Polizeimuseum Wien

Objekt des Monats September: Fahrradausweis

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab die Polizei in Wien Fahrradausweise und Fahrradkennzeichen aus. Zu den Beständen des Polizeimuseums Wien gehört ein solcher Fahrradausweis, ausgestellt 1946 auf den Namen Anton Karas.

Mit Kundmachung vom 29. September 1945 ordnete die Polizeidirektion Wien die Registrierung von ein- und mehrspurigen Fahrrädern in Wien an. Die Registrierung erfolgte mit einem amtlichen Antragsformular vom 8. bis 30. Oktober 1945 in den Bezirkspolizeikommissariaten. Die Polizeibehörde stellte einen Fahrradausweis auf den Besitzer aus und übergab das amtliche Fahrradkennzeichen. Das Kennzeichen wurde auf der linken Seite der Vorderradnabe befestigt. Die Fahrradbesitzer mussten eine geringe Verwaltungsgebühr und einen Kostenersatz für das Kennzeichen entrichten.
Der Fahrradausweis musste bei jeder Fahrt mitgeführt und auf Aufforderung eines Kontrollorgans vorgewiesen werden, ansonsten konnte der Lenker bestraft und das Fahrrad beschlagnahmt werden. Die Wohnsitzänderung oder ein Besitzwechsel musste dem Bezirkspolizeikommissariat innerhalb von 48 Stunden gemeldet werden. Der Ausweis wurde in Deutsch und in den Sprachen der Besatzungsmächte (Russisch, Englisch und Französisch) ausgestellt.

Vom Polizeimuseum Wien konnte vor Kurzem eine größere Sammlung mit historischen Polizeiobjekten erworben werden, darunter ein viersprachiger Fahrradausweis der Wiener Polizei aus dem Jahr 1946, ausgestellt auf den Fahrradbesitzer Anton Karas aus Wien-Ottakring. Der Inhaber des Dokuments war aber nicht ident mit dem Wiener Zitherspieler Anton Karas, der mit der Melodie "Harry-Lime-Thema" im Nachkriegsfilm "Der dritte Mann" weltbekannt wurde.

Die sowjetische Besatzungsmacht ordnete an, dass in ihrer Zone jeder Fahrradbesitzer einen Ausweis mitzuführen hat, der auch in russischer Sprache Vor- und Zuname, die Adresse des Fahrradbesitzers sowie Marke und Nummer des Fahrrades zu enthalten hatte. Ausgestellt wurde der Ausweis vom Bürgermeister oder von einem von ihm bestellten Organ. Wies ein Lenker keinen Ausweis vor, konnte das Fahrrad von den Besatzungssoldaten beschlagnahmt werden.

Fahrradkennzeichen 1937

Schon im Ständestaat gab es Fahrradkennzeichen sowie Ausweise für Fahrradbesitzer. Die Stadt Wien führte im September 1937 Nummern für Fahrräder ein und kassierte eine Abgabe in der Höhe von sechs Schilling jährlich. Mit dem Kennzeichen wurde eine Ausweiskarte ausgegeben, die bei Ausfahrten mitgeführt werden musste. Bei einem Verkauf des Fahrrads musste der Verkäufer das Kennzeichen der Polizeibehörde zurückgeben; der Käufer holte sich eine neue Nummer. Die Fahrräder des Bundes und der Länder hatten besondere Kennzeichen. Die Fahrradabgabe war mit einer Haftpflichtversicherung verbunden. Niederösterreicher, die mit dem Fahrrad nach Wien pendelten, mussten sich ebenfalls eine Nummer holen. In anderen Bundesländern, darunter Niederösterreich, Oberösterreich und Kärnten wurden ebenfalls Fahrradkennzeichen ausgegeben.
Bald nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten im März 1938 wurde die Verordnung der Stadt Wien abgeschafft und auch in den anderen Bundesländern, in denen Fahrradkennzeichen ausgegeben wurden, verzichteten die Behörden auf die Einhebung Fahrradabgabe.

Polizeimuseum Wien

Das Polizeimuseum Wien in der Marokkanerkaserne in Wien-Landstraße wird von der Abteilung I/8 (Protokoll und Veranstaltungsmanagement) des Bundesministeriums für Inneres betreut. Zu den Aufgaben der Abteilung gehören unter anderem die Bereiche Traditionspflege und Exekutivgeschichte.
Kontakt: BMI-I-8@bmi.gv.at

Text: Werner Sabitzer

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab die Polizei in Wien Fahrradausweise und Fahrradkennzeichen aus.
Foto: ©  BMI/Werner Sabitzer
Viersprachiger Fahrradausweis aus der Besatzungszeit, ausgestellt von der Polizeidirektion Wien.
Foto: ©  BMI/Werner Sabitzer

Artikel Nr: 18098 vom Donnerstag, 10. September 2020, 09:00 Uhr
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