Drohnen und Recht

Drohnen-Verkehrsmanagement

Die Zahl der Drohnen im österreichischen Luftraum steigt ebenso wie die damit verbundenen rechtlichen Fragen und behördlichen Herausforderungen.

In kontrollierten Lufträumen müssen Drohnenflüge von der Flugsicherung Austro Control freigegeben werden.
In kontrollierten Lufträumen müssen Drohnenflüge
von der Flugsicherung Austro Control freigegeben werden.
© Alexander Tuma

In kontrollierten Lufträumen müssen Drohnenflüge von der Flugsicherung Austro Control freigegeben werden. Derzeit erfolgt das telefonisch bei der Flugsicherung. 2023 soll ein digitales Verkehrsmanagementsystem für Drohnen starten – in Kooperation zwischen Austro Control und dem österreichischen Unternehmen Frequentis. Austro Control ist für den sicheren und wirtschaftlichen Ablauf des Flugverkehrs im österreichischen Luftraum verantwortlich. 5,3 Millionen Euro werden dafür in den nächsten fünf Jahren investiert, erklärte Austro-Control-Geschäftsführerin Valerie Hackl bei einer Pressekonferenz in Wien. „Das neue UTM-Drohnen-Verkehrsmanagement-System ist durch die mögliche Einbettung verschiedenster Services und die Anbindung weiterer Nutzergruppen, etwa Blaulicht-Organisationen, Wegbereiter eines Ökosystems, das dem steigenden Bedarf an Drohnenflügen in einem reglementierten Luftraum gerecht wird“, sagte Frequentis-Vorstandsvorsitzender Norbert Haslacher.

Erstes Drohnengesetz.

2014 bekam Österreich seine erste gesetzliche Drohnenregelung mit dem 4. Abschnitt (§§ 24c bis 24l) des Luftfahrtgesetzes (LFG) als Kernstück, die 2021 vor dem Hintergrund mehrerer unmittelbar anwendbarer EU-Verordnungen novelliert wurde. Die bisherige Regelung sei für einzelne Flüge „praktikabel“, mit der steigenden Anzahl an Flügen brauche es aber neue Systeme und Verfahren, sagte Philipp Piber, zweiter Geschäftsführer der Austro Control. Das Unmanned-Aircraft-System-Traffic-Management (UTM) soll die Arbeit für Drohnenpilotinnen und -piloten sowie der Fluglotsinnen und Fluglotsen vereinfachen. Mit der cloudbasierten UTM-Lösung beruht künftig die Kommunikation zwischen Drohnenpilotinnen und -piloten mit der Austro Control auf Digitalisierung und Automatisierung. In der ersten Stufe des gemeinsamen Projekts sind die digitale Übermittlung von Drohnen-Flugplänen und die Freigabe von Drohnenflügen in kontrollierten Lufträumen durch die Flugsicherung geplant. In der Folge werden, im Einklang mit den entsprechenden EU-Verordnungen, die Identifikation von Drohnen und die Warnung vor gesperrten Lufträumen im System aktiviert.

Drohnen-App.

Die wichtigsten Features und Services, die in den nächsten Jahren stufenweise umgesetzt werden: Die intuitive Applikation für Fluglotsinnen und Fluglotsen sowie die mobile Applikation für Drohnen-Pilotinnen und -Piloten, die es ermöglicht, in Echtzeit Luftraumregeln und -beschränkungen festzulegen, Flugpläne zu überprüfen und Freigaben für Drohnen-Flüge zu erteilen. Darüber hinaus erfolgen (auch kurzfristige) Warnungen vor gesperrten Lufträumen. „Damit ist eine gute und sichere Koexistenz von bemannten und unbemannten Luftfahrzeugen möglich“, sagte Piber.

Europäischer Rechtsrahmen.

Grundvoraussetzung für dieses Miteinander ist ein rechtlicher Rahmen, der effektive Kontrollen im Bereich der unbemannten Luftfahrzeuge ermöglicht. Mit der Verordnung (EU) 2018/1139, der delegierten Verordnung 2019/945 und der Durchführungsverordnung 2019/ 947 schuf die EU ein Regelungsregime, das einen wichtigen Fortschritt in der Governance von unbemannten Luftfahrzeugen bedeutet. Die für die Kontrolle bzw. den verkehrspolizeilichen Vollzug wichtigsten Regelungen umfassen die Pflicht zur Registrierung und Bewilligung, die Kennzeichnung und Fernidentifikation des unbemannten Luftfahrzeugs sowie das Sperren bestimmter geografischer Gebiete (Flugverbots- bzw. Flugbeschränkungszonen). „Mit den eingeführten Regeln auf europäischer Ebene können somit nicht fehlende inhaltliche Vorgaben als Problem für eine effektive verkehrspolizeiliche Kontrolle angeführt werden. Es sind vielmehr fehlende innerstaatliche Konkretisierungen zu erwähnen, insbesondere in organisations- und verfahrensrechtlicher Hinsicht, die es näher zu untersuchen gilt“, konstatiert Konrad Lachmayer in einem lesenswerten Beitrag im Sammelband „Drohnen und Recht“ (s. dazu auch die Buchbesprechung in „Öffentliche Sicherheit“, Mai/Juni 2022, S. 144).

Verwalten und gestalten.

Welche Herausforderungen ergeben sich daraus für die Verwaltungspraxis? „Aufgrund der Quantität und Ortsungebundenheit von unbemannten Luftfahrzeugen, verteilt über das gesamte Staatsgebiet, bedarf es einer Anpassung der Organisation der Drohnenkontrolle. Wie im Straßenverkehr, besteht die Notwendigkeit einer umfassenden Einbindung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in die verwaltungspolizeilichen Aufgaben im Sinne des LFG“, führt Lachmayer aus. Eine Involvierung der Sicherheitsbehörden fehle im Bereich der unbemannten Luftfahrt. Ebenso wenig bestehe bei den Bundesverwaltungsbehörden die notwendige fachliche Kompetenz, kritisiert der Rechtsprofessor der Sigmund-Freud-Universität.

Behördliche Kompetenz.

Die Polizei setzt Drohnen u. a. zur Grenzüberwachung, Unfallvermessung und bei Großveranstaltungen ein.
Die Polizei setzt Drohnen u. a. zur
Grenzüberwachung, Unfallvermessung
und bei Großveranstaltungen ein.
© Alexander Tuma

Über die Rolle der Sicherheitsbehörden schreibt Lachmayer: „Gemäß Paragraf 19 des Sicherheitspolizeigesetzes ‚trifft die Sicherheitsbehörden die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht‘ (EAH). Soweit ‚Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum von Menschen gegenwärtig gefährdet‘ sind, sind die Sicherheitsbehörden verpflichtet, verkehrspolizeiliche Gefährdungen abzuwehren, bis die zuständigen Behörden, Rettung oder Feuerwehr einschreiten können.“ Auf diese Weise komme den Sicherheitsbehörden eine unmittelbare Kompetenz zu, auch in der verkehrspolizeilichen Gefahrenabwehr bei Bedrohungen durch unbemannte Luftfahrzeuge tätig zu werden. „Davon unabhängig besteht aber auch eine eigenständige sicherheitspolizeiliche Dimension in Hinblick auf die allgemeine Gefahrenabwehr im Sinne des SPG (Anm. Sicherheitspolizeigesetz)“, führt Lachmayer aus.

Gesetzliche Grundlage.

Diese Rechtsansicht teilt Chefinspektor Johannes Ruppitsch von der Landespolizeidirektion Kärnten nur zum Teil. Er sieht keineswegs die allgemeine, sicherheitspolizeiliche Norm in den §§ 19, 31 ff SPG und der Richtlinienverordnung (§ 1) als die alleinige oder auch nur die sachlich einschlägige Grundlage polizeilichen Einschreitens im Luftfahrtrecht und damit auch im Bereich der Drohnenkontrolle – denn „sie gilt für jedes sicherheitspolizeiliche Einschreiten“, sagt der Chefinspektor.
Das SPG regle zwar die Grundlagen sicherheitspolizeilichen Einschreitens und die EAH, verweise aber auf weitere Materien. Das LFG hingegen regle konkret – quasi als lex specialis – die Kompetenz der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Luftfahrtrecht umfassend im § 171 LFG: vom Ersteinschreiten „im Interesse der Luftfahrt“ bis hin zu Zwangsmitteln gegen den Piloten bzw. das Luftfahrzeug. „Darüber hinaus sind andere öffentliche Interessen beschrieben, die von verkehrspolizeilicher oder seepolizeilicher Natur sein können. Das bedeutet, dass die Legitimation im LFG wesentlich konkreter als die beschriebene ‚Behördenkompetenz‘ laut § 19 SPG und der EAH ist“, sagt Ruppitsch. Er sieht den direkten und konkreten Auftrag an die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im LFG und die §§ 169, 171 LFG als die sachnäheren und materiell-rechtlich zutreffenderen Rechtsgrundlagen: „Besteht im öffentlichen Raum eine Gefährdung der Luftfahrtsicherheit oder anderer öffentlicher Interessen oder illegaler Drohnenbetrieb, ist ein Einschreiten der Exekutive im Sinne der Luftfahrtsicherheit Pflicht.“

Änderung der Luftverkehrsregeln 2014.

Mit 12. August 2022 trat die Änderung der Luftverkehrsregeln 2014 in Kraft. Die Verordnung enthält wesentliche Änderungen, die „unbemannte Luftfahrzeuge“ und Modellflugplätze sowie die bisherigen Flugmodelle betreffen. Zum Beispiel werden Begriffe wie Flugmodell durch „unbemanntes Luftfahrzeug“ (uLfz) bzw. unbemannte Luftfahrzeugsysteme ersetzt. Diese uLfz regelt der § 18/neu; ebenso gibt es neue Regelungen mit Übergangsfristen für Modelflugplätze (§ 18b) und den Betrieb in Sicherheits- und Kontrollzonen. Und: Es werden Vorrang- bzw. Ausweichregeln für uLfz im § 18a festgelegt – sie haben immer Nachrang.

Ausblick.

Klar ist, dass angesichts des herrschenden Drohnen-Booms eine Weiterentwicklung der verkehrs- und sicherheitspolizeilichen Regelungen dringend notwendig ist – den Aufbau einer österreichischen Luftfahrtpolizei inklusive.
Die Landesverkehrsabteilung (LVA) der Landespolizeidirektion Kärnten verfügt bereits seit mehreren Jahren über eine Gruppe erfahrener Polizisten, die, mit einer Legitimation des Landeshauptmannes ausgestattet, flugpolizeiliche Kontrollen durchführen. Den raschen Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur, geschulten Personals und entsprechender Technologie fordert auch Lachmayer in seinem Fachbeitrag „Verwaltungs- und Sicherheitspolizei im Kontext des zivilen Drohneneinsatzes“, damit es „nicht zu verkehrspolizeilichen Konflikten kommt oder – noch dramatischer – zu substanziellen sicherheitspolizeilichen Gefährdungen.“

Drohnenführerschein.

Seit 2021 gelten in Österreich neue, europaweit einheitliche Regeln für die Drohnennutzung. Was sich für Drohnenpilotinnen und -piloten ändert, unter welche Kategorie Drohnen fallen und ob ein Drohnenführerschein benötigt wird, erfährt man unter www.dronespace.at .

Jürgen Belko


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2022

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