Schengener Informationssystem

Neue Funktionalitäten

Schutzbedürftige sowie Kinder können nun auch präventiv im SIS ausgeschrieben werden.
Schutzbedürftige sowie Kinder können nun auch
präventiv im SIS ausgeschrieben werden.
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Österreich ist seit 1997 Mitglied des Schengener Informationssystems. Mit dem Projekt „SIS Recast“ wird die Zusammenarbeit der 30 SIS-Staaten weiter gestärkt und die Funktionalitä̈ten des SIS werden ausgebaut.

Der Schengenraum ist einer der Grundpfeiler der Europäischen Union und als 1995 das Schengener Übereinkommen in Kraft trat, wurden die Grenzkontrollen abgeschafft und eine gemeinsame EU-Außengrenze etabliert. Doch mit dem Wegfall der Kontrollen, musste eine Alternative geschaffen werden, um die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität weiter gewährleisten zu können. So entstand ein gemeinsames elektronisches Fahndungssystem (SIS) der Schengenstaaten, in das Österreich seit 1. Dezember 1997 eingebunden ist. 25 Jahre und verschiedene Erweiterungen und Neuerungen später, startet das Schengener Informationssystem in die dritte Generation.

30 SIS-Staaten.

Durch die ausbleibenden Grenzkontrollen zu Österreichs Nachbarstaaten musste die Grenzüberwachung neu organisiert und in eine Grenzraumkontrolle umgestaltet werden. So werden in Grenzregionen vermehrt gemischte Streifen eingesetzt, gemeinsame Sicherheitsanalysen und Schwerpunktaktionen durchgeführt oder auch Einsatzpläne abgestimmt und Polizeikooperationszentren in Grenzregionen weiter ausgebaut. Am SIS beteiligen sich derzeit 30 Staaten, wobei neben den EU-Mitgliedsstaaten auch Liechtenstein, die Schweiz, Norwegen und Island eingebunden sind und zukünftig auch Zypern Teil des SIS werden soll.

SIS II – die zweite Generation.

Mit 9. April 2013 wurde mit „SIS II“ die zweite Generation in Betrieb genommen. SIS II brachte neben der Modernisierung des technischen Betriebes eine Verbesserung und Erweiterung der Fahndungsmöglichkeiten, wodurch bei Personenfahndungen etwa auch zusätzliche Identifikationsdaten, wie ein Europäischer Haftbefehl, Fotos oder Fingerabdrücke gespeichert werden können. Die Sachenfahndung wurde ebenfalls erweitert, was eine Fahndung nach Luft- und Wasserfahrzeugen, Kennzeichen, Containern, industriellen Ausrüs­tung oder auch Wertpapieren und Zulassungsscheinen ermöglicht. Um einen Bezug zwischen dem flüchtigen Straftäter und einem von ihm verwendeten Fahrzeug herstellen zu können, gibt es zudem die Möglichkeit, Personen- und Sachenfahndungen zu verknüpfen.

Abfrage biometrischer Daten.

2018 erfolgte dann der nächste Meilenstein in der Weiterentwicklung des SIS II: Nun konnten nicht nur alphanumerische Daten, wie Name oder Geburtsdatum, abgefragt werden, sondern mit SIS Automatic Fingerprint Identification System (AFIS) nun auch biometrische Daten. Dadurch ist es möglich, Personen, die mit gefälschten Dokumenten oder falschen Identitäten gespeichert sind, zu identifizieren.

Rund 90 Millionen gespeicherte Fahndungsdatensätze. Die 30 Teilnehmerstaaten haben im SIS II bereits rund 90 Millionen Fahndungsdatensätze gespeichert, von denen knapp eine Million Personenfahndungen sind. 2021 gab es sieben Milliarden Zugriffe auf SIS II: Am häufigsten aus den Niederlanden (37 Prozent), Frankreich (12 Prozent) und Spanien (9 Prozent). In 76 Prozent der österreichischen Ausschreibungen wird nach gestohlenen oder verlorenen Dokumenten gefahndet, gefolgt von Kennzeichen (10 %) und Personen (6 %). Seit der Einführung der Schengen-Fahndung konnten in Österreich insgesamt über 6.800 Personen zur Auslieferung an Partnerstaaten festgenommen und mehr als 122.700 SIS-Treffer verzeichnet werden. In den anderen teilnehmenden Staaten wurden 8.000 Personen zur Auslieferung an Österreich festgenommen und es gab aus diesen Ländern über knapp 200.000 SIS-Treffer.

SIS Recast – die Weiterentwicklung.

Im November 2022 wird die neueste Generation des SIS in Betrieb gehen. Um das Auffinden von Personen zu erleichtern, können Erweiterungen, wie etwa Waffen, Anhänger, Container oder Blankodokumente in der Personenausschreibung gespeichert werden. Neue Kategorien in der Sachenfahndung und die Ausschreibungen zu Rückführentscheidungen gegen illegal aufhältige Drittstaatsangehörige sind nun ebenfalls enthalten.
Eine weitere wichtige Neuerung ist die Ausschreibung für Schutzbedürftige sowie Kinder, die zu ihrem eigenen Schutz am Reisen gehindert werden müssen. Bisher erfolgten Ausschreibungen erst nach einer Abgängigkeit oder einer Straftat. Zukünftig können Schutzbedürftige nun auch präventiv im SIS ausgeschrieben werden, wodurch Menschenhandel, erzwungene Eheschließungen bei Minderjährigen sowie geschlechtsspezifische Gewalt verhindert werden soll.

SIRENE Österreich.

Supplementary Information Request at the National Entry –SIRENE – bedeutet „Anträge auf Zusatzinformation bei der nationalen Eingangsstelle“. In jedem der 30 Schengenstaaten wurde ein SIRENE-Büro eingerichtet. In Österreich ist es im Bundeskriminalamt angesiedelt und hat die Leitung und Koordinierung von Fahndungsmaßnahmen in Zusammenhang mit SIS-Ausschreibungen, Rückholungen und Überstellungen zur Strafverfolgung sowie -vollstreckung im Luftwege sowie die Unterstützung nachgeordneter Dienststellen zur Aufgabe.

Romana Tofan


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2022

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