Einsatztrainingszentren

Training an einem Ort

In jedem Bundesland soll es zumindest ein Einsatztrainingszentrum für die Polizei geben, in dem Schießausbildung, Einsatztaktik und -technik sowie theoretische Grundlagen für die Polizeiarbeit vermittelt werden.

Eröffnung ETZ Süßenbrunn: Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl, Bürgermeister Michael Ludwig, Wolfgang Gleissner, BIG, Innenminister Gerhard Karner, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Brigadier Andreas Kohs, Landespolizeidirektor Franz Popp.
Eröffnung ETZ Süßenbrunn: Landespolizeipräsident
Gerhard Pürstl, Bürgermeister Michael Ludwig,
Wolfgang Gleissner, BIG, Innenminister Gerhard Karner,
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Brigadier Andreas
Kohs Landespolizeidirektor Franz Popp.
© Gerd Pachauer

Ein modernes Einsatztraining für die Exekutive bedeutet nicht nur die Weiterentwicklung neuer Trainingskonzepte, sondern auch eine daran angepasste bauliche Konzeption von Einsatztrainingszentren (ETZ). Grundidee ist die Bündelung aller Ausbildungsinhalte an einem Ort, an dem Schießausbildung, Einsatztaktik und Einsatztechnik als auch theoretische Grundlagen für die Polizeiarbeit vermittelt werden.
Vor etwas mehr als eineinhalb Jahrzehnten starteten die ersten Überlegungen und Veränderungen hinsichtlich der Einsatzausbildung von Exekutivbediensteten. Als Folge der unbefriedigenden Infrastruktur für das Einsatztraining und den positiven Erfahrungen aus dem Betrieb des Einsatztrainingszentrums (ETZ) Stegenwald (in Betrieb seit 2013) wurden für das gesamte Bundesgebiet Einsatztrainingszentren nach strategischen Gesichtspunkten geplant. Ein bauliches Grundsatzmodell wurde aus dem Pilotprojekt ETZ entwickelt, das seither Schritt für Schritt umgesetzt wird.

Die Einsatzausbildung der Exekutive fand zuvor in teilweise nicht mehr den modernsten Ansprüchen gerecht werdenden Schießanlagen, in Turnsälen oder angemieteten Gebäudeobjekten, an unterschiedlichsten Standorten statt. „Ein einheitliches Einsatztraining gibt es seit 2005, davor war das Training in lauter Einzelteile zergliedert – es gab Schießen, eigene Nahkampfausbildung, Taktik gab es nur bei Sondereinheiten“, erklären Wolfgang Dorfbauer Landeseinsatztrainer und Walter Huber, stellvertretender Landeseinsatztrainer der Landespolizeidirektion Wien.

Einsatztraining.

Einsatztraininsgzentrum: Übungsräume ermöglichen es den Polizistinnen und Polizisten, realitätsnah zu trainieren.
Einsatztraininsgzentrum: Übungsräume
ermöglichen es den Polizistinnen
und Polizisten, realitätsnah zu trainieren.
© Gerd Pachauer

Das Kerneinsatztraining besteht aus Schießausbildung, Einsatztechniken, Einsatztaktik im Umfang von je 4 bis 5 Stunden sowie interaktivem Szenarientraining im Umfang von 6 bis 8 Stunden – insgesamt durchschnittlich 21 Stunden Ausbildungszeit im Jahr. Einsatztechnik umfasst etwa waffenlose Techniken, Kontrolltechniken, wie das Anlegen der Handfesseln. „Die Einsatztaktik ist der Mörtel zwischen den zwei Ziegeln, dem Schießen und der Technik. Sowohl Schießen als auch Einsatztechniken enthalten taktische Elemente“, erläutert Einsatztrainer Huber.
Nunmehr wurden die Anforderungen an ein modernes Einsatztraining auch aus baulicher Hinsicht neu definiert und im Hinblick auf die Verbesserung der Ausbildungs-, Zeit- und Kos­teneffizienz wurde ein Grundsatzmodell entwickelt, das die Schulung aller Ausbildungsinhalte an einem Standort ermöglicht. In jedem Bundesland soll es künftig zumindest ein Einsatztrainingszentrum geben. Die Dimensionierung der einzelnen ETZ richtet sich dabei nach der Anzahl der Exekutivbediensteten im Einzugsbereich, entspricht aber immer mindestens dem Grundsatzmodell. Eine Vervielfachung des Grundsatzmodells ist auch aus ökonomischen Gründen (geringere Planungskosten, effizientere Raumnutzung und Wegfall von Raumredundanzen) sinnvoll.

Das Grundmodell des ETZ besteht immer aus drei Funktionsblöcken: Empfang, Verwaltung und Lehrsälen für theoretischen Unterricht (blauer Bereich), Einsatztechnik und -taktik (grüner Bereich) und Schießtraining mit scharfen Waffen (roter Bereich). Das Grundmodell wird bei Bedarf vervielfacht. So besteht das ETZ-Süßenbrunn aus drei Funktionsblöcken in sechsfacher Ausführung, fünf werden von der LPD Wien und einer von der LPD Niederösterreich genützt. In Süßenbrunn gibt es außerdem drei Übungs-Stiegenhäuser mit unterschiedlichen Fassaden und Fenstergrößen, die auf das Dach führen und drei Arrestzellen, wie sie in einem Polizeianhaltezentrum verwendet werden, samt Originaltüren. Ein Übungsraum mit einer nachgebauten Zugsgarnitur und original ÖBB-Sitzen, ermöglicht zum Beispiel der Grenzschutzeinheit PUMA ihre Amtshandlungen zur Grenzsicherung möglichst realitätsnah zu trainieren.
Bei der Eröffnung betonten Innenminister Gerhard Karner und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner die bundesländerübergreifende Zusammenarbeit der Polizei. „Das neue Einsatztrainingszentrum bietet künftig bestmögliche Trainingsbedingungen für Polizeibedienstete aus Wien und Teilen Niederösterreichs, denn ständiges praxisnahes Training ist nötig, um Einsätze und Ausnahmesituationen effektiv und professionell bewältigen zu können“, sagte Karner. Das Einsatztrainingszentrum Süßenbrunn ist das modernste und größte seiner Art in Mitteleuropa, es wurden 34 Millionen Euro investiert.
In Wien müssen 8.000 Exekutivbedienstete ein Einsatztraining absolvieren – vom Streifenbeamten bis zum leitenden Beamten; weiters Bedienstete, die mit Befehls- und Zwangsgewalt betraut, darunter Bedienstete des rechtskundigen Dienstes, uniformierte Kräfte in Fremdenpolizei und Anhaltevollzug (AFA- Kräfte), Bedienstete in kriminalpolizeilicher Verwendung und Organisationseinheiten mit erweitertem Einsatztraining, wie die WEGA oder PUMA sowie Polizeischüler und Dienstwaffenträger der Zentralstelle. Dafür steht im ETZ-Süßenbrunn eine Netto­raumfläche 7.700 Quadratmetern, Frei­flächen von rund 1.800 Quadratmetern mit teilweiser Überdachung sowie 140 Pkw-Stellplätzen zur Verfügung. Die 100-m-Schießanlage für Langwaffen des Alt-Bestandes im Freien wird derzeit unter Weiterverwendung des bestehenden Geschoßfanges mit verbessertem Schallschutz saniert und wird Anfang 2023 in Betrieb gehen.

Raumschießanlagen bilden das technische Herzstück jedes ETZ, sechs sind im ETZ-Süßenbrunn im Einsatz.
Raumschießanlagen bilden das technische Herzstück
jedes ETZ, sechs sind im ETZ-Süßenbrunn im Einsatz.
© Gerd Pachauer

Raumschießanlagen bilden das technische Herzstück jedes ETZ, sechs sind im ETZ-Süßenbrunn im Einsatz. In diesen können für das Training mit scharfer Munition unterschiedliche Kalibergrößen benutzt werden. Schießtraining von der Grundausbildung bis hin zu speziellen Anforderungen für Sondereinheiten können in den Anlagen durchgeführt werden. Die Systeme basieren auf modernen Video-Projektions-Einrichtungen mit Computersteuerung. Statische Ziele in verschiedenen Größen und Formen, computeranimierte Ziel-darstellungen und Realbild-Video-Szenarios mit interaktiven Verzweigungen ermöglichen eine variantenreiche Schießausbildung. Es gibt trefferabhängige Programm-Verzweigungen und vom Einsatztrainer gesteuerte Interaktionen.

Michaela Jana Löff

Einsatztraining

Platz für Trainings

Fertiggestellt sind die Einsatztrainingszentren Wagna in der Steiermark, Sattledt in Oberösterreich, Koblach in Vorarlberg, Traiskirchen in Niederösterreich und Süßenbrunn in Wien. In Umsetzung sind die ETZ Eisenstadt im Burgenland, Innsbruck und Absam in Tirol und ETZ Steiermark Nord. Im Planungs- oder Verhandlungsstadium sind die ETZ Krumpendorf in Kärnten, ETZ St. Pölten in Niederösterreich in Verbindung mit dem Sicherheitszentrum und Erweiterung des ETZ Koblach um eine Schießanlage.


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2022

Druckversion des Artikels (PDF 853 kB)