150 Jahre Weltausstellung Wien

Die Polizei und die Expo

Um während der Weltausstellung 1873 in Wien die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gewährleisten zu können, gab es bei der Wiener Polizei eine Reihe von Reformen und Neuerungen.

Weltausstellung 1873 in Wien: Industriepalast mit der Rotunde, dem damals größten Kuppelbau der Welt
Weltausstellung 1873 in Wien: Industriepalast mit der Rotunde, dem damals größten Kuppelbau der Welt © Wien Museum

Weltausstellung im Wiener Prater vor 150 Jahren: Nach London (1851 und 1862) und Paris (1855 und 1867) wurde die fünfte internationale Weltausstellung vom Mai bis Anfang November 1873 in der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien abgehalten. Die Organisatoren wollten eine Schau der Superlative gestalten. Das Expo-Gelände war fünfmal größer als jenes in Paris, es gab 53.000 Aussteller aus 35 Ländern. Zentrales Bauwerk war der Industriepalast mit der Rotunde, dem damals größten Kuppelbau der Welt, und die 800 Meter lange Maschinenhalle. 194 Pavillons wurden errichtet, viele davon in extravaganten Baustilen.
Laut der Programmpublikation sollte die Ausstellung das Kulturleben der Gegenwart und das Gesamtgebiet der Volkswirtschaft darstellen und deren weiteren Fortschritt fördern. 20 Millionen Besucher wurden erwartet, es kamen aber nur 7,25 Millionen. Es hatte 1873 einen Börsenkrach und eine Cholera-Epidemie gegeben.

„Hotel Austria“ am Schottenring in Wien: für die Weltausstellung errichtet; ab 1874 Polizeidirektionsgebäude
„Hotel Austria“ am Schottenring in Wien: für die
Weltausstellung errichtet; ab 1874 Polizeidirektionsgebäude
© Wien Museum

Die k. k. Polizeidirektion Wien bereitete sich jahrelang auf die Weltausstellung vor – mit einer Reihe von Reformen und Neuerungen. Am wesentlichsten war die Gründung der Wiener Sicherheitswache 1869 – vier Jahre vor der Weltausstellung.
Die unter Maria Theresia eingerichtete Militär-Polizeiwache wurde als nicht mehr zeitgemäß angesehen und es begannen Vorbereitungen für die Bildung einer modernen Polizeiwache in Wien – auch in Hinblick auf die Weltausstellung 1873. Die Militär-Polizeiwache wurde als nicht geeignet betrachtet, die Herausforderungen für die Sicherheit bei der Expo meistern zu können. Eduard Graf Taaffe, Minister für Landesverteidigung und öffentliche Sicherheit, schickte im August 1867 Wiens Polizeidirektor Josef Strobach von Kleisberg und Präsidialkommissär August Rauscher nach Paris, wo sie die Vorbereitungen der Polizei für die Weltausstellung beobachteten. Zurück in Wien verfassten Rauscher und Polizeirat Heineis ein Statut über die neue Sicherheitswache und mit Allerhöchster Entschließung vom 2. Februar 1869 genehmigte Kaiser Franz Joseph I. die Auflösung der Militär-Polizeiwache und die Errichtung der k. k. Sicherheitswache. Am 1. Mai 1869 wurden die ersten Bewerber in die neue Sicherheitswache aufgenommen.

Weltausstellungspolizei.

Weltausstellung 1873: Polizisten vor dem „Persischen Haus“
Weltausstellung 1873:
Polizisten vor dem „Persischen
Haus“ © Wien Museum

Wiens reformfreudiger Polizeichef Anton Ritter von Le Monnier war Mitglied der Weltausstellungskommission und stellte zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit bei dieser internationalen Großveranstaltung eine eigene Polizeiabteilung auf. Fremdsprachenkundige Sicherheitswachebeamte bildeten für die Weltausstellung in Wien eine Art „Touristenpolizei“. Anton von Le Monnier starb während der Weltausstellung am 17. Juni 1873 an den Folgen einer Lungenentzündung. Sein Nachfolger wurde der Prager Polizeidirektor Wilhelm Marx von Marxberg.

Verkehrsinspektoren.

Um für das erwartete hohe Verkehrsaufkommen während der Weltausstellung gerüstet zu sein, wurde mit Erlass der k. k. Polizeidirektion Wien vom 12. April 1873 das „Institut der Verkehrsinspektoren“ geschaffen, aus dem später die Verkehrsabteilung entstand. Der Organisationseinheit gehörten 50 besonders ausgebildete Sicherheitswachebeamte an. Hauptaufgabe der Verkehrsinspektoren war die Regelung des Verkehrs in der Innenstadt und an stark befahrenen Straßen. Damals wurden die vier am stärksten befahrenen Straßen als Einbahnen geführt: Die Wollzeile und die Spiegelgasse durften nur stadteinwärts befahren werden; die Kärntner Straße und die Rotenturmstraße stadtauswärts. Mit dem Verkehrsaufkommen stieg die Zahl der Unfälle: 1873 verursachten Fuhrwerke 639 Unfälle mit 17 Toten und 422 Verletzten; zwei Jahre zuvor waren es 420 Unfälle mit neun Toten und 333 Verletzten. Die meisten Unfälle ereigneten sich auf breiten geraden Straßen, auf denen mit höherer Geschwindigkeit gefahren werden konnte. Dazu zählten die Ringstraße, der Franz-Josefs-Kai, die Mariahilfer Straße und die Schönbrunner Straße.

Neue Polizeidirektion.

Wiens Polizeichef Anton von Le Monnier: Mitglied der Weltausstellungskommission
Wiens Polizeichef Anton
von Le Monnier: Mitglied der
Weltausstellungskommission
© Polizeiarchiv

Im Hinblick auf die Weltausstellung wurden in Wien einige Hotels errichtet, unter anderem das Hotel Austria am Schottenring 11. Wegen Platzmangel im Polizeidirektionsgebäude am Petersplatz sollte ein Neubau der Zentrale errichtet werden. Der geplante Neubau wurde aber von der Regierung wegen der hohen Kosten und der als zu lange betrachteten Bauzeit von drei Jahren abgelehnt. Stattdessen wurde von der Austria-Hotel-Aktien-Gesellschaft am 25. August 1874 das Hotel Austria erworben. Gleichzeitig wurde im neunten Bezirk ein Grundstück für die Errichtung eines Polizeigebäudes und des Polizeigefangenhauses angekauft. Die Übersiedlung der Polizeidirektion vom Petersplatz in die neue Zentrale am Schottenring dauerte vom 24. Oktober bis zum 10. November 1874. Für die Übersiedlung der Möbel, Akten und des sonstigen Inventars waren insgesamt 98 Fuhren nötig. Zur Jahreswende 1874/75 wurde in der neuen Polizeidirektion der Betrieb aufgenommen. Dort befand sich auch ein Postamt, an das die Rohrpost angeschlossen war. Das Direktionsgebäude wurde zu Kriegsende 1945 schwer beschädigt und abgerissen. Die Bundespolizeidirektion Wien zog nach Kriegsende in das Palais Erzherzog Wilhelm am Parkring 8 im ersten Bezirk und 1975 in den Neubau am Schottenring 7-9, neben dem Platz, auf dem das frühere Polizeidirektionsgebäude bestand.

Brand der Rotunde.

64 Jahre nach der Expo hatte die Wiener Polizei einen Großeinsatz auf dem ehemaligen Weltausstellungsgelände. Die Rotunde, die ein Wahrzeichen von Wien geworden war, brannte am 17. September 1937 lichterloh. Ein großer Teil der Wiener Sicherheitswache wurde in den Prater abkommandiert, um die vielen Schaulustigen in Bahnen zu lenken und die Straßen für die Einsatzkräfte freizuhalten. Der riesige Kuppelbau war nicht mehr zu retten. Von den ehemaligen Bauten der Expo ist nur der südliche Pavillon für Kunst erhalten geblieben. Darin befinden sich Bildhauerateliers des Bundes. Einige Straßenbezeichnungen im zweiten Bezirk erinnern an die Wiener Weltausstellung, wie die Ausstellungsstraße, Perspektivstraße, Rotundenallee, Zufahrtsstraße, Südportal- und Nordportalstraße.

Werner Sabitzer


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 3-4/2023

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