Wahlen

Wahl des Staatsoberhaupts

Am 9. Oktober 2022 wird in Österreich nach sechs Jahren wieder die Bundespräsidentenwahl stattfinden. Bei Ortsabwesenheit am Wahltag kann eine Wahlkarte beantragt werden.

Maria-Theresien-Zimmer in der Präsidentschaftskanzlei: Hier erfolgt die Angelobung der Mitglieder der Bundesregierung.
Maria-Theresien-Zimmer in der Präsidentschaftskanzlei:
Hier erfolgt die Angelobung der Mitglieder
der Bundesregierung
© Clemens Farby / Die Presse/picturedesk.com

Seit 1951 wird der Bundespräsident in Österreich direkt vom Volk gewählt. Die Organisation der Wahl fällt in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Inneres. „Stichtag“ war der 9. August 2022 – nach diesem Tag richten sich im knapp zweimonatigen Fahrplan bis zum Wahltag, dem 9. Oktober 2022, zahlreiche Fristen, etwa die Wahlberechtigung und die Möglichkeit, Bewerberinnen und Bewerber mit einer Unterschrift zu unterstützen. Wahlberechtigt sind alle Österreicherinnen und Österreicher, die am Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet haben und das aktive Wahlrecht zum Nationalrat besitzen. Seit 2004 besteht keine Wahlpflicht mehr.

Kandidatur.

Wer bei der Bundespräsidentenwahl als Bewerberin oder Bewerber antreten möchte, muss die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und spätestens am 9. Oktober 35 Jahre alt sein. Weder die Geburt in Österreich, noch ein aktueller Hauptwohnsitz in Österreich sind Voraussetzungen für eine Kandidatur. Ein Wahlvorschlag muss von mindestens 6.000 Wahlberechtigten befürwortet werden.
Eine ersatzweise Unterstützung durch fünf Nationalratsabgeordnete ist seit einer Gesetzesänderung 1998 nicht mehr vorgesehen; alle Wahlwerber, auch der Amtsinhaber, müssen Unterstützungserklärungen sammeln. Auf gesetzlich vorgegebenen Formularen beurkunden die Unterzeichner, dass sie einen Wahlvorschlag befürworten. Die Gemeinde des Hauptwohnsitzes bestätigt, dass die unterstützende Person wahlberechtigt ist. Jeder Wahlberechtigte kann nur eine Kandidatin oder einen Kandidaten unterstützen. Die Wahlvorschläge samt Unterstützungserklärungen mussten bis spätestens 2. September 2022, 17 Uhr, bei der Bundeswahlbehörde am Sitz des Bundesministeriums für Inneres in Wien eingereicht werden.

Wahlkarte und Briefwahl.

Präsidentschaftskanzlei: Der Amtssitz des Bundespräsidenten befindet sich in der Hofburg am Ballhausplatz.
Präsidentschaftskanzlei: Der Amtssitz des Bundes-
präsidenten befindet sich in der Hofburg am
Ballhausplatz. © Gerd Pachauer

Am Wahltag werden rund 11.000 Wahlbehörden in ganz Österreich im Einsatz sein. Abhängig von der Hauptwohnsitz-Adresse und der örtlichen Wahlsprengeleinteilung gibt es für jeden Wähler ein zuständiges Wahllokal. Über dessen Adresse und Öffnungszeiten gibt in Gemeinden mit über 1.000 Einwohnern eine amtliche Wahlinformation Auskunft. Wer voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, am Wahltag vor der zuständigen Wahlbehörde die Stimme abzugeben, kann – unter Angabe eines Grundes – eine Wahlkarte beantragen. Diese ist „multifunktionell“ einsetzbar: Mit ihr kann am Wahltag in jedem Wahllokal in Österreich gewählt werden, oder vor einer „fliegenden Wahlkommission“, die beispielsweise bei Krankheit oder Bettlägerigkeit angefordert werden kann. Die Wahlkarte kann auch zur Ausübung der Briefwahl verwendet werden. Bei der Briefwahl wird die unterschriebene Wahlkarte mit dem persönlich, unbeobachtet und unbeeinflusst ausgefüllten Stimmzettel an die zuständige Bezirkswahlbehörde geschickt, wo sie am Wahltag bis spätestens 17 Uhr einlangen muss. Zudem kann eine ausgefüllte Briefwahl-Wahlkarte bei jeder Bezirkswahlbehörde oder in jedem Wahllokal während der Öffnungszeiten abgegeben werden. In letzterem Fall wird sie dann an die Bezirkswahlbehörde weitergeleitet. Die Auswertung der Briefwahlstimmen wird am Montag nach dem Wahltag, 10. Oktober 2022, bei den Bezirkswahlbehörden stattfinden.

Fristen zur Beantragung.

Bei Ortsabwesenheit am Wahltag kann eine Wahlkarte beantragt werden.
Bei Ortsabwesenheit am Wahltag kann eine Wahlkarte
beantragt werden.
© Karl Schöndorfer/Picturedesk.com

Seit der Wahlausschreibung können Wahlkarten bei der Gemeinde beantragt werden, in deren Wählerevidenz man eingetragen ist. Beim Innenministerium ist keine Anforderung von Wahlkarten möglich. Voraussichtlich ab dem 13. September 2022 werden die Wahlkarten verfügbar sein, da dann die gedruckten Stimmzettel vorliegen. Eine schriftliche Beantragung von Wahlkarten (auch per E-Mail, über eine Internetmaske oder per Telefax) ist bis Mittwoch, 5. Oktober 2022, möglich, eine persönliche Abholung oder Übergabe an einen Bevollmächtigten bis zum Freitag, 7. Oktober, 12 Uhr. Eine telefonische Beantragung von Wahlkarten ist nicht möglich. Wer eine Wahlkarte beantragt hat, kann nur mehr mit dieser wählen, auch im „eigenen“ Wahllokal; diese Regelung soll eine mehrfache Stimmabgabe verhindern.

Im Ausland ist die Stimmabgabe nur mittels Briefwahl möglich; eine Beantragung von Wahlkarten sollte daher so früh wie möglich erfolgen. Neben einer Übermittlung der Wahlkarte auf dem Postweg oder über Transportdienste wird auch die Weiterleitung der Wahlkarten durch eine österreichische Vertretungsbehörde (Botschaft, Generalkonsulat, Konsulat) angeboten. Österreichische Staatsbürger, die ihren Hauptwohnsitz im Ausland haben („Auslandsösterreicher“), können nicht automatisch mitwählen, sondern nur dann, wenn sie in die Wählerevidenz einer österreichischen Gemeinde eingetragen sind. Eine Eintragung war für die Bundespräsidentenwahl bis zum 8. September 2022 möglich.

Eventuell Stichwahl.

Zu einem zweiten Wahlgang kann es kommen, wenn kein Kandidat am 9. Oktober mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinigt hat. Zwischen den beiden stimmenstärksten Bewerbern findet dann vier Wochen später, am 6. November 2022, eine „Stichwahl“ oder „engere Wahl“ statt. Der Ablauf ist grundsätzlich gleich wie beim ersten Wahlgang, auch die Stimmabgabe per Briefwahl ist wieder möglich – allerdings frühestens am neunten Tag nach dem Wahltag des ers­ten Wahlgangs (18. Oktober 2022). Insbesondere für den Fall, dass Wähler bis zum Termin für einen allfälligen zweiten Wahlgang durchgehend ortsabwesend sind, besteht bereits jetzt die Möglichkeit, gleichzeitig mit der Wahlkarte für den ersten Wahlgang eine Wahlkarte für den zweiten Wahlgang zu beantragen. Die beiden Wahlkarten unterscheiden sich durch Beschriftung und Farbe (weiß für den ersten Wahlgang, beige für die Stichwahl). Für den Fall einer Stichwahl erhalten die Antragsteller dabei gleich einen „leeren amtlichen Stimmzettel“, in den sie später händisch den Namen eine der beiden in die engere Wahl gekommenen Personen eintragen können.
Die Namen der beiden Kandidaten für einen zweiten Wahlgang können über eine Hotline, einen Tonbanddienst und das Internet abgefragt werden. Da die beiden Bewerber, die einander in der Stichwahl gegenüberstehen, allerdings erst nach der Feststellung des Ergebnisses des ersten Wahlgangs durch die Bundeswahlbehörde offiziell bestätigt sind, ist das Absenden des ausgefüllten „leeren“ amtlichen Stimmzettels frühestens ab 18. Oktober 2022 gültig. Zuvor abgeschickte Briefwahl-Stimmen wären nichtig.

Informationsarbeit.

Das Innenministerium hat in einer Online-Konferenz am 28. Juni 2022 mehr als 300 Repräsentantinnen und Repräsentanten zahlreicher mit dem Wahlvollzug befasster Stellen über die Wahlvorbereitungen, relevante Rechtsgrundlagen und die Neuerungen des Wahlrechtsänderungsgesetzes 2022 (siehe Kasten) informiert. An der ganztägigen Veranstaltung nahmen unter anderem Vertreter der Länder, der Bezirksverwaltungsbehörden, des Städte- und des Gemeindebundes, des Außenministeriums, des Justizressorts, des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Auslandsösterreicher-Weltbundes und der Österreichischen Post AG teil.
Anlässlich der Bundespräsidentenwahl 2022 wird wieder eine breite Palette an Informationen und Schulungsunterlagen bereitgestellt, darunter umfassende Leitfäden und Checklisten für Gemeinden, Bezirke und Länder, ein Online-Lernprogramm („E-Learning“) für Angehörige von Wahlbehörden sowie Informationsangebote für Menschen mit Behinderung, etwa Texte in „leichter Sprache“. Ein Call-Center des Innenministeriums wird ab 8. September 2022 aus ganz Österreich zum Ortstarif kontaktiert werden können und wochentags von 8 bis 17 Uhr Fragen .zur Wahl beantworten. Angelobt wird der neu gewählte Bundespräsident am 26. Jänner 2023 von der Bundesversammlung im frisch sanierten Parlamentsgebäude an der Wiener Ringstraße.

Gregor Wenda

Informationen zur Bundespräsidentenwahl: Abteilung für Wahlangelegenheiten im BMI, www.bpw22.at ; E-Mail: wahl@bmi.gv.at; Hotline: 0800 20 22 20; aus dem Ausland: +43-1-531 26-2700.

Wahlrechtsänderungsgesetz 2022

Drittes Geschlecht berücksichtigt

Noch vor Umsetzung weiterer Wahlreformschritte laut Regierungsprogramm 2020-2024 wurden mit einem kleinen „Wahlrechtspaket“ einige Änderungen für die Bundespräsidentenwahl 2022 gesetzlich verankert. Am 19. Juli 2022 wurde das Wahlrechtsänderungsgesetz 2022 kundgemacht (BGBl. I Nr. 101/2022). In Entsprechung der aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs wurde die Existenz des „Dritten Geschlechts“ in allen Wahlrechtskodifikationen, insbesondere im Wählerevidenzgesetz 2018, berücksichtigt. Damit einher geht ein gänzlicher Entfall der Erfassung des Geschlechts wahlberechtigter Personen sowie der Wegfall der Meldungskette betreffend die Zahl der Wahlberechtigten von den Gemeindewahlbehörden zur Bundeswahlbehörde. Zudem wurde eine Rechtsgrundlage geschaffen, die ausnahmsweise die Festlegung von Wahllokalen außerhalb des eigenen Gemeindegebiets ermöglicht. Zur Erhöhung der Transparenz wurde eine verpflichtende Veröffentlichung der Ergebnisse der örtlichen Wahlbehörden durch die Gemeindewahlbehörde nach Schließung des letzten Wahllokals im Bundesgebiet bei bundesweit stattfindenden Wahlen festgelegt. Weiters wurde das 2019 in Betrieb genommene „Zentrale Wahlsprengel-Tool“ (ZeWaT), das vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen gehostet wird und geocodierte Daten aller Wahllokale enthält, umfassend gesetzlich verankert.


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2022

Druckversion des Artikels (PDF 405 kB)