aufgrund ihres Reichtums oder ihrer gesellschaftlichen Stellung privaten Personenschutz genießen. Vor allem überall dort, wo Immobilien sehr teuer sind, leben Menschen mit einem besonderen Schutzbedürfnis – Wörthersee, Kitzbühel, Salzburg oder Wiener Nobelbezirke, um nur einige zu nennen. Aber auch in den Tourismusregionen Österreichs werden immer wieder besonders gefährdete Personen von privaten Firmen geschützt.
„Die Prävention dient vor allem dazu, Gefahren und Risiken vorzeitig zu erkennen, um Entführung oder gar Ermordung zu vermeiden“, sagt Schimpl. „Man muss auch fairerweise sagen, dass es keine hundertprozentige Sicherheit gibt, aber mit einer guten präventiven Arbeit kann das Risiko minimiert werden.“

Ausbildung bei staatlichen Institutionen.

Um Krisensituationen im Personenschutz zu bewältigen und in diesen vor allem handlungsfähig zu bleiben, ist ein professionelles Training wichtig. „Diese hochwertigen Ausbildungen und Trainings findet man meist in staatlichen Institutionen wie Spezialeinheiten der Polizei und des Militärs“, erklärt Schimpl. „Im Zivilen gibt es diese Ausbildung und Trainings in dieser Qualität selten. Im staatlichen Bereich hat man, wenn man solche Trainings beginnt, meist eine langjährige Einsatzerfahrung in Spezialeinheiten hinter sich und somit startet man in diese spezielle Ausbildung mit einem ganz anderen Basiswissen und essenziell wichtiger Grundfertigkeiten.“ Die Problematik im Sinne der Sicherheit im zivilen Personenschutz besteht laut Schimpl meist darin, dass von der Schutzperson zum operativen Team eine oder mehrere Personen zwischengeschaltet sind. Diese haben meist nur wenig bis kein Basiswissen operativer Tätigkeit und das geht natürlich zu Lasten der Sicherheit. Wenn Sicherheitsmängel erkannt werden, egal von wem im Team, so gehören diese umgehend angesprochen und optimiert. 

Die Ausbildung 

Die Ausbildung zum qualifizierten Personenschützer hat sich gewandelt. Kein privater Anbieter kann es sich heutzutage leisten, unqualifiziertes Personal zu beschäftigen. In Sachen Personenschutz sowie detektivischer Arbeit kann man sich nicht nur mehr auf staatliche Ausbildungseinrichtungen verlassen. „Die Grundausbildung zum Personenschutz ist umfangreicher, intensiver und in der Qualität behördennäher, als man sich vorstellen kann“, sagt Andreas Schweitzer, der bei der Campus Security & Trainings Group die Ausbildung zur TÜV-zertifizierten Personenschutzfachkraft absolviert.
Dr. Franz Wulz, MBA, einst selbst Polizei- und Justizangehöriger (Einsatztrainer und stellvertretender Ausbildungsleiter), leitet seit mehreren Jahren diese personenzertifizierte Ausbildung und ist ein international angesehener Experte auf diesem Gebiet.

Sicherheitsfirmen.

Sicherheitsdienst: Die private Bewachung von Gebäuden und Veranstaltungen oder die Personenkontrollen auf Flughäfen sind wesentliche Geschäftsfelder der Detektive.
Sicherheitsdienst: Die private Bewachung von Gebäuden
und Veranstaltungen oder die Personenkontrollen auf
Flughäfen sind wesentliche Geschäftsfelder der Detektive.
© Olga Yastremska/Stock.adobe.com

Der wohl unbekannteste Bereich im Berufsfeld des Sicherheitsgewerbes (Berufsdetektiv/Bewachung) ist der Wachdienst. Die private Bewachung von Gebäuden, Veranstaltungen oder im Auftrag der öffentlichen Sicherheit verrichtete Tätigkeiten wie Personenkontrollen auf Flughäfen ist heute ein wesentliches Geschäftsfeld des Sicherheitsgewerbes.
Das breite Spektrum an Sicherheitsfirmen zeigt sich auch am Beispiel von Axel Wochinger. Der Österreicher ist Geschäftsführer eines führenden Security-Unternehmens in der Nähe von München, der Result Group. Zuvor war er zwölf Jahre Offizier bei der Österreichischen Militärpolizei, was er selbst für eine hervorragende Grundlage für seine jetzige Tätigkeit bezeichnet: „Sicherheitsexperten haben die Verhandlungsführung mit Erpressern und Entführern übernommen, beispielsweise bei Cyber-Erpressungen oder Schiffsentführungen vor der Küste Somalias.“ Derzeit unterstützt das Unternehmen die Evakuierung von lokalen Mitarbeitern aus den Kriegsgebieten in der Ukraine – Result Group hat ein eigenes Evakuierungs­eam in der Ukraine im Einsatz, unterstützt von einem erfahrenen Team aus Analysten und Krisenmanagementexperten aus Deutschland.
Auch für Mag. Johannes Glöggler, den Geschäftsführer der Eventus-cpi GmbH steht fest: „Der Krieg in der Ukraine wird das geschäftliche Umfeld für österreichische Firmen im Ausland langfris­tig verändern – leider nicht zum Besseren.“ Genau hier setzt die Firma Eventus an, indem über die drei Divisionen Consulting, Protection und Intelligence hinweg ganzheitliche Produkte angeboten werden.
„Sicherheits- und Intelligence-Produkte sind kein „Nice-to-have“ mehr, sondern ein existenzieller Erfolgsfaktor der Kategorie „Must-have“. Derzeit wird es immer wichtiger und wird auch im Sinne von Compliance und Stakeholdern verlangt, dass sich private Unternehmen selbst schützen können, was den Staat mit seinen nicht beliebig vorhandenen Kapazitäten entlastet.
„Je nach Einsatzbereich und rechtlicher Möglichkeit stellen wir dafür aktive oder ehemalige Mitglieder des österreichischen Bundesheeres, der Polizei und anderer Behörden in den Dienst unserer legitimen österreichischen Klienten. Das Spektrum reicht von Personenschutz für Familien und Manager über VIP-Event-Security wie die Weiß­wurstparty beim Stanglwirt bis hin zu Sicherheitskonzepten für private und gewerbliche Immobilien, sowie für Unternehmen zur Abwehr von Interessensschädigungen aller Art, nach aktuellen Ö-NORM und ISO-Standards“, erläutert Glöggler.

Detektiv im Wandel.

Was als „Schnüffeltätigkeit“ begonnen hat, ist heute ein vielschichtiger und hochspezialisierter Beruf der Sicherheitsbranche. „So wie die Ausübung anderer Gewerbe im Laufe der Zeit durch ein Dickicht aus Regeln und Vorschriften immer mühsamer geworden ist, so ist es auch den Detektiven ergangen“, sagt Schweitzer.

Wie wird man Detektiv?

Voraussetzungen sind Volljährigkeit und ein einwandfreier Leumund. Interessenten absolvieren eine Ausbildung als Berufsdetektivassistent in einem zugelassenen Unternehmen. Dann kann man zur behördlichen und kommissionellen Prüfung antreten und den Sprung in die Selbständigkeit wagen. „Eine standardisierte Ausbildung gibt es derzeit noch nicht, ist aber kurz vor Planungsabschluss. Erste Kurse laufen bereits und es gibt auch schon erfolgreiche Absolventen hinsichtlich einer eigenen staatlichen Prüfung.

Seriöse Detektive

Seriöse Detektive sind sich ihrer Verantwortung gegenüber ihrem Berufsstand, gegenüber jenen, die von ihrer Arbeit betroffen sind (Prozessgegner und Verdächtige) und nicht zuletzt gegenüber ihren Klienten bewusst“, sagt Schweitzer. „Wenn Berufsdetektive tätig werden, dann greifen sie in die Grundrechte Dritter ein – zwangsläufig. An diesem Punkt erkennt man auch den Grad der Seriosität und Professionalität. Die Kunst der Detektivarbeit liegt darin, einerseits die ,erdrückende Beweislast‘ zu beschaffen, den Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz aber nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln durchzuführen“, erläutert Schweitzer. Eine großartige Homepage sei kein Gütesiegel. „Billiganbieter, die mitunter behaupten, dass eine ordentliche Observation mit nur einem statt zwei Observanten möglich ist, sollten mit Vorsicht genossen werden. Hier wird oft billig und nicht günstig gekauft. Die Nachschau, ob der Berufsdetektiv in einem Berufsverband mit strengen Regeln Aufnahme gefunden hat, ist ein weiterer Tipp“, sagt Schweitzer.

J. Brunhofer/H.  Zwickl


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 5-6/2022

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