Polizeiärzte

Fortbildung in Taktischer Medizin

Polizeiärzte wurden in der Anwendung des „Taktischen Sanitätskonzepts“ in der Verwundetenversorgung geschult.
Polizeiärzte wurden in der Anwendung des „Taktischen
Sanitätskonzepts“ in der Verwundetenversorgung
geschult. © BMI

Polizeiärztinnen und Polizeiärzten der Landespolizeidirektionen wurde Ende Oktober 2021 auf dem Gelände des Einsatzkommandos Cobra in Wiener Neustadt das „Taktische Sanitätskonzept“ des Bundesministeriums für Inneres präsentiert und im Szenarientraining geübt.

Martin Schlagenhaufen, Chefinspektor beim EKO Cobra, hatte mit seinem Team sowie TSK-GSOD-Trainern (Großer Sicherheits- und Ordnungsdienst der Polizei) aus der Steiermark, dem Chefarzt der Berufsrettung Wien, Mario Krammel und einem seiner Oberärzte, Daniel Grassmann, ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, um den teilnehmenden Polizeiärztinnen und Polizeiärzten der Landespolizeidirektionen die taktische Medizin näherzubringen.

(c)ABCDE-Schema.

Bei der taktischen Verwundetenversorgung gilt besonderer Bedacht auf die Gefährdungslage und das (c)ABCDE-Schema für standardiserte Abläufe: c) Catastrophical Bleeding; (A) Airway (Atemweg checken); (B) Breathing (Atmung checken); (C) Circulation (Kreislauf checken), (D) Disability (neurologische Beeinträchtigungen checken), (E) Exposure (weitere Verletzungen, Beschwerden, Umwelt- Wärmeerhalt).
Maßnahmen wie Blutstillung, Sicherung des Atemwegs und Rettung aus der Gefahrensituation sind prioritär. Auch TVV-Material-Skills waren Teil der Fortbildung: Darunter versteht man die Übung mit dem verwendeten Material, z. B. Wundverbände oder eine Rettungsdecke zur raschen und sicheren Anwendung. Eine kritische Blutung etwa muss zuerst behandelt werden, selbst wenn sich der Notfallpatient noch in einer „heißen“ Zone (höchste Gefahr) befindet.

Das Taktische Sanitätskonzept

Das Taktische Sanitätskonzept des Bundesministeriums für Inneres orientierte sich bei der Einführung an international anerkannten Konzepten, unter anderem an der militärischen Verwundeten-Versorgung. Vorbild war das sogenannte „Combat Medic-Modell“ der US-amerikanischen Spezialkräfte. Dieses unterscheidet sich sowohl in Aufgaben als auch Befugnissen von Modellen ziviler Blaulichtorganisationen.
Basierend auf den Prinzipien der „Taktischen Verwundeten-Versorgung“ (TVV) im militärischen Kampfeinsatz wurden für die Einsatzbeamten von Sonder- und Spezialeinheiten sowie für Polizeisanitäter entsprechende Adaptierungen und Weiterentwicklungen vorgenommen.
Das „Taktische Sanitätskonzept“ des Innenministeriums fußt auf TVV-Schulungen des EKO Cobra und wurde in weiteren Schritten auf andere Einheiten der Polizei, wie die Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (WEGA), und später auf die Sanitäterinnen und Sanitäter des GSOD ausgeweitet.

Erste Hilfe-Ausrüstung.

Eine auf extreme Bedürfnisse angepasste Erste Hilfe-Ausrüstung führen sämtliche Cobra- und WEGA-Beamte in einer an der Schutzausrüstung montierten Sanitätstasche mit sich. Die schnelle Greifbarkeit ist vor allem bei lebensbedrohlichen Verletzungen von großem Nutzen und erhöht die Sicherheit der eingesetzten Beamtinnen und Beamten wesentlich. „Grundsätzlich steht in der TVV die Taktik und nicht die Medizin im Vordergrund, das heißt, zuerst die taktische Lage in den Griff zu bekommen, damit man zielgerichtet Erste Hilfe-Maßnahmen setzen kann. Man trainiert es in einer Vielzahl von Wiederholungen“, erklärt Schlagenhaufen. Aufgrund der vielseitigen Trainingsmöglichkeiten im Hauptquartier des EKO Cobra und die professionelle Vortragstätigkeit der beteiligten Ausbildenden konnten die Ärztinnen und Ärzte die Fortbildungstage optimal nutzen. Da sie die Fachaufsicht über die Polizeisanitäterinnen und -sanitäter der Landespolizeidirektionen innehaben, war es wichtig zu sehen, welche Trainingsinhalte vermittelt wurden. Die Einblicke ins „Taktische Sanitätskonzept“ des Innenministeriums war für alle eine Abwechslung zum sonstigen Tätigkeitsbereich der Ärztinnen und Ärzte, wie zum Beispiel die Begutachtung von Körperschäden oder Toten, die Untersuchung von Lenkern oder die Feststellung von Haftfähigkeit.

Zur Fortbildung

Zur Fortbildung auf dem Gelände des Einsatzkommandos Cobra in Wiener Neustadt hatte die Abteilung I/10 (Medizinische und Gesundheitsangelegenheiten) des Bundesministeriums für Inneres geladen. 26 Ärztinnen und Ärzte, darunter der Chefarzt der Landespolizeidirektion (LPD) ­Wien, Wilhelm Saurma, und sein Stellvertreter Gerald Bodner sowie die Chefärztinnen der LPD Burgenland, Elisabeth Unger, und der LPD Steiermark, Gabriele Kraxner, nahmen teil. Die LPD Vorarlberg war mit Wilhelm Gruber und Matthias Hohlrieder vertreten.

Tipp für die Reanimation.

Ist man in der Beatmung nicht geübt, sollte man nur die Herzdruckmassage durchführen. Achtung auf richtigen Druckpunkt und Eindrücktiefe sowie eine Frequenz von etwa 100 Druck pro Minute. Ein Blutkreislauf kann nur zustande kommen, wenn die Herzmassage rhythmisch ist. Man sollte sich, wenn möglich, bei der Massage abwechseln, bevor man ermüdet.

Nicole Felicitas Antal


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 1-2/2022

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