Studie

Kopftuch als Nachteil?

Das Kopftuch ist ein Erkennungsmerkmal von religiöser Zugehörigkeit und Religiosität muslimischer Frauen. In einer Studie wurde untersucht, ob Frauen, die ein Kopftuch im Bewerbungsprozess für einen Job tragen, Nachteile im Vergleich mit anderen Mitbewerberinnen haben?

Kopftuchtragende Musliminnen werden vor allem in Jobs diskriminiert, die viele Kundenkontakte erfordern.
Kopftuchtragende Musliminnen werden vor allem in Jobs diskriminiert, die viele Kundenkontakte erfordern. © Konstiantyn - stock.adobe.com

Entstehen Nachteile bzw. wie groß sind die Nachteile, die für Musliminnen erwachsen, wenn sie sich mit einem Foto mit Kopftuch im Lebenslauf für einen Job bewerben?
Marina Fernandez-Reino und andere Wissenschaftler des Centre on Migration, Policy und Society (COMPAS) der Universität Oxford in Großbritannien beschäftigten sich mit dieser Frage in drei Ländern: Deutschland, den Niederlanden und Spanien.

Das Tragen von religiösen Symbolen im öffentlichen Raum hat in manchen Ländern Kontroversen ausgelöst. Die Diskussion hat vielfach Muslima betroffen, zumal muslimische Frauen durch das Tragen einer Verschleierung sichtbarer sind als muslimische Männer.
Das Kopftuch wird von nicht Muslimen oft als Zeichen der Unterdrückung von Frauen in muslimischen Gesellschaften gewertet, das nicht aus freier Entscheidung getragen werden muss, sondern aus sozialem Druck.
In Deutschland und den Niederlanden gibt es Gesetze, durch die das Tragen von religiösem Gewand in bestimmten öffentlichen Bereichen eingeschränkt wird. In Spanien ist die öffentliche Diskussion fast nicht vorhanden und es gibt keine Entwicklungen, um das Tragen von religiösen Kleidungsstücken zu regeln.

Diese Unterschiede sind laut Studienautoren durch die unterschiedlichen Migrationsgeschichten der drei Länder erklärbar: In Deutschland und den Niederlanden kamen muslimische Minderheiten in den 1960er-Jahren überwiegend als türkische und/oder marokkanische Gastarbeiter ins Land.
In Spanien war die Zahl der muslimischen Menschen bis in die 2000er-Jahre vernachlässigbar. Der größte Anteil stammt aus Marokko. In Relation zur Gesamtbevölkerung liegt der muslimische Anteil mit 2,6 Prozent in Spanien deutlich unter Deutschland (6,1 Prozent) und den Niederlanden (7,1 Prozent).

Verschiedene Wahrnehmung.

Laut Autoren war auf Basis der Studiendaten in Spanien keine Diskriminierung der muslimischen Bewerberinnen erkennbar, wenn sie im Bewerbungsprozess ihre religiöse Zugehörigkeit zu erkennen gaben. In Deutschland und den Niederlanden wurden sie von Arbeitgebern anders wahrgenommen. Laut Studienergebnissen wurde in diesen beiden Ländern das Tragen eines Kopftuches zu einem Nachteil im Bewerbungsprozess.

Die Diskriminierung von kopftuchtragenden Musliminnen war laut Studienverfassern am deutlichsten in jenen Jobs, die viele persönliche Kundenkontakte erfordern. Hier würden Arbeitgeber am deutlichsten nicht verschleierte Bewerberinnen bevorzugen. Die Studienverfasser stellen einen breiteren Kontext mit der öffentlichen Diskussion zur Integration von Moslems her, die vor allem in Deutschland und den Niederlanden zu einer verstärkten Stigmatisierung von kopftuchtragenden Frauen geführt hat.


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 3-4/2023

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