Kriminalitätsbekämpfung

Scheingeschäfte

Rip-Deal-Betrüger gaukeln ihren Opfern ein Geldtauschgeschäft vor, indem sie echtes Geld gegen Falschgeld tauschen.
Rip-Deal-Betrüger gaukeln ihren Opfern ein
Geldtauschgeschäft vor, indem sie echtes Geld gegen
Falschgeld tauschen. © Motortion/Stock.adobe.com

Rip-Deal-Betrüger gaukeln ihren Opfern vor, hochpreisige Güter kaufen zu wollen und schädigen sie oft um Hunderttausende Euro. Die Rip-Deal-Unit Vienna ist den Betrügern auf der Spur.

Rip-Deal-Betrüger täuschen ihren Opfern vor, Luxusgüter wie hochpreisige Uhren, Immobilien, Boote oder Autos sowie Goldmünzen, Goldbarren oder Kryptowährungen kaufen zu wollen. Sie geben sich als reiche Geschäftsleute, Oligarchen oder Scheichs aus und feilschen beim Handeln auch nicht. Durch die persönliche Kontaktaufnahme und viel Aufwand bauen die Täter eine Vertrauensbasis auf. „Die Betrüger denken sich Geschichten aus, um das Vertrauen ihrer Opfer zu gewinnen und untermalen ihren Auftritt mit gefakten Webseiten“, erklärt der Leiter der Rip-Deal-Unit Vienna, Chefinspektor Gerald Goldnagl. Meist werden neben dem Hauptgeschäft auch Nebengeschäfte angeboten, die als gewinnbringend angepriesen werden. Um das Vertrauen weiter aufzubauen, profitieren die Opfer von den Nebengeschäften. Dadurch bestärkt, es würde alles mit rechten Dingen ablaufen, willigen die Betroffenen dann in das Hauptgeschäft ein. Die Opfer erhalten für das Luxusgut jedoch nahezu immer Falschgeld.

Faksimile-Scheine.

Bevor das Falschgeld in den Geldkoffer gelangt, wird den Opfern ein Teil des echten Geldes zum Zählen und zur Prüfung auf Echtheit vorgelegt. Die Täter lenken ihre Opfer ab und schaffen es, das Geld durch sogenannte Faksimile-Scheine auszutauschen. Den Opfern fällt der Austausch des Geldes zunächst nicht auf, da die Banderole die Aufschrift „Faksimile“ verdeckt.

Abwicklung im Ausland.

Das betrügerische Rechtsgeschäft wollen die Täter zumeist im Ausland – vorzugsweise Italien oder den Niederlanden – abwickeln. „Um die Opfer ins Ausland zu locken, wird ihnen etwa erklärt, dass der Käufer aufgrund anderer geschäftlicher Verpflichtungen nicht viel Zeit hätte und deswegen nicht nach Österreich kommen könne, weshalb die Opfer ins jeweilige Zielland reisen sollten“, erläutert Revierinspektor Valentin Szaga-Doktor, Ermittler der Rip-Deal-Unit. Wenn die Täter auch noch anbieten, die Reisekosten zu übernehmen, vermuten die Opfer durch die bereits bestehende Vertrauensbasis keine betrügerischen Absichten und gehen da­rauf ein. Doch die Betrüger wählen den Tatort nicht zufällig: Sie wissen, dass die Opfer im Ausland höchstwahrscheinlich einer Sprachbarriere unterliegen und wenige bis keine Ortskenntnisse haben – die Täter jedoch schon. Da­rüber hinaus geben die Kriminellen den Betroffenen das Gefühl, sie hätten etwa mit der Einfuhr von großen Mengen Bargeld oder Gold eine Straftat im jeweiligen Land begangen. Dadurch erzeugen die Kriminellen eine Hemmschwelle in Bezug auf den Gang zur Polizei. Doch genau der Weg zur nächs­ten Polizeiinspektion ist wichtig, denn nur mit einer Anzeige können Ermittlungen ins Laufen gebracht werden – sowohl im Aus- als auch im Inland.

Rip-Deal.

Rip-Deal: Die Täter lenken ihre Opfer ab und tauschen das echte Geld durch Faksimile-Scheine aus.
Rip-Deal: Die Täter lenken ihre
Opfer ab und tauschen das echte Geld
durch Faksimile-Scheine aus.
© Romana Tofan

Seit ca. 40 Jahren ist das Phänomen des Rip-Deals bekannt: 1992 wurden niederländische Polizisten auf diese Vorgehensweise der Täter aufmerksam. Der Begriff „Rip-Deal“ wurde anschließend von der Ermittlungskommission „SPARTA“ der niederländischen Polizei hervorgebracht und später von der österreichischen Polizei übernommen. „Rip bedeutet „(ent) reißen“ und „deal“ „Handel“.

Die Täter gehören Banden oder Clans aus der Westbalkanregion an, die arbeitsteilig und gut organisiert vorgehen. Clankriminalität gibt es im gesamten deutschsprachigen Raum und umfasst verschiedenste kriminelle Aktivitäten, wobei Betrug ein Hauptzweig dieser familiär und hierarchisch strukturierten Clans ist.
Der Rip-Deal entspricht jedoch nicht dem Vorauszahlungsbetrug, wie es oft heißt, da auch eine Reihe anderer Delikte begangen werden können. Der Ausgang eines Rip-Deals ist immer situationsbezogen. Doch die Täter scheinen stets ein Betrugsdelikt vorzuhaben und verwenden etwa Falschgeld und gebrauchen falsche Identitäten. In jüngster Zeit bemerkt die Polizei eine Zunahme an Gewalt, da sich Raubüberfälle häufen und es auch zum Einsatz von Schuss­waffen bei der Abwicklung der Rip-Deals kommt. Erst im Juni 2022 etwa wurde in Kerkrade in den Niederlanden ein deutsches Opfer bei einem Rip-Deal von den Tätern auf der Flucht ermordet.

Rip-Deal-Unit Vienna.

Im Mai 2020 wurde im Landeskriminalamt (LKA) Wien – Außenstelle Zentrum-Ost – die Rip-Deal-Unit Vienna installiert. Die spezialisierte Ermittlungsgruppe ist für ganz Wien zuständig, unterstützt jedoch österreichweit und auch bei internationalen Anfragen. „Die internationale Zusammenarbeit ist sehr gut. Wir konnten auch Fälle für unsere Kooperationspartner lösen“, unterstreicht Goldnagl. Bisher wurden 443 Fälle bearbeitet. Daraus ergaben sich 86 strafprozessuale und inländische Gerichtsverfahren, wovon 85 geklärt wurden – was einer Aufklärungsquote von fast 100 Prozent entspricht.
„Die Ermittlungen gestalten sich als sehr zeitintensiv, da in einem Fall oft mindestens drei Länder involviert sind, was viel internationalen Schriftverkehr bedeutet und Personal beansprucht“, ergänzt der Leiter des LKA Wien – Außenstelle Zentrum-Ost, Oberstleutnant Martin Roudny, BA MA. Ähnliche Rip-Deal-Units gibt es in Zürich, Barcelona und Paris, mit denen eine gute Kooperation und ein regelmäßiger Austausch stattfindet.

Ermittlungen in der Rip-Deal-Kriminalität wurden vor Einrichtung der Zentralstelle nicht zentral geführt, jedoch hatten Ermittlungsgruppen etwa der Landeskriminalämter Wien und Ober­österreich Erfolge in der Rip-Deal-Bekämpfung.

3,2 Millionen Euro Falschgeld.

Von den 86 Ermittlungsverfahren konnte die Rip-Deal-Unit bisher 85 klären und über 10 Millionen Euro Schaden aufdecken sowie 3,2 Millionen Euro an Falschgeld sicherstellen. 39 Beschuldigte wurden ausgeforscht, wovon 27 serbisch-kroatischer Abstammung und neun österreichischer Herkunft sind. Aufgrund der Ermittlungen der spezialisierten Gruppe konnten neun Verurteilungen zu insgesamt 29,5 Jahren unbedingter Freiheitsstrafe erwirkt werden.

Rund 1,25 Millionen Euro Schaden.

Bereits seit 2019 ermittelte die Rip-Deal-Unit Vienna aufgrund von Hinweisen gegen mehrere in Österreich angesiedelte Clanfamilien. Nach intensiven Ermittlungen konnten nicht nur drei Betrüger gefasst werden, sondern auch mehrere Rip-Deal-Fälle mit einem Schaden von mehreren Millionen Euro verhindert und zwei vollendete Rip-Deals aus Italien geklärt werden. Den drei Männern wird vorgeworfen, einen österreichischen Unternehmer und dessen Sohn um 240.000 Euro betrogen zu haben, indem sie vorgaben, dass ein reicher Geschäftsmann deren Firma um mehrere Millionen Euro kaufen wolle. Die Verdächtigen traten als Vermittler auf und konnten so das Vertrauen ihrer Opfer gewinnen. Bei der Übergabe der Provision in Verona erhielten die mutmaßlichen Täter Goldbarren im Wert von 240.000 Euro. Gleichzeitig erhielten die Opfer 500.000 Euro als Anzahlung für den Kauf. Nach der Geldzählung gelang es den Verdächtigen, die Scheine gegen Falschgeld zu tauschen.

In einem weiteren Fall sollen die Tatverdächtigen einem Mann angeboten haben, größere Mengen Kryptowährungen zu kaufen. Bei der Übergabe in einem Nobellokal in Barcelona wurde jedoch ebenfalls Falschgeld übergeben. Der Schaden beläuft sich auf eine halbe Million Euro.

Romana Tofan

Rip Deal

Präventionstipps

  • Reisen Sie für den Verkauf eigener – vor allem luxuriöser – Gegenstände nicht ins Ausland. Lassen Sie sich nicht ins Ausland locken.
  • Seien Sie achtsam und werden Sie misstrauisch, wenn der potenzielle Käufer keine Anstalten macht, über den Kaufpreis zu verhandeln zu.
  • Stellen Sie Nachforschungen über Ihre Geschäftspartner an und lassen Sie sich Referenzen der Käufer vorweisen – gerade bei Verkäufen von Luxusgütern.
  • Erstatten Sie nach einem Rip-Deal jedenfalls auch im Inland Anzeige und nicht nur im Ausland.

Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 11-12/2022

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