Gedenkstätten für Exekutivbeamte (15)

Die Toten vor 100 Jahren

Gedenkstätte für August Fink bei Pöchlarn: Der Postenkommandant wurde von einem Kriminellen vor ein Auto gestoßen.
Gedenkstätte für August Fink bei Pöchlarn:
Der Postenkommandant wurde von einem
Kriminellen vor ein Auto gestoßen. © Werner Sabitzer

Im Jahr 1922 wurden die Gendarmeriebeamten August Fink, Franz Garschall, Anton Rangger und Johann Jüttner in Ausübung des Dienstes ermordet. Gedenkstätten erinnern an die vier Getöteten.

Ein Unbekannter stahl am 14. September 1922 in Amstetten ein vor einem Gasthaus abgestelltes Puch-Fahrrad. Gendarmeriepatrouilleleiter August Fink, Kommandant der Gendarmerieexpositur Erlauf im Bezirk Melk, hielt am 17. September 1922 in der Nacht zwischen Erlauf und Ornding einen Radfahrer an, weil er ohne Licht unterwegs war, und forderte ihn zur Ausweisleistung auf. Da der Radfahrer kein Personaldokument vorweisen konnte, wollte ihn der Gendarm zum Gendarmerieposten Ornding eskortieren. Der Radfahrer ließ sich zunächst widerstandslos abführen. Als sich den beiden Männern ein Auto näherte, gab der Festgenommene dem 25-jährigen Gendarmen einen Stoß, sodass dieser vor das Auto fiel und überrollt wurde. Der Täter flüchtete zu Fuß. August Fink wurde in das Krankenhaus Melk gebracht, wo er seinen schweren Verletzungen erlag.
Der Täter wurde noch in der Nacht auf den 18. September 1922 im Bahnhofsgebäude Pöchlarn verhaftet. Es handelte sich um Othmar Christely, geboren 1898 bei Vierzighuben in Mährisch-Ostrau. Zuletzt wohnte er in Wien. Er war wegen Diebstahls vorbestraft. Othmar Christely wurde im Jänner 1923 wegen fahrlässiger Tötung zu lediglich vier Monaten schweren Kerkers verurteilt.

Inschrift auf dem Denkmal für August Fink in Großpöchlarn.
Inschrift auf dem Denkmal für August Fink in
Großpöchlarn. © Werner Sabitzer

In Erinnerung an August Fink errichteten Kollegen des Toten im Jahr 1924 neben der Bundesstraße bei Großpöchlarn ein Denkmal in sezessionistischer Form. Die Initiative kam von Gendarmeriepatrouilleleiter Anton Feierfeil vom Gendarmerieposten Petzenkirchen. Feierfeil, im Zivilberuf Bautechniker, verfasste einen Entwurf. Kommandanten und eingeteilte Beamte der Gendarmerieposten Petzenkirchen, Großpöchlarn und Melk errichteten in ihrer dienstfreien Zeit das Fundament und den Gedenkstein. Einer der Gendarmen bezahlte seinen freiwilligen Einsatz mit dem Leben: Revierinspektor Franz Jellinek wurde auf der Heimfahrt von der Baustelle bei einem Eisenbahnunfall getötet. Das Denkmal wurde am 17. August 1924 enthüllt. Die Inschrift auf einer Granitplatte lautet: „An dieser Stelle ist GendPatrl / AUGUST FINK / Komdt der Expositur Erlauf / am 18. Sept. 1922 / in Ausübung seiner Pflichterfüllung / tödlich verunglückt.“ Oberhalb der Platte befinden sich ein Kreuz und ein Lorbeerkranz und darüber die Aufschrift: „DEN TEUREN KAMERADEN“. Auf dem Sockel befindet sich die Aufschrift: „GEWIDMET VON DER / BUNDESGENDARMERIE NIED. ÖST.“.

Bei Festnahme ermordet.

Denkmal für den im Juni 1922 von einem festgenommenen Einbrecher erschossenen Gendarmen Franz Garschall vom Gendarmerieposten Zwettl.
Denkmal für den im Juni 1922 von
einem festgenommenen Einbrecher
erschossenen Gendarmen Franz Garschall
vom Gendarmerieposten Zwettl.
© Stadtarchiv Zwettl

In Gschwendt und Waldhams im Waldviertel verübten Unbekannte am 24. Juni 1922 Einbruchsdiebstähle, bei denen Bargeld und Schmuck gestohlen wurden. Gendarmeriepatrouillenleiter Franz Garschall vom Gendarmerieposten Zwettl verfolgte am 25. Juni gegen 14 Uhr auf einem Feldweg bei Dorf Rosenau mit dem Fahrrad zwei Verdächtige. Als er die Männer in der Nähe der Winkler-Mühle aufforderte, stehen zu bleiben, drehte sich einer von ihnen um und schoss mit einer Klapplaufpistole sofort dreimal auf Garschall. Der Gendarm erlitt einen Bauchschuss. Er schoss den flüchtenden Männern nach, verfehlte sie aber. Garschall schleppte sich Richtung Dorf Rosenau, brach aber bei der Winkler-Mühle zusammen. Der Mühlenbesitzer holte ärztliche Hilfe und verständigte die Gendarmerie. Garschall starb gegen 19 Uhr an inneren Blutungen. Er galt als mustergültiger und verlässlicher Exekutivbeamter. Er hatte während des gesamten Ersten Weltkriegs als Soldat gedient und war dreimal verwundet und mehrmals ausgezeichnet worden.
Die Täter, der 24-jährige Steinmetzgehilfe Emanuel Karlik aus Amaliendorf bei Gmünd und der 22-jährige Markthelfer Franz Ludwig aus Neu-Dietmanns, wurden am 31. August 1922 in Wien festgenommen und vom Geschworenengericht in Krems am 24. März 1923 wegen Totschlags, versuchter schwerer Körperverletzung und mehrfachen Einbruchdiebstahls schuldig gesprochen. Ludwig, der im Mai 1922 aus dem Gefängnis im Bezirksgericht Waidhofen an der Thaya geflüchtet war, wurde zu zehn Jahren und Karlik zu viereinhalb Jahren schweren Kerkers verurteilt. Karlik verübte nach seiner Haftentlassung neuerlich Einbrüche. Nach einem Einbruch in das Postamt Neubistritz wurde er festgenommen, konnte aber aus dem Bezirkgericht Humpoletz flüchten. Am 8. November 1930 brach er mit zwei Komplizen in das Steueramt Gmünd ein. Während die Komplizen festgenommen werden konnten, gelang Karlik neuerlich die Flucht. Am 29. November 1930 verübte er mit einem Komplizen einen Einbruch in das Postamt Langschlag und versuchte am 1. Dezember 1930 in das Postamt Brand einzubrechen. Drei Tage später wurde Karlik in einer Wohnung in Amaliendorf von Gendarmen festgenommen.
Für den getöteten Gendarmen Franz Garschall wurde im November 1922 zwischen Rosenau-Dorf und Gerlas neben einem Feldweg ein Gedenkstein errichtet, gestiftet von Kollegen der Gendarmerie. Die schon verwitterte Inschrift auf dem Granitstein lautet: „Hier fand / Gend. Beamter / Franz / Garschall / durch Verbrecherhand / am 24. Juni / 1922 / den Heldentod“.

Von Schmugglern erschossen.

Die Patrouillenleiter Anton Rangger und Hermann Schletterer vom Gendarmerieposten Obertilliach im Bezirk Lienz befanden sich am 8. September 1922 auf einer Patrouille und hielten von einer Hütte beim „Rastl“ im Rollertal Ausschau nach Schmugglern. Gegen 22 Uhr hörten die Gendarmen Schritte. Sie verließen die Hütte und trafen auf vier Männer mit schwerbepackten Rucksäcken. Die Gendarmen hielten ihnen die Gewehre an. Es handelte sich um Italiener, die von Obertilliach kamen und Tabak, Zucker, Bohnenkaffee und andere Waren nach Italien schmuggeln wollten. Während Schletterer sicherte, durchsuchte Rangger die Schmuggler nach Waffen. Die Männer hatten keine Waffen bei sich und baten die Gendarmen, sie gehen zu lassen. Die Exekutivbeamten lehnten dies ab und kündigten den Waffengebrauch an, sollten die Festgenommenen flüchten oder sich widersetzen. Rangger und Schletterer führten die Festgenommenen talauswärts Richtung Obertilliach. Nach etwa einer Viertelstunde bat einer der Schmuggler in einem Hohlweg um eine kurze Rast. Während der Pause griff einer der Festgenommenen in der Dunkelheit Rangger an und versetzte ihm Schläge. Ein zweiter Schmuggler ging ebenfalls auf Rangger los. Einer der Angreifer entriss dem Gendarmen das Gewehr und versetze ihm mit der Waffe mehrere Schläge auf den Kopf. Rangger brach zusammen. Die Schmuggler fielen nun über Schletterer her. Einer von ihnen schoss mit dem Gewehr Ranggers auf Schletterer. Dieser schoss auf einen der Angreifer, wurde aber von hinten erfasst und niedergerissen. Ein weiterer Schmuggler schlug mit einem Knüppel auf den Kopf Schletterers ein, sodass dieser bewusstlos zusammenbrach. Die Schmuggler flüchteten.
Als Schletterer wieder das Bewusstsein erlangte, rief er nach seinem Kollegen Rangger, erhielt aber keine Antwort. Er schleppte sich zum Eneberbauernhof und weckte die Besitzer. Mit einem Pferdegespann wurde der schwerverletzte Schletterer nach Obertilliach gebracht und nach einer ärztlichen Versorgung in das Krankenhaus Lienz eingeliefert. Er hatte schwere Kopfverletzungen, sieben Stichverletzungen im Rücken und sein rechter Oberarm war gebrochen. Bei Tagesanbruch wurde die Leiche Ranggers gefunden und nach Obertilliach überführt. Die Schädeldecke des Toten war zertrümmert. Der Gendarm war mit seinem eigenen Gewehr erschlagen worden. Die Leiche wurde am 13. September 1922 im Friedhof Sillian bestattet. Schletterer gab an, zwei der Schmuggler erkannt zu haben. Es handelte sich um Valentino de Bernardin und Valentino Felize aus Compolonge. Sie wurden festgenommen. Bei der Gerichtsverhandlung im Kreisgericht Belluno erkannte Schletterer als Zeuge die beiden Italiener als Täter wieder. Die Angeklagten wurden aber trotzdem freigesprochen.
An der Stelle, wo vermutlich der Überfall auf die beiden Gendarmeriebeamten erfolgt war, wurde ein Holzkreuz mit einer Bronzetafel aufgestellt. Im Lauf der Jahre verwitterte das Gedenkkreuz. Deshalb ließ ein Gendarmeriebeamter vom Posten Obertilliach einen Gedenkstein mit einer Inschriftentafel aufstellen.

Schuss aus dem Hinterhalt.

Denkmal auf dem Städtischen Friedhof Wiener Neustadt für fünf getötete Gendarmen bei der Landnahme Burgenlands: Johannn Jüttner war 1922 das letzte Opfer.
Denkmal auf dem Städtischen Friedhof
Wiener Neustadt für fünf getötete
Gendarmen bei der Landnahme Burgenlands:
Johannn Jüttner war 1922 das letzte Opfer.
© Dieter Höller

Patrouillenleiter Johann Jüttner war das letzte Todesopfer der Gendarmerie bei der Landnahme des Burgenlandes. Jüttner, geboren am 26. Juli 1892, wurde in der Nacht auf den 25. März 1922 beim Maierhof in Apleton vermutlich von einem ungarischen Freischärler durch einen Schuss in die Brust tödlich verletzt. Er hatte zwei Monate zuvor geheiratet. Sein Name wurde auf einer Gedenktafel in Pinkafeld und mit vier anderen Gendarmen auf einem Denkmal im Städtischen Friedhof Wiener Neustadt verewigt (siehe Die Gendarmerie bei der Landnahme. In: Öffentliche Sicherheit, Nr. 7-8/2021, S. 65-68).

Tödlich verunglückt.

Im Jahr 1922 verunglückten mehrere Gendarmen während des Dienstes tödlich: Balthasar Wintersteller wurde am 10. Februar 1922 von einer Lawine verschüttet, Josef Friedberg vom Bahngendarmeriekommando Wien verunglückte am 23. Juni 1922 im Streifendienst und der 27-jährige Rupert Perwein aus Kirchberg in Tirol kam am 7. Juli 1922 bei einem Patrouillengang ums Leben.

Werner Sabitzer

Quellen/Literatur:

  • Chroniken des Bezirksgendarmeriekommandos Zwettl und des Gendarmeriepostens Schweiggers.
  • Stadtarchiv Zwettl.
  • Der Gendarmenmord bei Rosenau. In: Reichspost, 30. März 1923, S. 8.
  • Gendarmenmord bei Zwettl. In: Neues Wiener Journal, 29. Juni 1922, S. 8.
  • Gendarmenmord bei Zwettl. In: Reichspost, 29. Juni 1922, S. 4.
  • Die Gendarmenmörder von Zwettl. Eine gefährliche Räuberbande. In: Deutsches Volksblatt, 11. August 1922, S. 4.
  • Gedenkstein für einen ermordeten Gendarmen. In: Reichspost, 13. November 1922, S. 2.
  • Verhaftung des Gendarmenmörders und Kasseneinbrechers Karlik. In: Freiheit!, 5. Dezember 1930, S. 3.
  • Mord an einem Gendarmen. In: Die Neue Zeitung, 20. September 1922, S. 3
  • Gendarmentreue. Zur Errichtung des Denkmals für den Gendarmeriepatrouilleleiter August Fink. In: Öffentliche Sicherheit, 4. Jg., Nr. 19-20/1924, Oktober 1924
  • Chronik des Gendarmeriepostens Obertilliach, 1922.
  • Ein Gendarmenmord im Pustertale; in: Innsbrucker Nachrichten, 18. September 1922, S. 6.

Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2022

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