Kriminalitätsbekämpfung

Kriminelle Clans

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Experten-Konferenz zur clan bezogenen Kriminalität in Zauchensee in Salzburg.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Experten
Konferenz zur clan bezogenen Kriminalität in Zauchensee
in Salzburg. © Armin Halm

Großfamilien, die nach eigenen, internen Gesetzen leben und von der Begehung von Straftaten leben, stellen für die Kriminalpolizei eine Herausforderung dar.

In einigen europäischen Ländern, wie Deutschland, haben Clans in den letzten Jahrzehnten Fuß gefasst und Parallelstrukturen mit eigenen Gesetzen und eigener Gerichtsbarkeit entwickelt. Dadurch untergraben sie Rechtstaatlichkeit und Demokratie der Länder und gefährden die Sicherheit der Gesellschaft. Um einer solchen Entwicklung in Österreich vorzugreifen und sie zu unterbinden, fand vom 20. bis 23. September 2022 eine Expertenkonferenz in Zauchensee in Salzburg statt. Organisiert wurde die Konferenz vom Büro für Operative und Strategische Kriminalanalyse des Bundeskriminalamtes und ist Teil eines International Security Fund-Projektes (ISF) zur clanbasierten Polykriminalität.

Organisierte Kriminalität.

Seit dem Vorjahr beschäftigt sich das Bundeskriminalamt im Rahmen des ISF-Projekts „Clanbasierte Polykriminalität“ strategisch mit dem Phänomen der organisierten Kriminalität. Um Clankriminalität und ihre Begleiterscheinungen zu verhindern und zu bekämpfen, braucht es einen multidisziplinären Ansatz: Das gemeinsame Wirken von Polizei, Wissenschaft, Politik und der Gesellschaft. Das Ziel des Projekts ist daher, die Gesellschaft zu sensibilisieren, um Entwicklungen, wie sie etwa in Deutschland zu beobachten sind, vorzugreifen.

Vernetzung und Wissensaustausch.

Hinter betrügerischen Schlüsseldiensten stecken oft Clanmitglieder.
Hinter betrügerischen Schlüssel-
diensten stecken oft Clanmitglieder.
© Dan Race - stock.adobe.com

Die Konferenz bot die Möglichkeit des internationalen Erfahrungsaustausches und der Vernetzung. In Vorträgen berichteten Kriminalistinnen und Kriminalisten von der Situation in Österreich, Deutschland, Schweden und der Schweiz. So standen der Aufbau von Clans, die Hintergründe zu tschetschenischen und arabischen Clans und spektakuläre Fälle im Fokus des Treffens. Von den Expertinnen und Experten der Wissenschaft wurden Forschungs- und Präventionsansätze präsentiert.

Schlüsseldienste und falsche Polizisten.

Auch wenn die Lage in Österreich stabil ist und noch keine so großen Probleme mit clanbasierter Kriminalität wie in Deutschland vorherrschen, findet Clan­krimi-nalität in unseren Breiten statt. So sind Betrügereien von Schlüsseldiensten, die unverschämt hohe Summen für ihre Dienste verlangen und auch die Suchtmittelkriminalität sehr oft Clans zuzurechnen. Aber auch die häufig vorkommende Betrugsform der falschen Polizisten wird von multi­ethnischen Clans begangen.

Sittenwächter.

Eine weitere Herausforderung stellen junge Männer aus tschetschenischen Großfamilien dar, die sich als Sittenwächter innerhalb ihrer Community betätigen. So steht das Bewahren der Familienehre an oberster Stelle, weshalb Abweichungen ihrer Traditionen oder Norm bestraft werden. Sie verfolgen und beobachten westlich orientierte tschetschenische Frauen, stellen sie innerhalb der Community an den Pranger und bedrohen zudem Freunde oder Partner. Um die Strafverfolgung zu erschweren, setzten sie Zeugen und Opfer unter Druck und schüchtern diese ein.
In Deutschland setzt die Polizei in Fällen von clanbasierter Kriminalität verstärkt auf Kommunikation und auf eine größere Anzahl an Polizistinnen und Polizisten bei Einsätzen, wodurch eine Eskalation verhindert werden soll. Um in den Communitys etwas bewegen zu können, ist es zudem wichtig, über die hierarchischen Strukturen des jeweiligen Clans Bescheid zu wissen, damit auch mit der „richtigen“ Person gesprochen wird.

Romana Tofan


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 11-12/2022

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