Geldwäschebericht

Betrug, Scheinfirmen, Steuerdelikte

Die Geldwäschemeldestelle des Bundeskriminalamts verzeichnete 2022 knapp 7.000 Eingänge – um 16 Prozent mehr als 2021. Der Cyber-Betrug bleibt die häufigste Vortat.

Betrug, Steuerdelikte, Urkundenfälschungen, Terrorismusfinanzierung oder Menschenhandel können der Geldwäscherei als Vortat vorgehen. Der Betrug, hier vor allem jede Form des Cyber-Betrugs, blieb Spitzenreiter unter den Vortaten 2022. Der „Tochter-Sohn-Trick“ war eines der häufigsten Betrugsphänomene in den Verdachtsmeldungen an die Geldwäschemeldestelle des Bundeskriminalamts (Austrian Financial Intelligence Unit, kurz A-FIU).
Der im Februar 2022 begonnene Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die Sanktionspakete der Europäischen Union waren weitere Herausforderungen für die Geldwäschemeldestelle. Neben der Unterstützung zuständiger Behörden wurden zahlreiche Verdachtsmeldungen zu Sanktionsumgehungen registriert und an zuständige Behörden weitergeleitet.

Sozialbetrug: Schwarzarbeiter werden in bar bezahlt, wodurch Einkommenssteuern bzw. Sozialabgaben hinterzogen werden
Sozialbetrug: Schwarzarbeiter werden in bar bezahlt,
wodurch Einkommenssteuern bzw. Sozialabgaben
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Die Geldwäschemeldestelle verzeichnete 2022 6.903 Akteneingänge – um rund 16 Prozent mehr im Vergleich mit 2021 (5.952). 6.053 Verdachtsmeldungen erfolgten von meldeverpflichteten Branchen. Das ist ein Anstieg von rund 21 Prozent gegenüber 2021 (4.994). 2.084 dieser Meldungen sind in Form von Analyseberichten an die jeweils zuständigen Strafverfolgungsbehörden zur weiterführenden Ermittlung weitergeleitet worden.
Aufgrund der Zusammenarbeit der A-FIU mit internationalen Partnerdiensten konnte wieder eine Fülle an wichtigen Informationseingängen registriert werden, in Summe waren es 716 Eingänge. Der meiste internationale Informationsaustausch erfolgte mit den Partnern in Deutschland und Malta.

Die Meistmelder stellten weiterhin Banken oder Finanzinstitute mit 76 Prozent aller Meldungen dar. Ein Fünftel aller Meldungen erfolgte von Kryptobörsen. Die restlichen stammten von Notariaten, rechtsberatenden Berufen, Steuerberatungskanzleien, Wirtschafts-treuhändern und Wirtschaftstreuhänderinnen, Versicherungen oder von Glückspielanbietern.
Aufgrund des Austausches mit den Meldeverpflichteten sowie Partnerbehörden stellte die Geldwäschemeldestelle sicher, dass die Sensibilität für Geldwäsche gestärkt wird und aktuelle Phänomene, Muster und Trends an die Meldeverpflichten weitergegeben werden.
Dies zeigte auch der erneute Anstieg der Zahl an Verdachtsmeldungen 2022. Neben der Steigerung der Achtsamkeit konnte die A-FIU die Qualität der Meldungen erhöhen, was den Ermittlungsbehörden hilft. Zur Bekämpfung von Geldwäscherei spielt die Nachverfolgung des Finanzflusses der Täter und die Zusammenarbeit des privaten Sektors, der Gelwäschemeldestelle und der Aufsichtsbehörden eine entscheidende Rolle. Auch das auf europäischer Ebene einzigartige Rückmeldesystem der A-FIU an den Verdachtsmitteilungserstattenden sowie Warnmitteilungen zu aktuellen Modi Operandi tragen dazu bei.

Transaktionsverbote und Sicherstellungen.

Die Geldwäschemeldestelle, als Teil der Sicherheitsbehörden, kann ein vorläufiges Transaktionsverbot aussprechen und hat die Möglichkeit, sich direkt an die Staatsanwaltschaft bzw. Kriminalpolizei zu wenden und eine dauerhafte Beschlagnahme der bedenklichen Vermögenswerte anzuregen, über die die Staatsanwaltschaft zu entscheiden hat. Dies passiert in der Praxis in den meisten für Sicherstellungen relevanten Fällen. 2022 hat es 69 Anregungen der A-FIU bei der Staatsanwaltschaft zur vermögensrechtlichen Anordnung zur Sicherstellung gegeben. Dabei konnten 2,2 Millionen Euro sichergestellt und für Opferentschädigungen gesichert werden. Die Sicherstellung erfolgte durch Kooperation der A-FIU, Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft.
81 rechtskräftige Verurteilungen wurden 2022 wegen Geldwäscherei verzeichnet – um 5 Prozent weniger als 2021. Die häufigsten feststellbaren Vortaten waren Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz, Betrügereien, Diebstähle, Veruntreuung, Urkunden- und Kridadelikte.

Sanktionsumgehung durch Weißrussland.

Geldwäsche: Der Cyber-Betrug bleibt die häufigste Vortat
Geldwäsche: Der Cyber-Betrug bleibt die häufigste Vortat
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Bereits im Februar 2022 konnten Mitarbeiter der A-FIU erhöhte Finanzströme von Weißrussland in den Euroraum und wieder retour feststellen. Es wurden günstige Wechselkurse genutzt, um weißrussische Rubel zunächst in Euro und wieder zurück zu wechseln. Dazu wurden zahlreiche Barbehebungen mit weißrussischen Bankomatkarten bei österreichischen Bankomaten in Euro vorgenommen, um anschließend das Bargeld auf Eurokonten wieder einzuzahlen und nach Weißrussland zu transferieren. Dort wurde dann das Geld in weißrussischen Rubel behoben. Das brachte den Beteiligten eine sehr hohe Rendite durch die Bereitschaft weißrussischer Banken für einlangende Euro-Devisen derart günstige Wechselkurse anzubieten, dass sogar die Wechselgebühren im Euroraum damit kompensiert wurden. Das ist wahrscheinlich auf die EU-Sanktionen gegen Weißrussland zurückzuführen. Denn das Barverkehrsverbot mit weißrussischen Unternehmen auf europarechtlicher Ebene wurde durch ein generelles Transaktionsverbot mit der weißrussischen Zentralbank oder von ihr kontrollierte Unternehmen ergänzt.
Die Sanktionen waren vermutlich ausschlaggebend für den hohen Bedarf an Divisen und den daraus resultierenden ungewöhnlich attraktiven Wechselkurs. Schlussendlich konnte der Verdacht einer vorsätzlichen Sanktionsumgehung durch die Beteiligten nicht bestätigen werden, allerdings führte die sofort folgende Warnmitteilung der A-FIU zur möglichen Sanktionsumgehung zum sofortigen Verschwinden dieses Geschäftsmodells.

Scheinfirmen und Abgabenhinterziehung.

Die aus Scheinfirmen-Konstrukten resultierende Abgabenhinterziehung beschäftigte die Geldwäschemeldestelle auch 2022 verstärkt. Speziell im Baugewerbe ließ sich die Methode zur Gründung von mehrstufigen Scheinfirmen-Konstrukten feststellen, um Sozialabgaben im großen Stil zu entziehen und Steuern einzusparen. Die mehrstufigen Strukturen an Scheinfirmen werden mit dem Zweck gegründet, gewinnmindernde Aufwände zu erzeugen um damit steuermindernd Vermögen aus dem Unternehmen abzugreifen. Dadurch sollen Schwarzarbeiter in bar bezahlt werden und Einkommenssteuern bzw. Sozialabgaben vermieden werden.
Als Scheinfirmen werden überwiegend Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHs) genutzt und ein Strohmann agiert nach außen als deren Geschäftsführer. Die Aktivität dieser Scheinfirmen beschränkt sich auf das Legen von Scheinrechnungen. Dies erfolgt in einer Kette hintereinandergeschalteter Rechnungen, die dem jeweiligen Vorunternehmen für Leistungen, die diese tatsächlich niemals erbracht haben, ausgestellt werden. Damit verfügen die in der Kette vorgeschalteten Unternehmen auch über die notwendigen Belege zur Vornahme gewinnmindernder Buchungen. Auf der untersten Ebene erfolgen die Barbehebungen für Kick-back-Zahlungen an übergeordnete Unternehmen zur Bezahlung der Schwarzlöhne. Für die A-FIU stellt die Aufdeckung und Bekämpfung von Scheinunternehmen mithilfe der meldeverpflichteten Berufsgruppen, insbesondere den Banken, einen gemeinsamen Schwerpunkt mit dem Amt für Betrugsbekämpfung dar. Durch die Veröffentlichung des Szenarios zur Geldwäsche durch Scheinunternehmen 2021 und den anschließend erfolgten zahlreichen Verdachtsmeldungen der Banken wurden die Dimensionen der vorenthaltenen Sozialleis­tungen und hinterzogenen Abgaben aufgezeigt. So wurden in den vergangenen zwei Jahren über 600 Millionen Euro von Scheinfirmen in bar zur Bezahlung von Schwarzarbeitenden behoben und keine Abgaben hierfür geleistet. Die Vielzahl an Verdachtsmeldungen hierzu deuten auf eine hohe Dunkelziffer.
Bei Scheinunternehmen muss die Vermögenssicherung rasch erfolgen, um zu verhindern, dass sich die Spur des Geldes im Barverkehr verliert. Die Begründung für behördliche Sicherstellungsmaßnahmen muss mit konkreten Tatsachen belegt werden, was sich in der Regel oft erst im Laufe langwieriger Ermittlungen erheben lässt. Die A-FIU bleibt hier jedoch in Zusammenarbeit mit ihren Partnerbehörden – vor allem mit dem Amt für Betrugsbekämpfung – dran.

Ausblick.

Das ausstehende Geldwäschepaket der Europäischen Kommission und die darin beinhaltete Harmonisierung des europäischen Geldwäscherechts sowie die Einführung der EU-Behörde zur Geldwäschebekämpfung (Anti-Money Laundering Authority, kurz: AMLA) als neue Aufsichtsbehörde zur Bekämpfung der Geldwäsche werden erwartet. Diese neuen Grundlagen werden einige Änderungen in der Arbeit der europäischen FIUs mit sich bringen. Weiters sind technische Vereinfachungen zur besseren Analyse von Verdachtsmeldungen geplant, die das stets wachsende Meldevolumen an Verdachtsmeldungen zielführender verarbeitbar machen soll.
Zudem beginnt voraussichtlich 2024 die Überprüfung des österreichischen Systems der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch die Financial Action-Taskforce, einem internationalen Gremium mit Sitz bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Paris.

Mathias Berger

Geldwäschetagung

Expertenaustausch

Die jährliche Geldwäschetagung der A-FIU fand vom 5. bis 6. Oktober 2023 in Zusammenarbeit mit der WKO und anderen Partnern sowie unter Eröffnung durch Innenminis ter Gerhard Karner statt. Neben Vorträgen nationaler sowie internationaler Expertinnen und Experten wurde der Geldwäschejahresbericht 2022 sowie ein praktischer Fall aus der A-FIU präsentiert. Es gab Diskussion mit hochkarätigen Diskutanten sowie drei branchenspezifische Workshops von und mit Vertretern der Finanzmarktaufsicht, des Notariatskammertags, des Rechtsanwaltskammertags, der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, der Wirtschaftskammer, des Bundeministeriums für Finanzen und des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft. Hierbei wurde ein breites Themenfeld für alle Teilnehmer aus den verschiedensten Aufgabengebieten abgedeckt.


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 11-12/2023

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