Sicherheitsexpo 2022

Überwachen, warnen, alarmieren

Bei der Sicherheits-Expo 2022 in München wurden unter anderem neue Zutritts-, Überwachungs-, Notruf- und Wächter-Kontrollsysteme vorgestellt.

Wingman 103: Frühwarnsystem für Drohnen; Online-Wächterkontrollsystem: GPS-verfolgbarer Wächterrundgang.
Wingman 103: Frühwarnsystem für Drohnen; Online-Wächterkontrollsystem: GPS-verfolgbarer Wächterrundgang.
© Kurt Hickisch

Auf der Sicherheits-Expo am 29. und 30. Juni 2022 im MOC in München wurde Sicherheitstechnik vorgestellt, die Firmen, Private und den öffentlichen Bereich vor kriminellen Angriffen von innen und außen schützt: Industrieanlagen, Banken, Kliniken, Transportunternehmen, Handel, Bahnhöfe, Flughäfen, Museen, Private und Behörden.
Der Schirmherr der Veranstaltung, der bayerische Staatsminister des Innern, für Sport und Integration, Joachim Herrmann, ging in seiner Eröffnungsrede auf die Wichtigkeit von Sicherheit für Staat und Gesellschaft ein und belegte anhand der Kriminalstatistik die Spitzenstellung Bayerns innerhalb der deutschen Bundesländer. „In Bayern leben, heißt sicherer leben.“ Im Jahr 2021 hat in Bayern die Kriminalitätsbelastung (ohne ausländerrechtliche Verstöße) mit 3.869 Straftaten pro 100.000 Einwohnern (Häufigkeitszahl, HZ) den niedrigsten Stand seit 44 Jahren erreicht, wogegen die Aufklärungsquote mit 66,9 % auf den höchsten Wert seit 27 Jahren gestiegen ist. Im Vergleich der deutschen Bundesländer hat Bayern die niedrigste Häufigkeitszahl. Die höchste haben Stadtstaaten wie Bremen und Berlin (12.803). Zwar sei, räumte der Minister ein, ein Teil des Rückgangs der Straftaten auf die Pandemie und die dadurch bedingten Ausgangs- und Verkehrsbeschränkungen zurückzuführen, doch schmälere das nicht den Erfolg der polizeilichen Arbeit. Bei der Kriminalitätsbelastung deutscher Großstädte über 200.000 Einwohnern weist München mit einer HZ von 5.144 die geringste Belastung auf, gefolgt von Augsburg. An vierter Stelle liegt Nürnberg (HZ 6.449).
Um 10,7 %, nämlich von 35.652 Straftaten im Jahr 2020 auf 52.469 im Jahr 2021, ist in Bayern die Cyber-Kriminalität angestiegen. Die Aufklärungsquote hat sich in diesem Bereich von 49,7 % auf 52,3 % erhöht. Der Sach- und Personalaufwand der Bayerischen Polizei wird im Jahr 2022 auf 595,7 Millionen Euro ansteigen. 2023 wird der Personalstand die Grenze von 45.000 überschreiten (derzeit 44.562). Im Programm Mobile Police wird eine weitgehende digitale Vernetzung der polizeilichen Kommunikations- und Informationskanäle angestrebt.

Der Kriminalpolizeiliche Beratungsdienst des LKA Bayern war wiederum mit einem Stand vertreten, wobei auf Schautafeln verzichtet wurde. Es wird auf persönliche Beratung gesetzt. Da es im Zuge der propagierten Maßnahmen zur besseren Wärmedämmung von Wohnungen und Gebäuden vielfach zu einem Austausch von Fenstern und Türen kommt, wurden Initiativen gesetzt, dass beim Einbau neuer Fenster und Türen die Einbruchssicherheit mitberücksichtigt wird und Bauteile entsprechender Widerstandsklassen verwendet werden. Dies vor dem Hintergrund, dass die hauptsächlich in Betracht kommende Klientel in der Altersgruppe 50+ liegt und finanziell durchaus in der Lage und auch willens ist, für Sicherheit Mehrausgaben in Kauf zu nehmen. Sie muss bloß darauf hingewiesen werden.
Nach einer Studie des bayerischen LKA wurden in Bayern 2020 insgesamt 1.252 Einbrüche durch mechanische Sicherungen wie spezielle Fenster- und Türkonstruktionen, aber auch Einbruchmeldeanlagen verhindert. Hinzu kommen 195 Fälle, in denen aufmerksame Beobachter die Polizei alarmiert hatten. Im Übrigen wird, was Analysen zu Wohnungseinbrüchen betrifft, weiterhin auf die „Kölner Studie“ des Polizeipräsidiums Köln verwiesen, die zuletzt im Jahr 2017 erschienen ist. Am 30. Oktober ist in Deutschland der Tag des Einbruchschutzes (k-einbruch.de ). Die eine Stunde, die dieser Tag länger dauert, soll zum Nachdenken über den Einbruchschutz verwendet werden. Der Neffen- und Enkeltrick grassiert auch in Bayern. Nachdem die Sprengung von Bankomaten mit explosivem Gas durch technische Einrichtungen eingedämmt werden konnte, wurden in Holland vermehrt Sprengungen von Bankomaten mit Sprengstoff verübt. Es liegen Anzeichen vor, dass sich diese Vorgangsweise weiter nach Süden verbreiten wird.

Neuheiten.

Notruf- und Informationssäule von Schneider Intercom.
Notruf- und Informationssäule
von Schneider Intercom.
© Kurt Hickisch

Innovative Technology (innovative-technology.com ) hat als Neuheit eine mit dem Modul MyCheckr ausgestattete Gesichtserkennung vorgestellt, die Auskunft darüber gibt, ob die im Blickfeld der Kamera befindliche Person eine bestimmte Altersgrenze erreicht hat oder nicht. Das System kann bei etwa Supermarktkassen beim Verkauf von Alkoholika oder Tabakwaren eingesetzt werden oder beim Zutritt zu Spielhallen.
Ein auf einem mannshohen, fahrbaren Mast befindliches Gerät der Firma ZK Teco (zkteco.eu ) ermöglicht die Detektion von Handys, um zu verhindern, dass diese in Verbotszonen (Justizanstalten) eingebracht werden. Das Gerät spricht dabei nicht auf Funkabstrahlung, sondern, wie am Stand erklärt wurde, auf die jeweiligen Metallteile an, und auch da eingeschränkt auf bestimmte Legierungen, wobei sogar im Körperinneren verborgene Geräte detektiert werden können.
Für die Einrichtung von Schließsystem hat Dormakaba (dormakaba.de ) im Oktober 2021 das Planungstool EntriWorx zur Digitalisierung smarter Gebäude herausgebracht. Die grundsätzlichen Vorteile des Tools liegen darin, dass Änderungen einer etwa für eine Tür in einer Tabelle festgelegten Grundkonzeption von Sicherheitsausstattungen automatisch in weitere Anwendungen bis in die Installationsphase übertragen werden. Zudem wird eine umfangreiche Türbibliothek angeboten.
EVVA (evva.com) hat den seit etwa einem Jahr auf dem Markt befindlichen mechanischen Schließzylinder Akura 44 vorgestellt. Er weist eine zusätzliche Codierung mit Bohrmulden auf. Optional kann in den Schlüssel eine kleine, kaum sichtbare Magnetpille eingesetzt werden, die im Schließzylinder einen sonst sperrenden Stift bewegt. Der im 3D-Druck nicht herstellbare Magnet bietet Schutz gegen dieses Schlüssel-Kopierverfahren.
Gänzlich auf der Basis von nicht kopierbaren Magnetpillen im Schlüssel beruht das Magnetic Code System (MCS). Die vier Pillen des Schlüssels bewegen im Zylinder beiderseits des Schlüsselkanals insgesamt acht frei drehbare Magnetrotoren und bringen diese in Schließposition. An elektronischen Zutrittssystemen bietet EVVA Xesar und AirKey sowie den motorbetriebenen Hybrid-Zylinder EMZY an.

Produkte.

Smartphone-Detektor für Verbotszonen, wie Justizanstalten.
Smartphone-Detektor für
Verbotszonen, wie Justizanstalten.
© Kurt Hickisch

In Entwicklung befindet sich derzeit die „Semantische Plattform zur intelligenten Entscheidungs- und Einsatzunterstützung in Leitstellen und Lagezentren“ (SPELL – www.spell-plattform.de ), über die David Teppe von der Advancis Software & Services GmbH (www.advancis.de ) berichtete. Daten aus unterschiedlichsten Quellen sollen in einer semantischen Plattform zusammengefasst werden und so ein übergreifendes und möglichst umfassendes Lagebild ermöglichen. Um die damit einhergehende Datenflut beherrschen zu können, wird mit diversen KI-basierten Mehrwertdiensten der Mensch bei der Bewältigung unterschiedlicher Situationen, z. B. auch bei Krisenlagen, unterstützt. Wesentlich ist hier vor allem auch die Integration diverser wertvoller Datenquellen wie der Daten aus Gebäuden. Dabei kann es sich um Gebäudesensorik wie Rauchmelder handeln, aber auch um Geräte wie Kartenleser, Videokameras oder Wetterstationen. Bei einem Notfall können diese Daten über eine Plattform den Einsatzorganisationen (BOS, Rettungsdienste, Feuerwehr, Polizei) zur Verfügung gestellt werden. So kann frühzeitig erkennbar werden, wo im Gefahrenbereich sich gerade Personen befinden.
Die Perimeter Protection Group (perimeterprotection.de ) stellte Poller vor, die zerlegt und dadurch leichter transportiert werden können. In fix montierte Bodenplatten werden jeweils vier einzelne, etwa 1,2 m hohe, sichelförmig nach außen geschwungene Stahlplatten eingesetzt, die mit einer Abdeckung versehen werden können. Miniaturmuster waren am Stand zu sehen. Entsprechende Zertifizierungen liegen vor.
Für elektronische Schließanlagen vom mittelständischen Betrieb bis zum Großkonzern hat Winkhaus (winkhaus.de ) das Blue-Smart-System entwickelt. Die Schlüssel selbst werden als Überträger von Daten genutzt, sodass Verkabelungen entfallen können.
Mit dem Mittelfallenschloss elock2 hat das gleichnamige Unternehmen (elock2.de ) 2019 den Sicherheitspreis des Landes Baden-Württemberg erhalten. Das Schloss verriegelt sich versicherungskonform beim Schließen der Tür mechanisch von selbst. Die elektronische Zutrittskontrolle von PCS Systemtechnik (pcs.com ) setzt zur biometrischen Identifikation Handvenenerkennung ein.
Elektronische Möbelschlösser, etwa für Spinde, die mit Mitarbeiterausweisen geöffnet werden können, wurden unter anderem von Salto Systems GmbH (saltosystems.de ), Gantner Electronic (gantner.com ) und Keylezz (keylezz.com ) vorgestellt. Die Schlösser können entweder eigenständig betrieben werden oder vernetzt in einem System, von dem aus die Berechtigungen verwaltet werden können.

Lösungen.

Überwachungslösung mit LIDAR-Technologie; Smart-Blue-System: elektronische Schließanlage für Unternehmen.
Überwachungslösung mit LIDAR-Technologie; Smart-Blue-System: elektronische Schließanlage für Unternehmen.
© Kurt Hickisch

Das 2017 gegründete Münchner Unternehmen Blickfeld (blickfeld.com ) bietet Überwachungslösungen mit LIDAR-Technologie (Light Detection and Ranging) an. Mit gepulstem Laserlicht wird ein 3D-Abbild der Umgebung erzeugt, das, anders als bei üblichen Kameras, exakte Entfernungsmessung und Größenbestimmung ermöglicht. Personen werden nach Herstellerangaben auf eine Entfernung bis zu 55 m erkannt, Fahrzeuge bis 65 m.
Über eine Eigenentwicklung zur mobilen Perimetersicherung berichtete DI (FH) Johannes Dobsch (dobschpke.com ). Mit bis zu fünf transportablen, quadratischen Sensoren mit 28 cm Seitenlänge, die untereinander durch Laserstrahlen im Infrarotbereich verbunden sind, kann rasch ein Gebiet abgegrenzt werden. Ein Durchdringen der Abgrenzung, gleichgültig, in welcher Richtung, wird detektiert und an ein Handgerät gemeldet, auf dessen Display auch aufscheint, zwischen welchen der aufgestellten Sensoren die Lichtschranke durchbrochen wurde. Der Abstand zwischen den Sensoren kann bis zum 15 m reichen, die Entfernung zum Handgerät bis zu 1.000 m.
Der von der Drone Passion GmbH (drone-passion.at ) vertriebene Wingman ist ein Frühwarnsystem für Drohnen, das kontinuierlich auf den entsprechenden Frequenzbändern nach Steuerungs- und Videosignalen sucht. Auf dem allwettertauglichen Handgerät wird die Detektion einer Drohne durch Ton, Vibration und über LED angezeigt. Eine 360°-Abdeckung kann durch eine externe, aktive Antenne erreicht werden.
Die Datenmühle (datenmuehle.de ) ist ein in Deutschland bundesweit agierender Schredderdienst, der, ähnlich einer Müllabfuhr, zur Akten- und Datenträgervernichtung mit einem Lkw vor Ort kommt. Die ordnungsgemäße Vernichtung, die vom Auftraggeber an Ort und Stelle überwacht werden kann, wird durch Zertifikat bestätigt. Bis zur Abholung kann das zu vernichtende Material in vom Unternehmen bereit gestellten, verschließbaren Datenschutzbehältern aufbewahrt werden.
Das Online-Wächterkontrollsystem von Coredinate (coredinate.de ) ersetzt die üblichen, vom Kontrollorgan aufzusuchenden Fixpunkte durch ein GPS-Ortungssystem. In Gebäuden wird Bluetooth-Technologie eingesetzt. Das Kontrollorgan braucht sein Augenmerk nicht mehr vornehmlich auf die aufzusuchenden Kontrollpunkte richten, sondern kann sich seinen eigentlichen Überwachungsaufgaben widmen. Die Führung eines Wachbuches entfällt durch die in Echtzeit erfolgende Lokalisation. Die GPS-Ortung ermöglicht es auch, dem Kontrollorgan im Notfall Hilfe zu leisten. Neu aufgenommen wurde in das Programm eine Dienstzeitplanung.
Mit dem Online-Wächterkontrollsystem OWKS bietet auch SoftClean (softclean.net ) eine Echtzeitüberwachung von Kontrollorganen an. Alarm kann entweder vom Kontrollorgan selbst durch Betätigen einer Paniktaste ausgelöst werden oder über Lage- oder Fallsensoren. Diese Sensorik ist, in Verbindung mit GPS-Ortung, insbesondere für den Schutz von Alleinarbeitern etwa in abgelegenen (Waldgebieten) oder gefährdeten Arbeitsumgebungen von Bedeutung.
Bei Bedrohungen oder der Gefahr tätlicher Angriffe am IT-Arbeitsplatz (Behörden, Krankenhäuser) kann über Cordaware (cordaware.com ) über unauffällige, vorher definierte Tastatureingaben stiller Alarm bei ausgewählten Empfängern ausgelöst werden. Diese erhalten eine Alarmmeldung auf dem Bildschirm, die angibt, von wem und von welchem Raum der Alarm ausgegangen ist, sodass entsprechende Hilfestellung geleistet werden kann. Der Absender des Alarms erhält eine Quittierung, dass und bei wem sein Alarm eingelangt ist.
Die Schneider Intercom GmbH (schneider-intercom.de ) hat unter anderem optisch ansprechende Lösungen für Notruf- und Informationssäulen etwa im Stadtgebiet vorgestellt.
Bei der Fachmesse waren 80 Aussteller vertreten, über 1.500 Fachbesucher wurden gezählt. An beiden Messe­tagen wurden in dem Forum 16 Vorträge kostenfrei zu verschiedensten Sicherheitsthemen geboten. Die nächste Sicherheits-Expo wird am 28. und 29. Juni 2023 stattfinden. sicherheitsexpo.de.

Kurt Hickisch

Fachkonferenz

Personenschutz und Unternehmenssicherheit

Die Sicherheitsplattform Veko online veranstaltet vom 8. bis 9. November 2022 in Berlin die 28. Fachkonferenz Personenschutz/Unternehmenssicherheit. Schwerpunkt ist die IT-Sicherheit: Hacker- und Ransomwareangriffe, Cyber-Erpressung und andere Gefahren. Im Personenschutz geht es unter anderen um die Herausforderungen an den privaten Personenschutz. Weiters wird die polizeiliche Methode Super-Recogniser vorgestellt. Zielgruppe sind Führungskräfte im Personenschutz, Leiter Unternehmenssicherheit, Sicherheitsverantwortliche, private Sicherheitsdienstleister/-unternehmen.
Information und Anmeldung (bis 7. Oktober 2022): www.veko-online.de


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2022

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