KSÖ-Symposium

Resilienz statt Resignation

Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung beleuchteten beim KSÖ-Sicherheitsgipfel 2022 aktuelle Krisenlagen und mögliche Lösungswege.

KSÖ-Symposium: KSÖ-Präsident Erwin Hameseder, Innenminister Gerhard Karner, Peter Koren (Industriellenvereinigung)
KSÖ-Symposium: KSÖ-Präsident Erwin Hameseder,
Innenminister Gerhard Karner, Peter Koren
(Industriellenvereinigung) © Katharina Schiffl

Es geht um die Sicherheit der Republik Österreich: die Kriminalitätsbekämpfung, die Wahrung des sozialen Friedens und die militärische Landesverteidigung“, sagte KSÖ-Präsident Mag. Erwin Hameseder beim Sicherheitsgipfel 2022 des „Kompetenzzentrums Sicheres Österreich“ (KSÖ). Rund 250 Mitglieder der österreichischen Sicherheitscommunity gingen am 18. Oktober 2022 im Großen Festsaal im Haus der Industrie der Frage nach: „Wie lange dauert die Krise noch?“ Man müsse „mit Resilienz statt Resignation, mit Innovation und Kooperation statt Frustration und Isolation“ den Krisen begegnen, betonte Hameseder, der für ein „positives Denken“ plädierte. Die Geschichte zeige, wie wichtig in herausfordernden Zeiten die Zusammenarbeit zivilgesellschaftlicher und staatlicher Akteure sei, „nur gemeinsamen können wir Lösungen schaffen“. Voraussetzung dafür ist aus Sicht des KSÖ-Präsidenten, „aus der Geschichte und den Krisen zu lernen und diese Lernprozesse für neue Instrumente und Methoden zur Krisenbewältigung umzusetzen.“

Rück- und Ausblick.

Unter den Festgästen befanden sich zwei Bundesminister, die in Keynotes ihre Sicht zu den Themen Krisenbewältigung und Resilienz darlegten. „Es hat zu jeder Zeit Krisen und Herausforderungen gegeben – und Menschen sowie Organisationen, die sich mit ihnen auseinandergesetzt, diese angepackt und wieder Normalität ermöglicht haben“, sagte Innenminister Mag. Gerhard Karner. „Wir müssen den Ausnahmezustand ,Krise‘ wieder verlassen. Ein Leben im Krisenmodus erschöpft auf Dauer und kann daher nicht nachhaltig sein“, sagte er. „Dazu ist es mittelfristig notwendig, dass der Staat eine umfassende Krisenfrüherkennung betreibt und seine Planungen anpasst. Reserven müssen rechtzeitig geschaffen und die Regel-Strukturen gestärkt werden, damit wir künftig erst gar nicht in den Krisenmodus schlittern.“
Gegenüber dieser systemischen Perspektive betonte Verteidigungsministerin Mag. Klaudia Tanner die Rolle des Bundesheeres als Rückgrat der Krisenbewältigung in Österreich: „Dem österreichischen Bundesheer wird immer mehr die Rolle zuteil, dass es in Krisen als ,Reserve der Republik‘ über den Assistenzeinsatz mobilisiert wird.“ Sie wies auf die Erhöhung des Heeresbudgets hin.“

Multiple Krisen.

KSÖ-Symposium: Gerhard Christiner, APG, Bruno Günter Hofbauer, BMLV, Heinrich Rentmeister, Palantir Technologies, Harald Katzmair, FASresearch, Eva Landrichtinger, Generalsekretärin im BMAW.
KSÖ-Symposium: Gerhard Christiner, APG, Bruno Günter
Hofbauer, BMLV, Heinrich Rentmeister, Palantir
Technologies, Harald Katzmair, FASresearch,
Eva Landrichtinger, Generalsekretärin im BMAW.
© Katharina Schiffl

Der „Handlauf“ eines Innenministers sei stets die Kriminalitätsstatistik, machte Karner deutlich. Derzeit seien die Sicherheitsbehörden vor allem mit drei Herausforderungen konfrontiert: Kampf gegen jegliche Form des Extremismus, Cyber-Sicherheit sowie Schlepperkriminalität und illegale Migration. Gerade das Thema Schleppermafia sei derzeit „sehr dynamisch und fordernd“. Karner verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Visapolitik Serbiens – die es derzeit Migrantinnen und Migranten ermöglicht, problemlos in die EU einzureisen –, die politische Lage in der Türkei und die „furchtbare Situation“ in der Ukraine. Lösungen seien „nicht immer einfach, aber notwendig“. Auf österreichischer Ebene habe man konsequent Maßnahmen gesetzt, die Grenzkontrollen verstärkt sowie „die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn in diesem Bereich“ intensiviert. „Die Schleppermafia arbeitet grenzübergreifend, daher müssen wir den Kampf gegen sie ebenfalls grenz­überschreitend führen“, sagte Karner. „Nur wenn wir als Europa klare Akzente setzen, können wir den notwendigen Umkehrschwung in dieser Frage schaffen.“

In zwei Podiumsdiskussionen wurden die Vielfältigkeit der Krisen bzw. was die nächsten Krisen sein könnten, interdisziplinär erörtert. Dabei wurden Perspektiven der Resilienztheorie und Einschätzungen aus der Praxis gegenübergestellt – insbesondere aus der Wirtschaftspolitik und der Energiewirtschaft. Außerdem wurde der Frage nachgegangen, welche Schutzverantwortung der Staat gegenüber der Gesellschaft in Krisensituationen hat. Claudia Plakolm, Staatssekretärin für Jugend und Zivildienst, schloss mit einer gemischten Bilanz: Einerseits werde die Jugend von Krisen stark belastet, andererseits zeigte sie sich optimistisch, dass die junge Generation eigene Mechanismen entwickelt, um mit Krisen umzugehen.

Risikomatrix.

Das KSÖ legte für den Sicherheitsgipfel auch seine aktualisierte Matrix an unternehmerischen Umfeldrisiken auf. Nach wie vor finden sich Cyber-Angriffe und der Fachkräftemangel ganz oben auf der Liste. Hinzugekommen sind geopolitisch bedingte Risiken, die für die Risikobetrachtung heimischer Unternehmen in den letzten Jahren besonders relevant geworden sind: Energiemangel, technologische Abhängigkeit vom Ausland sowie eine unsichere Versorgungslage an Ressourcen und einfachen Vorprodukten.

Jürgen Belko

KSÖ

Blackout-Planspiel 2022

Das Kompetenzzentrum Sicheres Österreich (KSÖ) versteht sich als österreichweites Kompetenznetzwerk, das den Erfahrungsaustausch, die Weiterentwicklung und die Ansprache neuer Themen rund um den zentralen Bereich der inneren Sicherheit ermöglicht und das Problembewusstsein der Menschen im Bereich der Sicherheit schärft. Im Rahmen des Themenschwerpunkts „Blackout“ führte das KSÖ in Kooperation mit dem AIT (Austrian Institute of Technology), der Industriellenvereinigung und dem BMI Ende November 2022 eine virtuelle Simulation durch, die eine Darstellung möglicher Auswirkungen und Kaskadeneffekte eines Blackouts auf die kritische Infrastruktur erlaubt. Die Übungsannahme: Ein technisches Gebrechen sowie eine Extremwetterlage, die in Österreich zu einem flächendeckenden Stromausfall führen. „Dieses Planspiel ist ein absolut notwendiges Trockentraining, bei dem viele Stakeholder gemeinsam ein Szenario durchspielen, das keine akute, aber eine latente Bedrohung darstellt“, sagte Innenminister Mag. Gerhard Karner im Rahmen der Auftaktveranstaltung am 28. November 2022 im Raiffeisen-Forum in Wien. Das Bewusstsein für die gestiegene Wahrscheinlichkeit für derartige Entwicklungen sieht Karner mittlerweile „in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, wie er zum Start des Blackout-Planspiels betonte, das bereits seit 10 Jahren als Cyber-Planspiel durchgeführt wird. Bei diesem „notwendigen Trockentraining“ handle es sich um einen „Test der Systeme, bei dem das Ineinandergreifen der einzelnen Institutionen auf dem Prüfstand steht.“ Das Thema Cyber-Sicherheit spiele auch in der täglichen Arbeit des Innenministeriums eine zentrale Rolle, sagte der Innenminister und verwies auf das kürzlich von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Krisensicherheitsgesetz.

Jürgen Belko


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 1-2/2023

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