Entschärfungsdienst

Entschärfen unter Wasser

Polizeitaucher aus sechs Nationen übten von 20. bis 31. März 2023 im Rahmen eines Europolprojektes im Wörthersee das Entschärfen von Bomben und anderen gefährlichen Vorrichtungen unter Wasser.

John Eberhardt: „Aufgrund des dichten Mediums Wasser haben die Sprengsätze unter Wasser eine stärkere Wirkung.“
John Eberhardt: „Aufgrund des dichten Mediums Wasser
haben die Sprengsätze unter Wasser eine
stärkere Wirkung.“ © LPD Kärnten

Entschärfungseinsätze unter Wasser sind schwierig und gefährlich. Deshalb sind Wissen, Erfahrung, die nötige Ausrüstung und Technik erforderlich. Auch der Erfahrungsaustausch unter den Mitarbeiter des Entschärfungsdienstes anderer Länder ist wichtig. Das Innenministerium verfügt über erfahrene Spezialisten im Entschärfen unter Wasser und gibt dieses Wissen an Einheiten in anderen Ländern weiter. Im Wörthersee in Kärnten fand im März 2023 ein solcher Erfahrungsaustausch in einem Europolprojekt statt, an dem zwölf Experten aus Portugal, Slowenien, Kroatien, Bulgarien, Tschechien und Deutschland teilnahmen. Für die Koordination der Veranstaltung war Ungarn verantwortlich, vertreten durch den leitenden Kommandeur des Entschärfungsdienstes der ungarischen Nationalpolizei. Weiters nahm ein Vertreter von Europol teil.

Ziel war es, das Wissen der Spezialeinheiten der verschiedenen Länder auf denselben Stand zu bringen. Das Innenministerium war durch vier Einsatztaucher des Entschärfungsdienstes und durch zwei sprengstoffsachkundige Beamte der Polizei in Klagenfurt vertreten. Nach 2018 war dies bereits das zweite derartige Seminar in der Klagenfurter Ostbucht des Wörthersees, die durch ihre topografischen und geografischen Gegebenheiten die optimale Übungsumgebung bietet. Neben einem theoretischen Teil, der unter anderem Präventivmaßnahmen, Tatortarbeit, Tauchmedizin und Gefährdungseinschätzung umfasste, wurde auch praktisch gearbeitet. In verschiedenen Übungsszenarien wurde das Handling mit Wassergewehren, Hydrophon-Messsystemen oder dem Unterwasser-Staubsaugern perfektioniert.

Bei der Polizei gibt es vier Unterwasserentschärfer, die von zwölf Cobra-Einsatztauchern unterstützt werden können
Bei der Polizei gibt es vier Unterwasserentschärfer,
die von zwölf Cobra-Einsatztauchern unterstützt werden
können © LPD Kärnten

Entschärfungen von Sprengvorrichtungen unter Wasser kommen in der Praxis selten vor. Öfter hingegen sei es laut John Eberhardt, vom Entschärfungsdienst des Innenministeriums, die Aufgabe der Entschärfer in Zusammenarbeit mit Tauchern des EKO Cobra bei Staatsbesuchen Gewässer auf mögliche Sprengvorrichtungen zu untersuchen. „Aufgrund des dichten Mediums Wasser haben die Sprengsätze eine stärkere Wirkung. Für den Taucher ist das gefährlicher und daher müssen wir extrem hohe Sicherheitsvorkehrungen treffen“, erklärt Eberhardt.
In Österreich gibt es vier Unterwasserentschärfer bei der Polizei, die von zwölf Einsatztauchern der Cobra unterstützt werden können. Die Verfahren, um sich einer sensiblen Stelle zu nähern, sind aufwendiger. Schon das Auffinden gefährlicher Gegenstände ist aufwendig, da kein Licht unter Wasser verwendet werden darf, Gasblasen oder Geräusche die Vorrichtung zünden könnten. Verdächtige Gegenstände werden nicht geborgen, sondern unter Wasser unschädlich gemacht, mit einer selbst konstruierten Schussvorrichtung, ganz ohne Explosion, sagt Entschärfer Stefan Haslwanter: „Das Unterwassergerät schießt mit hohem Druck auf die Wassersäule im Rohr. Damit versuchen wir, das Zündmittel vom Sprengmittel zu trennen.“ Im Gegensatz zu den Unterwasser-Entminern des Bundesheeres die Altlasten aus den Weltkriegen heben und entschärfen, müssen die Entschärfer der Polizei noch sensibler an die Sache herangehen und meist vor Staatsbesuchen im Vorfeld alle Bedrohungsformen ausschließen.

Die Ausbildung dauert zweieinhalb bis drei Jahre. „Nach der Grundausbildung, die man beim privaten Tauchkurs durchläuft, folgen Szenarien wie Tieftauchgänge, geschlossene Räume, Tauchen im Eiswasser“, sagt Eberhardt. Danach gibt es Kurse zu dem speziellen Material. Das Atemgerät funktioniert geräuschlos und mit einem geschlossenen Kreislauf, um keine Luftblasen abzugeben. Der Umgang damit muss auch erst gelernt werden.
Zudem sind sämtliche Teile der Ausrüstung nicht magnetisch und unter Wasser wird nie ein Licht angeschaltet, sondern mit Nachtsichtgeräten gearbeitet, in der Nacht, aber auch am Tag. Der Grund für diese Maßnahmen ist, dass Druckveränderungen, Geräusche, Metalle und sogar Lichtstrahlen bereits sensible Zündmechanismen auslösen könnten.

S. L.


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 5-6/2023

Druckversion des Artikels (PDF 280 kB)