Sexuelle Erpressung

Scham als Druckmittel

Die Polizei registriert vermehrt Fälle von sexueller Erpressung (Sextortion). Das Bundeskriminalamt rät zur Vorsicht und gibt Tipps, wie man sich vor Erpressung mit sexuellen Inhalten schützen kann.

Sextortion: Täter drohen den Opfern, Nacktfotos oder -videos zu veröffentlichen, wenn sie das geforderte Geld nicht zahlen
Sextortion: Täter drohen den Opfern, Nacktfotos
oder -videos zu veröffentlichen, wenn sie das geforderte
Geld nicht zahlen © Angelov - stock.adobe.com

Das Internet bietet viele Möglichkeiten, mit anderen in Kontakt zu treten. So lernen sich tagtäglich Personen auf den Plattformen kennen, chatten und tauschen Bilder aus. Doch hier lauern Gefahren, denn die vermeintlich neue Internetbekanntschaft kann sich als Erpresserin oder Erpresser entpuppen.

Die Zahl der Anzeigen von Sextortion-Fällen hat sich 2022 gegenüber 2021 beinahe verdreifacht. Bei Sextortion – die Kombination der Begriffe „Sex“ und „Extortion“ (Erpressung) – werden Personen von attraktiven Unbekannten dazu bewegt, sich auf Fotos oder im Videochat intim zu zeigen beziehungsweise auch sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen, wobei die Täter das Geschehen heimlich filmen und die Bilder sichern, um die Betroffenen mit der Veröffentlichung zu erpressen.

Vorgehensweise.

Zu Beginn des Betrugs steht die Kontaktaufnahme. Die Zielpersonen erhalten über soziale Netzwerke , Dating-Plattformen oder Apps eine Freundschaftsanfrage oder Einladung von einer unbekannten attraktiven Frau. Nachdem die Anfrage angenommen wird, erfolgt der direkte Kontakt über den Chat und eine Unterhaltung entsteht. Dabei signalisiert die neue Bekanntschaft sexuelles Interesse und nach einer kurzen Kennenlernphase wird das Opfer aufgefordert, in den Videochat zu wechseln. Dort werden die Opfer dazu verleitet, sich zu entblößen, sexuell zu befriedigen, nackt zu tanzen oder zu posieren. Die Chatpartnerin gibt vor, dass sie die Zielperson attraktiv finde oder erregt sei. Um kein Misstrauen zu erzeugen und glaubwürdig zu wirken, macht die Betrügerin den ersten Schritt und zeigt beispielsweise ihre Brüste oder befriedigt sich. Doch ohne, dass das Gegenüber etwas weiß, wird jede Handlung des Opfers aufgezeichnet und gesichert. Der Betroffene wird später von Erpressern kontaktiert und aufgefordert, eine Geld zu überweisen, oder es drohe die Veröffentlichung oder Weitergabe an Freunde, Familie oder Arbeitgeber.
In einigen Fällen konnten Betroffene den Betrugsversuch rechtzeitig erkennen und zogen sich vor der Webcam nicht aus. Doch die Täter wollten das nicht hinnehmen und manipulierten die vorhandenen, unverfänglichen Videoaufnahmen oder Profilbilder ihrer Opfer, indem sie Aufnahmen sexueller Handlungen hineinschnitten, um sie erpressen zu können.

Täter.

Die attraktiven Verführerinnen sind meist nicht die, als die sie sich ausgeben. Die aufreizenden Videos oder Bilder stammen meist von anderen Webseiten und werden in den Chat eingespielt. Die Betrügerinnen und Betrüger zeigen sich zu keinem Zeitpunkt. Ihre Opfer sind überwiegend Burschen und Männer. In den Chats kommunizieren sie mit ihren Zielpersonen in gebrochenem Deutsch, Englisch oder Französisch.
Die Täter wie auch ihre Konten, auf die die Geldzahlungen transferiert werden, befinden sich im Ausland. Die Bezahlung kann mit Gutscheinen oder Überweisungskarten erfolgen. Eine Überweisung der geforderten Summe garantiert jedoch nicht, dass die Täter von einer Veröffentlichung des Bild- oder Videomaterials absehen. Es kommt immer wieder vor, dass Betroffene der Forderung nachkommen und das Material dennoch online gestellt wird oder weitere Überweisungen gefordert werden.

Was ist zu tun, wenn man von Sextortion betroffen ist?

  • Gehen Sie nicht auf die Forderungen der Erpresser ein und zahlen Sie nicht.
  • Brechen Sie den Kontakt zur Frau oder den Erpressern ab und löschen Sie sie aus Ihrer Freundesliste. Reagieren Sie auf keine Kontaktversuche.
  • Falls die Erpresser Bild- oder Videomaterial veröffentlicht haben, wenden Sie sich an den Betreiber der Plattform und verlangen Sie die Löschung.
  • Richten Sie einen Google-Alert mit Ihrem Namen ein. Dadurch werden Sie über neue Fotos und Videos, die in Ihrem Namen hochgeladen werden, informiert.
  • Sichern Sie alle Beweise. Dazu zählen das Bild- oder Videomaterial, mit dem Sie erpresst werden, die Kontaktdaten der Chatpartnerin und der Erpresser,
    sämtliche Nachrichten, Angaben für Transaktionen und dergleichen.
  • Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei.
  • Falls Sie bemerken, dass die Erpressung Sie zu sehr belastet, reden Sie mit einer Vertrauensperson über den Vorfall oder nehmen Sie psychologische Unterstützung in Anspruch.

Wie kann man sich vor Sextortion schützen?

  • Nehmen Sie keine Freundschaftsanfragen und Einladungen in sozialen Netzwerken von Ihnen völlig fremden Personen an. Blockieren oder ignorieren Sie Nachrichten von Fremden und melden Sie fragwürdige Anfragen dem Internetserviceprovider.
  • Bedenken Sie, dass Sie in Videochats immer gefilmt werden können und passen Sie dem Ihre Handlungen an.
  • Deaktivieren oder überkleben Sie Ihre Webcam immer, wenn Sie sie nicht verwenden.
  • Sprechen Sie in Ihrem Umfeld über diese Erpressungsmethode, um Freunde, Bekannte und auch die Familie zu warnen.
  • Halten Sie Ihre Social-Media-Konten privat.
  • Teilen und veröffentlichen Sie Inhalte mit Bedacht. Je mehr Informationen Sie preisgeben, desto anfälliger sind Sie für Sextortion und andere Erpressungen.
  • Seien Sie besonders vorsichtig, wenn jemand auf einer anderen Plattform als bisher kommunizieren möchte.
  • Achten Sie auf Ihre Sicherheit im Internet. Verwenden Sie sichere und private Browser, die Ihre digitale Identität abschirmt und Ihre Online-Aktivitäten vor neugierigen Blicken verbergen.
  • Verwenden Sie starke Passwörter, um Ihre persönliche Daten zu schützen.

Romana Tofan

SMS-BETRUG

„Hallo Mama“, „Hallo Papa“

Eine neue Welle an betrügerischen Mitteilungen – als „Tochter-Sohn-Trick“ bezeichnet – ist im Umlauf: Per SMS bittet das angeblich eigene Kind seine „Eltern“ unter einer ihnen unbekannte Telefonnummer um finanzielle Unterstützung. Sie behaupten, vom Handy eines Freundes zu schreiben.

Die Betrüger schreiben in der Nachricht etwa „Hallo Mama, ich habe mein Handy kaputt gemacht. Meine SIM war auch kaputt, ich kann nicht viel tun, aber kannst du mir eine WhatsApp-Nachricht schreiben 4367764729517“ oder „Hallo Papa. Mein Handy ist kaputt“. Die Opfer sollen einen meist vierstelligen Betrag an bestimmte Empfänger überweisen. Gleichzeitig wird ihnen versichert, dass das Geld so bald wie möglich zurückgezahlt werde.
Ende November erhielt eine 57-jährige Grazerin eine SMS von einer neuen Nummer, in der ihre „Tochter“ um Kontaktaufnahme bat. Im Laufe der Konversation wurde die Grazerin um die Überweisung von mehr als tausend Euro auf ein litauisches Konto gebeten, was sie umgehend auch tat. Am nächsten Tag forderten die Betrüger die Kreditkarten der Dame, woraufhin sie stutzig wurde und Anzeige bei der Polizei erstattete. Ebenfalls Opfer krimineller Machenschaften wurde eine 64-jährige Frau aus Graz, bei der sich ebenfalls die „Tochter“ meldete. Sie hätte ein kaputtes Handydisplay und könnte daher ihre ausstehenden Rechnungen nicht begleichen, weshalb sie nun finanzielle Hilfe benötige. Die Grazerin überwies daraufhin mehrere Tausend Euro auf ein deutsches Konto. Nachdem sie kurz darauf weitere Geldforderungen erhielt, erstattete sie Anzeige.
Zwischen Oktober und Dezember 2022 stieg die Zahl der polizeilich bekannten Vorfälle bundesweit auf rund 880 Anzeigen pro Monat. Das Dunkelfeld sei als weitaus höher einzustufen. Allein im Oktober 2022 dürfte ein Schaden von über 600.000 Euro entstanden sein. Die Polizei warnt vor dieser Masche. Vor allem die jüngeren Generationen sollte Eltern und Großeltern über diesen Betrugstrick informieren.

Präventionstipps der Polizei

  • Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Nehmen Sie sich Zeit und denken Sie nach, ob die Situation realistisch sein kann.
  • Wenn Sie ein Familienmitglied unter einer neuen Telefonnummer mit Forderungen nach Geld an Sie wendet, überprüfen Sie die alte Rufnummer oder andere Kontakte.
  • Ist ein Schaden entstanden, verständigen Sie sofort Ihr Bankinstitut oder Ihren Kreditkartenanbieter und ersuchen Sie um Rückbuchung.
  • Erstatten Sie Anzeige in der nächsten Polizeidienststelle.

Romana Tofan


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 1-2/2023

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