Innenministerium

Generalsanierung der Beletage

Restaurierter Besprechungsraum im Kabinett des Bundesministers. Die Sanierung der Beletage kostete 3,9 Millionen Euro.
Restaurierter Besprechungsraum im Kabinett des
Bundesministers. Die Sanierung der Beletage kostete
3,9 Millionen Euro. © Gerd Pachauer

Die Renovierung des Palais Modena in Wien, Sitz des Innenministeriums, wurde nach einem Jahr abgeschlossen. Veraltete elektrische Anlagen erforderten dringendes Handeln.

Die Generalsanierung der rund 800 Quadratmeter umfassenden historischen Räume der einstigen Beletage mit ihren Prunkräumen erfolgte zwischen Dezember 2020 und Jänner 2022 und wurde von der Burghauptmannschaft Österreich in Kooperation und Abstimmung mit dem Bundesministerium für Inneres und dem Bundesdenkmalamt durchgeführt. Das historische Haus steht nach wie vor unter Denkmalschutz und war ursprünglich ein Renaissance-Bau, der durch bauliche Veränderungen zu einem streng klassizistischen Palais wurde.
Die historische Bausubstanz geht auf den Beginn der 1800er-Jahre zurück, als das Palais Modena von der Eigentümerin Maria Beatrix d’Este, Begründerin der Linie Österreich-Este, nach Entwürfen der Architekten Alois (Luigi) Pichl (österreichischer Architekt, bedeutender Vertreter der Romantik, war neben dem Palais Modena für den Neubau des Niederösterreichischen Landhauses von 1837 bis 1839 verantwortlich) und Giacomo Quarenghi (italienischer Architekt und Maler, berühmt für zahlreiche Bauwerke in Sankt Petersburg und Moskau) im klassizistischen Stil umgestalten ließ. Bereits ab 1844 beherbergte das Palais Einrichtungen der staatlichen Verwaltung und wurde 1945 Sitz des Bundesministeriums für Inneres. Als Teil des ehemaligen Hofärares (von lat. aerarium) wurde das Gebäude 1918 in staatlichen Besitz übernommen und wird seither von der Burghauptmannschaft Österreich bautechnisch betreut und erhalten. 

Sanierung der Beletage.

Generalsanierung der Beletage im Palais Modena: Tapisserie von Wolfgang Hutter; Oktogon als zentraler Verbindungsraum.
Generalsanierung der Beletage im Palais Modena: Tapisserie von Wolfgang Hutter; Oktogon als zentraler Verbindungsraum.
© Gerd Pachauer

Seit der notdürftigen Sanierung am Ende des Zweiten Weltkriegs, bei der die Beseitigung erheblicher Kriegsschäden im Bereich der Beletage im Fokus stand, wurde keine umfassende Generalsanierung durchgeführt. Ausschlaggebend für die seit Beginn des Jahres abgeschlossenen Arbeiten waren die veralteten Anlagen der haustechnischen Infrastruktur, die allerdings einen guten Ausgangspunkt für zusätzliche bauliche Erhaltungsmaßnahmen bot: Die Räumlichkeiten wurden energietechnisch saniert und für einen zeitgemäßen Bürobetrieb ausgestattet, wobei zunächst eine Oberflächensanierung angedacht war. Die Leitungen waren teilweise noch mit Stoff ummantelt. Dadurch mussten in allen Bereichen der Architekturoberfläche, und zwar Wände, Böden und Decken, eingegriffen werden. Der Zustand der Befestigungen der Architekturgliederungen der Decke war teilweise schon bedenklich, sodass die Gefahr von Abstürzen bestand und vor Beginn der Arbeiten bereits Notsicherungsmaßnahmen durchgeführt werden mussten. Die Gesamtkosten für die Sanierung, die zum Großteil von der Burghauptmannschaft Österreich getragen wurden, beliefen sich auf 3,9 Millionen Euro. Für die Kosten der sicherheitstechnischen Ausstattung kam das Innenministerium selbst auf, weiters konnte durch die Renovierung die technische Medienausstattung adaptiert und eine moderne Videokonferenzanlage eingebaut werden.
An der Instandsetzung der historischen Bausubstanz, insbesondere um wieder ein harmonisches Gesamterscheinungsbild zu erschaffen, waren zahlreiche Gewerke aus ganz Österreich beteiligt, die mit traditionellen Handwerkstechniken in möglichst substanzschonender Weise nachhaltig an der Renovierung arbeiteten. Es gab etwa Vergolderinnen und Vergolder, die in kleinteiligen Arbeitsschritten rund 22.000 Goldfolien verarbeiteten.

Oktogon.

Historische Beschläge.
Historische Beschläge. © Gerd Pachauer

Eine Besonderheit bei den Sanierungsarbeiten stellte das architektonisch und gestalterisch beeindruckende Oktogon dar – eines der bedeutendsten künstlerischen, architektonischen und kunsthistorischen Zeugnisse des Klassizismus in Österreich. In der Architektur beschreibt ein Oktogon einen achteckigen Bau, in diesem Fall einen Raum, und steht bereits seit der Antike für das Symbol der Vollkommenheit. Für gesellschaftliche Repräsentanz war und ist der Raum sohin bestens geeignet, denn das Oktogon verbindet die wichtigsten Räumlichkeiten des Hauses. Ein Großteil der historisch ausgestatteten Räume im Palais sind in Weiß gehalten und mit Goldumrahmungen verziert. Im Oktogon finden sich zusätzlich Reliefs der griechischen Antike, die äußerst bewundernswert sind: Die Lünettenreliefs – halbmondförmig gerahmte Wandfelder – u.a. von Bildhauer Josef Klieber bilden prominente Götter wie Zeus, Bacchus, Juno oder Ceres ab.

Wandbespannungen.

Historische, zum Teil nicht mehr authentische Wandbespannungen mit einer Gesamtfläche von rund 420 Quadratmetern wurden in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt ersetzt und unter Berücksichtigung der Komposition der malerischen Ausgestaltungen angepasst. Die Wandbespannungen waren über die Jahre entsprechend verunreinigt und entsprachen nicht mehr den Brandschutzvorschriften, außerdem waren die darauf enthaltenen Muster nicht mit dem Stil des Klassizismus im Einklang. Bei diesen Arbeiten wurde besonders darauf geachtet, die Gesamtheit und die Farbgebung der einzelnen Räume individuell zu erhalten, um eine harmonische Wirkung sämtlicher historischer Räumlichkeiten herzustellen.
Bei den Restaurierungsarbeiten im sogenannten Nusszimmer wurden bisher verborgene Fresken entdeckt, deren Positionierung Einblicke in die ereignisreiche Baugeschichte des Palais bieten. Zwei davon bleiben weiterhin sichtbar – auf einer ist eine südamerikanische Figur mit einem Pfeil, auf der anderen eine Architekturmalerei zu sehen.
Innenminister Mag. Gerhard Karner war die Generalsanierung ein wichtiges Anliegen. Die historische Verantwortung im umfassenden Sinn bedeute ein architektonisches Juwel wie das Palais Modena für die Nachwelt zu erhalten. Die Renovierung sei vor allem ein Ausdruck des tiefen Respekts vor jenen Menschen, die hier in herausfordernden Zeiten für Österreich gearbeitet hätten.
Die Rolle der Projektleitung des BMI bei der Generalsanierung der historischen Räumlichkeiten in der Herrengasse wurde durch die Bauabteilung und Hausverwaltung in Teamarbeit geleistet. Eine fotografische Dokumentation erfolgte durch Gerd Pachauer, wobei man dadurch einen schönen Einblick über den Umfang der Arbeiten und deren Fortschritt erhält. 

Die zweite Auflage

Die zweite Auflage des Buches über die Geschichte und Architektur des Palais Modena wird noch dieses Jahr erscheinen. Verfasser des Werks ist Werner Sabitzer; die Fotos stammen von Gerd Pachauer. Beiträge zur Geschichte des Palais Modena und zum Beginn der Sanierung der Prunkräume finden sich in der Ausgabe 3-4/21 der „Öffentlichen Sicherheit“.         

Nicole Felicitas Antal


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 5-6/2022

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