Enforce Tac

Innovative Produkte

Enforce Tac 2022: Schießkino für interaktives Laser- und Scharfschusstraining.
Enforce Tac 2022: Schießkino für interaktives Laser- und
Scharfschusstraining. © Kurt Hickisch

Bei der Sicherheitsmesse für Behördenbedarf Enforce Tac 2022 in Nürnberg wurden unter anderem Drohnen und Drohnenabwehrsysteme vorgestellt, Geschoßfänge und Schießkinos.

Bei der Enforce Tac handelt sich um eine Fachmesse zu den Themen Law Inforcement, Tactical Solutions und Homeland Security mit dem Ziel, Einsatzkräften angesichts der wachsenden Anforderungen die entsprechenden Einsatzmittel vorzustellen. Sie fand – pandemiebedingt nach einer Pause von zwei Jahren – am 1. und 2. März 2022 im Messezentrum Nürnberg statt; unmittelbar vor der Fachmesse für Jagd und Schießsport IWA 2022. Gegenüber 2019, dem Jahr der letzten Enforce Tac, ist die Zahl der Aussteller von 304 auf 377 gestiegen. Es wurden 4.071 Besucher (2019: 4.759) aus 71 Ländern gezählt. Die Schirmherrschaft über die Veranstaltung hatte der Bayerische Staatsminister für Inneres, Joachim Hermann, übernommen. 

Nicht tödliches Geschoß.

Enforce Tac 2022: gepanzertes Einsatzfahrzeug.
Enforce Tac 2022: gepanzertes Einsatzfahrzeug.
© Kurt Hickisch

Bei dem von dem österreichischen Unternehmen Protectile GmbH (lesslethal-protectile.com) präsentierten nicht letalen Einsatzmittel Protectile handelt es sich um eine kugelförmiges, etwa 45 g schweres Verbundgeschoß (geschäumtes Kunststoffmaterial mit Metallkern) mit einem Durchmesser von 5 cm, das in die Laufmündung einer (Dienst-)Pistole gesteckt wird und mit der scharfen Munition verfeuert wird. Das Projektil wird aufgefangen und gibt seine Energie an das aufgesetzte Geschoß ab mit der Wirkung, dass sich die kinetische Energie auf eine größere Fläche verteilt. Die Auftreffenergie wird mit ca. 100 Joule angegeben, was dem harten Schlag eines Boxers entspricht. Nach von der Schweizer bpk (Ballistik Physik Kriminalistik) consultancy GmbH im August 2021 durchgeführten Versuchen ergibt sich, dass bei einem Treffer mit 95 prozentiger Wahrscheinlichkeit die Haut nicht durchdrungen wird, somit offene Verletzungen (Quetsch-Riss-Wunden) wenig wahrscheinlich sind. Treffer gegen den Kopf sollen allerdings unter allen Umständen vermieden werden, sowie auch im oberen Brustbereich. Der Einsatzbereich wird mit bis zu 7 m angegeben. Die halbautomatische Funktion der Waffe bleibt erhalten. Es kann entweder ein neues Protectile-Geschoß aufgesteckt oder scharf geschossen werden. Konzipiert ist das Geschoß für die Munition 9x19 mm.

Unfallgeschehen rekonstruieren.

Weltneuheit XPLight: LEDs für gleichmäßiges Ausleuchten.
Weltneuheit XPLight: LEDs für gleichmäßiges
Ausleuchten. © Kurt Hickisch

Das Unternehmen CTS (crashtest-service.com), das Crash-Tests von Fahrzeugen durchführt, hat Dummies von Skeletten menschlicher Körper entwickelt, die ebenso beweglich sind wie der menschliche Körper. Dadurch können Unfallgeschehen rekonstruiert werden. Die Knochen haben ähnliche Brucheigenschaften wie die des Menschen und können auch geröntgt werden. 

Körper-Dummies als Zielobjekte.

Vom Kopf bis zum Bauch körpergroße Dummies, die als realitätsnahe 3D-Zielobjekte eingesetzt werden können, wurden von der italienischen Firma TAT3D (tat3d.com) vorgestellt. Je nach dem eingesetzten Kaliber (diese reichen von 5,56 und 9 mm bis zu 7,62x36) können nach Herstellerangaben auf die Figuren zwischen 4.000 bis 15.000 Schüsse abgegeben werden. Zur Erhöhung eines realitätsnahen Eindrucks können den Figuren verschiedene Waffen, vom Messer bis zur Kalaschnikow, in die Hand gegeben werden.

Geschoßfänge.

Laufroboter Spot von Boston Dynamics.
Laufroboter Spot von Boston Dynamics.
© Kurt Hickisch

Einen innovativen Ansatz verfolgen die Geschoßfänge Backstopp (backstopp.eu). Die Geschoße werden von Kunststoff-Granulat spezieller Härte aus Produktionsrestmengen rezepturreiner Elastomere aufgefangen. Das System wird als nahezu verschleißfrei beschrieben, da keine Verklumpungen im Material entstehen würden. Abgesehen vom Austausch von Frontplatten und Abdeckfolien bestehen die Wartungsarbeiten im Wesentlichen darin, die Geschoße auszusieben. Das Granulat kann dann wieder verwendet werden.

Schießkinos

Schießkinos für Laser- und Scharfschusstraining als interaktive Trainingssysteme für Behörden werden von der Poolmedia GmbH angeboten (schießkino.net).
Am Ausstellungsstand der Armoured Car Systems GmbH – ACS (acs-armoured-cars.com) waren nicht nur ein gepanzertes Einsatzfahrzeug zu sehen, sondern auch geländegängige E-Bikes, die auch von Quiet Kat (quietkat.com) am gleichen Stand präsentiert wurden.

Spezialverwendungen.

Dummy als Zielobjekt.
Dummy als Zielobjekt. © Kurt Hickisch

Der Laufroboter Spot von Boston Dynamics, präsentiert von ELP-GmbH (elp-gmbh.de), ist ein dem Körper eines Hundes nachgebildeter agiler und autonomer Roboter, der, neben Kameras und Sensoren, auch mit einem Greifer ausgestattet werden kann, um Manipulationsaufgaben durchzuführen, wie etwa Gegenstände aufzugreifen, wegzutragen oder wegzuziehen. Beispiele dafür gibt es etwa unter youtube.com.
Der HPEM-StreetRaptor von Diehl Defence (diehl-defence.com) kann, in einem Kraftfahrzeug eingebaut, andere Kraftfahrzeuge durch Einwirkung hochenergetischer elektromagnetischer Strahlung auf deren Elektronik zu einem vom Lenker des Zielfahrzeugs unerwarteten Stillstand bringen und dadurch beispielsweise einen überraschenden Zugriff auf die Insassen ermöglichen. Weiters stellt das Unternehmen mit dem Fluggerät „Libelle“ eine Drohne her, die in einem zylindrischen Behälter umgehängt mitgetragen werden kann. Nach dem Auspacken werden die Propeller aufgeklappt und die Drohne ist startklar.
Securiton (securiton.de) war mit einem Drone-Tracking-System vertreten. Die ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH (esg.de) hat zur Drohnen-Detektion das unter anderem beim G7-Gipfeltreffen im Juni 2015 in Elmau eingesetzte System Guardion vorgestellt, samt entsprechenden Effektoren zur Abwehr feindlicher Drohnen.
In Einsatzfällen ist es oftmals erforderlich, sich Gewissheit zu verschaffen, mit welchen Gasen oder Dämpfen beim Eindringen in Räume zu rechnen ist. Mit dem tragbaren FTIR Spektrometer ThreatID der Firma Analyticon (analyticon.eu) können unbekannte Gase, Feststoffe und Flüssigkeiten nicht nur erkannt, sondern auch quantitativ bestimmt werden. In der dem Gerät zu Grunde liegenden Datenbank sind über 21.000 Substanzen hinterlegt. Bei Gefahr zeigt das Spektrometer Warnungen an. Mit dem im nahen Infrarot-Bereich arbeitenden Spektrometer MicroNIR können feste Körper und Flüssigkeiten, etwa Suchtgifte, ebenfalls nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ, etwa nach dem Reinheitsgrad der untersuchten Substanz, bestimmt werden. Das Gerät ähnelt einer Stabtaschenlampe. Die ermittelten Daten können direkt auf Handy oder Tablet übertragen und als Diagramm dargestellt werden.

Polizei-Schutzausrüstung.
Polizei-Schutzausrüstung. © Kurt Hickisch

Als Weltneuheit aus der Filmindustrie hat das Unternehmen Carpetlight (carpetlight.com)  XPLight präsentiert. Es handelt sich um  viele LED-Leuchten, die auf einer Trägerschicht angebracht sind, wobei durch eine darüber liegende Diffusionsschicht eine sehr gleichmäßige, flächige Lichtabstrahlung erfolgt. Die LEDs sind dimmbar. In ihrer Gesamtheit sind die Leuchtflächen so flexibel, dass sie gefaltet und zusammengelegt werden können. Einsatzzwecke sind überall dort, wo eine gleichmäßige Ausleuchtung erforderlich ist, etwa in der Fotografie, bei Arbeiten unter Planen oder in Zelten, bei der Tatortarbeit, zur Sichtbarmachung von Absperrungen oder um Personen in der Dunkelheit von weitem erkennbar zu machen. 

Konferenzen.

Parallel zur Enforce Tac fanden die Europäische Polizeitrainer-Konferenz und die Konferenz UAS (Unmanned Aerial Systems) statt. Bei dieser Konferenz ging es, teilweise mit Firmenvorträgen, um die Detektion und Abwehr von Drohnen, aber auch um den Einsatz von Drohnen für Sicherheitsaufgaben, etwa im Werkschutz oder zur Unterstützung von Behörden und Organisationen mit Sonderaufgaben (BOS). Die nächste Enforce Tac wird vom 28. Februar bis 1. März 2023 wiederum im Messezentrum Nürnberg stattfinden.

enforcetac.com 

Kurt Hickisch


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 5-6/2022

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