Justizgeschichte

„Geständnisse“ unter Folter

Bis vor 300 Jahren wurden im Gurktal in Kärnten Frauen und Männer hingerichtet, die unter der Folter gestanden hatten, „Wettermacher“ und „mit dem Teufel im Bunde“ zu sein.

Streckbank (Schloss Roggendorf): Auf einem solchen Foltergerät „gestand“ Klement Reibeis, „mit dem Teufel im Bunde“ gewesen zu sein.
Streckbank (Schloss Roggendorf): Auf einem solchen
Foltergerät „gestand“ Klement Reibeis,
„mit dem Teufel im Bunde“ gewesen zu sein.
© Werner Sabitzer

Die Folterknechte banden ihm die Hände auf dem Rücken zusammen, befestigten ein Seil und zogen ihn auf der Streckbank in die Höhe. Um die Qual zu erhöhen, banden sie Steingewichte an seine Beine. Die Schmerzen wurden unerträglich, schließlich „gestand“ der Gefolterte vor dem Richter Heinrich Kröll, was man von ihm hören wollte: Er wäre am Sonnwendtag 1658 vom Zammelsberg auf einem Stab ins Tal hinuntergeflogen und hätte seine Seele schon sechs Jahre zuvor auf der Flattnitz dem Teufel verschrieben. Der Teufel hätte ihm Blut abgenommen und ihn zum Zaubern aufgefordert.
Der Gefolterte war Klement Reibeis, ein 50-jähriger Bauer vom Grantenbichl bei Weitensfeld im Gurktal. Er war von einem Bauern beim Landgericht Straßburg als „Wettermacher“ angezeigt worden. Straßburg war Residenz des Gurker Bischofs. Mit dem vom Richter in Straßburg als „bei guter Vernunft, beredt, aber töricht“ eingestuften Reibeis wurde auch Herfried Lienhard „peinlich befragt“. Dieser bezichtigte unter der Folter Klement Reibeis verschiedener Untaten. Nach der Folter widerrief Klement Reibeis sein „Geständnis“ und versprach, fromm zu leben und Wallfahrten zu unternehmen. Als er daraufhin neuerlich gefoltert wurde, wiederholte er sein „Geständnis“, dass er „Wetter gemacht“ hätte und gab an, dass Herfried Lienhard einmal mit ihm „mitgeflogen“ wäre.
Die Folterknechte wollten von Reibeis die Namen weiterer Beteiligter erfahren, insbesondere interessierte es sie, ob die Schoberbäuerin Liedlin am Kogel ihm bei der „Zauberei“ geholfen hätte. Reibeis „bekannte“ beim „zweiten Aufzug“ auf der Streckbank, die Liedlin hätte ihm zwei Salben gegeben, aber nur zur Heilung von Verletzungen. Die „Zaubersalbe“ hätte er vom Teufel auf der Alm am Schober bekommen. Auch ein „Rezept“ für das „Schauermachen“ war Reibeis unter der Folter zu entlocken: Er sagte, er hätte dazu weiße Frischlingswolle verwendet, vermischt mit Schnee. Dem „Hexer“ Klement Reibeis blieben wegen seines Alters weitere Folterungen erspart. Er wurde am 2. Oktober 1658 im Straßburger Rathaus zum Tod verurteilt und auf der Richtstätte zwischen Straßburg und Mellach enthauptet. Die Leiche wurde verbrannt.
Im Gurktal gab es bis zum frühen 18. Jahrhundert eine Reihe von Hexereiprozessen. 1673 erhielten zwei „geständige“ Frauen vom Landgericht Straßburg einen strengen Verweis, nachdem sie der „Wolfsbannerei“ beschuldigt worden waren, das heißt, sie hätten einen Teufelsbund geschlossen, um einen Wolf befehligen zu können, der dann Vieh niederreißt. Die beiden Frauen hatten sich in Widersprüche verwickelt, ihnen konnte aber kein Schaden durch die Wolfsbannerei nachgewiesen werden. 1631 wurde in Althofen ein gewisser Hansl Winkler der Wolfsbannerei angeklagt und 1686 standen in Straßburg einige Menschen wegen Zauberei vor dem Richter. 1691 und 1719 wurden beim Landgericht Althofen zwei Männer als „Wettermacher“ angeklagt; es kam aber in beiden Fällen zu keiner Verurteilung.
Am 14. Juni 1714 wurde in Straßburg die „Giftmischerin“ Maria Greißerin mit dem Schwert hingerichtet. Im August 1663 wurden in Straßburg sieben Menschen wegen Zauberei „zum Schwerdt und Prandt condamniert“, ein achter Angeklagter erhielt eine Prügelstrafe.

Werner Sabitzer

Folter

Rechtsgrundlage 

Rechtsgrundlage für die Anwendung der Folter war die am 27. Juli 1532 auf dem Reichstag zu Regensburg unter Kaiser Karl V. zum Reichsgesetz erhobene „Peinliche Halsgerichtsordnung“ (Constitutio Criminalis Carolina), das erste allgemeine deutsche Strafgesetzbuch. Die „Carolina“ umfasste 219 Artikel, die sich unter anderem mit Delikten wie Hexerei und Zauberei sowie mit Strafen wie Verstümmelung oder Verbrennung befassten. Die Folter als Mittel zur Erlangung von Geständnissen war genauen Regeln unterworfen. Die landesfürstlichen Bannrichter und einzelne Landrichter in Kärnten zogen für die Strafverfahren außerdem die Peinliche Landgerichtsordnung von Ferdinand III. („Ferdinandea“) aus dem Jahr 1656 heran. Darin war die Feuerstrafe für Hexerei vorgesehen.
Die verhängnisvolle Folter im Strafverfahren wurde 1776 von Kaiserin Maria Theresia abgeschafft. Davor hatte unter anderem der Chirurg Ferdinand von Leber die Herrscherin mehrmals auf die

Widersinnigkeit und Grausamkeit der Folter hingewiesen. Leber wurde später Leibarzt Maria Theresias.

Quellen/Literatur:

  • Dienst, Heide (Hg.): Hexenforschung aus österreichischen Ländern. Österreichische Hexenforschung, Band 1 (Publikationen des Österreichischen Arbeitskreises für interdisziplinäre Hexen- und Magieforschung. Lit Verlag, Wien, 2009.
  • Obersteiner, Jakob: Randnotizen zur Stadtgeschichte von Straßburg. In: Carinthia I, 165. Jg., 1975, S. 225-243.
  • Pirker, Franz: Aus der Ortsgeschichte von Weitensfeld im Gurktale. Sammlung von Geschichtsbildern, 1982 (unveröffentlicht).
  • Wutte, Martin: Hexenprozesse in Kärnten. In: Carinthia I, 117. Jg., 1927, S. 27-67.

Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 7-8/2022

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