Schleppereibekämpfung

Kontrollen und Kooperation

Das Inneministerium verstärkt die Kontrollen an den österreichischen Grenzen.
Das Inneministerium verstärkt die Kontrollen an den österreichischen Grenzen. © Gerd Pachauer

Das Innenministerium will in Zusammenarbeit mit Ungarn und den Westbalkan-Staaten sowie durch verstärkte Kontrollen der österreichischen Grenze gegen Schlepperkriminalität und illegale Migration vorgehen.

Innenminister Gerhard Karner besuchte österreichische und ungarische Polizisten an der österreichisch-ungarischen Grenze.
Innenminister Gerhard Karner besuchte österreichische
und ungarische Polizisten an der österreichisch-
ungarischen Grenze.© Gerd Pachauer

Ein Schlepperfahrzeug durchbrach am 13. August 2022 auf der A6 bei Kittsee im Burgenland eine Polizeikontrolle und überschlug sich. Drei Menschen kamen ums Leben, etliche weitere wurden schwer verletzt. „Der tragische Tod von drei Menschen am Grenzübergang Kittsee/Jarovce zeigt einmal mehr die Brutalität und Skrupellosigkeit der Schleppermafia“, sagte Innenminister Mag. Gerhard Karner zu dem Vorfall. „Menschen werden mit völlig falschen Versprechungen gelockt und riskieren dabei ihr Leben. Das entschlossene Vorgehen gegen diese Form der organisierten Kriminalität ist wichtiger denn je. Wie dieser Vorfall einmal mehr zeigt, zählt das Leben von Menschen für die Schleppermafia nichts – ihr Tod wird einfach in Kauf genommen.“
'Am Morgen des 11. August 2022 konnte die Polizei einen 38-jährigen Usbeken aufgreifen, der im Bezirk Oberwart sieben afghanische und einen indischen Staatsbürger von Ungarn illegal nach Österreich bringen wollte. Gleiches hatte ein Krimineller mit fünf türkischen und zwei irakischen Staatsangehörigen im Bezirk Neusiedl am See vor, der ebenfalls von der Polizei gestoppt wurde.

Schwerpunktaktion der Polizei gegen Schlepper: Von Jänner bis August 2022 sind 330 Schlepper aufgegriffen worden.
Schwerpunktaktion der Polizei gegen Schlepper: Von Jänner
bis August 2022 sind 330 Schlepper aufgegriffen worden.
© Gerd Pachauer

Am 9. August 2022 flüchtete ein Schlepperfahrzeug, das bei einer österreichisch-ungarischen Schwerpunktaktion versucht wurde anzuhalten. Der Lenker versuchte, bei Lutzmannsburg, Bezirk Oberpullendorf, nach Österreich zu flüchten. Noch auf ungarischer Seite fuhr das Fahrzeug in einen Acker, wo es nach 150 Metern zum Stillstand kam. Bei den Fahndungsmaßnahmen wurde auch eine Drohne eingesetzt. Durch sie wurden acht Migrantinnen und Migranten lokalisiert, sechs von ihnen mussten mit Verletzungen wie Schnittwunden, Prellungen oder Knochenbrüchen in Krankenhäuser eingeliefert werden. Am selben Tag konnten Beamte der Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (WEGA) zwei mutmaßliche Schlepper nach einer Verfolgung festnehmen. Im Fahrzeug befanden sich vier vermeintliche syrische Staatsangehörige im Alter von 18 bis 24 Jahren.
Autofahrer bemerkten am 27. Juli 2022 auf der Welser Autobahn Richtung Suben bei einem Aufleger eines rumänischen Sattelschleppers, dass die an der linken Seite befindliche Staubox geöffnet war. Die von ihnen verständigten Beamten der Autobahnpolizei Wels hielten den Sattelschlepper an. In der Staubox befanden sich vier Marokkaner. Sie wurden festgenommen und der Fremdenpolizei Wels übergeben.

Zahl der Aufgriffe steigt.

Gerald Tatzgern: „Schlepper nutzen die Ukraine-Krise aus.“
Gerald Tatzgern: „Schlepper nutzen
die Ukraine-Krise aus“
© Gerd Pachauer

Täglich werden in Österreich Illegale aufgegriffen. Vor allem an der burgenländisch-ungarischen Grenze ist die Zahl der Aufgriffe an illegalen Migranten im ersten Halbjahr 2022 stark gestiegen. Die meisten Aufgriffe von Flüchtlingen erfolgen derzeit in den Bezirken Neusiedl am See, Oberpullendorf und Güssing. Zwischen 200 und 300 Personen seien es täglich, laut Brigadier Gerald Tatzgern, MA, Leiter der Abteilung 8 (Schlepperei, Menschenhandel und Sonderermittlungen) im Bundeskriminalamt. 80 Prozent der nach Österreich gelangenden illegalen Migranten werden von Schleppern „angeworben“ und ins Land gebracht.
Schlepper würden laut Tatzgern die Situation aufgrund der Ukraine-Krise ausnützen, indem sie den 40.000 bis 50.000 am Westbalkan aufhältigen Flüchtlingen vorgaukeln, es sei derzeit sehr leicht in die Europäische Union zu gelangen, wie es die Beispiele der Flüchtlinge aus der Ukraine zeigen. „Nur verschweigen sie den Flüchtlingen am Westbalkan, dass es sich bei den Ukrainerinnen und Ukrainern um Kriegsvertriebene handelt und dass sie als Wirtschaftsflüchtlinge keine Chancen auf einen Asylstatus haben“, sagt Tatzgern. Derzeit sind rund 80.000 ukrainische Vertriebene in Österreich registriert, rund 57.000 von ihnen werden in der Grundversorgung durch Bund und Länder betreut. 

Der Großteil der Flüchtlinge kommt aus Syrien und Afghanistan, aber auch aus Ländern wie Tunesien, Pakistan, Bangladesh, Marokko, Türkei oder Indien, die jedoch kaum Aussicht auf einen Asylstatus haben. Mit 41.612 Aufgriffen gab es 2021 die dritthöchste Zahl an Aufgriffen von Flüchtlingen in den vergangenen zehn Jahren. Höher waren die Zahlen nur in den von der Flüchtlingswelle im Zuge des syrischen Bürgerkrieges geprägten Jahren 2015 und 2016. Von Jänner bis Juli 2022 suchten 41.909 Menschen um Asyl an. Im Vorjahr gab es im selben Zeitraum 14.000 Anträge.

Rivalisierende Schlepper.

Gerhard Karner: „Eine enge Zusammenarbeit mit Ungarn ist wichtig.“
Gerhard Karner: „Eine enge Zusammen-
arbeit mit Ungarn ist wichtig.“
© Gerd Pachauer

Laut Tatzgern buhlen vier Schleppergruppen untereinander ums Geschäft. Sie teilen ihre Territorien zwischen Ungarn und Serbien auf und „werben“ in sozialen Medien wie TikTok für sich, auch bewaffnet, um Schutz vorzugaukeln. Dabei kommt es immer wieder zu Gewalt – auch gegen ungarische Polizisten. Die Schlepper kommen aus Syrien und Afghanistan, den Hauptherkunftsländern der Flüchtlinge, sowie aus Bosnien, Ungarn, Serbien und Österreich. In Österreich sind bis Mitte August 2022 330 Schlepper aufgegriffen worden, um 80 mehr, als im Vergleichszeitraum zum Vorjahr (250).

Fluchtwege.

Die Balkanroute ist derzeit aufgrund der verstärkten Kooperation Österreichs mit Ungarn und den Westbalkan-Staaten keine klassische Route für Flüchtlinge in den Wes­ten. Flüchtlinge würden laut Tatzgern aus dem Kosovo, aus Nordmazedonien und Bulgarien illegal nach Serbien einreisen und weiter über Ungarn zu Fuß durchs Gelände und über die „Grüne Grenze“ nach Österreich kommen. Der gefährlichste Punkt sei die serbisch-ungarische Grenze, wo ein bis zu vier Meter hoher Grenzzaun überwunden werden müsse. Flüchtlinge zahlen den Schleppern auch für Hilfsmittel zur Überwindung des Grenzzauns. Die Variante mit einer Leiter auf der einen Seite des Zauns ist billiger als jene mit zwei Leitern, wo die zweite auf der anderen Seite des Zauns aufgestellt wird. „Wer sich für die billigere Variante entscheidet, ist gezwungen, von drei, vier Metern Höhe in die Tiefe zu springen. Dabei kommt es oft zu schweren Verletzungen“, sagt Tatzgern.

Fluchtmittel.

Der Polizei stehen zur Überwachung der Grenzen und Lokalisierung von Illegalen Wärmebildbusse zur Verfügung.
Der Polizei stehen zur Überwachung der Grenzen und
Lokalisierung von Illegalen Wärmebildbusse zur Verfügung.
© Gerd Pachauer

Eine weitere Variante der illegalen Einreise besteht als Passagiere in Kasten- oder Lastwägen versteckt, die teilweise präpariert oder umgebaut sind. Die Polizei warnt vor umgebauten Tanks bei Lastwägen, in denen Flüchtlinge transportiert werden. Die Tanks werden aufgeschnitten und, nachdem die Menschen untergebracht sind, wieder verschlossen. „Aufgrund der reduzierten Sauerstoffzufuhr, der Lage der Tanks knapp über der Straße und der Hitze besteht Lebensgefahr für die Menschen“, sagt Tatzgern.
Flüchtlinge würden auch in Lkws transportiert, meist ohne dass es der Lkw-Fahrer weiß. „Die Planen werden auf der Oberseite aufgeschnitten, die Flüchtlinge gelangen so von oben in den Frachtraum des Lkws“, erklärt Tatzgern. Bei einer Kontrolle fällt das nicht auf, da zum Beispiel Plomben am Verschlussseil des Lkws unversehrt sind. Die Polizei setzt bei Kontrollen Drohnen ein, um Manipulationen auf der Oberseite der Plane eines Lkws zu erkennen.
Das Maßnahmenpaket des Innenministeriums umfasst den Schutz der EU-Außengrenze an der serbisch-ungarischen Grenze, verstärkte Kooperation mit Ungarn und den Westbalkan-Staaten sowie verstärkte Kontrollen der österreichischen Grenze. Aufgrund der gestiegenen Zahl der Asylanträge, jene bei der Schlepperei und die hohe Zahl an illegalen Migranten wurden im Mai 2022 die Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien um ein halbes Jahr verlängert. Die Kontrollen zielen auf die Schwächung von kriminellen Schlepperorganisationen ab und sollen verhindern, dass illegale Migranten unkontrolliert zwischen EU-Ländern wechseln.

Partnerschaft mit Ungarn.

Gerhard Karner und Aleksandar Vulin: Verstärkte Kooperation mit Serbien.
Gerhard Karner und Aleksandar Vulin: Verstärkte
Kooperation mit Serbien. © Gerd Pachauer

Innenminister Mag. Gerhard Karner führte am 11. Juli 2022 am Rande des EU-Innenministerrates in Prag Gespräche mit seinem ungarischen Amtskollegen Sándor Pintér. Innenminister Pinter berichtete, dass allein bis Juni 2022 insgesamt 108.000 Migranten versucht hätten, die Grenze zu Ungarn zu überwinden. Im gesamten Vorjahr wären es 121.000 gewesen.
Pinter kündigte an, den Einsatz an der EU-Außengrenze zu Serbien weiter zu verstärken. Gründe dafür seien, dass die Migranten immer aggressiver vorgehen würden. In den vergangenen Wochen hat sich die Situation an der ungarisch-serbischen Grenze verschärft: Der Migrationsdruck und die Arbeit der Schlepper haben stark zugenommen. Sie gipfelten in der Tötung eines illegalen Migranten am 3. Juli 2022. Er wurde bei Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden kriminellen Gruppen getötet, acht weitere Migranten wurden zum Teil schwer verletzt. Diese Gruppen sind Teil der organisierten Kriminalität. Ihre kriminellen Machenschaften konzentrieren sich vor allem im Schmuggel und Menschenhandel. Die serbische Polizei hat daher in einer akkordierten Aktion Maßnahmen gegen diese kriminellen Gruppierungen gesetzt. Dabei wurden zahlreiche Schusswaffen (automatische Waffen und Pistolen), aber auch Messer und Macheten sichergestellt. Insgesamt wurden 40 Personen in einer akkordierten Aktion von Spezialeinheiten der serbische Exekutive festgenommen.
„Im Kampf gegen die Schlepperkriminalität und die illegale Migration ist die enge Zusammenarbeit mit Ungarn ein entscheidender Faktor. Die österreichischen Polizistinnen und Polizisten unterstützen die ungarische Polizei nicht nur durch gemischte Streife auf ungarischem Staatsgebiet, sondern auch beim Schutz der Außengrenze zu Serbien“, sagte Karner. Er bot dabei Ungarn weitere Unterstützung mit Gerät und Material an. Derzeit sind beim österreichischen Kontingent zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität an der Grenze zu Rumänien und Serbien zwei Wärmebildbusse, vier Wärmebildkameras und fünf Geländefahrzeuge im Einsatz. Insgesamt verrichten rund fünfzig Polizistinnen und Polizisten aus Österreich Dienst an der ungarisch-serbischen Grenze. Darüber hinaus werde man weitere Geräte wie Wärmebildkameras und Drohnen zur Verfügung stellen. Außerdem sei ein Herzschlagdetektor in Beschaffung, mit dem Lastwagen rascher kontrolliert werden können.
Die beiden Innenminister einigten sich darauf, die gemischten Streifen auf ungarischem Gebiet im Grenzraum zu Österreich in dieser Form weiterzuführen und weitere Schwerpunktaktionen durchzuführen. Bisher konnten im Rahmen dieser Kooperation mehr als 120 Schlepper festgenommen und 1.400 illegale Migrantinnen und Migranten in Ungarn gestoppt werden. Karner bekräftigte auch die verstärkte Zusammenarbeit mit Serbien bei einem Treffen mit dem serbischen Innenminister Aleksandar Vulin am 3. Juni 2022 in Wien. 

Taskforce.

Schlepperring ausgehoben: 36 Marokkaner wurden nach Österreich geschleppt und zum Arbeiten an Reiterhöfe vermittelt.
Schlepperring ausgehoben: 36 Marokkaner wurden nach
Österreich geschleppt und zum Arbeiten an
Reiterhöfe vermittelt. © LPD Kärnten

Das Bundeskriminalamt wird gemeinsam mit der ungarischen und serbischen Polizei eine „Taskforce zur Schleppereibekämpfung“ aufbauen. Die zuständige Stelle im Bundeskriminalamt ist das „Joint Operational Office“ (JOO). Ziel der Zusammenarbeit ist es, Informationen auszutauschen und rasch auf Entwicklungen wie mögliche Migrationsströme oder Schlepperaktivitäten reagieren zu können. Weiters koordiniert das JOO gemeinsame Ermittlungen mit anderen Staaten und unterstützt bei bei länderübergreifenden Ermittlungen und bei „Joint Action Days“.
Das auf Schleppereibekämpfung und Menschenhandel spezialisierte Büro arbeitet eng mit Interpol und Europol zusammen. Es kooperiert in der Schleppereibekämpfung mit den Balkanstaaten und forciert die Zusammenarbeit mit diesen Staaten. Anfang Juni des Jahres waren Ermittler des JOO und der Landeskriminalämter Burgenland, Steiermark und Wien sowie des Stadtpolizeikommando Schwechats an der Europol-Taskforce „Pathfinder“ beteiligt gewesen, einer europaweiten Aktion gegen eine Schlepperorganisation. 126 Schlepper wurden erwischt, davon 63 in Österreich. Es wurden 916 Schleppungen registriert, 600 davon in Österreich. Von insgesamt 151 Hausdurchsuchungen fanden 37 in Österreich statt. Über diese Netzwerke sollen mindestens 10.000 Menschen, vor allem aus Afghanistan, Pakistan und Syrien, illegal nach Europa gebracht worden sein.

Abstimmung mit Ungarn.

18 Flüchtlinge wurden von der Polizei im Gailtal in Kärnten aufgegriffen.
18 Flüchtlinge wurden von der
Polizei im Gailtal in Kärnten
aufgegriffen. © LPD Kärnten

Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Dr. Franz Ruf, MA, der Leiter der Abteilung 8 (Schlepperei, Menschen-handel und Sonderermittlungen) im Bundeskriminalamt Brigadier Gerald Tatzgern, sowie der Leiter der Abteilung BPD 6 (operatives Grenz- und Fremdenpolizeimanagement) Generalmajor Berthold Hubegger, reisten am 18. Juli 2022 an die ungarisch-serbische Grenze, um sich dort mit dem ungarischen Landespolizeipräsidenten Janos Balogh auszutauschen. Sie führten Abstimmungsgespräche mit der ungarischen Grenzpolizei, um die Lageentwicklung vorauszusehen.
Ermittler des Bundeskriminalamts nahmen Anfang August 2022 an einer Ermittlerkonferenz in Serbien teil, um die weiteren Ermittlungsschritte im Rahmen einer OTF (operativen Taskforce) zu koordinieren. Ungarn plant eine zusätzliche Einheit für die Überwachung seiner Grenzen einsatzbereit zu haben. In der ersten Aufnahme sollen 2.200 Grenzbeamte rekrutiert werden, insgesamt soll es 4.000 Grenzbedienstete geben. Die Ausbildung soll verkürzt und die Ausbildungsinhalte auf den Grenzschutz ausgelegt sein. Das österreichische Innenministerium hat Unterstützung bei der Ausbildung der neuen Grenzpolizei angeboten.

Informationskampagne.

Das Innenministerium informiert bereits seit Februar 2021 Migranten über die Gefahren der Schlepperei und illegalen Migration. Im August 2022 wurde eine große Kampagne in acht wichtigen Herkunftsländern gestartet. „Die Menschen gehen ein enormes Risiko ein und fallen auf falsche Versprechungen der organisierten Kriminalität rein“, sagt Gerald Tatzgern. „In der globalisierten Welt des 21.Jahrhunderts erfordert eine nachhaltige Migrationspolitik auch eine aktive Kommunikationspolitik. Daher gilt es, auf nationaler und europäischer Ebene gesetzte Maßnahmen bereits in den Herkunfts- und Transitländern zu kommunizieren und über falsche Erwartungen sowie die Lügen der Schlepper aufzuklären bzw. Alternativen zur illegalen Migration aufzuzeigen“, sagt Mag. Tobias Molander, Leiter der Abteilung V/A/5 (Migrationsangelegenheiten EU und Internationales) im BMI.
Die Informationskampagne „Myths about Migration“ (www.myths-about-migration.info ) soll potenzielle Migrantinnen und Migranten bereits in den Heimatländern und entlang der Migrationsrouten vor den kriminellen Machenschaften der Schlepper warnen. Durch eine aktive Kommunikation werden die von Schleppern verbreiteten Fake News und Falschinformationen widerlegt. 

Präsentation der Informationskam pagne „Myths about Migration“: Gerhard Karner, Rasha Corti, Gerald Tazgern.
Präsentation der Informationskam pagne „Myths
about Migration“: Gerhard Karner, Rasha Corti,
Gerald Tazgern. © Gerd Pachauer

Die zentrale Botschaft der Sujets: „There is no way“ und „No chance for asylum“. Die Kampagne klärt über Risiken, Gefahren und Konsequenzen illegaler Migration auf. Die Informationen erreichen Menschen in acht Ländern, unter anderem Tunesien, Marokko, Ägypten, Pakistan, Libanon, Serbien, Bosnien und Herzegowina sowie Indien. Die Schaltungen werden über Facebook und Instagram sowie über Google verbreitet.
„Nur wenn diese unterschiedlichen Maßnahmen zusammenwirken, können wir im Kampf gegen Schlepperei und illegale Migration bestehen“, sagt Innenminister Karner. Die Informationskampagne des Innenministeriums, die potenzielle Migrantinnen und Migranten bereits in ihren Heimatländern vor den kriminellen Machenschaften der Schlepper warnen soll, kann auf weitere Länder ausgedehnt werden.

Schwerpunktaktion gegen Schlepperkriminalität.

Bei einem bilateralen Einsatz an der österreichisch-ungarischen Grenze am 7. und 8. Juli 2022 wurden 66 Migrantinnen und Migranten in Österreich und 31 Personen auf der ungarischen Seite der Grenze aufgegriffen – sieben Schlepper in Gewahrsam genommen. Die österreichische und ungarische Polizei führten die Aktion gemeinsam mit dem österreichischen Bundesheer durch. Das Bundesheer unterstützt die Polizei bei der Grenzsicherung im Rahmen eines sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatzes. An der Aktion nahmen insgesamt 870 Einsatzkräfte auf drei Kontrollebenen teil: auf ungarischer Seite, direkt an der Grenze sowie mit Streifenfahrten in Österreich. Von der österreichischen Polizei waren es 350, von der ungarischen 70 und vom österreichischen Bundesheer 450 Einsatzkräfte. Zum Einsatz kamen unter anderem Drohnen und das Wärmebildfahrzeug „Husar“.
„Der Fahndungserfolg zeigt, wie wichtig die enge polizeiliche Kooperation mit der ungarischen Polizei ist. Sie ist ein wichtiger Eckpfeiler im Kampf gegen die Schlepperei und gegen die illegale Migration“, sagte Innenminister Gerhard Karner anlässlich der bilateralen Schwerpunktaktion. Seit Jahresbeginn haben die gemeinsamen Streifen auf ungarischem Staatsgebiet zur Festnahme von knapp 130 Schleppern und zur Anhaltung von mehr als 1.500 Flüchtlingen geführt.

Schlepperring ausgehoben.

Die Polizei setzt bei der Überwachung der Grenzen Drohnen ein. Die Drohne erwischte die Schlepper auf frischer Tat.
Die Polizei setzt bei der Überwachung der Grenzen
Drohnen ein. Die Drohne erwischte die Schlepper auf
frischer Tat. © Gerd Pachauer / LPD Burgenland

Eine Polizeistreife im Bezirk Völkermarkt in Kärnten griff im Juli 2022 einen offensichtlich orientierungslosen Mann auf. Bei ihm handelte es sich, wie sich später herausstellte, um eines der Opfer eines Schlepperrings. Ermittlungen führten zur Ausforschung einer marokkanische Schleppergruppe. Die Verdächtigen sollen 36 Marokkaner nach Österreich gebracht und sie zum Arbeiten an Reiterhöfe vermittelt haben. In Graz wurde der Haupttäter, ein 29-jähriger österreichischer Staatsbürger marokkanischer Herkunft, festgenommen.
An den Ermittlungen waren Bediens­tete des Landeskriminalamts Kärnten, der Finanzpolizei und der Staatsanwaltschaft beteiligt. In ganz Österreich wurden 35 Reiterhöfe durchsucht, Ermittlungen gegen die Betreiber der Pferdehöfe erfolgten vor allem nach dem Finanzstrafrecht und ob sie über den Hintergrund ihrer Arbeiter Bescheid gewusst haben. Komplizen der Täter hätten laut den Ermittlern in Marokko ab März 2021 Arbeiter angeworben und deren Personalien an einen Mittäter in Graz übermittelt. Dieser vermittelte dann Pferdehofbetreibern die Arbeiter als Saisonniers und suchte beim AMS um befristete Arbeitsgenehmigungen an. Die Schlepper unterstützten sie bei der Erledigung der Formalitäten – etwa dem Ausfüllen der Formulare in der österreichischen Botschaft in Marokko, mit deren Hilfe die Arbeiter temporäre Aufenthaltsgenehmigungen in Österreich erhielten. Sie zahlten bis zu 8.000 Euro für das Visum, Flugkosten etc. Nach ihrer Ankunft in Österreich wurden die Marokkaner zum Arbeitsplatz gebracht, wo sie teils unter verheerenden Zuständen lebten und schlecht bezahlt wurden. Nach einer bestimmten Zeit in den Reitställen nutzte ein Teil der Marokkaner ihr temporäres Aufenthaltsrecht zur Weiterreise in andere Staaten, um sich dort widerrechtlich und dauerhaft aufzuhalten.

18 Menschen in Kleintransporter entdeckt.

Sicherheitspolizeilicher Assistenzeinsatz: Das Bundesheer unterstützt die Polizei bei der Grenzsicherung.
Sicherheitspolizeilicher Assistenzeinsatz: Das Bundesheer
unterstützt die Polizei bei der Grenzsicherung.
© Gerd Pachauer

Eine Streife der Polizei­inspektion Hermagor in Kärnten wurde am 4. Juli 2022 auf der Nassfeldstraße auf einen weißen Transporter mit Firmenaufschrift und grünem Überstellungskennzeichen aufmerksam. Laut Wolfgang Patscheider vom Landeskriminalamt gab es in den zwei Wochen zuvor über 150 illegale Grenzübertritte in diesem Gebiet. Die Polizisten wuss­ten, dass ein weißer Bus gesehen worden war und deshalb hielten sie den Transporter an. Nachdem der Fahrer den Transporter auf einen Parkplatz abgestellt hatte, flüchtete er zu Fuß. Er wurde bisher nicht gefasst. Auf dem Beifahrersitz und auf der Ladefläche befanden sich 18 Männer, die auf engs­tem Raum in den Transporter ge­pfercht worden waren. Männer aus Bangladesch, die zwischen 18 und 51 Jahren alt sind. Der flüchtige Schlepper konnte durch eine Kopie seines Reisepasses als ein 36-jähriger Iraker identifiziert werden. Die Schleppung der Migranten erfolgte von Ungarn über Österreich und hatte laut Aussage der Männer Italien als Ziel.

Siegbert Lattacher


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2022

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