Polizeigeschichte

100 Jahre Polizeidirektion Salzburg

In der Landeshauptstadt Salzburg wurde am 1. Juli 1922 eine Polizeidirektion eingerichtet. Die Bundesbehörde ging mit der Sicherheitsbehördenreform 2012 in der Landespolizeidirektion auf.

Landespolizeidirektion Salzburg in der Alpenstraße: 1922 wurde die städtische Polizei in eine Bundesbehörde umgewandelt.
Landespolizeidirektion Salzburg in der Alpenstraße: 1922 wurde die städtische Polizei in eine Bundesbehörde umgewandelt.
© LPD Salzburg

Nach dem Ende der Monarchie und der Errichtung der Republik (Deutsch-)Österreich plante das Staatsamt des Innern, in den Landeshauptstädten eine Polizeidirektion des Bundes mit einem eigenen Wachkörper zu schaffen. Ein entsprechender Erlass vom 28. Februar 1919 wurde an die Landesregierungen und an den Finanzminister gerichtet. Das Vorhaben wurde aber vorerst nicht umgesetzt. Am 22. Februar 1922 wandte sich Bundeskanzler Johann Schober (die inneren Angelegenheiten waren damals dem Bundeskanzleramt zugeordnet) mit dem gleichen Anliegen an die Länder. Schober, ab 1918 Polizeichef von Wien, war auch Politiker und mehrmals Bundeskanzler, Vizekanzler und Bundesminister. Die erste Landeshauptstadt, in der eine Bundespolizeidirektion eingerichtet wurde, war Salzburg mit 1. Juli 1922. Die „Städtische Sicherheitswache“ wurde zu einer Bundessicherheitswache. Der Gemeinderat in Salzburg hatte schon Ende 1919 angemerkt, dass sich die Stadt die steigenden Kosten für die Polizei auf längere Zeit nicht mehr leisten könne und wollte, dass der Bund wie in Graz 84 Prozent der Kosten übernimmt, weil die Aufrechterhaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit „im Interesse des ganzen Staates gelegen“ sei. Die Regierung wollte aber vollständig über das Stadtpolizeiamt verfügen, dem damals 120 Bedienstete angehörten, davon 85 Sicherheitswachebeamte in sieben Wachzimmern und zehn Kriminalbeamte.

Mit der Errichtung und Organisation der Polizeidirektion Salzburg wurde Dr. Otto Steinhäusl (1879–1941) betraut. Der Polizeijurist war ein enger Mitarbeiter des Wiener Polizeipräsidenten Johann Schober und wurde im Juli 1922 Leiter der Polizeidirektion Salzburg. Ende 1931 kam er in die Polizeidirektion Wien zurück und leitete ab April 1932 das Sicherheitsbüro. Am 1. Jänner 1933 wurde er Leiter der kriminalpolizeilichen Approbationsgruppe (Abteilung II) der Polizeidirektion Wien. Steinhäusl schloss sich früh den Nationalsozialisten an und war beim nationalsozialistischen Putschversuch am 25. Juli 1934 beteiligt. Die Aufständischen bezeichneten ihn bereits als „Polizeipräsident“. Nach der Niederschlagung des Putschversuchs wurde Steinhäusl wegen Beteiligung am Hochverrat im Dezember 1935 vom Militärgerichtshof zu sieben Jahren schweren Kerkers verurteilt und aus dem Bundesdienst entlassen. 1936 wurde er amnestiert. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich im März 1938 wurde Steinhäusl auf Betreiben Ernst Kaltenbrunners am 13. März 1938 mit der kommissarischen Leitung der Polizeidirektion Wien betraut. Im Juli 1938 wurde er zum SS-Oberführer ernannt. Als Wiener Polizeichef wurde Steinhäusl im April 1938 auch Präsident der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation, der späteren Interpol. Am 18. Jänner 1940 wurde er offiziell zum Polizeipräsidenten von Wien ernannt. Er war auch Mitglied des Reichstags. Im Herbst 1939 erkrankte Steinhäusl an Krebs und starb am 20. Juni 1940 in Wien.
Sitz der neuen Polizeidirektion war der Toskanatrakt in der Churfürststraße 1. Die Sicherheitswache blieb noch einige Zeit in der Getreidegasse 56. Ab Februar 1924 bestand in der Polizeidirektion ein Wachzimmer.
Eine Besonderheit wurde im Übereinkommen vom 19. Mai 1922 zwischen Bund und Salzburg festgeschrieben. Nach § 4 des Übereinkommens wurde festgelegt, dass die Bundesverwaltung „im Polizeidienste stets nur Personen deutscher Volkszugehörigkeit anstellen und verwenden“ werde, und die Amtssprache der Bundespolizeibehörde werde „stets die deutsche sein“.

Generaldirektion und Sicherheitsdirektionen.

Salzburger Polizisten: Die 1922 eingerichtete Polizeidirektion Salzburg war im Toskanatrakt untergebracht.
Salzburger Polizisten: Die 1922 eingerichtete Polizeidirektion
Salzburg war im Toskanatrakt untergebracht.
© Sem/Polizeiarchiv

Die instabile innenpolitische Lage in den 1930er-Jahren führte dazu, dass die Bundesregierung die Sicherheitsstruktur neu organisierte. Mit Erlass des Bundeskanzleramtes vom 23. September 1930 entstand im Bundeskanzleramt die „Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit“ als oberste Sicherheitsbehörde. Knapp drei Jahre später wurde unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß mit Verordnung vom 13. Juni 1933 (BGBl. 226/1933) in jedem Bundesland – zeitlich befristet bis Jahresende – ein Sicherheitsdirektor bestimmt, der dem Bundeskanzleramt direkt unterstellt war. Die Sicherheitsdirektoren nahmen wesentliche Sicherheitsaufgaben wahr, für die zuvor die Landeshauptleute zuständig waren. Mit 1. Jänner 1934 wurden die Sicherheitsdirektoren neu bzw. wiederbestellt, ab Jänner 1935 gab es keine zeitliche Begrenzung mehr.
Erster Sicherheitsdirektor in Salzburg war Bundesheer-Generalmajor Arthur Wimmer. Ihm folgte 1934 Polizeidirektor Rudolf Scholz und im gleichen Jahr bis zum „Anschluss“ im März 1938 der Gendarmerieoffizier Ludwig Bechinie-Lazan, der von den Nazis verhaftet und am 2. April 1938 in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert wurde. In diesem Häftlingstransport befanden sich auch Salzburgs Polizeidirektor Viktor Ingomar, der Salzburger Kriminalbeamte Wilhelm Ackermann und der Gendarmeriebeamte Johann Lackner. Bechinies Frau, die schwer krank war, starb am Tag seiner Einlieferung in das KZ. Am 15. Juli 1941 wurde Ludwig Bechinie in das KZ Buchenwald eingeliefert, mit einem „Invalidentransport“ in die Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein gebracht und dort mit Giftgas getötet.

Weitere Bundespolizeibehörden.

Nach Salzburg dauerte es fünf Jahre, bis die nächste Bundespolizeibehörde in einer Landeshauptstadt eingerichtet wurde, und zwar die Polizeidirektion in Linz (1. April 1927. Es folgten Bundespolizeikommissariate in Eisenstadt (25. November 1924) sowie in Innsbruck (10. März 1933), das mit 1. Jänner 1936 zur Bundespolizeidirektion aufgewertet wurde. Weitere Kommissariate entstanden in Klagenfurt (1929), Steyr (1. Juli 1930), Wels (1. Juli 1931), Villach (1. September 1931), Wiener Neustadt (1936) und in St. Pölten (1. März 1938). Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten im März 1938 wurde das Sicherheitswesen jenem des Deutschen Reichs angepasst.

Zweite Republik.

Nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes wurde mit dem Behördenüberleitungsgesetz 1945 wieder die behördliche Struktur eingesetzt, wie sie vor der NS-Machtübernahme im März 1938 bestanden hatte. Neue Bundespolizeibehörden kamen im Lauf der Jahre hinzu – im Jahr 1948 das Bezirkspolizeikommissariat Leoben und – nach der Ausgliederung aus Groß-Wien – das BPK Schwechat. Das BPK Villach wurde 1948 wiedererrichtet; seit 1938 war es als Polizeiamt der Polizeidirektion Klagenfurt unterstellt. Ab 1955 gab es in Eisenstadt wieder ein Bundespolizeikommissariat, das 1961 in eine Bundespolizeidirektion umgewandelt wurde.
Auch in Mödling in Niederösterreich bestand ein Bundespolizeikommissariat, allerdings nicht lange: Es wurde mit Verordnung der Bundesregierung vom 26. Oktober 1954 über Verlangen einer Besatzungsmacht eingerichtet und nach der Staatsvertragsunterzeichnung mit Verordnung vom 25. Oktober 1955 wieder aufgelöst.
Mit Jahresbeginn 1977 wurden die sieben Bundespolizeikommissariate zu Bundespolizeidirektionen erhoben. Somit gab es in Österreich 14 Bundespolizeidirektionen. Ende September 1985 wurde in der Alpenstraße 90 die neu errichtete Polizeidirektion offiziell eröffnet.

Sicherheitsbehördenreform.

Mit der am 1. September 2012 in Kraft getretenen Sicherheitsbehördenreform wurden die Bundespolizeidirektionen, Sicherheitsdirektionen und Landespolizeikommanden aufgelöst und zu je einer Landespolizeidirektion pro Bundesland zusammengeführt. Damit endete nach neunzig Jahren das Bestehen der (Bundes-)Polizeidirektion Salzburg. Anlässlich des 100. Jahrestags der Gründung der Polizeidirektion Salzburg organisierte der Salzburger Exekutivgeschichtliche Museumsverein (SEM) in der Rathausgalerie Salzburg eine Ausstellung mit Bildern und anderen Exponaten über die historische Entwicklung der Polizei in Salzburg. Die Ausstellung war vom 30. Juni bis 15. August 2022 zu sehen.

Werner Sabitzer

Polizei Salzburg

Polizeidirektion von 1853 bis 1866

Schon im Kaisertum Österreich gab es in Salzburg 50 Jahre lang eine staatliche Polizeibehörde. Als das ehemalige Erzstift Salzburg nach den napoleonischen Kriegen 1816 als Herzogtum endgültig zur Monarchie kam, wurden in der Stadt Salzburg der Munizipalrat und das Polizeikommissariat zu einem neuen Polizeikommissariat in der Getreidegasse zusammengelegt. 1851 trat an die Stelle der städtischen Wache die neu aufgestellte Militär-Polizeiwache und im September 1853 wurde aus dem Polizeikommissariat eine Polizeidirektion. Erster Polizeidirektor in Salzburg war Anton Le Monnier, der das Polizeikommissariat in Salzburg geleitet und die neue Polizeidirektion in Salzburg aufgebaut hatte. Er wurde am 17. Juli 1860 Polizeidirektor in Brünn. Die Stadt Salzburg ernannte ihn 1860 zum Ehrenbürger. Im Oktober 1869 kam Le Monnier als Polizeivizedirektor wieder nach Wien zurück. 1870 wurde er zum Ritter geadelt und folgte Josef Strobach Freiherr von Kleisberg als Polizeidirektor in Wien nach. Le Monnier reformierte die Polizeistruktur in Wien grundlegend. 1866 wurden die Polizeidirektionen in fast allen Provinzhauptstädten wieder aufgelöst. Die ortspolizeilichen Angelegenheiten wurden an die Magistrate der Städte übertragen, die für diese Aufgaben städtische Polizeiämter und Sicherheitswachen einrichteten. Damit endete auch das Bestehen der ersten Polizeidirektion Salzburg im Kaisertum Österreich.

 

Quellen/Literatur:

  • Klub der Exekutive (Hg.): 80 Jahre Polizei Salzburg im Wandel der Zeit, Wien, 2002.
  • Oberhummer, Hermann: Die Wiener Polizei. 200 Jahre Sicherheit in Österreich. Band 1. Verlag Gerlach & Wiedling, Wien, 1937.
  • Sabitzer, Werner: Lexikon der inneren Sicherheit, Neuer Wissenschaftlicher Verlag, Wien/Graz, 2008.
  • Steinwender, Engelbert: Von der Stadtguardia zur Sicherheitswache. Wiener Polizeiwachen und ihre Zeit. Teil 1 und 2. Weishaupt Verlag, Graz, 1992.

Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2022

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