Drogenbericht Österreich 2022

„Volksdroge“ Cannabis

Cannabis ist in Europa weiterhin die am meisten konsumierte illegale Droge. In Österreich gibt es bis zu 40.000 Menschen, die risikoreich Opioide konsumieren. Der Kokainkonsum steigt wieder an.

2021 befanden sich 26.600 Personen in drogenspezifischer Behandlung
2021 befanden sich 26.600 Personen
in drogenspezifischer Behandlung
© Werner Sabitzer

Bis zu 40 Prozent aller 15 bis 24-Jährigen in Österreich haben mindestens einmal Cannabis konsumiert; bei fünf bis sechs Prozent sind es Ecstasy, Kokain und/oder Amphetamin. Ein bis zwei Prozent konsumieren auf Lebenszeit Opioide und neue psychoaktive Substanzen (NPS). Der Konsum illegaler Substanzen beschränkt sich meist auf eine kurze Lebensphase. 35.000 und 40.000 Menschen, davon etwa die Hälfte in Wien, konsumieren in einem risikoreichen Ausmaß Opioide – meist in Kombination mit anderen illegalen Drogen, Alkohol oder Psychopharmaka. Mehr als drei Viertel davon sind Männer. Acht Prozent der Betroffenen sind unter 25 Jahre alt, 31 Prozent sind 25 bis 34 Jahre, und 61 Prozent sind 35 Jahre oder älter. Die Zahl der Personen, die Opioide vorwiegend intravenös konsumieren, wird auf bis zu 16.000 geschätzt.
Das sind die Kernaussagen des Berichts zur Drogensituation 2022* in Österreich. Der Bericht erfolgte im Auftrag der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) in Lissabon und des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK). Der Bericht bildet den österreichischen Beitrag zur Darstellung der Drogensituation in der EU.
Bei den unter 25-Jährigen in Österreich stagniert der Opioidkonsum. Der Kokainkonsum steigt leicht an. Cannabis wird zum Teil mit synthetischen Cannabinoiden versetzt. Deren Konsum ist mit großen gesundheitlichen Gefahren verbunden.

Pandemie.

Die mittel- bis langfristigen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf Drogenkranke lassen sich noch nicht abschätzen. Durch die Pandemie entstanden zusätzliche Belastungen wie Arbeitsplatzverlust, Ängste und Vereinsamung. Während der Pandemie fielen viele suchtpräventive Maßnahmen aus und viele Betroffene traten eine Suchtbehandlungstherapie nicht an. Das führte zu einer Verschärfung der Drogensucht.

Präventive Maßnahmen bestehen in Österreich zum Großteil auf lokaler oder regionaler Ebene, wobei die auf Länderebene angesiedelten Fachstellen für Suchtprävention eine zentrale Rolle einnehmen. Neue Maßnahmen sind etwa das Lebenskompetenzprogramm „Wetterfest“ für Schülerinnen und Schüler ab der 9. Schulstufe sowie eine Fortbildung, die Ärztinnen und Ärzte in der Primärversorgung mit Techniken des Motivational Interviewings in Bezug auf problematischen Alkohol- und Nikotinkonsum vertraut macht.

Suchtbehandlung.

Die auf Sucht spezialisierten Einrichtungen bieten ein breites Spektrum an Maßnahmen an, wie die Beratung, psychosoziale Betreuung und Behandlung, ambulante und stationäre arzneimittelgestützte Behandlung, ambulante und stationäre Entzugsbehandlung und verschiedene abstinenzorientierte stationäre Behandlungsmöglichkeiten. Diese Angebote sind meist nicht spezifisch auf einzelne Substanzen oder Zielgruppen ausgerichtet, es gibt aber zielgruppenspezifische Maßnahmen, etwa für Kokain- oder Cannabiskonsumierende. Zunehmend bestehen E-Health-Angebote.
2021 befanden sich 26.600 Personen in drogenspezifischer Behandlung, 21.800 von ihnen wegen Opioidkonsums – meist mit polytoxikomanem Konsummuster. 2.650 der Behandelten waren Cannabis-Konsumenten.

Abwassersuchung.

Wie viele illegale Substanzen in einer Stadt konsumiert werden, lässt sich auch über eine Untersuchung der Abwasser schätzen. Seit 2011 gibt es eine europaweite Studie, durchgeführt im Auftrag der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMDD) in Lissabon. 2022 beteiligte sich erstmals Wien an dieser Studie. Wien liegt im Vergleich mit anderen europäischen Hauptstädten im Mittelfeld. In Wiens Abwasser wurden sechs Substanzen untersucht: Kokain, Cannabis, Methamphetamin (Chrystal Meth), Amphetamin (Speed), MDMA (Ecstasy) und Ketamin. Gemessen nach Milligramm Drogenrückständen im Abwasser von 1.000 Menschen liegt Amsterdam an der Spitze, gefolgt von Brüssel, Lissabon, Kopenhagen und Berlin. Wien liegt an 10. Stelle im Ranking von 18 europäischen Hauptstädten. Die geringsten Drogenrückstände im Abwasser wurden in Zyperns Hauptstadt Nikosia gemessen.
Bei Cannabis, Kokain und Ecstasy entdeckte man im Hauptstadt-Ranking in Amsterdam die meisten Rückstände im Abwasser. Wien liegt bei Cannabis auf Platz sechs, bei Kokain auf Platz zehn und bei MDMA („Ecstasy“) auf Platz zwölf.
Unabhängig von der EBDD-Studie analysiert man in Wien das Abwasser seit 2019 viermal im Jahr auf Drogen.
Außer der Hauptstadt Wien wurden andere österreichische Städte auf Drogenrückstände im Abwasser getestet. Kufstein wies bei Cannabis und Kokain den höchsten Wert auf. Ewald Lochner, Geschäftsführer der Sucht- und Drogenkoordination Wien und Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, führt das auf ein Hoch im Skitourismus zum Zeitpunkt der Messung zurück.

Werner Sabitzer

* Busch, Martin; Anzenberger, Judith; Brotherhood, Angelina; Klein, Charlotte; Priebe, Birgit; Schmutterer, Irene; Schwarz, Tanja: Bericht zur Drogensituation 2022. Gesundheit Österreich, Wien 2022. https://goeg.at/drogenberichte_2022  


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 5-6/2023

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