Zeitgeschichte

Kriegsgräuel überlebt

Thomas Obruca, Mitarbeiter des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, schrieb ein Buch über die Geschichte des Adnan Zec, der als 13-Jähriger in den Wirren des Krieges in Bosnien und Herzegowina in den 1990er-Jahren schwer verletzt und Zeuge der Ermordung seiner Eltern und seiner Schwester wurde.

Präsentation des Buches „Ahmici. Die acht Tage des 13-jährigen Adnan“: Buchautor Thomas Obruca, Protagonist Adnan Zec, Verleger Richard Pils, Moderator René Raubal, Dolmetscherin Susanne Oroz
Präsentation des Buches „Ahmici. Die acht Tage
des 13-jährigen Adnan“: Buchautor Thomas Obruca,
Protagonist Adnan Zec, Verleger Richard Pils, Moderator
René Raubal, Dolmetscherin Susanne Oroz
© Armin Muratovic

Völkermorde, Massaker und Kriegsverbrechen mit über 200.000 Toten waren das Ergebnis einer Serie von Kriegen in den 1990er-Jahren im ehemaligen Jugoslawien. Thomas Obruca schrieb ein Buch über die Geschichte des dreizehnjährigen Adnan Zec, der bei einem Angriff der kroatischen HVO-Truppen (Hrvatsko vijeće obrane, kroatisch für Kroatischer Verteidigungsrat) auf das Dorf Ahmići im Lašva-Tal bei Vitez am 16. April 1993 angeschossen und schwer verletzt und Zeuge der Ermordung seiner Eltern und seiner Schwester wurde.

Kampf ums Überleben.

Von diesem Moment an begann für ihn der Kampf ums Überleben. Völlig allein rettete er sich aus dem in Brand gesetzten Haus, mit der Hoffnung zu überleben. Er fand einen Ort als Unterschlupf und harrte dort acht Tage aus, bis endlich Rettung in Sicht war. Währenddessen klangen ihm die Worte seines Vaters nach und verliehen ihm mentale Kraft zum Überleben: „Wenn wir Geld verdienen, dann können wir uns unsere Träume erfüllen, unser eigenes Geschäft haben und dir ein Haus bauen.“ Diese Worte sind es, die ihm – trotz seiner schweren Verletzungen und der drohenden Gefahr – die Kraft gaben, die Hoffnung nicht zu verlieren, nicht zu verzagen und nicht aufzugeben.

Adnan Zec wurde 1979 in Travnik, Bosnien und Herzegowina, geboren und verbrachte seine Kindheit in Ahmići, bis er im April 1993 von HVO-Soldaten vertrieben wurde.
„Es ist ein Buch über die Schrecken des Krieges und die Abgründe der Menschheit, aber auch menschlichen Mut, positiven Willen und Nachvorneschauen. Durch die Konfrontation mit dem Unerträglichen soll ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass alles Erreichte sehr schnell verloren gehen kann. Wir alle waren einmal Kinder und wissen daher, wenn wir diese Geschichte lesen, was dieser Junge durchgemacht haben muss. Die Herangehensweise, die Ereignisse dieser Tragödie aus der Sicht eines Kindes zu erzählen ist es, was uns Menschen nachdenklich macht, da wir das Gelesene auf uns selbst ummünzen“, führt der Buchautor aus. Er untersuchte den Angriff der kroatischen HVO-Truppen auf das Dorf Ahmići für das internationale Jugoslawien-Tribunal in Den Haag.

Thomas Obruca kam 1969 in St. Pölten zur Welt und ist mittlerweile fast 34 Jahre lang als Beamter im Innenministerium tätig. In seiner polizeilichen Karriere engagierte er sich stets auch im internationalen Bereich. Er versah zwei UN-Auslandseinsätze in Bosnien und Herzegowina und war als Sonderermittler des Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien mehr als fünf Jahre in Den Haag tätig. Er arbeitet derzeit im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Obruca schreibt in dem Buch über ein Ereignis, das vor mehr als 30 Jahren geschehen ist, das aktueller nicht sein kann. „Es steht somit für Wachsamkeit und dafür, dass Friede, Glück und Wohlstand nicht als selbstverständlich betrachtet werden können. Die Menschen müssen dafür eintreten, immer wieder. Die Geschehnisse derzeit zeigen uns, wie rasch man in seinem alltäglichen Leben mit Dingen konfrontiert werden kann, die aus dem (kollektiven) Alltagsgedächtnis schon lange gelöscht wurden.“

Buchpräsentation

Das Buch wurde am 5. Oktober 2022 im Café Prückel in Wien zweisprachig in Deutsch und Bosnisch präsentiert. An der Präsentation nahmen zwei Delegationen aus Ahmići (Bosnien und Herzegowina) und Adnan Zec, Protagonist des Buches, teil.
Interessante Einblicke in die Aufklärung von Kriegsverbrechen bot Univ.-Prof. Dr. Manfred Nowak, Menschenrechtsexperte und ehemaliger Richter am internationalen Menschenrechtsgericht in Sarajewo. Die Präsentation wurde mit Akkordeonmusik von Franz Gerstl musikalisch untermalt.
Ende Oktober 2022 wurde die englische Ausgabe des Buches in der Heimatgemeinde des Protagonisten in Heerlen/ Niederlande präsentiert. Anlässlich des 30. Gedenktages des Massakers im April 2023 wird das Buch auch in bosnischer Sprache erhältlich sein.

Nicole Felicitas Antal

Thomas Obruca: Ahmići. – Die acht Tage des 13-jährigen Adnan, Verlag Bibliothek der Provinz, 2022, Weitra, www.bibliothekderprovinz.at.


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2022

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