Porträt

Oberster Finanzermittler bei Europol

Burkhard Mühl leitet seit Dezember 2020 das Europäische Zentrum für Finanz- und Wirtschaftskriminalität (EFECC) bei Europol. Als einer von acht Abteilungsleitern nimmt er an den Sitzungen des Europoldirektorats teil und ist derzeit der höchstrangige Vertreter Österreichs bei Europol.

Burkhard Mühl (li.) leitete als Vorsitzender während der österreichischen Ratspräsidentschaft 2018 im Ministerrat in Brüssel die Verhandlung zur Richtlinie „Zugang der Strafverfolgungsbehörden zu Finanzinformationen“
Burkhard Mühl (li.) leitete als Vorsitzender währendy
der österreichischen Ratspräsidentschaft 2018 im
Ministerrat in Brüssel die Verhandlung zur Richtlinie
„Zugang der Strafverfolgungsbehörden zu
Finanzinformationen“ © Privat

Der Posten als Abteilungsleiter bei Europol ist für Burkhard Mühl, international erfahrener Experte für Finanz- und Wirtschaftsermittlungen, die Krönung seiner bisherigen Karriere. Der Burgenländer kann auf eine erfolgreiche Laufbahn bei der Polizei, im Bundeskriminalamt und in der Zentralstelle des Innenministeriums verweisen.

Karriere.

Nach der Matura am Bundesgymnasium Oberschützen begann Burkhard Mühl seine polizeiliche Laufbahn im September 1983 als Polizeischüler in der damaligen Bundespolizeidirektion (BPD) Wien. Als Streifenbeamter war er in Wien Margareten 5 Jahre lang mit dem Funkwagen „Emil 1“ im Einsatz. „Das waren lehrreiche Jahre und ich habe heute noch den größten Respekt für die Leistungen der uniformierten Kollegen“, sagt Mühl. 1990 absolvierte er die Ausbildung zum Kriminalbeamten und wurde als Bezirksinspektor der Wirtschaftspolizei der BPD Wien zugeteilt. „Das große Ziel meiner Kripo-Kollegen von damals war, als Ermittler in die Mordgruppe des Sicherheitsbüros der BPD Wien aufgenommen zu werden. Für mich war das keine Option, nach 5 Jahren im Streifendienst wollte ich von Gewaltdelikten nichts mehr wissen“, erinnert sich Mühl.

Ein Rechtshilfeersuchen der USA zur Aufspürung von Vermögenswerten in Österreich im Zusammenhang mit Geldwäsche sollte dann seine weitere Laufbahn beeinflussen. Im Jahr 1992 stellte er in Wien in einem Schließfach eines Palais 7 Millionen US-Dollar sicher. Diese wurden von einem US-Geldwäscher als Teil seines Lohns für das Waschen von 140 Million US-Dollar für das Cali-Kartell in Österreich versteckt. Er wurde in den USA zu 660 Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt und Mühl wurde als Zeuge in einem Grandjury-Prozess in Rohde Island/ USA gehört. „Das war für mich eine faszinierende neue Welt, die mich bis heute nicht losgelassen hat“, sagt Mühl.
1993 wechselte er zur neugegründeten Einsatzgruppe im Innenministerium zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (EDOK). Das waren laut Mühl „wilde Jahre mit einigen aufsehenerregenden Geldwäschefällen und auch Morden im Bereich der organisierten Kriminalität“.
Im Alter von 33 Jahren wurde er zum Gruppenführer im Kriminaldienst ernannt, damals einer der jüngsten in Österreich. Mühl war in dieser Zeit am Aufbau der Geldwäschebekämpfung in Österreich beteiligt und machte erste Erfahrungen mit internationaler Gremienarbeit, z. B. bei Interpol, FATF und ab 1995 auch in Ratsarbeitsgruppen der EU. 1997 bewarb sich der mittlerweile zum Chefinspektor aufgestiegene Kripobeamte erfolgreich als abgeordneter nationaler Sachverständiger beim Generalsekretariat für Justiz und Inneres beim Rat der Europäischen Union in Brüssel. Als Geldwäscheexperte war er zwei Jahre lang für die Umsetzung des Geldwäschekapitels des ersten EU-Aktionsplans zur OK-Bekämpfung zuständig. EU-Recht hat er sich, wie er sagt, im Selbststudium angeeignet und konnte somit die Erfahrungen eines Praktikers bei legistischen Maßnahmen auf EU-Ebene zur Verbesserung der polizeilichen Zusammenarbeit einbringen.

Europol.

Burkhard Mühl, kehrte nach vierjähriger Tätigkeit im BMI in Wien im Oktober 2020 zu Europol zurück
Burkhard Mühl, kehrte nach vierjähriger
Tätigkeit im BMI in Wien im
Oktober 2020 zu Europol zurück
© Privat

Laut Mühl waren diese harten Lehrjahre im Generalsekretariat des Rates die eigentliche Grundlage für seine internationale Karriere. Nach einigen Jahren im Bundeskriminalamt, in denen er das Referat Vermögensabschöpfung aufbaute und während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft (2006) erfolgreich einen Beschluss zur Einrichtung von Vermögensabschöpfungsstellen in der EU verhandelte, wurde Mühl von Europol rekrutiert. Er leitete von 2007 bis 2016 im Rang eines First Officers das Europol Criminal Assets Bureau. In dieser Zeit hat er berufsbegleitend an der Business School der Universität Teesside (UK) studiert und den postgradualen Abschluss „Master of Arts in Financial & Economic Crimes“ erworben. Dieses Studium wurde für Führungspersonal der britischen Polizei eingerichtet und Mühl war der erste ausländische Teilnehmer.
Nach seiner Rückkehr aus Den Haag Ende 2016 arbeitete er in der Sektion I (Präsidium) des BMI. Die Rückkehr nach zehnjähriger Auslandsverwendung war laut Mühl nicht leicht und er sei sehr dankbar in der Sektion I so gut aufgenommen worden zu sein. Als Amtsdirektor hat er dann während der letzten EU-Ratspräsidentschaft das Referat EU-Koordination und Grundsatz geleitet und dabei seine internationale Erfahrung und Kontakte auf EU-Ebene gut einbringen können.
Höhepunkt damals war laut Mühl „das Führen der Trilogverhandlungen im Europäischen Parlament, zu einer von mir im Rat als Vorsitzender verhandelten Richtlinie zur Verbesserung des Zugangs der Strafverfolgungsbehörden zu Finanzinformationen“. Im Sommer 2020 konnte er, wie er sagt, „der Versuchung nicht widerstehen“ und bewarb sich erfolgreich für die Abteilungsleitung von EFECC.

Seine Tätigkeit bei EFECC umfasst einen großen Aufgabenbereich, von Geldwäsche über Betrugsdelikte, Korruption, Eurofälschung, Produktpiraterie bis hin zur Ermittlungsunterstützung der neuen Europäischen Staatsanwaltschaft. Wichtig dabei sind auch die Entwicklung von Lagebildern sowie die Zusammenarbeit mit den Brüsseler Institutionen und dem Finanzsektor im Rahmen einer Public-private-Partner­ship (PPP). Der Schutz der finanziellen Interessen der EU im Rahmen der Auszahlung von 800 Milliarden Euro an die Mitgliedstaaten (NextGenEU-Fund) sowie die Unterstützung der Mitgliedstaaten beim Aufspüren von Vermögenswerten von Oligarchen im Rahmen der EU-Sanktionen haben derzeit höchste Priorität. Der Vertrag von Mühl läuft bis Ende 2025 und er sagt, er sei schon neugierig was danach kommen wird.

Burkhard Mühl (li.) mit Europol-Exekutivdirektorin Catherine De Bolle bei einem Arbeitsgespräch im Innenministerium in Wien
Burkhard Mühl (li.) mit Europol-Exekutivdirektorin
Catherine De Bolle bei einem Arbeitsgespräch im
Innenministerium in Wien © Gerd Pachauer

Der Auftrag des Europäischen Zentrums für Finanz- und Wirtschaftskriminalität (EFECC) bei Europol, das Mühl leitet, ist die Verbesserung der operativen Effizienz und Verstärkung der Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten im Bereich der Finanz- und Wirtschaftskriminalität. Das neue Zentrum fördert den systematischen Einsatz von Finanzermittlungen und den Aufbau von Allianzen mit öffentlichen und privaten Stellen, um kriminelle Vermögenswerte in der EU und darüber hinaus aufzuspüren, zu beschlagnahmen und einzuziehen.

EFECC wurde im Juni 2020 von der Exekutivdirektorin von Europol, Catherine de Bolle, eingerichtet und hat derzeit 75 Bedienstete. 2021 hat EFECC 15.000 operative Beiträge von Mitgliedstaaten und Drittstaaten erhalten, die zu 400 priorisierten Fallermittlungen und den Einsatz von Beamtinnen und Beamten vor Ort in 98 Aktionstagen geführt haben. Bei Ermittlungen gegen schwere internationale Finanz- und Wirtschaftskriminalität wurden unter Beteiligung von EFECC seit 2020 insgesamt etwa 2 Milliarden Euro an Taterlösen gesichert.

Bernhard Otupal


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2022

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