Gedenkstätten für Exekutivbeamte (14)

Zwei Gendarmen erschossen

Vor 75 Jahren erschoss ein gesuchter Krimineller bei St. Peter am Kammersberg in der Steiermark zwei Gendarmen. Ein Gedenkstein und ein Wegkreuz erinnern an die beiden Ermordeten.

Gedenkstein am ursprünglichen Standort beim Tatort in der Hinteren Pöllau.
Gedenkstein am ursprünglichen
Standort beim Tatort in der
Hinteren Pöllau.
© Arnold Staber

Johanna Staber betrieb in der Hinteren Pöllau bei St. Peter am Kammersberg in der Steiermark eine kleine Gemischtwarenhandlung. 1946 begegnete sie auf dem Weg nach Winklern bei Oberwölz einem Mann, der kaum noch weitergehen konnte. Johanna Staber nahm den Unbekannten in das Haus ihrer Schwester in Winklern mit, wo sie ihn versorgten und ihm die wunden Füße verbanden. Johanna Staber lieh im zwanzig Schilling, dann zog der Mann Richtung Wien weiter.
Im Jahr darauf, am Morgen des 11. August 1947, kam der Mann zum Haus von Johanna Staber. Er sagte ihr, er sei als Viehhändler in der Gegend unterwegs und wolle ihr die geliehenen zwanzig Schilling zurückgeben. Er bat Staber, sich in ihrem Haus etwas ausruhen zu dürfen, weil er die ganze Nacht durchgefahren und sehr müde sei. Der Mann, der sich als Otto Zens ausgab, hatte mit einer jungen Frau aus der Gegend ein Kind, besuchte sie und gab ihr Geld. Allerdings stahl er in der Nacht das Geld wieder, ebenso Kleidungsstücke, die dem neuen Freund der Mutter seines Kindes gehörten. Deshalb erstatteten die Bestohlenen am Gendarmerieposten St. Peter am Kammersberg eine Diebstahlsanzeige. Der Mann wurde auch wegen eines Diebstahls und eines Einbruchs im Raum Stadl an der Mur von der Gendarmerie gesucht.
Am 11. August 1947 patrouillierten die beiden Gendarmen Leopold Ebner und Wilhelm Makoru vom Gendarmerieposten St. Peter am Kammersberg in der Hinteren Pöllau und rasteten in der Gemischtwarenhandlung Staber. Der 38-jährige Patrouillenleiter Ebner stammte aus Neumarkt und war Vater von drei Kindern. Der 28-jährige provisorische Gendarm Makoru stammte aus Mühlen.
Gegen 13:30 Uhr betrat ein Mann die Stube. Ebner kannte ihn vom Sehen und unterhielt sich kurz mit ihm. Als seinem Kollegen Makoru auffiel, dass der Mann Kleidungsstücke trug, die den als gestohlenen gemeldeten glichen, forderte er ihn zur Ausweisleistung auf. Der Mann sagte, er hätte seinen Ausweis im Zimmer und müsse ihn holen. Als er wieder in die Stube kam, nahmen ihn die beiden Gendarmen fest und verließen mit ihm das Haus, um ihn zum Gendarmerieposten St. Peter am Kammersberg zu eskortieren. Plötzlich fielen Schüsse. Johanna Staber befand sich zu diesem Zeitpunkt im Stall. Ihre elfjährige Tochter Steffi lief aus dem Haus und sah die beiden Gendarmen am Boden liegen. Gestützt von Steffi schleppte sich Ebner in das Haus der Familie Staber. Er starb eine Stunde später. Kurz vor seinem Tod sagte er zu Johanna Staber, dass der Täter „Otto Zens“ heiße. Wilhelm Makoru lag tot vor dem Haus. Der Landwirt Andreas Tanner befand sich etwa 50 Meter vom Tatort entfernt und wurde Zeuge der Bluttat. Der Täter schoss zuerst auf Makoru. Tödlich getroffen stürzte der Gendarm zu Boden. Der zweite Schuss traf Ebner in den Bauch. Ebner schoss zurück, verfehlte aber den Gewalttäter.

Verhaftung in einer Almhütte.

Neuer Standort des Gedenksteins bei der Kapelle in der Hinteren Pöllau.
Neuer Standort des Gedenksteins bei
der Kapelle in der Hinteren Pöllau.
© Hans Horst Ressmann

Der Gewalttäter flüchtete. Da er bewaffnet war, wagte es niemand, ihn aufzuhalten. Es handelte sich um den gesuchten „Otto Zens“. Jäger unterstützten die Gendarmen bei der Fahndung. Der Gesuchte wurde am 13. August 1947 in einer Almhütte im Auwinkel bei der kärntnerisch-steirischen Landesgrenze von einem Gendarmeriebeamten aufgespürt und festgenommen. Der Mörder hatte eine Neun-Millimeter-Pistole und 17 Schuss Munition bei sich. Er wurde in das Bezirksgericht Murau gebracht und danach in das Kreisgericht Leoben eingeliefert. Es stellte sich heraus, dass er in Wirklichkeit Wilhelm Rieder hieß, geboren am 18. September 1923 in Wilhelmsburg in Niederösterreich. Er hatte einige Raubüberfälle und Diebstähle begangen und war im April 1947 aus der Strafanstalt Garsten entwichen.

Hinrichtung am Galgen.

Wilhelm Rieder alias Otto Zens wurde Anfang Februar 1948 wegen zweifachen Mordes und anderer Straftaten im Kreisgericht Leoben angeklagt. Er behauptete beim Strafprozess, er könne sich an die Gewalttat nicht mehr erinnern. Er habe eine triste Kindheit gehabt; schon früh sei er gezwungen gewesen, zu betteln und zu stehlen. Er sei aus der Jugenderziehungsanstalt Kaiserebersdorf in Wien geflüchtet. Sein Vater sei trunksüchtig und gewalttägig gewesen. Einer seiner Verwandten habe einen Gendarmen erschossen und sich dann umgebracht. Rieders Verteidiger plädierte auf Totschlag und nicht auf Mord.
Der Angeklagte wurde vom psychiatrischen Gutachter für voll zurechnungsfähig erklärt und am 5. Februar 1948 vom Schwurgericht Leoben wegen zweifachen Mordes und einiger anderer Delikte zum Tod durch den Strang verurteilt. Der Gendarmenmörder wurde am 25. Mai 1948 im Galgenhof des Landesgerichtes für Strafsachen in Graz hingerichtet.

Wegkreuz und Gedenkstein.

Holzkreuz im Gedenken an die 1947 ermordeten Gendarmen.
Holzkreuz im Gedenken an die 1947
ermordeten Gendarmen.
© Werner Sabitzer

Im Gedenken an die am 11. August 1947 von einem Gewalttäter erschossenen Gendarmen Leopold Ebner und Wilhelm Makoru ließ die Familie Staber am Tatort auf ihrem Grundstück in der Hinteren Pöllau 34 ein überdachtes Holzkreuz mit einer Christusfigur errichten; auf dem Balken befand sich eine Holztafel mit den Namen der beiden Opfer. Es gab auch eine Umzäunung mit kleinen Holzlatten. Das Kreuz wurde am 30. November 1947 eingeweiht. Im Lauf der Zeit verfiel das Holzkreuz. Der Sohn Johanna Stabers errichtete ein neues Holzkreuz, das etwas entfernt vom ursprünglichen Standort unterhalb der Zufahrtsstraße aufgestellt wurde. Heute befindet sich auf dem Gedenkkreuz keine Inschriftentafel mehr.
Bald nach der Errichtung des Holzkreuzes wurde daneben ein Gedenkstein aufgestellt. Der Naturstein hat folgende Inschrift: „Gend. Patrl. / Leopold Ebner / geb. 16. 9. 1909 / Prov. Gend. / Wilhelm Makoru / geb. 20. 10. 1919 / ¬gef. durch Mörderhand / am 11. 8. 1947“.
Der Gedenkstein wurde einige Zeit nach der Errichtung des Holzkreuzes auf dem Grundstück der Familie Staber neben dem Holzkreuz aufgestellt. Da die neuen Grundstücksbesitzer den Gedenkstein nicht mehr haben wollten, wurde das Denkmal entfernt und neben dem Zufahrtsweg gelagert. Kontrollinspektor Hans Horst Ressmann, Leiter der Polizeiinspektion Schöder, reinigte und imprägnierte das Denkmal. Im August 2022 wurde der Gedenkstein im Einvernehmen mit dem Bürgermeister von St. Peter am Kammersberg, Herbert Göglburger, gegenüber der Kapelle Pöllau am Greim auf öffentlichem Grund aufgestellt. Die Transport- und Grabungskosten übernahm die Gemeinde St. Peter am Kammersberg. Jedes Jahr zu Allerheiligen wird beim Gedenkstein ein Gesteck abgelegt.

Werner Sabitzer

Vor der Neuaufstellung 2022 lagerte der Gedenkstein in einer Wiese.
Vor der Neuaufstellung 2022 lagerte
der Gedenkstein in einer Wiese.
© Werner Sabitzer

Quellen/Literatur:

  • Stöckl, Heide: Der Gendarmenmord in der Pöllau: In: Stöckl, Heide: Heimat um den Greim. Lerchhausverlag, Eibiswald 1995, S. 61-62.
  • Ein Doppelmörder wird gesucht. In: Arbeiterwille, 12. August 1947, S. 3.
  • Zwei Todesopfer der Gendarmerie. In: Oberösterreichische Nachrichten, 13. August 1947, S. 3.
  • Landstreicher erschießt zwei Gendarmen. In: Neues Österreich, 13. August 1947, S. 3.
  • Entsprungener Sträfling als zweifacher Gendarmenmörder. In: Österreichische Zeitung, 14. August 1947, S. 3.
  • Gendarmenmord bei Oberwölz. In: Murtaler Zeitung, 16. August 1947, S. 1.
  • Todesurteil für einen Doppelmörder. In: Salzburger Volkszeitung, 11. Februar 1948, S. 2
  • „Meine Eltern sind schuld ...“. In: Murtaler Zeitung, 14. Februar 1948, S. 1.Gendarmenmörder hingerichtet. In: Arbeiterwille, 26. Mai 1948, S. 3.

Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2022

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