Jagsdschutzorgane

Wächter des Waldes

Ein Jagdschutzorgan steht unter Eid und hat Verstöße gegen das Gesetz zur Anzeige zu bringen. Ein Beruf mit langer Geschichte, viel Tradition und großen Herausforderungen.

Die Jagdschutz- und Jagdaufsichtsorgane sorgen für Recht und Ordnung in den Wäldern.
Die Jagdschutz- und Jagdaufsichtsorgane sorgen für Recht und Ordnung in den Wäldern. © Johanna Schlosser/Picturedesk.com

Es muss nicht immer gleich ein Wilderer sein, viel öfter sind es ganz normale Verstöße gegen das Gesetz. Für viele unbekannt, doch in der Jagd sind sie so etwas wie die Polizisten des Waldes: Die Jagdschutzorgane und Jagdaufsichtsorgane (Aufsichtsjäger). Jedes Jagdgebiet muss sicherstellen, dass die im Jagdgesetz verankerte Jagdaufsicht funktioniert. Da die Jagd Landessache ist, werden die Rechte und Pflichten der Jagdschutzorgane in den Bundesländern in Landesgesetzen unterschiedlich geregelt.

Befugnisse.

Jagdaufseher haben das Dienstabzeichen sichtbar zu tragen.
Jagdaufseher haben
das Dienstabzeichen
sichtbar zu tragen.
© Bruno Pflüger

Ein Organ der Jagdaufsicht in der Steiermark darf laut dem Förster und Juristen Dr. Bruno Pflüger bei einem Eingriff in fremdes Jagdrecht Anzeigen erstatten nach dem Strafgesetzbuch, Gepäckstücke und Fahrzeuge durchsuchen, Gegenstände beschlagnahmen und einschreiten bei Jagdstörungen gemäß § 52 (5) steiermärkischem Jagdgesetz. Weiters hat er die Befugnis zur Festnahme in zwei Fällen: Beim Durchstreifen eines fremden Jagdgebietes mit einem Gewehr und bei einem Eingriff in fremdes Jagdrecht. „Er darf jedoch keine Hausdurchsuchungen vornehmen, Ermahnungen aussprechen und Organstrafverfügungen erteilen gem. Abs. 1 Z 1 und 3 des steiermärkischen Aufsichtsorgangesetzes“, erklärt Pflüger. Er arbeitete 40 Jahre lang bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung als Bezirksförs­ter für den Gerichtsbezirk Frohnleiten und ist seit mehr als 25 Jahren Vortragender bei Jagdkursen.

Dienstabzeichen.

Ein Jagdschutzorgan ist nicht nur mit Befugnissen ausgestattet, sondern ist verpflichtet, seine Funktion nachzuweisen. „Vereidigte Jagd­aufsichtsorgane haben während des Dienstes das Dienstabzeichen sichtbar zu tragen und den Dienstausweis mitzuführen, der auf Verlangen des Betretenen vorzuweisen ist“, sagt Pflüger. Wenn Jagdaufsichtsorgane das Dienstabzeichen tragen, sind sie als öffentliche Wache anzusehen und genießen den besonderen Schutz, den das Strafgesetzbuch Beamten (§ 74 StGB) einräumt.

Verstöße.

Dienstabzeichen, Zertifikat für Forst- und Jagdschutzorgane sowie Faustfeuerwaffe von Aufsichtsjäger Bruno Pflüger.
Dienstabzeichen, Zertifikat für Forst- und
Jagdschutzorgane sowie Faustfeuerwaffe von
Aufsichtsjäger Bruno Pflüger.
© Bruno Pflüger.

Die illegale Jagd in einem fremden Revier, die unsachgemäße Handhabung von Schusswaffen sowie jagdfremdes Verhalten sind die häufigsten Gründe für Anzeigen bei den Behörden. Nur in den seltensten Fällen wird zum Beispiel ein Wilderer von einem Jagdaufsichtsorgan gestellt. Bruno Pflüger ist einer der wenigen, der einem Wilderer schon Aug in Aug gegenüberstand. Die Begegnung endete glücklicherweise ohne Konfrontation.

Recht und Ordnung in den Wäldern.

In Österreichs Wäldern stellt eine Tausendschaft an Jagdaufsehern (Aufsichtsjägern) den verlängerten Arm des Gesetzes dar: „Laut letzter Erhebung der Statistik Austria 2015/16 – seither werden die Daten nicht mehr jährlich erhoben – gibt es österreichweit 19.429 Aufsichtsjäger. Wieviel davon Frauen sind, wurde nicht erhoben, ich schätze unter fünf Prozent“, sagt Pflüger. Aufsichtsjäger und Jagdschutzorgan sorgen für Recht und Ordnung in den Wäldern.
Um mutmaßlichen Gesetzesbrechern adäquat entgegenzutreten, hat das Jagdschutzorgan das Recht, sich zu bewaffnen, erklärt Pflüger: „Das Jagdschutzorgan darf unbeschadet der waffenrechtlichen Vorschriften in Aus­übung des Dienstes ein Jagdgewehr und eine Faustfeuerwaffe tragen und unter besonderen Bedingungen davon Gebrauch machen.“ Auch wenn der Gebrauch einer Schusswaffe selten ist, ist das Mitführen einer solchen sinnvoll und notwendig, wie das Beispiel von Aufsichtsjäger Franz Matzer zeigt. Er war es, der dem Wilderer und Mehrfachmörder von Annaberg Alois Huber 2013 mehrmals begegnet war.

Bruno Pflüger: „Der Aufsichtsjäger hat viele Verpflichtungen und wenig Dank.“
Bruno Pflüger: „Der
Aufsichtsjäger hat viele
Verpflichtungen und wenig Dank.“
© Privat

„Der Wilderer Huber hat nach einer Kontrolle drei Polizisten und einen Sanitäter erschossen. Ich habe ihn mehrmals getroffen, da er Holzhändler gewesen ist. Allerdings hätte niemand vermutet, wer er in Wirklichkeit war.“ Franz Matzer ist seit 45 Jahren Jäger, seit 35 Jahren Aufsichtsjäger und lebt mit seiner Frau und seinen vier Kindern in der Oststeiermark und jagt auch im Hochwildrevier.
Auch die Herausforderungen des Jobs kennt Matzer nur zu gut: „Das Hauptproblem ist, dass man im Freundeskreis seine Tätigkeit ausübt. Da ist es trotzdem wichtig, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.“ Oft ist der Aufsichtsjäger in der Zwickmühle, wie Pflüger sagt: „Der Aufsichtsjäger hat viele Verpflichtungen und wenig Dank. Er ist Beamter im Sinne des Strafgesetzbuches. Zeigt er den Jagdausübungsberechtigten, der ihn zur Bestellung vorschlug, bei einem jagdlichen Vergehen nicht an, begeht er Amtsmissbrauch. Zeigt er ihn an, ist er demnächst nicht mehr Aufsichtsjäger.“ Schon immer waren die Jagdaufseher einerseits unantastbar, andererseits zogen sie sich auch viel Unmut zu.

Lange Tradition.

Ihre Geschichte reicht dabei bis ins 8. Jahrhundert zurück. Ihre Eckpfeiler skizzierte Bruno Pflüger selbst in einem Artikel in der Zeitschrift „Der Steirische Aufsichtsjäger“, Ausgabe 13, Frühling 2018: „Die Geschichte der Jagdaufsicht in der Steiermark“. Kaiser Karl der Große setzte erstmals Forstleute (Forestier) ein, die sich ständig in den Revieren aufhielten, um aus den ursprünglich herrenlosen Wäldern persönlichen Waldbesitz auch formal zu begründen. Die meist adeligen Forstmeister und die ihnen untergebenen Forstknechte hatten die Pflicht, Wild zu hegen, zu bewahren und vor jedem Schaden zu behüten. Jede Widersetzlichkeit, Drohung oder Verspottung von Forstmeistern und Forstknechten war bei schwerer Strafe untersagt. Obwohl die Jägerei unter strengem Schutz stand, war der Dienst in den riesig ausgedehnten Forsten schwer und gefährlich. Der Forstknecht sollte nicht nur für Recht und Ordnung sorgen, sondern auch Wilddiebstahl aufklären und alle Helfer und Hehler der verdienten Strafe zuführen sowie das verhängte Strafgeld einbringen, denn sonst hatte er bei dem ihm gebührenden Drittel das Nachsehen. Übergriffe von Wilderern auf Forstknechte sowie Mord und Totschlag waren keine Einzelfälle. Die damaligen Strukturen haben sich bis zum Revolutionsjahr 1848 nicht wesentlich verändert. Außer, dass unter Kaiser Maximilian I. besonders raue Zeiten herrschten. Forstknechte sollten „Wildbret Schädiger“ unverzüglich gefangennehmen und, sofern sie keine Einsicht zeigten, foltern.

Franz Matzer: „Nutzer der Natur über das richtige Verhalten im Wald informieren.“
Franz Matzer: „Nutzer
der Natur über das richtige Verhalten
im Wald informieren.“
copy; Bruno Pflüger

Die Strafen waren hoch: Wildernde Edelleute wurden mit Geldstrafen belegt und wildernde Bürger und Bauern verloren ihr Hab und Gut. Die Strafen reichten von Geldstrafen über Anschmieden an Galeeren, Verbringung in Band und Eisen in eine ungarische Fes­tung zur Schanzarbeit, Pranger und Landesverweis bis zu lebenslanger Fes­tungshaft. Nach dem Gegendrecht von Spital am Semmering aus dem 16. Jahrhundert musste jemand, der einen Sperber fing oder heimlich abtrug, eine Geldstrafe bezahlen. Konnte er nicht zahlen, verlor er beide Augen. Anfangs waren alle Untertanen verpflichtet, ihren Hunden den rechten Vorderfuß im ersten Glied abzuhacken, damit sie nicht Wild jagen konnten. Später mussten Haushunde angekettet, am Vorderfuß gelähmt, oder mit einem an der Halskette befestigten Prügel versehen werden.

Das Revolutionsjahr 1848 brachte einschneidende Änderungen im Jagdbetrieb. Es begann das Zeitalter der Bürgerjagd. Das für die Jagdaufsicht bestellte Forstpersonal war als Bedienstete öffentlicher Wachen anzusehen und befugt, im Falle gerechter Notwehr von ihren Waffen Gebrauch zu machen. Sie hatten im Dienst entweder das im Forstdienst vorgeschriebene Dienstkleid oder die zur öffentlichen Kenntnis gebrachte Kopfbedeckung oder Armbinde zu tragen. Ihren dienstlichen Anordnungen war Folge zu leisten. Nach dem Gesetz betreffend die Stellung des Landeskultur-Wachpersonals 1872 durfte der Jagdaufseher unter gewissen Bedingungen Sachen abnehmen und Personen verhaften. Hausdurchsuchungen waren nicht erlaubt. Festgenommene Personen, wie auch abgenommene Sachen waren sofort, längstens aber binnen 48 Stunden an die berufene Behörde zu übergeben. Dieses Gesetz blieb bis zur 17. Jagdgesetz-Novelle 2015 in Kraft. Von 1938 bis 1945 galt in der Steiermark das deutsche Reichsjagdgesetz 1935, das 1945 wieder aufgehoben und durch das Steiermärkische Jagdgesetz 1936 ersetzt wurde.
„Heute wird die Jagdaufsicht in der Steiermark flächendeckend durch von der Bezirksverwaltungsbehörde bestellte und beeidete hauptberufliche und nebenberufliche Jagdaufsichtsorgane versehen“, sagt Pflüger. „Mit der 2015 kundgemachten 17. Novelle zum Steiermärkischen Jagdgesetz 1986 wurde die Gültigkeit des Reichsgesetzes 1872 aufgehoben und durch das Steirische Aufsichtsorgangesetz 2007 ersetzt. Das erweiterte Waffengebrauchsrecht wurde abgeschafft. Der Berechtigungsumfang der Aufsichtsjäger wurde wesentlich erweitert. Ihre Rechte und Pflichten sind nunmehr im Aufsichtsorgangesetz und ergänzend dazu im Jagdgesetz geregelt.

Nach der Berufsjäger-Ausbildungsverordnung für die Steiermark 2016 hat der angehende Berufsjäger nach Abschluss einer zweijährigen Forstfachschule eine zweijährige Berufs­jäger-Lehre und eine Berufsjägerprüfung zu absolvieren. Förster und Forstwarte sind forstlich und jagdlich ausgebildet Auch die Prüfung für den Jagdschutzdienst widmet den forstlichen Fächern breiten Raum, was an die Forstknechte früherer Zeiten erinnert, die ebenfalls jagdlich sowie forstlich ausgebildet waren. „Die Jagd hat heute bei Weitem nicht mehr die Bedeutung wie im hier betrachteten Zeitraum. Die Jagdaufseher von damals wurden schon 1648 alljährlich auf Staatskosten weitergebildet; heute genügt eine Weiterbildung alle 5 Jahre, die von den Teilnehmern auch noch selbst bezahlt werden, muss“, sagt Pflüger.

Wildtiere sorgen oft für Schäden in Feldern und an Bäumen. Ein Aufsichtsjäger vermittelt zwischen einem Pächter eines Jagdreviers und einer Waldbesitzerin.
Wildtiere sorgen oft für Schäden in Feldern und
an Bäumen. Ein Aufsichtsjäger vermittelt zwischen
einem Pächter eines Jagdreviers und einer Waldbesitzerin.
© Bruno Pflüger

Eine Ausbildung ist heute nicht verpflichtend. Die Vorbereitung zur Aufsichtsjägerprüfung erfolgt in privaten Kursen, die je nach Häufigkeit, zweimal die Woche abends oder samstags ganztägig, etwa 5 bis 6 Monate dauern. „Die Aufsichtsjägerprüfung wird landesweit organisiert und von einer Prüfungskommission bei der Landesregierung abgenommen“, sagt Matzer. „Außerdem gibt es eine amtsärztliche Untersuchung, in der die geistige und körperliche Eignung geprüft wird. Es ist verpflichtend, alle 5 Jahre einen Fortbildungskurs zu besuchen, ansonsten erlischt die Tätigkeit und verliert die Rechtsgrundlage.“ Das Recht in den heimischen Wäldern umzusetzen, unterliegt einer dynamischen Entwicklung. „Die Erfolgsgeschichte meiner nunmehr 60-jährigen Tätigkeit als Aufsichtsjäger ist die permanente Aufklärung der Waldbesucher über jagdliche Belange“, sagt Bruno Pflüger. Die Zukunft des Aufsichtsjägers ist ständiges Thema unserer Gesellschaft.
„Die Jagdaufsicht hat vielfältige Aufgaben und es ist notwendig, die Nutzer der Natur über das richtige Verhalten im Wald zu informieren“, sagt Franz Matzer. „Dabei ist es wichtig, den Menschen zu vermitteln, dass man eigentlich auf fremdem Boden unterwegs ist, der jemandem gehört und wo man Gast ist.“ Von Bedeutung sei es mit den Kindern in den Kindergärten und Schulen Informationsveranstaltungen auch in der Natur abzuhalten, da die Kinder Informationen in der Familie weitergeben und aufmerksame Zuhörer seien. „Die Natur bietet einen wichtigen Erholungsfaktor. Deshalb ist jeder für die Erhaltung und den Schutz des Naturraumes mitverantwortlich“, sagt Matzer. Es sei eine große Herausforderung den richtigen Ton in der Vermittlung des Wissens um die Zusammenhänge in der Natur zu treffen. Oft sei es besser mit den Menschen zu reden, und dabei nicht immer den Gesetzeshüter zu spielen. So erreiche man in der Regel mehr und leiste für die Gesellschaft einen guten Dienst.

Julia Brunhofer/Herbert Zwickl


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2022

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