Abschleppdienst

Fließverkehr ermöglichen

Die Abschleppgruppe der Magistratsabteilung 48 in Wien arbeitet eng mit der Parkraumüberwachungsgruppe der Landespolizeidirektion Wien zusammen. 2021 wurden in der Bundeshauptstadt 21.097 verkehrsbehindernd abgestellte Fahrzeuge abgeschleppt.

Privatunternehmen können in bestimmten Fällen Fahrzeuge abschleppen, auch wenn kein Grund nach der StVO vorliegt.
Privatunternehmen können in bestimmten Fällen
Fahrzeuge abschleppen, auch wenn kein Grund nach
der StVO vorliegt. © Kurt Molzer/Picturedesk.com

Wegen eines falsch geparkten Fahrzeugs kommt es zu einer Verzögerung. Wir rechnen mit einem Aufenthalt von etwa zehn Minuten, bis die Schienen wieder frei sind.“ Auf die Durchsage des Straßenbahnfahrers folgen Seufzer aus den Reihen der Fahrgäste. Was in diesem Fall für die Betroffenen ärgerlich ist, kann in anderen Situationen schwerwiegende Konsequenzen haben. Die schnelle Zufahrt zu einem Einsatzort ist für die Polizei und andere Blaulichtorganisationen von großer Wichtigkeit. Wenige Minuten können den Unterschied machen. Dass die Feuerwehr ein brennendes Haus aufgrund einer Verparkung nicht rechtzeitig erreichen konnte, führte 1974 dazu, dass eine Frau in ihrer Wohnung verbrannte. Um solche Fälle zu verhindern, wurde im selben Jahr die Abschleppgruppe der Magis­tratsabteilung (MA) 48 gegründet, die seitdem eng mit der Polizei zusammenarbeitet.

Die Abschleppgruppe der MA 48 hat 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Abschleppleistungen werden von unterschiedlichen Fremdfirmen sowie von der MA 48 mit einem eigenen Lkw erbracht. Der „Wien-Plan“ bietet eine Übersicht über die Schwerpunktgebiete der Fahrzeugentfernungen und bildet damit die Basis ihrer täglichen Arbeit. Die MA 48 entfernt unter anderem falsch geparkte Fahrzeuge aus Ladezonen, Behindertenzonen, Spitzenhalteverboten oder Einfahrten auf Grundlage des § 89a der Straßenverkehrsordnung (StVO) und ermöglicht damit den ungehinderten Fließverkehr. Um die Sicherheit an Kreuzungen zu erhöhen und den Sichtwinkel insbesondere für Kinder zu erweitern, werden Abschleppungen aus den Fünf-Meter-Zonen durchgeführt. Auch Unfallwracks sowie kennzeichenlose Fahrzeuge, die nicht verkehrsbeeinträchtigend sind, allerdings generell nicht auf einer öffentlichen Grundfläche abgestellt werden dürfen, werden beseitigt. Außerdem sorgen die Abschleppmannschaften dafür, dass „Wrackhülsen“, Fahrzeuge, derer sich die Inhaberin oder der Inhaber offensichtlich entledigen wollte, das Stadtbild nicht stören. Oft handelt es sich dabei um desolate Fahrräder, die über einen langen Zeitraum öffentliche Abstellplätze blockieren. 1.500 Stück wurden von der MA 48 im Jahr 2021 abgeschleppt.

Abschleppdienst der Magistratsabteilung 48: Die meisten Entfernungen erfolgen aus Ladezonen und Behindertenzonen.
Abschleppdienst der Magistratsabteilung 48: Die meisten
Entfernungen erfolgen aus Ladezonen und
Behindertenzonen. © MA 48/Christian Houdek

Die Polizei hat direkten Zugriff auf das Fachinformationssystem, kann Abschleppaufträge direkt online übermitteln und nachschauen, ob ein Fahrzeug in der Verwahrstelle steht oder nicht. Die Kontrollorgane der Parkraumüberwachungsgruppe (PÜG) sind von 6 bis 22:30 Uhr auf den Straßen Wiens zur Überwachung des ruhenden Verkehrs eingesetzt. Die Parkraumüberwachungsgruppe ist dem Fachbereich 2.8 der Landesverkehrsabteilung in der Landespolizeidirektion Wien zugeordnet. Dieser übt auch die letztinstanzliche Fach- und Dienstaufsicht über die Kontrollorgane aus, die allerdings Bedienstete des Magistrats Wien (MA 67) sind. Derzeit sind rund 650 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einsatz. Übertretungen werden entweder von den Kontrollorganen oder von anderen Fahrzeuglenkerinnen und -lenkern gemeldet, die etwa durch die falsch abgestellten Fahrzeuge am Wegfahren gehindert werden. Mehrere Tausend Kraftfahrzeuge werden dabei täglich überprüft, wobei bei der Überprüfung gleichzeitig eine Fahndungsabfrage im Kraftfahrzeugregister erfolgt. Hunderte gestohlene Fahrzeuge werden von der PÜG jedes Jahr aufgefunden.

Parkraumüberwachungsgruppe: Ausländische Pkws, die falsch parken, werden mit Radklammern am Wegfahren gehindert.
Parkraumüberwachungsgruppe: Ausländische Pkws,
die falsch parken, werden mit Radklammern am Wegfahren
gehindert. © Bernhard Elbe

Ausländische Fahrzeuge, die bei Verwaltungsübertretungen (Halte- und Parkverbote, Kurzparkzone) betreten werden, werden von der Polizei mit Radklammern am Wegfahren gehindert. Wenn erforderlich, werden sie nach acht Wochen von der MA 48 abgeschleppt. Die Radklammern kommen auch bei von der Polizei sichergestellten Fahrzeugen zum Einsatz, meist im Zusammenhang mit strafrechtlich relevanten Sachverhalten. Sie werden am Wegfahren gehindert oder über Anordnung der Staatsanwaltschaft oder des Untersuchungsrichters durch private Abschleppdienste auf Amts- oder Privatgelände und nur im Ausnahmefall durch die MA 48 zur Verwahrstelle gebracht. Für die Abschleppung selbst wird ein „Citroen-Gestell“ verwendet. Es besteht aus vier Stangen, die unter die Räder geschoben werden und seitlich mit Ketten am Ladekran fixiert werden.

Das Kontrollorgan beanstandet das Fahrzeug mit einem Abschleppformular, fotografiert die Situation als Beweis für das Verwaltungsstrafverfahren und verständigt die MA 48 für die Abschleppung. Durchschnittlich dauert es von der Anzeige bis zur Abschleppung in Wien je nach Auslastung und Verkehr 30 bis 45 Minuten. „Beweisfotos sind unabdingbar geworden, da die Lis­te an Ausreden und Behauptungen immer länger wird“, erzählt ein Mitarbeiter der Parkraumüberwachungsgruppe. Kommt die Lenkerin oder der Lenker vor der Abschleppung zum Fahrzeug, erspart sie oder er sich die Abschleppung, wenn das Fahrzeug vom Abstellort sofort entfernt wird. „Da kommt es oft zu kuriosen Situationen. Manche Lenkerinnen und Lenker glauben, dass sie einer Strafe oder einer Abschleppung entkommen, wenn sie das Foto vom vorschriftswidrig abgestellten Fahrzeug verhindern, indem sie vor dem Kontrollorgan hin und her hüpfen.“ Ein älterer Mann habe sich sogar zu Boden fallen lassen und einen Herzinfarkt simuliert. Als der Mitarbeiter der Parkraumüberwachungsgruppe gerade telefonisch die Rettung verständigen wollte, sei er mit einem Satz vom Boden aufgesprungen, in sein Auto gestiegen und davongefahren.

Die Aufträge bekommen die Abschleppmannschaften der MA 48 über ein Datenfunksystem übermittelt, das eine direkte Verbindung mit den Anzeigenleger von Polizei und MA 67 und die Erfassung aller notwendigen Daten ermöglicht. Ein Disponent verteilt die Abschleppaufträge nach Dringlichkeit und Örtlichkeit. Die Abschleppmannschaften fahren zur angegebenen Adresse und kontrollieren die Fahrzeugdaten, das Halteverbot und die Abschleppadresse.
Im nächsten Schritt wird das Fahrzeug aufgeladen und zur Verwahrstelle in der Jedletzbergerstraße 1 in Simmering gebracht, wo es auf einem gekennzeichneten Stellplatz abgestellt wird. Über das Datenfunksystem kommuniziert die Fahrerin oder der Fahrer des Abschleppwagens das Eintreffen am Abschlepport, die erfolgte Beladung und die erneute Einsatzbereitschaft. Auch bei Abholung des Fahrzeugs durch die Besitzerin oder den Besitzer kann die Verwaltung auf die Daten zugreifen. Die Funkstelle für die Disposition der Abschlepp-Lkws und der Ausfolgeschalter für die Abholung von Fahrzeugen sind rund um die Uhr besetzt.

Die meisten Entfernungen erfolgen aus Ladezonen und Behindertenzonen. 2021 wurden 21.097 Falschparker abgeschleppt, davon 19.310 Pkws und Kombis, 1.476 Lkws und 311 Anhänger, Mopeds und sonstiges. 33 Fahrzeuge, die wegen Falschparken abgeschleppt wurden, sowie 49 kennzeichenlose Fahrzeuge wurden nicht abgeholt. 568 Fahrzeuge wurden verschrottet, 150 über das Dorotheum versteigert.

Gebühren.

Bei den Abschlepp- und Verwahrgebühren handelt es sich nicht um Strafen, sondern um die tatsächlich angefallenen Kosten. Diese sind mit einem Tarif gesetzlich vorgegeben und betragen zum Beispiel für einen Pkw derzeit 264 Euro für die Entfernung und 10 Euro pro angefangenem Kalendertag am Abstellplatz – somit 274 Euro am ersten Tag. Fahrzeuge mit einem Kennzeichen werden sechs Monate ab Zustellung eines Übernahmeschreibens an den Zulassungsbesitzer aufbewahrt. Bei kennzeichenlosen Fahrzeugen beträgt die Frist zwei Monate. Zur Abholung müssen ein Lichtbildausweis, ein Zulassungsschein oder Typenschein und bei Fahrzeugen ohne Kennzeichen ein Eigentumsnachweis mitgebracht werden. Wird ein Fahrzeug innerhalb der Fristen nicht abgeholt, geht es gemäß § 89a Abs. 6 StVO in das Eigentum der Stadt Wien über. Sie werden nach einer kommissionellen Besichtigung entweder versteigert oder verschrottet. Ist jemand der Meinung, dass das eigene Fahrzeug ungerechtfertigt abgeschleppt wurde, kann gegen den Kostenbescheid Einspruch eingelegt werden.

Auch Privatunternehmen können Fahrzeuge abschleppen, wenn ein Abschleppgrund gemäß § 89a StVO nicht geregelt ist, zum Beispiel auf Supermarktparkplätzen, bei Tankstellen oder in Veranstaltungsbereichen. Verursacht das zu nahe Parken an einer Kreuzung, in zweiter Spur oder in einem Halteverbot einen Unfall, kann es passieren, dass die Falschparkerin oder der Falschparker die Mitschuld daran bekommt. Wenn Schienen von Straßenbahnen blockiert werden, kann das auch ohne Unfall sehr teuer werden. Die Polizeistrafe, die Feuerwehr- und die Abschleppkosten müssen selbst getragen werden.

Anna Strohdorfer/Herbert Zwickl


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2022

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