Brandursachenermittlung

Brennstoff, Sauerstoff, Zündquelle

Der Sachverständige für Brand- und Explosionsermittlung Peter Anderwald gab in einem Vortrag auf Einladung der Vereinigung Kriminaldienst Österreich Einblicke in seine spektakulärsten Fälle als Brandsachverständiger und erläuterte, worauf bei den Ermittlungen zu achten ist.

Zu den möglichen Brandursachen zählen: Blitzschlag, Selbstentzündung, Wärmegeräte, mechanische Energie, elektrische Energie, offenes Feuer und Licht
Zu den möglichen Brandursachen zählen: Blitzschlag,
Selbstentzündung, Wärmegeräte, mechanische
Energie, elektrische Energie, offenes Feuer und Licht
© Egon Weissheimer

Die Angst vor Brandstiftung zählt zu den Urängsten der Menschheit. Nach wie vor haben die Brandursachenermittlung und die Aufklärung eines Brandes einen hohen Stellenwert in der Kriminalistik. Neue Untersuchungsmethoden, Erfahrungen und neue Erkenntnisse sind oft entscheidend bei den Ermittlungen.
Um sich auszutauschen und gemeinsam von Erfahrungen zu profitieren, lud die Vereinigung Kriminaldienst Österreich (VKÖ) am 21. September 2022 zu einem Vortrag von Dipl.-HTL-Ing. Peter Anderwald. Der in 14 Fachgebieten, unter anderem für Brand- und Explosionsermittlungen, allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige konnte sich über die Jahre hinweg nicht nur ein großes technisches Fachwissen aneignen, sondern auch ein kriminologisches und kriminalistisches. Der Kärntner Peter Anderwald wird speziell nach heiklen Bränden über den Klagenfurter Gerichtssprengel hinaus angefragt. In seinem Vortrag beschränkte er sich auf Fälle, die in den vergangenen Jahren nicht nur in Kärnten für Aufsehen sorgten.

Fälle.

Der Experte erinnerte sich an eine 31-jährige Tschetschenin, die im August 2021 in einem Mehrparteienhaus in Villach ein Feuer legte, um – wie vermutet wurde – ihren schlafenden Ehemann zu töten. Aus den zehn Litern ausgeschüttetem Benzin entwickelte sich eine Feuerwalze, die sich durch das gesamte Stiegenhaus bewegte und beinahe in einer Katastrophe geendet wäre, hätte nicht ein Nachbarsmädchen das Feuer entdeckt und die Rettungskette in Gang gesetzt. Die Tatortfotos von Anderwald veranschaulichten die Spuren der Verwüs­tung und umso erstaunlicher ist, dass es außer der Frau keine Opfer gab. Sie erlitt schwere Verletzungen, doch ihr Ehemann sowie ihre vier Kinder überlebten die Tat unbeschadet. Anderwalds Gutachten war letztendlich ausschlaggebend, dass die Frau vom Landesgericht Klagenfurt zu 14 Jahren unbedingter Haft wegen fünffachen Mordversuchs verurteilt wurde.

Ursachensuche.

Brandermittlungsexperte Peter Anderwald
Brandermittlungsexperte
Peter Anderwald
© Privat

In der Praxis gibt es eine Vielzahl an Ursachen für die Entstehung eines Brandes. Anderwald verwies auf die grundlegenden Voraussetzungen für eine Verbrennung und erinnerte an das Feuerdreieck, das aus Brennstoff, Sauerstoff und Zündquelle gebildet werde. Um die Brandursache zu ermitteln, wird seit 1973 in Österreich ein einheitlicher Zündquellenschlüssel verwendet. Dieser listet zehn mögliche Brandursachen auf: Blitzschlag, Selbstentzündung, Wärmegeräte, mechanische Energie, elektrische Energie, offenes Feuer und Licht, Behälter-Explosion, Brandlegung, sons­tige Zündquellen und Zündquellen, die nicht ermittelt werden können.

Ausschließungsverfahren.

Bei den Brandursachenermittlungen muss nach dem Ausschließungsverfahren vorgegangen werden und eine Brandursache nach der anderen in der vorgegebenen Reihenfolge ausgeschlossen werden. Der Experte betonte dabei die Frage nach dem Stand der Technik, denn laut einer OGH-Entscheidung (10 Ob 24-09s) entspricht eine Norm beziehungsweise ein Regelwerk nur drei Jahre nach Verlautbarung dem Stand der Technik. Diese Entscheidung findet auch beim Eliminationsverfahren Anwendung, denn laut Peter Anderwald komme es darauf an, wie oft der Zündquellenschlüssel angepasst werde. Wichtig sei, bei jeder Erkenntnis durch einen Brand den Zündquellenschlüssel anzupassen.

Großbrand 3M.

Bei Brandursachen-Ermittlungen wird nach dem Ausschließungsverfahren vorgegangen, indem eine Brandursache nach der anderen ausgeschlossen wird
Bei Brandursachen-Ermittlungen wird nach dem
Ausschließungsverfahren vorgegangen, indem eine
Brandursache nach der anderen ausgeschlossen wird
© Egon Weissheimer

2018 ereignete sich in der Schleifmittelfabrik 3M in Villach der größte Brand der Geschichte Kärntens. Die Brandursache war zunächst unklar und beim Eintreffen der Einsatzkräfte beschränkte sich der Brand noch auf einen Kamin, zudem gab es eine starke Rauchentwicklung. Doch, nachdem es zu einer Durchzündung kam, breitete sich das Feuer rasant aus und der Industriekomplex stand in Vollbrand. Mehr als 300 Feuerwehrmänner von 32 Wehren waren am 13. März 2018 im Einsatz.

Zu den Ermittlungen wurde auch Anderwald von der Staatsanwaltschaft hinzugezogen. Zu seinem Erstaunen waren am nächsten Tag auch Sachverständige der US-Versicherung am Ort des Geschehens und wollten bei der Aufklärung mitwirken. Diese wurde ihnen von der zuständigen Staatsanwaltschaft jedoch untersagt. Nach langwierigen und umfangreichen Ermittlungen konnte die Brandursache ausgeforscht werden: Der Brand brach im Abluftkanal eines Brennofens aus. In diesem befand sich ein Ventilator, der das System kühlen sollte, doch der fiel aus. Dadurch stieg die Temperatur in dem Abluftschacht an, wodurch sich die Ablagerungen (Staupartikel) entzündeten.

Vorsicht vor Giftstoffen.

Bei Brandursachenermittlungen kommen immer wieder Brandmittelspürhunde zum Einsatz, so auch beim Großbrand in der Schleifmittelfabrik. Anderwald, Brandermittler sowie ein Hundeführer wurden mit dem Fall betraut und untersuchten den Tatort. Was keiner bei der Begehung wusste, war, dass Benzol- beziehungsweise Formaldehyd-Dämpfe austraten. Als der Hundeführer am nächsten Tag seinen im Sterben liegenden Spürhund meldete, läuteten auch bei Anderwald und den Ermittlern die Alarmglocken. Auch sie fühlten sich nicht wohl, weshalb sie die von ihnen gespürten Symptome, wie schlechter Schlaf, Kopfschmerzen, Nasenbluten sowie Anzeichen einer Grippe in Zusammenhang brachten. Es galt, schnell die inhalierten Giftstoffe zu identifizieren, was schwierig war. Alle kontaktierten Stellen waren entweder nicht zuständig oder technisch nicht in der Lage, alle Gefahrenstoffe in der Luft zu messen. Mit einem mobilen Gerät des Innenministeriums konnten die schädlichen Dämpfe dann nachgewiesen werden. Für Anderwald steht seitdem fest, dass bevor er einen Tatort betrete, vorher gründlich gelüftet werden müsse und er einen Multitester immer bei sich habe.

Romana Tofan


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 1-2/2023

Druckversion des Artikels (PDF 735 kB)